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a) Rechtmäßigkeitskontrolle
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Vor diesem Hintergrund gehört die formelle und materielle Rechtmäßigkeit behördlicher Maßnahmen in allen Rechtsordnungen zum gerichtlichen Prüfungsmaßstab. Das gilt grundsätzlich auch für Frankreich. Zwar hält die Rechtsprechung beim recours pour excès de pouvoir hier nach wie vor an der traditionellen Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle auf bestimmte Aufhebungsgründe – Unzuständigkeit (incompétence), Form- und Verfahrensfehler (vice de forme et de procédure), materielle Rechtsfehler (violation de la loi) und Ermessensmissbrauch (détournement de pouvoir) – fest.[240] In der Sache hat diese Typologie aber freilich erheblich an Bedeutung verloren, sodass ungeachtet der – sich z.T. überschneidenden – Zuordnung zu einem der Aufhebungsgründe letztlich auch hier alle Fragen der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Überprüfung unterliegen.[241]
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Mitunter führt allerdings nur die Verletzung wesentlicher Verfahrens- und Formvorschriften zur Aufhebung des angegriffenen Aktes. Das gilt sowohl für das stark an der Kontrolle der materiellen Rechtmäßigkeit ausgerichtete Deutschland[242] wie für Frankreich[243] oder auch für Griechenland.[244] Das konterkariert den auf vielen Feldern unausweichlichen Rückgriff des Gesetzgebers auf die Prozeduralisierung und kollidiert typischerweise mit gleichsinnigen Vorgaben des Unionsrechts. Dezidiert anders verfahren daher – trotz vergleichbarer Betonung der individualschützenden Funktion des Rechtsschutzes – Großbritannien,[245] Portugal[246] und wohl auch Spanien.[247]
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Deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Verwaltungsrechtsordnungen bestehen auch in der Frage der gerichtlichen Überprüfung der behördlichen Sachverhaltsfeststellung. Während die Tatsachengrundlage in Deutschland uneingeschränkter gerichtlicher Prüfung unterliegt, sind die Gerichte in anderen Rechtsordnungen zu einer die behördlich festgestellte Aktenlage ergänzenden Beweiserhebung nur eingeschränkt berechtigt.[248] Spannungen zwischen Rechtsschutzgarantie und dem Grundsatz der Gewaltenteilung,[249] dem republikanischen Prinzip (Gemeinwohl) oder dem Demokratieprinzip[250] kann der Gesetzgeber freilich unterschiedlich auflösen.