Читать книгу Fear Street 59 - Der Angeber - R.L Stine - Страница 4
Kapitel 1
ОглавлениеWas würdest du tun, wenn einer deiner besten Freunde dich beiseite nähme und dir sagte, dass er dir ein Geständnis machen muss?
Was würdest du tun, wenn er dann damit herausrückte, dass er jemanden umgebracht hat? Wenn er dich bitten würde, es niemandem weiterzuerzählen.
Was würdest du tun?
Die Eltern deines Freundes einweihen? Die Polizei über den Mord informieren? Ihn zu überreden versuchen, sich seinen Eltern anzuvertrauen? Mit deinen eigenen Eltern reden?
Oder würdest du das Geheimnis für dich behalten?
Keine leichte Entscheidung, nicht wahr? Ich bin siebzehn und habe eigentlich immer gedacht, dass ich auf eine Menge Fragen eine gute Antwort weiß. Aber als ein wirklich guter Freund aus unserer Clique uns bei sich zu Hause zusammentrommelte und vor versammelter Mannschaft gestand, einen Mord begangen zu haben – nun … da waren wir alle völlig ratlos.
Eines steht jedenfalls fest: Als Hillary Walker, Taylor Snook und ich an jenem warmen Tag im letzten Mai nach der Schule zu mir nach Hause gingen, dachten wir an alles Mögliche, aber nicht an Mord.
Die Luft war frisch und mild. Die alten Bäume in unserem Garten hinterm Haus trieben frische grüne Blätter, und im Blumenbeet neben der Garage wogten sanft rote und gelbe Tulpen hin und her.
Der Garten war über und über in helles Nachmittagslicht getaucht. Hillary, Taylor und ich ließen unsere Schultaschen fallen, setzten uns in Gras, streckten die Beine aus und hielten unsere Gesichter in die Sonne.
Taylor strich sich ihre weißblonden, lockigen Haare aus dem Gesicht. Ihre grünen Augen funkelten im Sonnenlicht. Dann machte sie die Augen zu und drehte ihr Gesicht wieder zur Sonne hin und lächelte. „Julie, hast du dich eigentlich schon mal nackt gesonnt?“, fragte sie mich aus heiterem Himmel.
Hillary und ich mussten über ihre Frage lachen. Taylor machte sich immer einen Spaß daraus, uns zu schocken.
„Du meinst, hier im Garten?“, fragte ich.
„Nein, am Strand natürlich“, erwiderte Taylor scharf und seufzte genervt, als hätte ich eine völlig dämliche Frage gestellt. Taylor war noch ziemlich neu in unserer Clique, und ich hatte öfter das Gefühl, dass sie mich nicht sonderlich mochte.
„Ich war mal im Winter mit meinen Eltern auf einer der Karibischen Inseln, auf St. Croix, und da sind wir an einem Nacktbadestrand gewesen“, erklärte Taylor, die noch immer die Augen geschlossen hatte und bei der Erinnerung daran lächelte.
„Und – hast du da ohne Badeanzug gebadet oder nicht?“, fragte Hillary gespannt.
Taylor kicherte. „Ich war doch erst sieben.“
Ihr Kichern war so ansteckend, dass wir auch losprusteten.
Hillary stand auf. Der lange Zopf, zu dem sie ihre Haare immer geflochten hat, hüpfte auf ihrem Rücken hin und her. „Julie, können wir nicht ins Haus gehen?“, fragte sie. „Ich finde, ich bin braun genug!“
Taylor und ich mussten wieder lachen. Hillary ist nämlich dunkelhäutig.
Ich streckte Hillary eine Hand hin, um mich von ihr hochziehen zu lassen. „Kannst du es denn nicht mal länger als fünf Minuten an einem Fleck aushalten?“, seufzte ich.
Hillary und ich kennen uns schon seit Ewigkeiten. Ich bin an ihre manchmal etwas hektische Art und ihre schnelle Redeweise gewöhnt, aber andere Leute verblüfft sie damit immer wieder. Wenn sie plötzlich loslegt, schießen ihre Augen hinter der Brille mit dem weißen Kunststoffgestell wie wild hin und her.
Sie ist anstrengend – das ist der einzig passende Ausdruck für Hillary.
Sie ist klug, hübsch, lustig und … eben anstrengend.
Hillary erinnert mich manchmal an dieses Kinderspielzeug, das man aufzieht und das dann schnell und unberechenbar in irgendeine Richtung abdüst, sobald man es loslässt.
Sie zog mich hoch, und wir schleppten unsere Schultaschen ins Haus. Mit ein paar Dosen Limo und einer Tüte Tortilla-Chips ließen wir uns an unserem runden Küchentisch mit der gelben Tischdecke aus Plastik nieder.
Unser Gesprächsthema Nummer eins waren natürlich Jungen, hauptsächlich Vincent und Sandy.
Vincent Freedman gehört auch zu unserer Clique. Mit ihm bin ich schon seit Ewigkeiten befreundet. Ich muss allerdings zugeben, dass ich mir seit einiger Zeit wünsche, er wäre mehr als nur ein guter Kumpel. Ich glaube, Vincent und ich würden wirklich ein tolles Paar abgeben.
Aber das steht auf einem anderen Blatt.
Vincent hat leider nicht den blassesten Schimmer, dass ich unheimlich in ihn verliebt bin. Er kommt wahrscheinlich gar nicht auf die Idee, weil wir uns schon so lange kennen.
Sandy Miller ist auch einer meiner ältesten Freunde. Er geht nun schon seit ungefähr einem Monat mit Taylor, und durch ihn ist sie in unsere Clique gekommen.
Der arme Sandy. Seit Taylor sich für ihn interessiert, hat er total abgehoben. Er ist wirklich kaum wieder zu erkennen!
Sandy ist eigentlich ein ganz schüchterner, stiller Typ und nicht gerade der begehrteste Junge an unserer High-School. Wahrscheinlich steht er immer noch unter Schock, weil ausgerechnet ein so hübsches Mädchen wie Taylor ihn für den tollsten Hecht aller Zeiten, für Brad Pitt persönlich zu halten scheint!
Er kann sein Glück kaum fassen. Aber ehrlich gesagt wundern wir uns alle, dass ein so umwerfendes Mädchen wie Taylor sich ausgerechnet in Sandy verknallt hat.
Aber auch das steht auf einem anderen Blatt.
Wir hockten also um den Küchentisch herum, redeten über Jungen und hatten dabei jede Menge zu lachen. Schließlich kamen wir auf die Party zu sprechen, auf die Party schlechthin.
Eine Party bei Reva Dalby ist nämlich immer eine Riesensache. Reva ist die Tochter der reichsten Eltern der ganzen Schule. Ihr Vater besitzt eine Kette von mindestens hundert Warenhäusern, und ihre Familie bewohnt ein riesiges Anwesen in North Hills, mit Wachhunden und hohen Zäunen ringsherum.
Reva hatte sämtliche Mitschüler der Abschlussklassen eingeladen und gleich zwei Bands engagiert, die in dem großen Garten hinter ihrem Haus spielen sollten. Eine eher drittklassige Band mit dem Namen Garage Boys, die sonst immer in der Red-Heat-Disko in Shadyside auftritt, und die Rap-Gruppe 2Ruff4U, die extra für die Party von Los Angeles eingeflogen wird. Reva kann es sich natürlich nicht verkneifen, uns das ständig unter die Nase zu reiben.
Niemand von uns kann Reva besonders gut leiden. Ich meine, sie würde nicht gerade die Wahl zum beliebtesten Mädchen der High-School gewinnen. Aber was soll’s? Schließlich gibt sie die Party des Jahres, und alle sind wild darauf hinzugehen.
Wir redeten noch eine Weile über das große Ereignis. Hillary zerbrach sich den Kopf darüber, was sie anziehen sollte. „Die Party ist doch draußen, nicht wahr?“, sagte sie. „Und abends ist es noch ganz schön kühl. Aber ich möchte mich auch nicht zu warm anziehen, schließlich will ich richtig abtanzen. Wenn ich lange Hosen und ein Sweatshirt trage …“
An diesem Punkt klinkte ich mich aus dem Gespräch aus. Es war typisch für Hillary, dass sie sich eine Menge unnötige Gedanken machte und diese so schnell hervorsprudelte, dass es unmöglich war, auch nur ein Wort einzuwerfen.
Sie redete immer noch wie ein Wasserfall, als ich plötzlich ein lautes Geräusch an der Küchentür hörte.
Ich sprang erschrocken auf, als eine kräftige Gestalt, ohne anzuklopfen, die Tür aufriss und zu uns in die Küche stürmte.
Wir schrien alle drei gleichzeitig auf.
Und damit begann der Ärger …