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aa) Von der ordentlichen Gerichtsbarkeit übernommene verwaltungsgerichtliche Aufgaben

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Gemäß Art. 159 Belg. Verf. obliegt es allen Richtern[173], eine Inzidentkontrolle[174] der Gesetzmäßigkeit (jedoch nicht der Zweckmäßigkeit[175]) von Bescheiden und Verordnungen der Verwaltung vorzunehmen. Eine Verwaltungsmaßnahme, die in der Normenhierarchie höher stehendes Recht verletzt, dürfen sie nicht anwenden. Begehrt die Verwaltung vor einem Gericht die Durchsetzung einer solchen Maßnahme, ermöglicht der Einwand der Rechtswidrigkeit (question d’illégalité) dem Rechtssuchenden die Anfechtung einer allgemeinen oder individuell-konkreten Verwaltungsmaßnahme. Eine solche kann auch im Rahmen eines Rechtsstreites erfolgen, der nicht in erster Linie die Behörde betrifft, welche die Verwaltungsmaßnahme erlassen hat.[176]

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Ein erfolgreicher Einwand der Rechtswidrigkeit führt allerdings nicht zur Nichtigkeitserklärung der rechtswidrigen Verwaltungsmaßnahme. Er hat vielmehr allein deren Nichtanwendung zur Folge, d.h. das Gericht darf die Verwaltungsmaßnahme lediglich im konkreten Rechtsstreit nicht anwenden. Aufgrund der ausschließlichen inter-partes-Wirkung eines Gerichtsurteils (Art. 6 und 23 Code judiciaire) ergibt sich im Rahmen eines Rechtsstreits vor den ordentlichen Gerichten somit keine Wirkung erga omnes, wie dies bei einer Nichtigkeitserklärung durch den Staatsrat der Fall wäre. Hierzu hat der Kassationshof entschieden, dass „[d]ie Entscheidung, eine Maßnahme der Behörde gem. Art. 159 für nicht rechtsverbindlich zu erklären, lediglich bewirkt, dass den Streitparteien hieraus keine Rechte oder Pflichten entstehen. Die rechtswidrige Maßnahme bleibt bestehen, solange sie nicht im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt wird.“[177] Gemäß Art. 159 Belg. Verf. (der gem. Art. 140 Abs. 2 Belg. Verf. auch bei Verwaltungsmaßnahmen der Deutschsprachigen Gemeinschaft anwendbar ist) werden Verwaltungsmaßnahmen am Maßstab jeder höherrangigen Norm geprüft. Dies schließt Völkerrecht und Europarecht ein, sofern es hinreichend genau bestimmt ist und für eine Prüfung herangezogen werden kann.[178] Die Gerichte dürfen jedoch keinerlei Zweckmäßigkeitswürdigungen der angegriffenen Maßnahme vornehmen.[179] Darüber hinaus darf die Rechtswidrigkeit auch nicht bereits durch den Staatsrat festgestellt worden sein.[180]

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