Читать книгу Die Mangrovenblüte - Robin Kerr - Страница 5
Am Abend desselben Tages:
ОглавлениеGegen einundzwanzig Uhr klopfte es an ihre Türe.
»Hi ich bin es, der Doc«, war eine freundliche Stimme zu vernehmen.
»Ich möchte Sie gerne zum Dinner abholen«.
Marcia hatte sich zurechtgemacht. Sie trug aber immer noch eine Armeeuniform.
»Schick«, stellte Dan mit anerkennender Miene fest, als sie die Türe öffnete.
»Aber man hätte Ihnen ohne weiteres einen höheren Rang zusprechen können!«
»Ach, das ist schon in Ordnung«, entgegnete Marcia mit einem verhaltenen Lächeln.
»Überraschenderweise trägt es sich sehr angenehm«.
»Na wunderbar, und wie ich sehen kann, fühlen Sie sich auch wieder gut«.
»Ja«, bestätigte die Kubanerin mit dem langen schwarzen Haar.
»Ich kann jetzt wieder klar denken, aber ich kann nicht behaupten, dass ich mich deshalb wieder besser fühle. Ich kann auch nicht versprechen, auch nur einen einzigen Bissen hinunter zu bekommen«.
»Wenn ich bedenke, was wir immer alles von unserem Koch vorgesetzt bekamen, kann ich Ihnen versichern, dass ich mich dem vollinhaltlich anschließe, obwohl ich nicht befürchten muss, dass sich mir der Magen umdreht, sondern dass der Koch wieder einmal geschmacklich absolut daneben liegt.
Deshalb kann ich Ihnen versichern es wird niemand gram sein, wenn Sie das Essen nicht anrühren. Aus ärztlicher Sicht möchte ich Ihnen jedoch dringend anraten, wieder etwas feste Nahrung zu sich zu nehmen. Auch wenn Ihr Kopf noch nicht so weit ist, Ihr Organismus schreit nach Verwertbarem!«
Da schloss Marcia die Türe hinter sich und ging neben dem Doc her, der die Richtung vorgab.
»Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«, wandte sich Marcia an Dan.
»Aber immer und alles«, gab er lächelnd zurück.
»Meine Monatsblutung ist ausgeblieben und ich wüsste gerne, ob ich ...«
»Ich muss gestehen«, räumte der Arzt ein, während sie langsam in Richtung Offiziersmesse gingen, »dass Nachfragen nach einem Schwangerschaftstest an Bord eines US-Flugzeugträgers überschaubar sind. Und ich befürchte, dass ich auch keinen an Bord habe. Aber ich werde die Dinger sofort anfordern und mit etwas Glück habe ich sie morgen schon.
Auf jeden Fall werde ich Ihnen Bescheid geben. Dann kommen Sie zu mir in die Krankenstation damit wir den Test durchführen können«.
Der Kapitän hatte in der Offiziersmesse einen Tisch für vier Personen decken lassen. Entgegen den Gepflogenheiten hatte er seine Offiziere zum Dinner nicht geladen.
Er und der Admiral begrüßten Marcia sehr herzlich und erkundigten sich nach ihrem Befinden.
Nachdem sie ein wenig Small Talk geführt hatten, was offensichtlich so wie sie es angelegt hatten dazu beitragen sollte den Gemütszustand ihres weiblichen Gastes ein wenig zu heben, begaben sie sich zu Tisch.
Während sich alle hinsetzten, meinte der Doc sarkastisch.
»Ich bin schon gespannt, welche kulinarischen Offenbarungen uns heute erwarten und durch die Nacht tragen werden«.
»Ich versichere Ihnen«, gab der Kapitän lachend zurück, »dass der Koch diesmal alles geben wird, was in ihm steckt. Denn der Admiral hat ihm angedroht, falls wir nicht zumindest begeistert sind über das, was er heute abliefert, wird er persönlich einen Antrag stellen, dass dem Koch seine Pensionsansprüche gestrichen werden.«
Woraufhin alle lachten.
Dan wusste jedoch hinzuzufügen:
»Dass allerdings würde seinen absoluten Ruin bedeuten, denn ein zweites Mal wird sich sicher kein Idiot finden, der ihn einstellt.
»Na ganz hervorragend«, meinte der Kapitän dazu, »da bin ich ja soeben zum ersten Idioten ernannt worden!«
»Naja«, fügte der sichtlich amüsierte Admiral hinzu, »schließlich waren Sie für dessen Verpflichtung hier an Bord zuständig.«
»Streuen Sie nur Salz in die Wunden Admiral. Bisher hatte ich einen Koch dafür«, neckte der Käpt´n.
Der Abend begann also insgesamt sehr amüsant. Und dieser Umstand tat Marcia sehr gut.
Ein Mann betrat den Raum. Aufgrund der weißen, hohen, aufgeplusterten Haube die er trug, war unschwer zu erkennen, dass es sich um den Koch handelte.
Er räusperte sich kurz, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
»Ich möchte mir erlauben, Ihnen die Menüfolge anzukündigen.«
Der Kapitän zog vor Erstaunen über das Auftreten des Kochs die Augenbrauen hoch.
»Wir bitten darum«.
»Als Vorspeise gibt es Scheiben vom marinierten Langustenschwanz am Spieß gegrillt auf einer Safran-Sherrysoße. Als Beilage servieren wir Bananenscheiben knusprig frittiert.
Als Hauptspeise reichen wir Filet a la Wellington mit Cumberlandsoße.
Zur Nachspeise servieren wir marokkanische Datteltörtchen mit Feigenmus.«
Der Käpt´n und der Doc sahen einander mit großen Augen an.
Was der Koch ihnen da offeriert hatte, unterschied sich so sehr vom alltäglichen, dass sie es gar nicht glauben konnten.
»Na das klingt ja ausgezeichnet«, gestand der Admiral und war ebenso überrascht.
»Haben Sie auch an eine Getränkefolge gedacht?«
»Ja selbstverständlich«, erwiderte der Koch.
»Als Aperitif schlage ich einen Dom Perigon 58 vor. Das ist übrigens ein ganz ausgezeichneter Jahrgang!
Zur Vorspeise kredenzen wir konsequenterweise einen trockenen Sherry, da dieser auch in der Soße verarbeitet ist.
Zum Hauptgang schlage ich einen kräftigen Rotwein vor. Meine beste Empfehlung ist hier der Marques de Riscal Gran Reserva1956.
Und um das Dessert abzurunden, ein Gläschen Tawny Port«.
Die Männer waren fassungslos. Hatten sie nicht gerade über diesen Mann und dessen fachliche Fähigkeiten gescherzt.
Admiral Cunnings schüttelte den Kopf, hob dabei zustimmend die Hand und sagte.
»Machen Sie es so«.
Der Koch nickte nur und verließ den Raum.
»Also wenn das nachher so schmeckt, wie es sich anhört«, räumte der Doc ein, dann hat er sich bei seiner nächsten Zahnbehandlung eine örtliche Betäubung verdient«.
Nach einigen Sekunden des Nachdenkens brachen alle in schallendes Gelächter aus.
Der Abend verlief humorvoll, ohne jedoch ein gewisses Niveau zu unterschreiten.
Marcia ertappte sich dabei, wie sie die Gesellschaft der Männer genoss. Denn sie waren gebildet, makellos in ihren Umgangsformen, einfühlsam aber auch immer für einen guten Witz zu haben. Und immer dann blitzte die Spitzbübigkeit aus deren Augen.
Wie gut hätte doch Jim in diese Runde gepasst, sinnierte Marcia.
In diesem Augenblick, an dem sie an ihn dachte, schossen Marcia sofort wieder Tränen in die Augen.
Doch sie zügelte die Emotionen mit all ihrer Kraft und Beherrschtheit, denn sie wollte ihren drei Tischnachbarn nicht die Laune verderben. Viel zu sehr hatten die sich schon um sie bemüht. Marcia wollte es auf diese Weise respektieren.
Jedoch hatten alle drei Männer ihren Gefühlsausbruch bemerkt und ihre Kontinenz stillschweigend honoriert.
Am Ende eines ganz wundervollen Abends hatten alle vier ein ähnliches Gefühl auf seltsame Art und Weise, mehr Achtung voreinander zu empfinden als zuvor.
Und das, obwohl sie einander doch schon von Anfang an respektierten.
»Haben Sie übrigens schon mit der österreichischen Botschaft Kontakt
aufgenommen?, wandte sich Marcia zwischendurch an den Kapitän.
»Nein«, entgegnete dieser.
»Es gab noch keine Zeit. Mir war dieser Abend wichtiger«.
»Das ergibt sich sehr gut«, gestand Marcia.
»Ich möchte Sie bitten, noch etwas zu warten, denn ich habe da noch eine Sache abzuklären«.
»Kein Problem sagen Sie mir, wenn Sie sich entschieden haben«.
Der Doc nickte, denn er wusste auch Bescheid.
Der Koch betrat die Messe und erkundigte sich, ob alles zur Zufriedenheit seiner Gäste abgelaufen war.
Da begannen die Vier zu applaudieren. Der Admiral stand auf und reichte ihm die Hand.
»Ich möchte Ihnen meine persönliche Anerkennung aussprechen. So wie es in meiner Position üblich ist, gehe ich von einem Empfang zum nächsten.
Eine Einladung folgt der anderen und sogenannte Spitzenköche geben einander die Teller in die Hand. Also habe ich einen Überblick, was man so von Haubenköchen in den besten Restaurants vorgesetzt bekommt. Und ich kann ihnen sagen, was Sie heute hier abgeliefert haben gehört zur Oberklasse.
Meine Gratulation!«
Der Koch strahlte und wälzte sich förmlich in den Lorbeeren.
»Nur eine Kleinigkeit zur Abrundung fehlt mir noch. Ein alter Scotch oder ein schöner Cognac. Haben Sie so etwas für mich?«
»Wenn Sie gestatten, Admiral«, und der Koch neigte dabei leicht seinen Kopf, »ich habe noch etwas viel Besseres.
Ich habe einen über zwanzig Jahre alten Brandy de Jerez aus Andalusien. Er ist vollmundig, ganz weich am Gaumen und enorm gehaltvoll. Eine absolute Rarität, wenn ich bemerken darf.«
»Na das klingt ja wie ein Traum aus tausendundeiner Nacht«, freute sich
Cunnnings.
»Nur her damit.«.
»Aber sagen Sie, Andalusien, das ist doch eine südspanische Provinz, oder?«, fragte der Kapitän interessiert.
Der Koch nickte bestätigend.
»Da geht es doch seit Jahrzehnten drunter und drüber. Wo haben Sie denn all das Zeug von dort her? Ich meine den Sherry, den Rotwein und dann noch den Brandy?
»Nun als wir vor den Kaimans lagen«, begann der Koch auszuführen, »habe ich den Funker Aldridge an Land begleitet, um alles für die bevorstehende Zere......«
»Ja, ja, ja ich kenne mich schon aus«, unterbrach ihn der Kapitän vehement.
Aufgrund der Blicke, die sich die drei Männer in diesem Augenblick zuwarfen, hatte Marcia sofort erkannt, dass der Koch beinahe etwas ausgeplaudert hätte, was ganz offensichtlich für ihre Ohren nicht bestimmt war.
»Wenn ich noch einen Vorschlag machen darf, fügte der Koch hinzu, »wir haben eine windstille, sternenklare Nacht, deshalb möchte ich den Brandy gerne am Flugdeck servieren«.
»Eine ausgezeichnete Idee«, freute sich der Admiral.
»Dort kann ich mir dann auch endlich meine ersehnte Zigarre anzünden«.
Als sie sich auf dem Weg zum Flugdeck befanden und Admiral Cunnings sich mit Marcia unterhielt, griff Dan nach dem Arm des Kapitäns und zog ihn zur Seite.
»Ich glaube, dort oben haben wir eine gute Gelegenheit ihr die Wahrheit zu sagen«.
Der Käpt´n nickte bejahend.
»Ich glaube, Sie haben recht. Entschuldigen Sie mich einen Augenblick. Ich muss noch etwas besorgen und komme gleich nach.
Der Brandy war so weich wie diese Nacht in der karibischen See.
Alle schwiegen und genossen die nächtliche Stille auf dem Flugzeugträger. Nur der Doc murmelte:
»Das ist das feinste Zeug, das ich jemals auf meinem Gaumen verspürt habe.«
Da berührte Robert T. Jackson mit seiner Hand Marcias Rücken. Nur ganz kurz und ganz sanft.
»Ich muss da etwas klarstellen Marcia.
Als Sie an Bord kamen und überall die Blumen sahen, dachten Sie wir hätten das zur Trauer um unseren Kameraden arrangiert. Die Wahrheit jedoch ist, wir hatten die USS-Boxer an diesem Tag für Ihre Hochzeit mit Jim dekoriert«.
Er griff in seine Hosentasche, holte eine kleine Schachtel heraus.
Er klappte sie auf und darin befanden sich zwei Ringe. Admiral Cunnings ist ausnahmslos zu diesem Zweck angereist. Denn er wollte unbedingt gemeinsam mit mir die Trauung vornehmen.
Wir wussten zu diesem Zeitpunkt nicht, dass Sie keine Ahnung hatten. Jim wollte Sie wohl damit überraschen«.
Mit den Worten »vielleicht wollen Sie die zum Andenken behalten«, legte er die Schachtel mit den beiden Ringen in ihre Hand.
Marcia hob ihren Kopf und blickte zu den Sternen. Ihre Lippen glänzten im Mondlicht und ließen ein sanftes Lächeln erkennen. Dann stellte sie ihr Glas ab und drehte sich zu den drei erwartungsvoll blickenden Männern um.
»Ich danke Ihnen für den wundervollen Abend meine Herren, aber wenn Sie erlauben, möchte ich mich jetzt zurückziehen«.