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2.2 Arten von Marktforschungsstudien

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Die folgenden Ausführungen verdeutlichen, dass der Marktforschung für unterschiedliche Arten von Problemstellungen resp. von Informationsdefiziten verschiedene Formen von Studien zur Verfügung stehen. Der Leser soll in diesem Abschnitt ein grobes Verständnis für diese Studientypen, ihre wichtigsten Unterschiede und ihre typischen Einsatzbereiche entwickeln. Im Folgenden geht es darum, einen Einblick in das Wesen und die Anwendungsbereiche der wichtigsten Studientypen zu geben und sie mit Beispielen zu veranschaulichen.

Um die Abhängigkeit der durchzuführenden Marktforschungsstudien von spezifischen Marketingproblemen zu veranschaulichen, werden in Abbildung 2-2 die Zusammenhänge zwischen typischen Marketingaufgaben und entsprechenden Arten von Marktforschungsstudien überblicksartig dargestellt.

Die Unterschiede zwischen qualitativen, explorativen Studien und quantitativen, repräsentativen Studien sind am einfachsten erkennbar, wenn Beispiele typischer Fragestellungen des jeweiligen Studientyps einander gegenübergestellt werden (vgl. Tabelle 2-1).


Abb. 2-2: Marketingaufgaben und Marktforschungsstudien


Tab. 2-1: Beispiele qualitativer, explorativer gegenüber quantitativer, repräsentativer Untersuchungsthemen

Aus den Beispielen geht hervor, dass eine qualitative, explorative Studie in der Regel dazu dient, Ideen und Einsichten zu gewinnen oder mögliche Ursachen und Einflussfaktoren zu erkennen. Dies ist nötig, wenn ein weitgehend unbekanntes Problem zu untersuchen ist. Deshalb wurden in der Vergangenheit qualitative, explorative Studien häufig als Vorstudien zu quantitativen, repräsentativen Studien durchgeführt. Ein Blick in die Marktforschungspraxis zeigt jedoch, dass aus Kostengründen leider immer häufiger auf die Verwendung dieses Qualitätssicherungs-Instrumentes verzichtet wird. Dagegen hat die direkte Nutzung von qualitativen, explorativen Studien zur Lösung von Marketingproblemen deutlich zugenommen. Häufig werden Experten befragt, um grobe, qualitative Daten über Stärken und Schwächen der Unternehmung oder über die Bedürfnisse bzw. Probleme der Kunden zu erhalten.

An Bedeutung gewonnen haben auch Gruppen-Explorationen, insbesondere in Form von problemzentrierten Gruppendiskussionen oder spezieller, in Form gelenkter Kreativ-Workshops. In derartigen Gruppengesprächen werden vor allem Ansatzpunkte für die Neupositionierung von Angeboten, für Produktverbesserungen oder für neue Kommunikationskonzepte gesucht. Die beschriebenen Formen qualitativer, explorativer Studien gehen davon aus, dass in der Regel kleine, nicht repräsentative Stichproben (n<50) ausreichen, um Ideen und Einsichten zu gewinnen oder mögliche Ursachen und Einflussfaktoren zu erkennen.

Quantitative, repräsentative Studien setzen voraus, dass sog. geschlossene Fragen, d.h. Fragen mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten, formuliert werden können. Sie sind deshalb besser einsetzbar, wenn bereits gewisse Erfahrungen mit der zu untersuchenden Problemstellung und dem für die Studie relevanten Markt vorliegen. Folgende Arten von Ergebnissen sind typisch für quantitative Studien:2

• prozentuale Anteile der Befragten, die bestimmte Merkmale aufweisen (z.B. Personen, die koffeinfreien Kaffee konsumieren, in Prozent der Gesamtzahl der Befragten)

• Unterschiede zwischen Merkmalen verschiedener Personengruppen (z.B. Unterschiede in der Beurteilung einer Kaffeemarke durch Käufer und Nichtkäufer)

• Zusammenhänge zwischen verschiedenen Merkmalen der Befragten (z.B. Zusammenhang zwischen dem Alter der Befragten und ihrem Kaffeekonsum)

Quantitative, repräsentative Studien sind im Allgemeinen recht aufwändig. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass die Sicherung der Repräsentativität der zahlenmässigen (statistischen) Resultate systematisch ausgewählte, grössere Stichproben voraussetzt. Zudem kann es sich speziell bei der Erarbeitung der Informationsbasis für die Lancierung von Angeboten in neuen Märkten als nötig erweisen, mehrere Teilstudien durchzuführen, weil sowohl über die Produktverwender, wie über den Handel und über wichtige externe Beeinflusser3 Informationen beschafft werden müssen. Dies verdeutlicht das Beispiel einer quantitativen, repräsentativen Studie einer grossen Versicherungsunternehmung, die eine Marketingstrategie zur Bearbeitung des englischen Marktes für Autohaftpflichtversicherungen erarbeitete. Neben einer gross angelegten Befragung von Privatautobesitzern, wurden weitere Untersuchungen bei Firmen mit grösseren Fahrzeugbeständen und bei Garagen bzw. Autohändlern, die als Vermittler von Versicherungsverträgen im Markt eine wichtige Rolle spielen, durchgeführt.

Quantitative, repräsentative Studien können auch realisiert werden, um für bestehende Angebote Ansatzpunkte zur Verbesserung des Marketing-Mix-Konzeptes als Ganzes oder einzelner Instrumente des Marketing-Mix aufzudecken. Als Beispiel lässt sich etwa eine Untersuchung zur Segmentierung des Mineralwassermarktes anführen, bei der 2000 Konsumentinnen und Konsumenten befragt wurden, um präzisere Grundlagen für die Neupositionierung eines Mineralwassers zu ermitteln.

Pretests sind Untersuchungen, mit denen Konzepte - sowohl auf strategischer (z.B. Marketing-Konzept) wie auch operativer Ebene (z.B. Werbekonzept) - oder geplante Einzelmassnahmen (z.B. eine neue Verpackung) vor (= pre) ihrem eigentlichen Einsatz im Markt im Hinblick auf ihre Wirkungen bei der anzusprechenden Zielgruppe untersucht werden. Derartige Tests lohnen sich besonders, wenn viel Geld auf dem Spiel steht. Dies ist z.B. beim Einsatz von Fernsehwerbung der Fall, da hohe Produktions- und Streukosten anfallen sowie grosse Wirkungsunterschiede zwischen “guten” und “schlechten” TV-Werbefilmen bestehen. Im Allgemeinen sind Pretests im Verhältnis zu den Kosten der überprüften Massnahmen nicht übermässig teuer. Pretests werden meist mit den Methoden der experimentellen Marktforschung in entsprechend eingerichteten Testlabors durchgeführt. Sie begnügen sich gewöhnlich mit kleinen Stichproben von Testpersonen aus der Kernzielgruppe der untersuchten Konzepte und Massnahmen. Im Vordergrund steht die Beobachtung bzw. Messung der Reaktionen der Testpersonen auf die zu testenden Marketingmassnahmen. Damit sich die Ergebnisse der Beobachtung eindeutiger interpretieren lassen, wird sie häufig durch eine Befragung ergänzt.

Posttests werden verwendet, um Marketingmassnahmen nach (= post) einer gewissen Einsatzzeit im Hinblick auf ihre Wirkung zu überprüfen. Sie werden insbesondere dann benötigt, wenn Unsicherheit darüber besteht, ob eine bestimmte Marketingmassnahme bei den Produktverwendern die beabsichtigte Wirkung erzielt hat und wenn wegen nicht erreichten Marketingzielen Zweifel an der Wirksamkeit wichtiger Marketingmassnahmen aufkommen. Naturgemäss lohnen sich Posttests insbesondere für Massnahmen von grosser finanzieller Tragweite, wie z.B. neu gestaltete Angebote oder kostspielige Werbemittel. Im Vergleich zu Pretests finden Posttests normalerweise nicht im Testlabor, sondern “im Feld” (z.B. in der Wohnung der Untersuchungspersonen) statt. Zum Einsatz kommen dann primär entsprechend konzipierte standardisierte Befragungen auf der Basis grösserer, statistisch repräsentativer Stichproben.

Die bisher vorgestellten Studientypen werden auch als Ad-hoc-Studien bezeichnet. Ad-hoc-Studien zeichnen sich dadurch aus, dass das Studiendesign sowie der Fragebogen oder die Testanlage für eine spezifische Problemsituation entwickelt und eingesetzt werden. Ihre Ergebnisse gelten damit “nur” für den Untersuchungszeitpunkt und erlauben an sich keine Aussagen über die Entwicklung spezifischer Merkmale im Zeitablauf. Um Probleme und Chancen aufzudecken oder um aus in der Vergangenheit realisierten Marketingmassnahmen für die zukünftige Planung lernen zu können, sind jedoch Informationen über Entwicklungen eines Merkmals häufig wichtiger als die Kenntnis seines aktuellen Zustandes. So ist es z.B. für die Entdeckung von Imageproblemen interessant, nicht nur das aktuelle Imageprofil zu kennen, sondern auch über dessen Veränderungen während der letzten Jahre Bescheid zu wissen. Zu diesem Zweck werden so genannte Trackingstudien resp. repetitive, quantitative Studien durchgeführt. Damit bezeichnet man sich zeitlich (oft in regelmässigen Abständen) wiederholende Untersuchungen, deren Inhalt und Design identisch sind, um die Vergleichbarkeit der Resultate zu gewährleisten.

In der Praxis sind zwei Formen von Trackingstudien besonders verbreitet:

• Im Rahmen von repetitiven Ad-Hoc Studien überprüfen gewisse Unternehmungen in regelmässigen Abständen z.B. die Entwicklung der Kundenzufriedenheit oder die Entwicklung der Akzeptanz der Verkäufer und der Kundendienstmitarbeiter bei den Produktverwendern.

• Generelle Kennziffern über die Entwicklung des Marktvolumens und der Marktanteile werden häufig von spezialisierten Marktforschungsinstituten angeboten. In so genannten Panelstudien erfassen die Institute regelmässig Daten über die Einkäufe von Verbrauchern oder die Verkäufe von Händlern in einem bestimmen Markt.

Besonders bei komplexeren Marketingproblemen kann die Wahl des passenden Studientyps schwer fallen. Dann ist es hilfreich, die aus dem Marketingproblem hervorgehenden Aufgabe(n) zu präzisieren. Aus entscheidmethodischer Sicht lassen sich die folgenden Aufgaben unterscheiden:4

• Beschreiben einer Situation und damit einer Problemstellung und Erstellen einer Analyse (bzw. Diagnose)

• Prognostizieren von interessierenden Tatbeständen im Markt oder in der Umwelt (Entwicklungsprognose) oder von Wirkungen geplanter Marketingmassnahmen (Wirkungsprognose)

• Erklären, d.h. Aufzeigen von Ursachen eines Problems, einer Entwicklung im Markt oder der Wirkungen einer Marketingmassnahme (Ursachenforschung)

• Finden von Ideen oder innovativen Problemlösungen (Ideengenerierung)

• Beurteilen und Auswählen von alternativen Problemlösungen (Screening)

• Punktuelle oder systematische Kontrolle von ergriffenen Marketingmassnahmen (Tracking, Monitoring)

Abbildung 2-3 zeigt überblicksartig, welche methodischen Aufgaben mit welchen Studientypen am häufigsten verbunden werden. Die Unterscheidung dieser methodischen Aufgaben vermittelt zudem Anhaltspunkte für die Art und Form der Datenauswertung (insbesondere der zu diesem Zweck einzusetzenden statistischen Methoden).


Abb. 2-3: Bedeutung der Studientypen zur Lösung verschiedener methodischer Aufgaben

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