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Vorwort

von Dr. Mehmet G. Daimagüler und Onur U. Özata

Rechtsextremer Terror und rassistisch motivierte Morde sind nichts Neues in der deutschen Nachkriegsgeschichte, weder in der BRD noch in der DDR, im wiedervereinigten Deutschland erst recht nicht. Neu ist, dass niemand in Politik und Justiz die Zustände leugnen kann, ohne sich lächerlich zu machen. Über Jahrzehnte hinweg regierte das Wegschauen, das Ignorieren, das Bagatellisieren. Der Anschlag auf das Münchner Oktoberfest? Die Tat eines psychisch gestörten Einzeltäters. Der Brandanschlag auf ein Heim für Flüchtlinge in Lübeck, bei dem 1996 zehn Geflüchtete elendig ersticken und verbrennen? Bestimmt begangen von einem der Heimbewohner selbst und nicht etwa von den aktenkundigen Neonazis aus dem nahen Mecklenburg-Vorpommern. Die neun migrantischen Opfer der „Ceska-Mordserie“? Nicht wirkliche Opfer, sondern Drogenhändler, die im Laufe der „Döner-Morde“ quasi selbstverschuldet das Leben verloren. Rechten Terror gab es nicht, rechtsextreme Strukturen auch nicht. Prepper, die Waffen, Munition und sogar Leichensäcke für den Tag X horten? Harmlose Spinner, ähnlich ungefährlich wie diese schrägen Vögel von der Reichsbürgerbewegung. Erst als Angehörige der Mehrheitsgesellschaft das Wegschauen und das Verniedlichen mit ihrem Leben bezahlten, fing ein Umdenken an. Polizeibeamte, die von Reichsbürgern erschossen, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die schwer verletzt wurden. Ein CDU-Regierungspräsident, der wegen seiner Haltung mittels eines Kopfschusses um sein Leben betrogen wurde.

Für alle sichtbar sind jetzt der Hass, der Fanatismus, der persönliche und der institutionelle Rassismus in Polizeibehörden und die ideologische, personelle und die im wahrsten Sinne des Wortes geradezu körperliche Verschränkung zwischen den Feinden der Demokratie und Personen, die sich als Demokraten ausgeben. Volksvertreter der AfD marschierten Arm in Arm mit verurteilten Neonazis, Hooligans und Kampfsportlern, die der rechten Szene zuzuordnen sind, zu beobachten im Sommer 2018 in Chemnitz.

Der rechte Terror hat eine Vorgeschichte und ein Vorfeld. Er entsteht überall dort, wo weggeschaut wird. Er wächst und gedeiht in einem Biotop. Dieses Biotop ist aber für alle sichtbar: Rechtsradikale und rechtsextreme Parteien, Vereine, Studentenverbindungen, Musikbands, Verlage gehören dazu. Und: der Sport. In diesem Zusammenhang wird richtigerweise oft auf rechtsradikale Hooligans im Fußball hingewiesen. Übersehen wird aber oft der Rechtsextremismus im Kampfsport. Dabei sollte der Zusammenhang hier augenfälliger sein: Rechtsextreme Fußballfans nutzen den Fußball, um in diesem Kontext zu agieren. Rechtsextreme Kampfsportler nutzen den Kampfsport – buchstäblich – als Waffe. In einer Ermittlungsakte in einem Verfahren gegen Nazis, denen ein Brandanschlag auf eine Migrantenfamilie vorgeworfen wurde, findet sich im Chatverkehr zwischen den Angeklagten der bemerkenswerte Satz: Ein deutscher Mann, der keinen Kampfsport betreibt, ist kein Patriot.

Der Verfassungsschutzbericht von 2019 schätzt die Anzahl der Rechtsextremisten auf 32.000 Personen, von denen ungefähr die Hälfte „gewaltorientiert“ sei. Die Existenz handlungsfähiger, zur Gewalt neigender neonazistischer Strukturen in unserem Land, die zu einem gewissen Grad die Unterstützung der Bevölkerung genießen, ist nicht erst durch die Selbstenttarnung des NSU erkennbar.

Rechtsextreme sehnen einen Rassenkrieg herbei, um ihr Fernziel eines ethnisch und kulturell homogenen Volkskörpers zu erreichen. Und dies erfordert nach der eigenen kruden Logik den Rückgriff auf wehrfähige und kampferprobte Mitglieder.

Dem Ansinnen des vorliegenden Buchs, die Bedeutung und Funktion des Kampfsports in der extremen Rechten zu beleuchten, kommen Robert Claus und die Gastautor*innen in besonderer Weise nach. Dieses Buch leistet einen unverzichtbaren Beitrag zur Aufklärung und eine fundierte Analyse dieses Themenfelds. Denn nur das Wissen über Strategien und Mechanismen rechtsradikaler Mobilisierung, rüstet Staat und Gesellschaft gegen Bedrohungen von rechts.

Dr. Mehmet G. Daimagüler und Onur U. Özata arbeiten als Anwälte, beide vertraten schon häufig Opfer rassistischer Angriffe und waren als Nebenkläger in den NSU-Prozess involviert.

Ihr Kampf

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