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Vorwort

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Als Archäologe bin ich am liebsten draußen unterwegs. Ich liebe es, in den Bergen nach neuen Fundorten zu suchen oder in der Erde nach Knochensplittern und zerbrochenen Pfeilspitzen zu graben. Genau das habe ich die letzten 43 Jahre getan, und ich freue mich immer noch jedes Jahr darauf, im Sommer wieder »im Feld« zu sein. Wie die meisten Archäologen habe ich mich der Archäologie verschrieben, weil ich mich gerne schmutzig mache, in der sengenden Sonne durch Ausgrabungsstätten krieche, in eisigen Gebirgsbächen bade oder im strömenden Regen einen Standort kartografiere. Und wie die meisten Archäologen habe ich mich der Archäologie verschrieben, weil ich tief in mir das Bedürfnis spüre, die Geschichte der Menschheit zu verstehen.

Wenn Sie einen Archäologen fragen, warum er sich für seinen Beruf entschieden hat, so wird er Ihnen erzählen, dass er sich mit der Vergangenheit beschäftigt, um etwas über die Zukunft zu erfahren. Für die meisten von uns ist das leider wenig mehr als ein Lippenbekenntnis. Ich habe beschlossen, das zu ändern; das Ergebnis ist das Buch, das Sie in der Hand halten.

Ich habe nicht vor, anhand der Ur- und Frühgeschichte Vorhersagen über die Zukunft zu treffen, zu prophezeien, was kommen wird, um der Zeit voraus zu sein. Stattdessen möchte ich die Vergangenheit verstehen, um die Zukunft mitzugestalten. Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass ich Vater geworden bin. Ich mache mir Sorgen um die Welt, in der meine Söhne einmal leben werden. Aber ich bin kein Politiker und werde auch niemals einer sein, also werde ich die Zukunft nicht mitgestalten können, indem ich für ein politisches Amt kandidiere. Ich verfüge auch nicht über die finanziellen Mittel, um viel für wohltätige Zwecke zu spenden. Und ich bin kein Ökonom, der Tipps auf Lager hat, wie man die Wirtschaft so strukturieren kann, dass die Menschen am unteren Ende der Skala nicht leiden müssen. Nein, ich bin nur ein Archäologe. Also nutze ich das Feld, in dem ich mich auskenne, die Ur- und Frühgeschichte, um die Welt für künftige Generationen ein wenig besser zu machen. Dieses Buch ist mein kleiner Beitrag dazu.

Die letzten Sätze werden vielen albern, ja geradezu naiv vorkommen. Naiv waren auch die Menschen zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die überzeugt waren, dass sich die Welt endlich am Rande des Weltfriedens befand. Dann kam der Erste Weltkrieg. »Geschieht uns recht«, werden manche Leute damals gedacht haben, »wir wurden unvorsichtig, und dafür bekamen wir Panzer und Giftgas.« Mit unserer Einstellung gegenüber der Zukunft ist es seitdem stetig bergab gegangen. Mitunter scheint es, als gäbe es keinen Anlass mehr für Hoffnung. Aber ich entscheide mich aktiv für die Hoffnung, denn wenn ich das nicht tue – wenn wir das nicht tun –, dann geht die Welt mit Sicherheit zugrunde. Dabei bin ich eigentlich gar kein optimistischer Mensch, dazu bin ich viel zu praktisch veranlagt. Aber gerade deshalb habe ich mich für eine Haltung entschieden, die zu dem Ergebnis führen wird, das wir alle anstreben.

Außerdem habe ich mich dafür entschieden, dieses Buch kurz zu halten und hier und da etwas Humor einzustreuen. Es ist nicht so, dass ich die Ur- und Frühgeschichte nicht ernst nehme, ganz zu schweigen von der Zukunft dieser Welt. In der Tat, gerade weil ich beides ernst nehme, wollte ich ein Buch schreiben, das die Leute auch lesen könnten. Falls Sie eine lange, düstere Aufzählung aller schlimmen Dinge suchen, die uns in den kommenden Jahren erwarten, so gibt es zahlreiche andere Bücher, in denen Sie fündig werden. Ich will mich darauf konzentrieren, was die Menschheit richtig machen kann, und nicht auf ihre möglichen Fehltritte.

Manche meiner Kollegen werden mir vorwerfen, ich hätte bei meiner Darstellung der Ur- und Frühgeschichte nicht alle Details und nicht alle alternativen Perspektiven berücksichtigt. Ich möchte sie dafür schon im Voraus um Entschuldigung bitten, aber ich kann die Menschheitsgeschichte nur so erzählen, wie sie sich für mich darstellt. Und ich konzentriere mich dabei auf das große Ganze, denn ich bin überzeugt, dass das – der Blick auf das große Ganze – der wichtigste Beitrag ist, den die Archäologie zu leisten vermag.

Der Startschuss für dieses Buch war eine Einladung der Washington State University im Jahr 2007, am dortigen Department of Anthropology einen Vortrag zu halten. Ich bewundere noch immer die Geduld der Zuhörerschaft, die damals meine ersten, noch unausgegorenen Gedanken zu diesem Thema ertragen musste. Ich entwickelte diese Gedanken in weiteren Vorträgen an Universitäten in Arizona, Colorado, Nevada und Wyoming weiter. Ich bin dankbar, dass sie mir anhand dieser Vorträge die Chance gaben, weiter über dieses Thema nachzudenken.

Mit der Arbeit an diesem Buch begann ich im Herbst 2012, im Rahmen eines Forschungsaufenthalts am St. John’s Colèse an der University of Cambridge. Ich danke St. John’s für das Büro, dass man mir damals zur Verfügung stellte (vor allem für den schönen Blick auf den Garten). Ich danke Robert Hinde und meinem alten Freund Nick James für viele anregende Gespräche. Ferner danke ich James Ahern, Mark Heinz, Stephen Lekson, Lin Poyer, Rachel Reckin, Torben Rick, Lynne Schepartz und Carla Sinopoli für ihre Anmerkungen zu früheren Fassungen; Lenore Hart, die mir half, einen Werbetext für mein Projekt zu verfassen; Reed Malcolm, meinem Redakteur bei der University of California Press, dafür, dass er dem Buch eine Chance gegeben hat, und der Lektorin Barbara Armentrout. Außerdem danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen, die mir in den Jahren, während derer ich an dem Manuskript arbeitete, so viele Fragen beantwortet haben; es sind zu viele, um sie hier einzeln aufzulisten. Sämtliche Fehler im Text sind selbstverständlich allein mir anzulasten.

Im Rahmen meiner Karriere als Archäologe durfte ich um die ganze Welt reisen. Diese Reisen sorgten dafür, dass ich mir eine ganz bestimmte Sicht der Dinge angeeignet habe; eine Sicht der Dinge, die für die Fertigstellung dieses Buches von entscheidender Bedeutung war. Und ich hätte diese Reisen niemals unternommen und auch dieses Buch niemals geschrieben, hätte ich nicht Lin Poyer an meiner Seite – Freundin, Vertraute, Kritikerin und Ehefrau. Ich danke dir. Wohin soll die nächste Reise gehen?

Robert L. Kelly

Laramie, Wyoming

Warum es normal ist, dass die Welt untergeht

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