Читать книгу Der Mann, der nicht verlieren kann - Rick Reilly - Страница 4

Kapitel 1 Die Mutter aller Lügen

Оглавление

Wenn du den wahren Charakter eines Menschen herausfinden willst, spiele Golf mit ihm.

P.G. Wodehouse

Ich kenne Donald Trump seit dreißig Jahren, und in der ganzen Zeit habe ich ihm nie auch nur ein einziges Wort geglaubt, aber ganz im Ernst: Ich war mir immer sicher, er selbst auch nicht. Der war wie dieser verrückte Onkel, der dir bei der Familienfeier einen vom Pferd erzählt, wie er damals Frank Sinatra höchstpersönlich eine reingesemmelt hat, und deine Eltern sitzen in der Küche und verdrehen die Augen. Er hat immer bloß Mist verzapft, aber meistens irgendwie amüsanten Mist.

Einmal war ich zum Beispiel in seinem Büro im Trump Tower. Er zog eine gelbe laminierte Karte aus der Brieftasche und knallte sie auf den tonnenschweren Schreibtisch wie das vierte Ass beim Pokern.

»Sehen Sie sich das an!«, sagte er. »Ganze neun Menschen auf der Welt haben so was!«

Auf der Karte stand: Der Inhaber dieser Karte isst in jedem McDonald’s weltweit umsonst.

»Außer mir haben nur Mutter Teresa und Michael Jordan so eine Karte!«, tönte er.

Ich stellte mir in dem Moment vor, wie Mutter Teresa bei McDonald’s in Kalkutta vorfährt, das Seitenfenster runterlässt, sich in ihrer Ordenstracht hinauslehnt und sagt: »Ich hätte gerne zehntausend Doppel-Cheeseburger, bitte schön.«

Ich mochte Trump in derselben Weise, wie ich Batman mochte. Er war, wie in den Augen eines Achtjährigen ein Multimilliardär eben zu sein hatte – der Name steht in drei Meter großen Lettern auf Wolkenkratzern und dicken Düsenjets, an jedem Arm ein paar mehr oder weniger scharfe Blondinen, und aus den Socken lugen 1000-Dollar-Scheine hervor.

Mir war also klar, diese Sache mit der »Kandidatur für die Präsidentschaft« musste irgendeinen Haken haben. Es gibt immer irgendeinen Haken. Man musste nur wissen, wo.

Bei meiner ersten Begegnung mit Donald Trump – das ist Ewigkeiten her – arbeitete ich als Kolumnist für die Sports Illustrated. Ich war Teilnehmer beim AT&T-Pebble-Beach-Pro-Am-Golfturnier – bei dieser Turnierform treten Profis und Amateure gemeinsam an. Trump kam mit seinem Bibelverkäufergrinsen auf mich zu und streckte mir seine Hand mit den kurzen Fingern entgegen. Auch seine damalige Frau, Marla Maples, lächelte mich an.

O-ooh, dachte ich. Was geht denn hier ab?

»Sie sind mein Lieblingsschreiber!«, bellte Trump. »Ich mag, was Sie machen. Sag’s ihm, Marla!«

»Es stimmt!«, sagte sie. »Sehen Sie mal!« Dabei zog sie eine meiner Kolumnen aus ihrer Brieftasche. Okay, da läuft der Hase lang. Aber wo war der Haken?

»Also«, fragte er, »wann schreiben Sie denn etwas über mich

Aha, da war er schon, der Haken.

Kein Problem. Trump war schließlich der zugänglichste, bombastischste und zitierfähigste Geschäftsmann auf dem Planeten. Warum sollte ich da Nein sagen? Als ich dann begann, mein Golfbuch zu schreiben (Who’s Your Caddy?), in dem ich den Caddy für zwölf Golflegenden, Promis und ein paar schräge Vögel spielen wollte, fragte ich ihn, ob er auch ein Kapitel haben wollte. »Auf jeden Fall!«, meinte er.

Der Tag kam, und was fehlte, war ein Mitspieler für Trump, deshalb ließ er wissen, ich wäre nicht sein Caddy, sondern sein Gegner bei dieser Runde. Okay, man nimmt, was man kriegt. Wir spielten auf seinem Trump National Golf Club Westchester in Briarcliff Manor, New York, und es war ein bizarrer Tag, unwirklich, geradezu schwindelerregend.

Apropos Schwindel: Trump log an dem Tag nicht bloß unablässig über sich selbst. Er log auch andauernd über mich. Er ging zu irgendeinem anderen Clubmitglied und sagte: »Das ist Rick. Er ist der Boss von Sports Illustrated.« Der andere reichte mir die Hand, die ich gerade zögernd ergreifen wollte, da hatte mich Trump auch schon zum nächsten Clubmitglied weitergezerrt. Oder zum Vereinsschriftführer. Oder zum Vereinsküchenchef. »Das ist Rick. Er ist der Herausgeber von Sports Illustrated.« Bevor ich widersprechen konnte, ging es weiter: »Und das da ist mein Küchenchef. Er wurde zum besten Hamburger-Koch der Welt gewählt!« Der arme Küchenmeister und ich warfen uns gegenseitig ein hilfloses »Kein Wort wahr«-Kopfschütteln zu.

Als wir irgendwann allein waren, fragte ich Trump schließlich: »Donald, wieso verbreiten Sie ständig Lügen über mich?«

»Klingt besser«, sagte er.

Klingt besser: Genau so läuft das bei Trump. Alles, was er sagt und tut, ist genau darauf ausgerichtet. Wahrheit interessiert Trump nicht die Bohne. Es kommt bloß darauf an, wie es klingt, wie es aussieht, die Außenwirkung zählt – sollen die Faktenchecker doch selbst sehen, wie sie in einer 50-Meter-Halle einen 100-Meter-Lauf unterkriegen.

Ein Freund von mir war 2015 einmal mit Trump und seiner Frau Melania zum Abendessen. Damals war diese Sache mit der Präsidentschaftskandidatur gerade erst im Entstehen. Die Konversation der Männer und Frauen am Tisch hatten jeweils eigene Wege eingeschlagen. Die Frau meines Freundes erkundigte sich: »Sie haben einen hübschen Akzent, Melania. Wo stammen Sie her?«

»Aus Slowenien«, antwortete sie.

Mitten im Satz wandte sich Trump zu ihr und warf ein: »Sag doch Österreich. Klingt besser.«

Aber als ich dann beim Frühstück die Mutter aller Lügen las, fiel mir fast das Müsli aus dem Mund. Es war ein Tweet, den er ursprünglich 2013 gepostet hatte, gelesen habe ich ihn jedoch erst nach Beginn seiner Wahlkampagne. Trump war zu dem Zeitpunkt in eine seiner vielen Hundert Fehden mit anderen Prominenten verwickelt, diesmal zur Abwechslung mit jemandem aus seiner Gewichtsklasse – Mark Cuban, Besitzer der Dallas Mavericks, Milliardär und Sportfan. Cuban hatte ihn Jahre zuvor in irgendeiner belanglosen TV-Show heruntergeputzt. »Ich glaube, ich habe gesagt: ›Ich kann jederzeit einen dickeren Scheck ausstellen als Trump, und ich würde noch nicht einmal merken, dass etwas fehlt‹«, erinnert sich Cuban.

Trump kochte vor Wut. Trump kann eimerweise Beleidigungen über andere auskübeln, aber wehe, er bekommt einmal einen Fingerhut voll zurück. Sein Motto lautet: »Wenn ich angegriffen werde, schlage ich zehnmal härter zurück.« An dem Tag schwor er Cuban ewige Rache. Er forderte ihn heraus.

Golfmatch? Ich habe 18 Clubmeisterschaften gewonnen, die letzte erst an diesem Wochenende. @mcuban hat einen Schwung wie ein kleines Mädchen, null Power, null Talent. Mark ist ein Loser

– Donald J. Trump auf Twitter, 19. März 2013

18 Clubmeisterschaften? Das ist, als würde Ihnen ein Quarterback der National Football League (NFL) erzählen, er hätte 18-mal den Superbowl gewonnen. Es ist grotesk. Diese Lüge ist größer als Maradonas »Hand Gottes«. Und übrigens: Wie er das hinbekommt, hat mir Trump bereits an jenem Tag in Westchester verraten. »Immer wenn ich einen neuen Golfplatz eröffne«, erzählte er mir, »spiele ich die offizielle Eröffnungsrunde, und dann erkläre ich einfach das zur ersten Clubmeisterschaft. So einfach ist das! Ich bin der erste Clubmeister! … Aber das bleibt natürlich unter uns.«

Sie müssen zugeben: Es ist schäbig und moralisch verwerflich, aber es ist auch ganz schön clever.

Ich behielt es tatsächlich jahrelang für mich. Aber dann hörte er einfach nicht auf, es den Leuten immer und immer wieder unter die Nase zu reiben.

»Sie müssen wissen, ich habe 18 Clubmeisterschaften gewonnen«, sagte er ein halbes Dutzend Mal bei seinen Wahlkampfauftritten. »Ich bin eben ein Gewinner.« Als wäre der Kofferraum seines Rolls-Royce so randvoll mit Golftrophäen, dass er den Deckel nicht mehr zukriegt.

In einem Interview mit der Washington Post sagte er einmal, bescheiden wie er ist: »In meinem Leben dreht sich alles ums Gewinnen. Ich habe eine Menge gewonnen. Und ich gewinne noch immer eine Menge. Ich gewinne – was immer ich auch anfasse, ich gewinne. Sogar im Sport habe ich immer gewonnen. Ich war immer ein guter Athlet. Und ich habe immer gewonnen. Im Golf habe ich viele Clubmeisterschaften gewonnen. Viele, sehr viele Clubmeisterschaften. Und da sind Leute dabei, die sind tolle Golfspieler, aber sie können unter Druck nicht gewinnen. Deshalb habe immer ich gewonnen.«

Nach einem großen Erfolg bei einer Vorwahl protzte er vom Podium herab: »Ich weiß, wie man gewinnt. Ich habe gewonnen … Diese Leute da werden es euch erzählen. Habe ich etwa nicht einen Haufen Clubmeisterschaften gewonnen? Weiß Trump überhaupt, wie verlieren geht?«

Bei einem anderen Wahlkampfauftritt: »Gewinnen ist gewinnen. Es ist nicht so einfach, Clubmeister zu werden, glaubt mir. Und hier geht es ja nicht um Golfschläge. Ich rede vom Gewinnen ohne Schläge.«

18 Clubmeisterschaften, das ist eine derart dreiste, durchgeknallte Lüge, dass kein Golfer der Welt auch nur ein Wort davon glauben kann. Um sicherzugehen, rief ich den Mann an, der dieser Zahl vielleicht am nächsten kommt: George »Buddy« Marucci aus Philadelphia. Wie Trump ist Marucci in mehr Clubs Mitglied, als Sie sich vorstellen – oder leisten – können. Wie Trump gehört er zur passenden Altersgruppe – er ist sechs Jahre jünger als Trump. Wie Trump hat er alles Geld der Welt, um zu so vielen Clubmeisterschaften zu reisen, wie er mit seinem Privatjet erreichen kann. Im Unterschied zu Trump ist er einer der denkbar besten Golfer unter den Geschäftsleuten überhaupt. Marucci konnte sogar mit dem damals 19-jährigen Tiger Woods – der ist 24 Jahre jünger als er – bis zum letzten Loch im Finale der US-Amateurmeisterschaft mithalten, bevor er letztlich knapp verlor.

Also, Mr. Buddy Marucci, haben Sie 18 Clubmeisterschaften?

»Ha!«, lachte er. »Keine Chance. Ich habe schon ein paar, komme aber nicht im Entferntesten auf eine solche Zahl. Es ist schwer, irgendwo Clubmeister zu werden. Ich habe das vielleicht achtmal geschafft. Allerhöchstens.«

Wir reden hier von jemandem, der seit 45 Jahren überall auf der Welt Par und besser spielt. Bei fast jedem edlen Golfclub dieses Planeten ist er Mitglied – Winged Foot, Seminole, Pine Valley, Cypress Point. Wenn ein Golfplatz unter den Top Ten weltweit gelistet ist, dann hat Marucci dort vermutlich seinen persönlichen Garderobenschrank stehen.

»Achtzehn?«, staunte er. »Ich wüsste keinen, der das jemals schaffen könnte.« Als ich ihm erklärte, wie Trump das angestellt hat, meinte er: »Wissen Sie, ich bezweifle sogar, dass ich auf die Tour auf 18 kommen könnte.«

Als Trump Gary Player erzählte, er hätte 18 Championships gewonnen, konnte der nur spötteln. »Ich habe ihm gesagt, wenn ihn irgendjemand schlägt, schmeißt er ihn eben raus. So gewinnt man natürlich immer.«

Stand Trumps Name auf der Ehrentafel auch nur eines Clubs, der ihm nicht selbst gehörte? Fehlanzeige. Stand er auf der Ehrentafel des Trump Washington, D.C., in Virginia, eines Golfplatzes, der bereits in Betrieb war, als er ihn kaufte? Fehlanzeige. Oder bei Trump Jupiter, einem Golfplatz, den er Ritz-Carlton abgekauft hat? Fehlanzeige. Stand er auf der Ehrentafel von irgendeinem seiner Golfplätze, die er selbst eröffnet hat? Aber sicher doch.

An der Wand des Trump International in West Palm Beach, Florida, hängt eine Ehrentafel mit den Namen aller Spieler, die jemals die Clubmeisterschaft der Männer gewonnen haben. Trumps Name erscheint dort drei Mal: 1999, 2001 und 2009. Moment mal: Der Golfplatz war 1999 noch gar nicht eröffnet. Es stellt sich heraus, wie Hope Hicks, damals Sprecherin des Weißen Hauses, gegenüber der Washington Post einräumte, dass Trump am 1. November des Jahres eine Art »inoffizielle Eröffnungsrunde« mit »ein paar frühen Mitgliedern« gespielt und das dann zur Clubmeisterschaft erklärt hat.

Herzlichen Glückwunsch?

Am 17. März 2013 twitterte Trump, er hätte erneut die Clubmeisterschaft beim Trump International gewonnen. Das war der Sieg, mit dem er sich gegenüber Cuban großtat.

Habe soeben die Club Championship des Trump International Golf Club in Palm Beach gewonnen – jede Menge gute Golfer dort – ist immer schwer, eine Clubmeisterschaft zu gewinnen.

Auf der Tafel für jenes Jahr steht allerdings »Tom Roush« als Name des Turniersiegers. Des Rätsels Lösung: Was Trump gewonnen hat, war überhaupt nicht die Clubmeisterschaft. Es war die »Super Seniors Club Championship«, die in den meisten Clubs für Spieler ab 60 aufwärts reserviert ist. Auch darauf darf man sich gewiss etwas einbilden, doch zwischen dem Sieg in einem Seniorenturnier und einem Sieg gegen die besten jungen Spieler des Vereins liegen nun einmal Welten. Der Unterschied zwischen »Club Champion« und »Super Senior Club Champion« ist etwa so groß wie der Unterschied zwischen Bundesliga und Landesliga.

»Ich erinnere mich, wie Melania uns mal gefragt hat, ›Was ist denn dieses Super Seniors?‹«, erzählt Ian Gillule, ein früherer Vorstand bei Trump Westchester. »Und Mr. Trump sagte dann: ›Oh, Super Seniors ist besser als bloß eine normale Clubmeisterschaft, Liebling.‹ Natürlich meinte er das ironisch, aber ihr war der Unterschied nicht klar.«

Ich rief den Golfautor Michael Bamberger von Golf.com an. Er hatte einmal eine Story für Sports Illustrated gemacht, in der er erzählt, wie er jeden Trump-Golfplatz mit Trump gespielt hat. Hatte der schon von diesen 18 Club Championships gehört? Er hatte.

Bamberger: »Wir waren in Trump Westchester, und Trump sagte zu mir: ›Michael, ich hab hier gerade erst die Clubmeisterschaft gewonnen.‹ Ich überlegte mir: ›Wow, das ist ziemlich schwer zu glauben, immerhin hat er Handicap 9 oder 10, und bei der Club Championship kriegst du keine Schläge gutgeschrieben.‹ Also fragte ich ihn: ›Und gegen wen?‹, und er meinte: ›Gegen den da!‹« Trump deutete auf seinen langjährigen Zementlieferanten, Lou Rinaldi, der hat Handicap 0 und ist ein phantastischer Spieler. Bamberger sah zu Rinaldi hinüber, der zuckte bloß die Achseln, als wollte er sagen: »Ich werde mich wohl kaum mit meinem Boss anlegen.«

Später fand Bamberger heraus, dass auch das nur eine Seniorenmeisterschaft war. »Und noch später stieß ich darauf«, berichtet Bamberger weiter, »dass es auch gar nicht in dem Jahr war. Nicht einmal der Termin hat gestimmt.«

Auf dem Golfplatz Trump Bedminster in New Jersey gewann Trump einmal eine Seniorenmeisterschaft aus 140 Kilometern Entfernung. Der Club sollte seine Seniorenmeisterschaft ab 50 Jahren aufwärts freigeben, so hatte er es festgelegt, dabei aber vergessen, dass einer der besten Spieler des Clubs gerade 50 geworden war. Ihm war klar, dass er keine Chance gegen den Mann hatte, also ging er am Tag des Turniers auf seinen Trump Philadelphia Golfplatz und spielte dort eine Runde mit einem Freund. Später rief Trump nach Angaben einer Quelle im Bedminster Club beim dortigen Pro-Shop an und behauptete, er hätte eine 73 gespielt und sollte deshalb zum Turniersieger erklärt werden. Der dort tätige Profi wollte seinen Job nicht verlieren und machte das Spielchen mit. Am Ende stand Trumps Name auf der Ehrentafel. »Aber dann«, so die erwähnte Quelle, »fragte jemand den Caddy in Philadelphia, was Trump denn an dem Tag gespielt hätte. Der Caddy meint: ›Vielleicht eine 82. Und auch das ist noch großzügig gerechnet.‹ Der zieht hier ständig solche krassen Nummern ab.«

Gleich mehrere Quellen beschreiben einen Fall, wie Trump zufällig ins Clubhaus von Bedminster kam und ein Mitarbeiter gerade dabei war, den Namen des frisch gekürten Siegers der Seniorenmeisterschaft auf einer Holztafel zu verewigen. Trump war unterwegs gewesen und hatte bei dem Turnier nicht mitgespielt, und als er den Namen des Siegers sah, stoppte er den Mitarbeiter. »Hey, ich habe gegen den Kerl immer gewonnen. Schreiben Sie meinen Namen da hin.« Der Arbeiter war völlig verdutzt.

»Im Ernst, Sir?«

»Ja, natürlich. Der Typ hatte noch nie eine Chance gegen mich. Ich hätte locker gewonnen. Schreiben Sie meinen Namen hin.«

Von den 18 »Clubmeistertiteln«, die Trump für das Golf Digest aufgelistet hat, sind zwölf in Wirklichkeit Senior- oder Super-Senior-Titel. Zur Erinnerung: Senior und Super Senior Club Championships sind etwas anderes als die Club Championship der Männer. Das ist wie Bowling mit Leitplanken. Und abgesehen davon riechen diese Seniorentitel, wie ich gerne sage, etwa so frisch wie drei Tage alter Heilbutt. Blieben also sechs echte Clubmeisterschaften. Einer dieser sechs angeblichen Titel war Trump Westchester 2001, als der Club offiziell noch gar nicht eröffnet war. Bleiben fünf. Der nächste war Westchester 2002, da hatte der Platz aber nur neun Löcher. Das zählt nicht – wenn es denn überhaupt passiert ist. Bleiben vier, einer davon wiederum Westchester, anno 2004. Hat er vielleicht damals wirklich gewonnen?

»Definitiv nein, ich weiß absolut sicher, dass das nicht stimmt«, sagt Gillule. »In den acht Jahren, die ich dort gearbeitet habe, hat er nie irgendwas gewonnen. Ich meine, ich habe sehr gerne für Mr. Trump gearbeitet, aber wissen Sie, manche Leute nehmen es eben mit der Wahrheit nicht so genau.«

Wir wissen immerhin, dass Trump 2007 bei der Westchester Club Championship der Männer mitgespielt hat und in der ersten Runde von einem 15-Jährigen namens Adam Levin aus dem Turnier geworfen wurde. Trump hatte fünf Löcher vor Schluss vier Löcher Vorsprung, wozu zwei vom 60-Jährigen äußerst kleinlich monierte Regelverstöße des Jungen nicht unerheblich beigetragen hatten – einmal hatte er in einem Hindernis versehentlich das Gras mit dem Schläger berührt, einmal einen Ballabdruck außerhalb des Grüns repariert – beides kostete ihn im Match Play das Loch.

In dem Moment sagte Trump laut Levin zur kleinen Zuschauertribüne gewandt: »Der Junge hat sich doch ordentlich gewehrt, findet ihr nicht?« In Levin begann ein kleines Feuer zu lodern, und am Ende holte er Loch um Loch auf. Nach 18 Löchern hatte er mit Trump gleichgezogen und gewann schließlich im zweiten Stechen.

»Er sagte noch nicht mal ›Glückwunsch‹ oder ›Gutes Match‹«, erinnert sich Levin, der heute als Datenanalyst arbeitet. »Er sah mir nicht in die Augen. Er gab mir nur die Hand und stapfte davon. Er hatte sich schon den ganzen Tag völlig bescheuert benommen. Wir waren an dem Tag fünf oder sechs Stunden zusammen unterwegs, es hätte also reichlich Zeit gegeben, sich mit mir oder meinen Eltern zu unterhalten, aber das Einzige, was er sagte, war: ›Ist das nicht ein phantastischer Platz?‹ und ›Besser als hier findest du es nirgendwo!‹ Er ist einfach ein Riesenarschloch, charakterlich eine totale Null.«

Damit bleiben drei mögliche Clubmeisterschaften, alle auf demselben Kurs – Trump International in West Palm Beach. Aber wie wir bereits wissen, war der Sieg von 1999 dort eine Lüge, weil der Platz damals noch gar nicht eröffnet war. Bleiben zwei: Von diesen beiden – 2001 und 2009 – habe ich bisher weder eine unterschriebene Scorekarte gesehen noch mit einem objektiven Zeugen reden können, der sich erinnern könnte, ob er nun gewonnen hat oder nicht.

Damit hätten wir also den Endstand, was die »18 Club Championships« angeht: gelogen – 16, unklar – 2, bestätigt – 0. Inzwischen ist die Nase von Pinocchio Trump so lang, dass man sie glatt als Putter benutzen könnte.

Das Ganze hat mich so wütend gemacht, dass ich etwas tun musste. Ich war nicht in meiner Eigenschaft als Staatsbürger und Wähler beleidigt. Ich war beleidigt in meiner Eigenschaft als Golfer. Das durfte man ihm einfach nicht durchgehen lassen. Sie wollen politische Versprechungen machen, die Sie nicht halten können? Bitte schön, schaufeln Sie Ihr eigenes Grab. Sie wollen Märchen über sich selbst als gnadenlos ausgebufftes Businessgenie in die Welt setzen? Gerne, hauen Sie doch übers Ohr, wen Sie wollen. Aber Golf bedeutet mir etwas. Ich spiele Golf, seit ich denken kann. Es hält mich gesund, es macht mich glücklich, und ich habe bei dem Sport zahllose neue Freunde gefunden.

Eines der Dinge, die ich beim Golf am meisten mag: Du bist dein eigener Schiedsrichter. Du begehst einen Regelverstoß und gibst ihn selbst zu. Redlichkeit ist untrennbarer Bestandteil dieses Spiels. Ehrlichkeit ist beim Golf kostbarer als die niedlichen weißen Dellen im Golfball. Wie Ben Crenshaw gerne sagt: »Golf ist ein Spiel mit Gewissen.«

Für Golfer hat der Makel des Betrugs unendlich viel mehr Gewicht als Sieg oder Niederlage, wir leben stets in tödlicher Angst davor, als Betrüger zu gelten. Tom Watson beschuldigte Gary Player einmal, beim Skins Game 1983 unerlaubterweise ein Blatt von seinem Ball entfernt zu haben – die beiden haben seitdem praktisch kein Wort mehr miteinander gewechselt. Ein Blatt. Vijay Singh konnte zehn Major-Turniere gewinnen und ist doch nie seinen Ruf als Betrüger losgeworden. Grund war ein winziger Vorfall bei einem Spiel vor vielen Jahren in Indonesien, und es ist noch nicht einmal sicher, dass sich die Sache wirklich so zugetragen hat.

Und hier haben wir also Mr. Trump, wie er von 18 Golfmeisterschaften salbadert, die noch verlogener sind als Analogkäse, und da kam ich dann ins Grübeln. Wie viel von dem brillanten Golfer, der zu sein Trump behauptet, nimmt ihm eigentlich die Öffentlichkeit ab? Als Trump während des Wahlkampfs vor 30000 Anhängern mit ihren roten Baseballkappen stand und schwafelte: »Wenn es um Golf geht, gibt es nur sehr wenige, die mich schlagen können«, haben ihm die Leute das wirklich geglaubt? Schließlich gibt es auf jedem Golfplatz in Amerika 50 Leute, die ihn schlagen können.

Als Trump Puerto Rico nach dem Hurrikan Maria im Regen stehen ließ, wusste da jemand, dass er sein »fabelhaftes« Golfprojekt dort im Jahr zuvor aufgegeben hatte, ein Bankrott, bei dem das winzige Land auf 32 Millionen Dollar Schulden sitzen blieb?

Als Trump endlose, 18-Loch-Runden dauernde Meetings mit diesem Premierminister und jenem Machthaber auf seinem Golfresort in Florida abhielt, kehrten diese Staatenlenker zurück nach Hause, um unseren Präsidenten so auszulachen, wie sie ihn bei den Vereinten Nationen auslachten? Glauben die jetzt, alle Amerikaner würden beim Golf bescheißen?

Das brachte mich ins Grübeln …

Irgendwer muss doch einmal aussprechen, dass Trumps Art und Weise, Golf zu spielen, genau seiner Handhabung der Präsidentschaft zu entsprechen scheint, will sagen: Er handelt so, als würden die Regeln bloß für die anderen gelten.

Irgendwer muss doch mal sagen, dass Fakten und Wahrheit für Trump dasselbe sind wie Golfergebnisse und Zuschauerzahlen – »gefühlte Werte«, dehnbar, verhandelbar, mal in die Richtung weisend und mal in jene, wie der mit den Armen rudernde aufblasbare Einweiser auf dem Parkplatz.

Irgendwer muss doch mal schreiben, dass die Masche, mit der Trump beim Golf betrügt, wie er über seine Plätze Lügen verbreitet und wie er seine Golfvertragspartner vor den Kopf stößt, sich gar nicht so sehr davon unterscheidet, wie er seine Frauen betrügt, über seine Missetaten Lügen verbreitet und die Welt bei Verträgen und Vereinbarungen vor den Kopf stößt, die Amerika lange vor seiner Zeit unterschrieben hat, vom Iran bis hin zum Klimawandel.

»Golf ist wie eine Radlerhose«, schrieb ich einmal. »Es verrät eine Menge über den Mann.«

Man könnte glatt ein Buch darüber schreiben, was Trumps Golfspiel über ihn verrät.

Hier ist es.

Der Mann, der nicht verlieren kann

Подняться наверх