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Das erste Mal, dass Linnea Haydn sagen wollte, dass sie ihn liebte war, als er sich am Morgen beim Rasieren schnitt. Es war ihr vierter Morgen in dem kleinen Rosenzimmer und Linnea war aufgewacht und hatte Haydn neben sich vorgefunden - tatsächlich schlafend. Da das eine solche Seltenheit war, widerstand sie der Versuchung ihn zu wecken, küsste ihn auf die Schulter und kuschelte sich an ihn. Er war die ganze Zeit über unglaublich umgänglich und Linnea fand es faszinierend einfach seine Ehefrau zu spielen, wenn sie in Gegenwart anderer waren. Wenn sie allein waren, war er der Liebhaber, den sich jedermann nur wünschen konnte, aber weit entfernt von einem Ehemann. Verdammt: Etwas für Haydn Cavendish zu empfinden, war das letzte, was sie wollte. Aber er war so unglaublich süß, wie er über dem Waschbecken fluchte und sich das Blut abtupfte, während Linnea neben ihm stand und ihr die Zahnpasta übers Kinn lief, weil sie ihn einfach nur ansehen konnte.

Das zweite Mal waren sie schwimmen gegangen, um der Hitze zu entkommen und Haydn war in der Sonne eingeschlafen. Der Schweiß glänzte auf seiner dunklen Haut, aus seinen Kopfhörern hörte man ganz leise Musik. Linneas Haut war weniger an Sonne gewöhnt und sie hatte sich in den Halbschatten zurückgezogen, von wo sie Haydn besser beobachten konnte. Aber nicht nur sie beobachtete ihn. Zugegeben, er war, neben ein paar Footballspielern, auch der Einzige der sich wirklich in Badehosen zeigen sollte, sein Körper war aber im Vergleich zu den Sportlern so schlank und fein definiert, nirgends zu viel von dem, was nicht sein sollte. Als Linnea von der Toilette zurückkam, fand sie ihren Ehemann inmitten einer Gruppe junger Leute – dem Flirten ganz und gar nicht abgeneigt – und sie setzte sich langsam auf ihre Liege und seufzte. Er lachte, er scherzte, er war so unglaublich sexy – und als er vor den Augen seiner Bewunderinnen mit einem Flickflack und einem Salto ins Wasser sprang, hätten ihre Gedanken nicht weit genug davon entfernt sein können, ihn zu lieben. Er war ein fabelhafter Schwimmer und konnte alle möglichen Kunststücke vollführen, nichts anderes hatte sie erwartet, aber sie konnte es nicht genießen, wenn jeder – vor allem sie selbst – sehen konnte, dass er es nicht für ihr Amüsement tat.

Als er aus dem Wasser stieg, schloss Linnea vor seinen Bauchmuskeln die Augen – um sie erst wieder zu öffnen, als er ihr eine Tüte Eis vor die Nase hielt. „Du hast mal gesagt, du liebst Walnusseis“, lächelte er über ihren verdutzten Blick und warf sich auf seine Liege. Wenn er wüsste, was sie in dem Moment mehr liebte, als Walnusseis. Aber natürlich konnte sie ihm das nicht sagen. Abgesehen davon, dass sie es selbst kaum glauben wollte, würde es ihn wahrscheinlich schneller in die Flucht schlagen, als sie es aussprechen konnte.


Es war einer jener Nachmittage, an denen man nicht einmal vom Mittagstisch aufstehen konnte, weil die Schwerkraft in der Hitze die Oberhand über einen gewonnen hatte. Linnea und Haydn hatten den Vormittag damit zugebracht, vor dem kleinen Fernseher auf ihrem Zimmer einzuschlafen und sie erwachten rechtzeitig zum nachmittäglichen Kinderprogramm. Dann verbrachten sie eine weitere Stunde damit, sich mit Obst zu füttern, während sich Cartoonfiguren auf Spanisch anschrien. Es hätte erotisch werden können, wenn sie nicht ständig das Gefühl gehabt hätten, Pädophilie zu praktizieren. Am Nachmittag waren sie wieder schwimmen gegangen, bevor die Schwüle sie zurück auf ihr Zimmer getrieben hatte. Linnea lag auf dem Bett und dämmerte vor sich hin – einen kalten Lappen auf der Stirn – und Haydn saß am Fenster und zupfte auf der Gitarre, die er in einem kleinen Musikgeschäft neben dem Postamt erstanden hatte.

Irgendwann wurde es plötzlich immer dunkler am Himmel und als der erste Blitz ins Zimmer zuckte, wich Haydn erschrocken von seinem Platz. „Whoa!“ Linnea öffnete die Augen und hörte das erste Donnergrollen. „Was?“ Noch ein Blitz und Haydn legte die Gitarre weg und schluckte: „Erm… nichts.“ Er zog sich aufs Bett zurück und Linnea kam nicht umhin, in sich hinein zu lachen. Hatte er etwa Angst vor Gewittern? Er, der er vor nichts Angst hatte?

Einige Minuten später brach es endgültig, in voller Stärke, über sie herein. Blitze, Donner, Regen. Man spürte regelrecht, wie es plötzlich kühl wurde, als sich die aufgestaute Hitze entlud und Linnea nahm den Lappen von der Stirn und seufzte genüsslich. Endlich würde man sich wieder bewegen können. Haydn neben ihr war weniger gelassen, auch wenn er sich überaus bemühte, sich nichts anmerken zu lassen. Er hatte das Buch zur Hand genommen, das er unten im Wohnzimmer ausgeliehen hatte, wirkte aber viel zu unkonzentriert, um bei seiner Leseschwäche überhaupt über mehr als einen Satz hinaus zu kommen.

„Vielleicht sollten wir morgen ganz früh losfahren“, legte er dann das Buch zur Seite und kratzte sich am Hinterkopf. „Bevor es wieder heiß wird. Und dann schaffen wir eine gute Strecke, bevor wir uns ein Motel suchen müssen. Oder wir schlafen im Auto, Motels können so ausladend sein.“ Linnea wusste, dass er nur redete, um sich selbst abzulenken und drehte sich zu ihm, um ihm die Hand in den Schoß zu legen. „Haydn?“ „Hm?“, unterbrach er sich selbst und sah sie an. „Ich liebe dich.“

Sie konnte nicht sagen, dass er geschockt war. Vielmehr konnte sie gar keine Reaktion aus seinem Gesicht lesen. Aber er war nicht davon gelaufen, das war schon was. „Ich darf nur nicht vergessen, zu tanken, wer weiß, wie weit es bis zur nächsten Tankstelle ist“, fuhr er dann fort, als hätte sie nichts gesagt und Linnea schluckte. „Ja, gute Idee.“ „Und wir dürfen nicht vergessen, genügend Proviant einzukaufen.“ „Ich werde gleich eine Liste schreiben.“ „Okay…“ Dann beugte er sich zu ihr um ihr einen Kuss zu geben, den man fast als zärtlich bezeichnen konnte und der sie wieder einmal verwirrt zurück ließ.

Er hatte sich für den Rest des Abends in seinem Buch vergraben und Linnea bemühte sich, andere Beschäftigungen zu finden. Sie putzten sich schweigend die Zähne und gingen zu Bett, ohne irgendwelche Zärtlichkeiten auszutauschen. Linnea verkroch sich unter die Decke und schalt sich selbst für ihre Dummheit. Es dauerte schier endlos, bis sie endlich einschlafen konnte, doch als sie gegen sechs Uhr zum ersten Mal aufwachte, schlief Haydn mit dem Gesicht zu ihr.


Slow Dancing In A Burning Room

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