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2.

Zentrale

Perry Rhodan, der unsterbliche Terraner, saß auf dem Platz des Missionskommandanten. In den Armlehnen des Sessels erlaubten Schaltkontrollen den Zugriff auf unterschiedlichste Instrumentarien, darunter externe Schiffssensoren und Vorrangkommunikation. Er stand auf der Galerie der Zentrale, in der Spitze, wo sich die beiden Schenkel des halbelliptischen Grundrisses trafen. Eine gewinkelte Konsole erlaubte komplexere Eingaben und Darstellungen. Ein Schwarm bunter Sensorfelder wartete auf Befehle.

Für den Moment beschränkte sich Rhodan darauf, das Geschehen in der Zentrale zu beobachten. Unmittelbar hinter der Konsole endete die Empore. Die COMMAND-Ebene lag gut sieben Meter tiefer.

Für die Ankunft im Zielgebiet hatte Schiffskommandant Muntu Ninasoma volle Alarmbereitschaft befohlen. Deswegen waren alle Stationen dreifach besetzt. Einige Funktionen, wie die Abteilung für Landemanöver oder die Logistiker, waren in einem Dreiviertelkreis um den Haupt-Hologlobus angeordnet, der mit seinem Durchmesser von 17 Metern die Zentrale beherrschte.

Andere, wie die Feuerleitstation oder die Verbindung zum Schiffsrechner ANANSI, belegten ausgewiesene Areale am Rand der Halbellipse. Pilot und Kommandooffiziere hatten ihren Platz auf dem Podest des Kommandanten, das Rhodan gegenüberlag, an der geraden Wand, die die Schenkel der Halbellipse verband. Dorthin konnte Rhodan nur durch die halbtransparente Projektion im Hologlobus sehen, was den Blick trübte. Bei Bedarf würde die Konsole vor ihm eine klare Sichtverbindung herstellen.

Zufrieden bemerkte Rhodan, wie konzentriert, aber unaufgeregt die Mannschaft in der Zentrale arbeitete. Informationsabrufe erfolgten ebenso wie das Erteilen von Befehlen primär über holografisch-sensorische Projektionen, die aber in den meisten Fällen so abgeschirmt wurden, dass man sie nur innerhalb der jeweiligen Station wahrnahm. Deswegen schienen die Männer und Frauen in die leere Luft zu greifen, mit den Fingern Melodien nachzuzeichnen oder Insekten fortzuwischen. In Wirklichkeit optimierten sie die Energieströme zwischen Speichern und Aggregaten, richteten Sensoren aus, steuerten die Sonden, die standardmäßig bei jedem Auftauchen aus dem Hyperraum ausgeschleust wurden, und prüften die Struktur der RAS TSCHUBAI auf Beschädigungen, die der Flug von der Milchstraße nach Cassiopeia verursacht haben mochte.

Rhodan wusste, dass er sich auf diese Crew verlassen konnte. Sobald etwas besondere Aufmerksamkeit oder eine Entscheidung der Kommandoebene erforderte, würde man ihn informieren.

Er nutzte das Privileg, selbst keine operative Aufgabe zu haben, um einen Moment die Darstellung im Hologlobus zu betrachten. Sie ging weit über eine simple Wiedergabe optischer Kameras hinaus. Dies war ein Amalgam aus einer Vielzahl von Sensordaten und Berechnungen, die in Bereiche weit jenseits dessen vordrangen, was menschliche Sinne erfassten. Ein helles Symbol in der Mitte markierte die Position der RAS TSCHUBAI. 5000 Lichtjahre entfernt hing Cassiopeia in der Schwärze, eine Zwerggalaxis, deren Sterne sich in einem linsenförmigen Bereich gruppierten. Sie wirkten außergewöhnlich klar, weil größere Ansammlungen interstellaren Staubs fehlten.

Dies war ein exotischer Ort, zweifellos. Aber nicht so exotisch, dass die Naturgesetze des Standarduniversums ihn nicht zu beschreiben vermochten. Zumindest auf den ersten Blick deutete nichts auf einen Riss im Kosmos hin, auf das gewaltsame Eindringen von etwas Fremdem, auf einen Angriff, der auf das Gewebe der Realität selbst zielte.

Auf das Wirken der Chaosmächte, auf den geheimnisvollen Chaoporter, von dem die Deserteure bisher nur wenig mehr als den Namen berichtet hatten. Cassiopeia zeigte sich als ein weiteres Juwel in der riesigen Schatzkammer des unendlich reichen Universums.

Tüllok – der Jülziish, der den am weitesten links positionierten Sessel in der Kommandoreihe belegte – beugte sich zu dem Arkoniden neben ihm hinab. Die beiden waren für Ortung und Funk zuständig. Offensichtlich hatten sie etwas miteinander zu besprechen.

Rhodan hielt sich zurück, über die Kommunikationseinrichtung in der Armlehne nachzufragen, was sie gefunden hatten. Er sah Muntu Ninasoma an, der mit ausgestreckten Beinen neben dem Arkoniden saß, im mittleren und etwas erhöhten Sessel, dem des Schiffskommandanten. Er bekleidete diese Position noch nicht allzu lange. Zwar hatte er sich auf der TESS QUMISHA bewährt, aber in der Zentrale der RAS TSCHUBAI musste er sich den Respekt noch erarbeiten. Da wäre es schlecht gewesen, wenn Rhodan seine Autorität untergraben hätte, indem er gleich beim ersten größeren Einsatz unter Ninasomas Kommando die Befehlsgewalt an sich gerissen hätte.

Die Körperhaltung Ninasomas mit den aufgestützten Ellbogen und den aneinandergelegten Fingerkuppen wirkte nachdenklich. So kannte Rhodan ihn. Er vertraute darauf, dass Ninasoma alle Informationen aufnahm, die an seinem Kommandopult zusammenliefen.

Tüllok richtete sich auf, sodass er die anderen in der Kommandoreihe nun wieder überragte.

Der Arkonide wandte sich an Ninasoma, der nickte, die Füße unter den Sessel zog und sich vorbeugte. »Zwischenbericht von der Funkstation.« Akustikfelder verstärkten seine Ankündigung.

»Mithilfe von ANANSI konnten wir einen ersten Scan der Hyperfunkfrequenzen durchführen«, zwitscherte der Jülziish.

Die Anzeige im Hauptholo wechselte. Dort materialisierte das überlebensgroße Abbild einer Frau, die im Schneidersitz schwebte. Ihr Körper schien ebenso wie ihre schlichte Borduniform aus bläulichem Glas zu bestehen. Sie drehte sich um die eigene Achse, sodass die großen Augen nach und nach jeden anblickten. Um sie erschienen und verschwanden glitzernde Fäden, an denen blaue, grüne und rote Lichtfunken wie Saphire, Smaragde und Rubine aufleuchteten.

»Wie geht es euch?«, fragte ANANSI.

»Wir freuen uns über die von dir zur Verfügung gestellten Daten«, beteuerte Tüllok mit seiner zwitschernden Stimme. »Gemessen an der Menge von Sternen, die wir in Cassiopeia zählen, empfangen wir nur wenig.«

»Dies ist ein ruhiger Ort«, stimmte ANANSI zu. »Gegenwärtig habe ich nur einige Zehntausend Funksprüche hyperenergetischer Kommunikation ausfindig machen können.«

»Keiner sendet genau in unsere Richtung, deswegen empfangen wir lediglich Versatzstücke«, fuhr Tüllok fort. »Die inhaltliche Analyse wird noch eine Weile dauern. Wir können aber bereits festhalten, dass es in Cassiopeia nur eine geringe Dichte an technisch fortschrittlichen Zivilisationen gibt.«

»Was ist mit fremdartigen Signalen?«, fragte Ninasoma. »Solchen, die wir weder natürlichen Quellen zuordnen können noch einer Technologie, die auf den uns bekannten Prinzipien beruht?«

Rhodan beugte sich vor. Der Kommandant stellte genau die richtige Frage: Gab es im Funkverkehr etwas, das auf einen chaotarchischen Ursprung schließen ließ?

»Ich habe bisher nichts Derartiges gefunden«, sagte ANANSI.

Rhodan empfand sowohl Enttäuschung als auch Erleichterung.

»Gibt es konkrete Anzeichen für eine Bedrohung der RAS TSCHUBAI?«, wollte Ninasoma wissen.

»Derzeit kann ich keine erkennen.«


Illustration: Dirk Schulz

Der Kommandant suchte den Blickkontakt zu den Besatzungsmitgliedern in der Zentrale. Einigen war eine gewisse Anspannung anzusehen, aber niemand meldete eine Gefahr für das Schiff. »Wir bleiben eine Stunde in voller Alarmbereitschaft. Falls die Situation dann unverändert ist, gehen wir den nächsten Schritt.«

Rhodan nickte ihm zu.

Perry Rhodan 3101: Die Letzten der Lemurer

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