Читать книгу Die Hölle um Maria Giotti - Robert Heymann - Страница 4
Einleitung.
Оглавление„Die Hölle um Maria Giotti“ ist ein Kriminalroman aus dem Leben. Unwesentliches hat dichterische Freiheit hinzugefügt, Nebensächliches ist zeitlich verändert worden. Ich habe den Versuch unternommen, dem Kriminalroman die Form zu geben, die unsere Zeit, ihre Probleme und die Wahrheit, der jede Feder dienen soll, zu fordern haben. In diesem Roman ist keine Hauptfigur erfunden, keiner dieser verschiedenartigen Charaktere ist willkürlich gezeichnet. Dieser italienische Untersuchungsrichter lebt, er hat gelebt, er hat so, wie es geschildert ist, nicht anders, seine Sache, die nicht die Sache des göttlichen Rechtes war, geführt.
Diese unglückliche Heldin trägt aus rein menschlichen Rücksichten — wie alle Personen — nicht ihren wahren Namen. Alles aber ist wahr, alles, was sie erlebt, erlitten, erduldet hat! Jeder Schimpf ist wahr, keine dieser schreienden Ungerechtigkeiten einer in sich selbst erstarrten Justiz ist erfunden.
Dieser Roman beweist, daß das System der Justiz, die Voruntersuchung, die Allmacht des Richters, die Hilflosigkeit überraschter Angeklagter, daß die forensischen Martern, die Spitzfindigkeit der Untersuchung, die Heuchelei der öffentlichen Meinung, der Ehrgeiz von Beamten, die Abhängigkeit der Geschworenen von dieser „Öffentlichen Meinung“ —, daß dies zusammen immer von neuem „Stimmungsurteile“ begünstigt. — Dies ist der nicht gewollte, aber nicht zu verbergende Sinn dieses Romans. — Es gibt keinen Kriminalfall, der nichts bewiese — und wäre es schließlich nur die immer wiederkehrende Wahrheit von der Unvollkommenheit aller menschlichen Einrichtungen.
Wenn das Leben die besten, spannendsten und vielleicht aufregendsten Romane schreibt — dann haben sie vor den erfundenen Romanen den Vorzug, eine Moral zu enthalten. Die gewollte Tendenz, die Tendenz um der Tendenz willen, die Absicht, tendenziös zu schildern, verstimmt. Aber die Wahrheit, die aus den lebendigen Bildern gelebter Geschehnisse heraustritt, ist klar und funkelnd wie ein Edelstein. Es ist eine alte Schwäche der Menschen, schneller zu urteilen als zu begreifen. Und es ist ein Rückfall ins Mittelalter, daß auch wir modernen Menschen so leicht geneigt sind, nach der Beurteilung schon zu verurteilen, daß so oft die Person abgeurteilt wird, nicht die Sache.
Es gibt keinen Roman ohne Problem, und wäre es das uralte der Liebe. Es sollte kein Kriminalroman geschrieben werden ohne die lebendige Wahrheit.
Berlin, Januar 1930.
Robert Heymann.