Читать книгу Das Ende des Patriarchats - Robert Jensen - Страница 9

Оглавление

Anita Heiliger

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Als Renate Klein und Susan Hawthorne vor zwei Jahren für einen Vortrag in unserem feministischen Frauenprojekt KOFRA in München ihr Verlagssortiment präsentierten, sah ich das Buch von Robert Jensen und mir war sofort klar: Dieses Buch brauchen wir in Deutschland! Also fingen wir an, die Übersetzung zu planen.

Das Ende des Patriarchats ist ein Titel, der genau sagt, worum es uns geht, abgeleitet aus Jensens eigener Sozialisation zum Mann und dem permanenten Unwohlsein mit den entsprechenden gesellschaftlichen Erwartungen nach Dominanz, Konkurrenz, Verdrängung von Gefühlen, Gewaltakzeptanz und Zerstörungsmacht.

Jensen beschreibt, wie er dem Feminismus zunächst mit Skepsis begegnete, beeinflusst von den Mainstream-Argumenten der KritikerInnen. Erst die intensive Auseinandersetzung mit dem Radikalen Feminismus und vielen Frauen, die er dabei allmählich kennenlernte, überzeugte ihn davon, dass nur die Abschaffung des Patriarchats die Zurichtung zu gewalttätiger Männlichkeit beenden und eine Zukunftsvision von Menschlichkeit für alle ermöglichen könne.

Dieses Buch ist an Männer gerichtet, die sich mit diesem Unwohlsein konfrontieren und individuelle Wege entwickelt haben, sich nicht an den Gewaltstrukturen zu beteiligen.

Diesen Männern kann Jensen Mut machen, sich nicht als „Versager“ zu erleben, sondern als Vorreiter für eine neue Identität, die sich lautstark von den patriarchalen Zwängen abwendet und allen Männern eine Plattform anbieten kann, diese gemeinsam aktiv zu bekämpfen. „Zero Macho“ ist z. B. solch eine Plattform, die von einer französischen Feministin gegründet wurde. Doch sie geht bisher nicht über individuelles Engagement einzelner Männer oder kleiner Gruppen hinaus. Robert Jensen aber bietet das Potential für eine grundlegende Veränderung auf der Basis seiner eigenen Erfahrungen, die er mutig preisgibt. Diese Veränderung muss prinzipiell an den Jungen im Prozess ihres Heranwachsens ansetzen, wenn sie die patriarchalen Zwänge noch nicht verinnerlicht haben. Sie sind in dieser Zeit ansprechbar, eine andere Entscheidung zu treffen, die allerdings voraussetzt, dass sie aufgeklärt werden darüber, was die von ihnen erwartete Gewalt, die sie (noch) als „Spaß“ einüben, speziell bei Frauen anrichtet, deren Unterwerfung zum Kern der patriarchalen Männlichkeit gehört.

Die erstaunliche Wirkung solcher Aufklärung habe ich in meiner eigenen Forschung am Deutschen Jugendinstitut aufgezeigt,1 die an der vielversprechenden Bewegung für eine „antisexistische Jungenarbeit“ in den 1980er und 1990er Jahren in Deutschland ansetzte.2 Nach der deutschen „Wiedervereinigung“ wurde diese Bewegung von Maskulinisten und Vaterrechtlern zerstört, lächerlich gemacht und als „Verweichlichung“ und „Benachteiligung von Jungen“ gegenüber der Förderung von Mädchen diskriminiert.3 Der Antisexismus war noch nicht stark genug, um diesen neuen reaktionären patriarchalen Tendenzen standzuhalten.

Jensens Buch setzt ein Signal an alle (selbst-) reflektierten Männer, teilzuhaben an der Beendigung des Patriarchats und sich mit dem radikalen Feminismus zu verbünden, denn „ich fing an zu verstehen, dass Feminismus … mir die Werkzeuge gab, um aufhören zu können, der Mann zu sein, der ich nie sein wollte“. Die Lektüre des Buches ist aber auch für Frauen zu empfehlen, um ihnen eine gut fundierte Möglichkeit zu geben, die Themen von Dominanz und Unterwerfung – und wie sie Frauen betreffen – mit den Männern in ihrem Leben zu diskutieren.

Anita Heiliger, München

Februar 2021

1 Anita Heiliger/Constance Engelfried: Sexuelle Gewalt. Männliche Sozialisation und potentielle Täterschaft Frankfurt 1995; Anita Heiliger: Männergewalt gegen Frauen beenden. Strategien und Handlungsansätze am Beispiel der Münchner Kampagne gegen Männergewalt an Frauen und Mädchen/Jungen, Opladen 2000, insbesondere das Kapitel 4: Aktionen und Maßnahmen zum Bereich Schule: „Jungen Grenzen setzen“, S. 119ff.

2 Vgl die HVHS, Heimvolkshochschule Frille, s. deren Begründer Franz-Gerd Ottemeier-Glücks: „Über die Notwendigkeit einer antisexistischen Arbeit mit Jungen“, in: Deutsche Jugend 7/8/1987.

3 s. Anita Heiliger: Zu Hintergründen und Grundsätzen einer antisexistischen Jungenarbeit, in: Ingo Bieringer/Walter Buchacher, Edgar J. Forster (Hg.): Männlichkeit und Gewalt. Konzepte für die Jungenarbeit, Opladen 2000.

Das Ende des Patriarchats

Подняться наверх