Читать книгу Führung - Bildung - Gesundheit - Robin J. Malloy - Страница 24
3.2 Das Deutungslernen in Lehr-/Lernprozessen
ОглавлениеAn dieser Stelle soll anschließend auf die Aufgaben der Erwachsenenbildung im Zusammenhang mit dem Deutungsprozess hingewiesen werden. Nach Tietgens (1992, S. 19) ist es die Aufgabe der Erwachsenenbildung, „Vermittlungsversuche einzuleiten bzw. zu unterstützen, die zu Offenheit und zu Differenzierung von Deutungsmustern führen“. D. h. die Erwachsenenbildung hat nicht die Aufgabe, anderen die eigenen Deutungsmuster aufzuzwängen, sondern den Lernenden lediglich dabei zu unterstützen, die eigenen Deutungsmuster zu erkennen, offen mit ihnen umzugehen und ggf. neue oder alternative Deutungsmuster anzubieten. Im Gegensatz zu der klassischen Vermittlung von Wissen und der Weitergabe von neuen Wissenstatbeständen geht es in einer am Deutungsprozess orientierten Erwachsenenbildung um „ein Bemühen um die Kommunikation von Bedeutungssystemen“ (Tietgens 1992, S. 10). Es werden also keine Lösungen (vgl. Arnold 1985) „rezeptologisch übergestülpt“, sondern lediglich als Alternative angeboten. Frederic Vester spricht in diesem Kontext von dem sogenannten „Jui-Jutsu-Prinzip“, „dem die Absicht zugrunde liegt, die Selbstorganisationskräfte des Systems nicht mit Gegenkräften in eine bestimmte Richtung zu zwingen, sondern vielmehr die Systemkräfte selbst für sich zu nutzen“ (Vester 1988, S. 82). Mezirow spricht hierbei gar von dem Ziel der Erwachsenenbildung, sich durch Reflexion und Kritik in einem diskursiven Prozess den verfälschten oder unvollständigen Bedeutungsperspektiven bewusst zu werden und diese zu transformieren: „A transformation theory of adult learning would have as its central focus understanding the nature of these meaning perspectives and how they can be changed to allow exciting new possibilities for realizing meaning and value“ (Mezirow 1990, S. 15).
Erwachsenenbildung als Deutungsprozess wird somit zu einer Prozessbegleitung auf dem Weg zu einer möglichen Transformation des Deutungsmusterhorizontes. Um mit den Worten von Arnold (1995) zu sprechen, wird bei dem erwachsenen Lerner somit kein Wissen erzeugt, sondern das Anknüpfen an neue Deutungsmuster ermöglicht („Ermöglichungsdidaktik“).