Читать книгу Segelfahrterinnerungen 1850-70 - Richard Wossidlo befragte ehemalige Seeleute - Richard Wossidlo - 1859-1939 - Страница 5
Vorwort des Autors
ОглавлениеUm die Erinnerungen an eine für immer entschwundene Welt lebendig zu erhalten und der Heimatkunde und Sprachwissenschaft nutzbar zu machen, habe ich in den letzten Jahrzehnten an der mecklenburgischen Küste das niederdeutsche Seemannsleben eingehend erforscht, so schwer es auch der Landratte wurde, sich in die fremde Welt einzuleben.
Auf den folgenden Blättern gebe ich von der Ausbeute eine kleine Probe. Mein Ziel war, das Seemannsleben aus der Zeit der mecklenburgischen Segelschifffahrt, soweit sie noch in der Erinnerung der Alten lebendig ist oder war, zu schildern (also aus der Zeit um 1850 bis 1870). Nichts ist aus Büchern entlehnt, Marine und Dampfer scheiden aus. Die frühere Ausdehnung und den Niedergang der Segelschifffahrt, das Reeder- und Partenwesen und ebenso die allmählichen Veränderungen im Bau der Schiffe und in der Anordnung der Schiffsräume konnte ich nur streifen. Das Lotsenwesen, die Navigation, die Einteilung in Klassen musste ich beiseite lassen.
Die ganze Seemannssprache kann ich auf dem beschränkten Raum, der mir zur Verfügung steht, natürlich nicht darstellen – so erwünscht das auch wäre. Das ja meist aus Büchern geschöpfte Werk von Kluge („Seemannssprache“) gibt nicht im Entferntesten ein Bild von dem reichen Leben, das sich hier auftut. Die Ausdrücke für Wind, Welle, Wetter, Mond usw. hat Kluge wenig herangezogen. Sogar von den Namen der einzelnen Schiffsteile fehlt vieles. Der seemännische Aberglaube und die Seemannssagen sind, soweit ich weiß, in Deutschland bisher überhaupt nicht in größerem Umfang gesammelt worden.
Die Äußerungen meiner Gewährsmänner –- alter Matrosen, Steuerleute und Kapitäne, die mir aus ihren Erinnerungen heraus die früheren Zustände schilderten – ließ ich unverändert, um dem ganzen Bilde den Charakter der Echtheit zu bewahren.
Dass viele der von mir dargestellten Bräuche nicht auf allen Schiffen geübt wurden, ist selbstverständlich. Die Ortsangaben habe ich fortgelassen, weil eine solche Quellenangabe ermüdend wirken würde und Unterschiede der einzelnen Gegenden nicht erkennbar sind. Das meiste stammt aus Warnemünde und Wustrow, einiges auch aus Wismar, Dändorf, Dierhagen und anderen Orten der mecklenburgischen Ostseeküste.
Beschränkung auf Mecklenburg war notwendig, sonst wäre die Arbeit uferlos geworden. Aber bei dem ständigen Wechsel der Mannschaft, die aus allen Gebieten der deutschen Küste stammte, wird im großen und ganzen das für die mecklenburgische Seefahrt gezeichnete Bild auch für die andern Küstengebiete zutreffen.
Ich wage zu hoffen, dass das Buch in den Kreisen der Seeleute eine gute Aufnahme finden und dass auch darüber hinaus das bunt bewegte Bild aus alter Zeit allen Freunden niederdeutschen Volkstums Freude machen werde.
Wenn unner de Lesers oll Lüd mank sien süllen, dee vör viertig bet föfftig Johr sülben as Kaptain oder Madroos up een von de mäkelborger Schäpen fohrt hebben – viellicht gor weck von mien Frünn’ in Warnmünd, in de Wismer, in Wustrow, dee mien Lihrmeisters wäst sünd –, denn roop ik dee den ollen mäkelborger Seemannsgruß to, as he früher up 't Fischland Mod wier: Woll to seihn!
Waren (Müritz), 1929/1939
Richard Wossidlo