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Der Sirius, Ägypten und Sumer

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Auf einer Internetseite103 heißt es über Sirius:

„Viele antike Kulturen haben Sirius eine besondere Bedeutung beigemessen. Er wurde schon im alten Ägypten verehrt und viele Tempel und Bauwerke wurden so ausgerichtet, dass sein Licht auf einen bestimmten Bereich im Inneren fallen konnte. Außerdem basierte der ägyptische Kalender auf Sirius, da sein morgendliches Auftauchen, nachdem er zuvor am Abendhimmel hinter der Sonne verschwand, die für Ägypten lebensnotwenige Nilüberschwemmung ankündete.“

Der als „Querdenker“ bekannte mittlerweile verstorbene unabhängige Ägyptologe John A. West schreibt :

„In Ägypten hing die ganze Landwirtschaft von der Nilschwelle, der jährlichen Flut des Nil ab. Und das sei auch der Grund, behaupten zumindest die Ägyptologen, warum die alten Ägypter über Jahrhunderte den merkwürdig komplexen und genialen und höchst präzisen Kalender entwickelten.

Doch warum sollten jene klaren, logischen Denker, die lieber mit schwierigen als leichten Materialen arbeiteten, drei Kalender gleichzeitig benutzen? Um damit den Bauern das Leben schwer zu machen?“104

In den Jahren 1936 bis 1951 hielt sich der elsässische Philosoph R. A. Schwaller de Lubicz in Luxor, Ägypten, auf. Dort stellte er eine überwältigende Menge an Material über Ägypten zusammen. Lucie Lamie – Schwallers Stieftochter – hatte in Ägypten detaillierte Messungen und Zeichnungen von den Steinen und Skulpturen des großen Tempels zu Luxor angefertigt. Sie machen deutlich, dass die alten Ägypter ein ungewöhnliches Wissen über Mathematik und den kosmischen Vorgängen besaßen.

De Lubicz veröffentlichte zahlreiche Bücher, und besonders in dem Buch Le Temple de l’Homme beschäftigte sich der Philosoph mit verschiedenen Aspekten der frühen ägyptischen Kultur.

Die alten Ägypter hatten interessanterweise neben einem Sonnen- und einem Mondkalender auch einen Sothis-Kalender, wobei mit „Sothis“ Sirius gemeint ist. Nach der Autorin Murry Hope kannten auch die Ägypter das Sirius-Doppelsystem. Schwaller de Lubicz machte über den Sothis-Kreislauf interessante Aussagen105:

„Der Sothis-Kreislauf beruht auf der Übereinstimmung des beweglichen Jahres von 365 Tagen mit dem Sothis- (oder Sirius-) Jahr von 365 ¼ Tagen. Alle staatlichen Angelegenheiten Ägyptens wurden entsprechend dem unbestimmten Jahr datiert, das aus genau 360 Tagen plus den epagomentalen [hinzugefügten d. A.] Tagen bestand, die den Netern geweiht waren: Osiris, Isis, Seth, Nephtys und Horus.

Das Sirius- oder feste Jahr wurde nach dem heliakalischen Aufgang des Sirius festgelegt, obwohl das Intervall zwischen zwei heliakalischen Aufgängen des Sirius [seinem gleichzeitigen Aufgang mit der Sonne; d. A. ] weder mit dem tropischen Jahr übereinstimmt – das kürzer ist – noch mit dem siderischen Jahr [der Zeitspanne, die vergeht, bis die Sonne von der Erde aus gesehen die gleiche Stellung am Himmel in Bezug auf einen fiktiven unendlich weit entfernten Fixstern ohne Eigenbewegung einnimmt; d. A. ], das wiederum länger dauert. Es ist in diesem Zusammenhang bemerkenswert; dass sich die Position der Sonne in Bezug auf den Sirius aufgrund der Rücklaufbewegung der Tagundnachtgleichen und der Bewegung des Sirius offenbar in derselben Richtung und in nahezu demselben Ausmaß verschiebt wie der Sirius selbst.

Astronomische Berechnungen haben gezeigt, dass das Sirius-Jahr zwischen 4231 und 2231 v. Chr., der geschätzten Dauer des Zeitalters des Stieres, Apis, fast genau mit unserem julianischen Jahr von 365 ¼ Tagen zusammenfiel. Diese Periode umfasste wahrscheinlich das gesamte alte Reich, und wir können nicht umhin, die Größe einer Wissenschaft zu bewundern, die eine solche Übereinstimmung zu entdecken vermochte, denn Sirius ist der einzige Stern, der diese Eigenheit aufweist. Es könne sogar angenommen werden, dass Sirius im Kreislauf unseres gesamten Sonnensystems die Rolle des Zentrums einnimmt“.106

Bei den Ägyptern wurde der Sirius als „Der große Ernährer” bezeichnet. Ein interessanter Pyramidentext lautet:

„Isis kommt zu Dir (Osiris), und erfreut sich Deiner Liebe.

Dein Samen wächst in ihr, durchdringt (spd.t) wie Sirius (spd.t).

Der eindringende (spd) Horus kommt über sie in seinem Namen

Horus-der-in-Sirius-ist.“107

Die Autorin Murry Hope bemerkt hierzu: „spd und spd.t stehen für die ägyptischen Hieroglyphen für Sothis (Sirius), das „t” zeigt das weibliche Geschlecht an. Sirius A galt als weiblich, Sirius B als männlich.“108

Als esoterische Autorin stellt Murry Hope den Bezug zu Sirius B wie als selbstverständlich dar, ohne ihn letztlich genau zu begründen. Das hat allerdings Reinhard Prahl getan, doch zuvor müssen wir noch ergründen, was damit gemeint sein könnte, dass Sirius „im Kreislauf unseres gesamten Sonnensystems die Rolle des Zentrums einnimmt“.

Schwaller de Lubicz schreibt dazu:

„Für den Tempel spielte Sirius die Rolle des großen zentralen Feuers für unsere Sonne (die das Auge des Re und nicht Re selbst ist)….“109

West, der sich in seinem Buch Die Schlange am Firmament ausführlich mit den Studien des Schaller de Lubicz beschäftigt hat, schreibt:

„Möglicherweise wussten die Alten Ägypter, was einige moderne Wissenschaftler vermuteten, dass nämlich Sirius der große Zentralstern ist, um den sich unsere Sonne und das Sonnensystem drehen.“110

In diesem Zusammenhang zitiert er den britischen Autor und Journalisten Rodney Collin, der schreibt:

„Der Erddurchmesser beispielsweise beträgt ein Millionstel des Durchmessers des Sonnensystems. Doch dessen Durchmesser beträgt vielleicht nur den vierzigmillionsten Teil des Durchmessers der Milchstraße. In unserem System finden wir solche Beziehungen nicht zwischen Sonne und Planeten, sondern zwischen der Sonne und den Satelliten von Planeten…Man sollte erwarten, dass das Sonnensystem sich um eine größere Einheit dreht, die ihrerseits um das Zentrum der Milchstraße kreist; wie der Mond sich um die Erde dreht, die ihrerseits die Sonne umläuft.

Was und wo ist die ‚Sonne‘ unserer Sonne? Man hat verschiedentlich versucht, innerhalb der Milchstraße ein solches ‚lokales‘ System auszumachen. K. W. L. Charlier schien 1916 eine solche Gruppe mit einem Durchmesser von 2000 Lichtjahren festgestellt zu haben, deren Zentrum mehrere hundert Lichtjahre von Argo Navis entfernt lag. In der unmittelbaren Umgebung von zehn Lichtjahren finden wir einen Stern von der Größenordnung unserer Sonne sowie den Sirius, der zwanzigmal so hell ist. In einer Entfernung zwischen 50 und 70 Lichtjahren stoßen wir auf sechs Riesen[sterne], deren Leuchtkraft zehntausend Mal stärker ist. Der größte von ihnen, Canopus, 625 Lichtjahre entfernt, genau im Kielwasser unseres Sonnensystems und 100 000 Mal heller als die Sonne, könnte in der Tat die ‚Sonne‘ von Charlies ,lokalem‘ System sein. … Der hellste Stern am Firmament, nach denen des Sonnensystems ist natürlich der Doppelstern Sirius. … Bezogen auf Entfernung, Strahlung und Masse würde ein Sirius-System in gewisser Weise die übergroße Lücke zwischen den Kosmen des Sonnensystems und der Milchstraße schließen. Die Entfernung zwischen Sonne und Sirius – eine Million Mal die Entfernung von der Erde zur Sonne – entspricht dem Maßstab kosmischer Verhältnisse, um die es hier geht. Sie gab den Astronomen des 19, Jahrhunderts eine ausgezeichnete Maßeinheit an die Hand, das Siriometer, das heute leider nicht mehr verwendet wird“.111

Wenn Collin Recht hat112, könnten die alten Ägypter gewusst haben, dass Sirius der große Zentralstern ist, den sie als „Zentralfeuer“ bezeichneten. Vielleicht erklärt dies auch die große Bedeutung, die der Sirius für Ägypten hatte. Sicher, als Künder der Nilschwelle war er ausgesprochen wichtig, wie wir eingangs hören. Und außerdem war er der hellste Fixstern am Himmel. Doch warum sollten die Ägypter ihn als „Zentralfeuer unserer Sonne“ bezeichnen?

West macht noch eine für unser Thema eine äußerst wichtige Feststellung, wenn er schreibt:

„Ägypten hatte einen Mondkalender mit abwechselnd 29 oder 31 Tagen zählenden Monaten, einen beweglichen oder zivilen Kalender von 360 plus fünf zusätzlichen Tagen, (an denen der Überlieferung nach die Neter geboren waren), und einen Kalender von 365,25 Tagen, der auf der heliakalischen Wiederkehr des Sirius basierte. Letzter entspricht genau unserem Kalender.

Soweit ich weiß, hat bisher niemand die Bezüge zwischen diesen altägyptischen Kalendersystemen herauszuarbeiten versucht. Doch Schwaller de Lubicz machte eine Beobachtung, die irgendwann zu einem vollständigen Verständnis der drei Systeme führen könnte. Der 25-Jahre-Zyklus entsprach 309 Mondphasen. (Eine Mondphase ist die Periode zwischen einem Neumond und dem nächsten.)

Die Berechnungen lauten:

25 x 365=9125 Tage


Das erforderte bereits höchste genaue Beobachtung. Die moderne Astronomie rechnet mit einer Mondphase von 29,53059 Tagen. Die Differenz beträgt etwa eine Sekunde. Doch Schwaller de Lubicz bemerkte die faszinierende Übereinstimmung von 25 Jahren mit 309 Mondphasen.


und seine Wahl als die Zahl, die den Zyklus bestimmt, kann nicht zufällig gewesen sein. (Ein Doppelstern, der den Goldenen Schnitt ausdrücken würde, umfasst fünfzig Jahre;


Es ist interessant, dass dieser Zyklus von den Dogon, einem afrikanischen Stamm, für die Umlaufperiode des unsichtbaren Begleiters des Sirius angegeben wird und dass die gesamte Astronomie der Dogon auf diese Erkenntnis aufbaut.)113

Ist die Feststellung am Ende des Zitats reiner Zufall, oder sehen wir hier einen weiteren Hinweis, darauf, dass die Dogon letztendlich ihr Wissen über Umwege von den Alten Ägyptern übernommen haben?

Reinhard Prahl beschäftigt sich im o. g. Artikel mit der altägyptischen Vorstellungswelt und erwähnt unter anderem, dass die Ägypter viele Götter ihrer Mythen mit Sternen und Planeten gleichsetzten. So stellten sie Ortschaften, wie sie beispielsweise im Osiris-Mythos verwendet werden, im Himmel liegend dar. Wie Prahl nach einem kurzen Einblick in die Entstehung der Pyramidentexte erklärt, gibt es in eben jenen Texten viele Aussagen, die den König, der als der „lebendige Horus“ bezeichnet wird, dazu bringen sollen, in den Himmel zu Orion/Osiris oder Isis/Sothis aufzusteigen. So ist die Rede von einem Fährmann, der den Pharao über einen „gewundenen Kanal“ ins so genannte Binsengefilde bringen soll. Letzteres ist ein mythischer Ort, der zum Osiris-Mythos gehört. Dr. Rolf Krauss, der am ägyptischen Museum in Berlin beschäftigt ist, identifiziert in seinem Buch Astronomische Konzepte und Jenseitsvorstellungen in den Pyramidentexten anhand der Pyramidentexte und astronomischer Kenntnisse den „gewundenen Kanal“ als Ekliptik (der Projektion der scheinbaren Sonnenbahn im Verlauf eines Jahres auf die Himmelskugel). So heißt es in den Pyramidentexten, der „gewundene Kanal“ verlaufe in ost-westlicher Richtung und der Mond, der traditionell als Thot angesehen wird, überquere den Kanal von Süd nach Nord. Diese Eigenschaften treffen zweifellos auf die Ekliptik zu.

In den Pyramidentexten heißt es weiter, dass die Sonne entlang dieses Kanals fahre. Die scheinbare Bahn der Sonne wie oben beschrieben, verläuft in der Tat s-förmig, was uns an den Begriff „gewundener Kanal“ erinnert. Der gewundene Kanal teilt den Himmel über Heliopolis (der Stadt des Sonnengottes Re) in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Diese wiederum sind in einen Ost- und einen Westteil untergliedert. Südlich des gewundenen Kanals, also wohl der Ekliptik, liegt nach den Pyramidentexten das „Binsengefilde“ und nördlich das „Opfergefilde“. Osiris wird mit Orion gleichgesetzt, Isis mit Sirius und Seth mit Merkur.

Im Osiris-Mythos wird der Namensgeber des Mythos von dessen Bruder Seth ermordet, weil jener damit das Königtum Ägyptens in seine Gewalt bringen kann. Seth zerstückelt seinen toten Bruder in 14 Teile und verstreut sie über das ganze Land, damit die Leiche des Osiris nicht mehr aufgefunden werden kann. Isis, die Schwester und Gemahlin des Osiris sucht dennoch nach den Einzelteilen, um sie nachher wieder zusammenzufügen. Isis, die sich mittlerweile in eine Weihe – einen Greifvogelgattung aus der Familie der Habichtartigen – verwandelt hatte, gelingt es, dem Leichnam mit ihren Flügeln Leben einzuhauchen, und nicht genug damit: Sie schafft es, dem Phallus des Osiris Samen zu entlocken (heute würde man so etwas wohl „Samenraub“ nennen) und aus ihm entsteht der gemeinsame Sohn Horus. Danach wird Osiris ins Jenseits berufen, wo er die Aufgabe zugeteilt bekommt, die Verstorbenen zu richten. Seth – wie kann es auch anders sein? – erfährt von der Geburt des Horus und versucht Isis und ihren Sohn aufzusuchen, da Horus ihm nach damals geltendem ägyptischem Recht den Anspruch auf das Königtum in Ägypten streitig machen kann. (Im Mythos geschieht das später auch, weswegen der Pharao als lebendiger Horus, Sohn des Osiris, bezeichnet wird.) Isis versteckt sich im Deltagebiet, das in früherer Zeit ein riesiges „Binsengefilde“ war, womit wir jetzt wissen, woher dieser Ausdruck stammt. Die Ägypter projizierten wichtige Teile dieses Mythos in den Nachthimmel und so gingen sie in die Pyramidentexte ein, denn der verstorbene König, nun der „lebendige Horus auf Erden“, sollte das ewige Leben finden und wie dessen Vater Osiris über die Toten richten.

Prahl weist auf die Merkwürdigkeit hin, dass es mehrere Horus-Formen gibt. Dazu zitiert er Krauss im o. g. Buch auf Seite 236:

„Dieser Ansatz (Seth als Planet Merkur, Anm. R. P) entspricht der seit dem früheren NR [Neuen Reich des Alten Ägyptens, Anm. R.M.H.] bezeugten Identität von Seth und Merkur als Abend- bzw. Morgenstern, wie auch der schon im N.R. bezeugten Gleichsetzung der äußeren Planeten (Mars, Jupiter und Saturn) mit Horusformen.“

Prahl vermutet, dass die Mehrzahl dieser Horusformen dadurch zustande kam, dass es in Ägypten eine große Anzahl von Falkengöttern gab. Er glaubt, dass die meisten von ihren irgendwann mit Horus verschmolzen. Nun wurde jede dieser Horusformen (Horus das Kind; Horus, Pfeiler seiner Mutter und andere) mit einem Planeten oder Stern gleichgesetzt. Auch der König war schließlich ein lebendiger Horus auf Erden und musste nach seinem Tod zu einem Stern werden.

Für unser Thema ist besonders eine Horusform interessant, die als „Horus, befindlich im Sothis“ (Prahl merkt an: „Die Transkription lautet: “rw jmj Spdt, wobei jmj ein Nisbeadjektiv, welches man mit „befindlich in/im“ übersetzen kann“) bezeichnet wird. So heißt es im Pyramidentext 632d:

a) als zu dir kam deine Schwester Isis, da hat sie gejubelt aus Liebe zu dir,

b) nachdem du sie auf deinen Phallus gesetzt hast.

c) kam heraus dein Same in sie, indem er scharf war in „Die Scharfen“,114

d) so ist Horus der „Scharfe“ (=spd) herausgekommen aus dir als “rw jmj Sptd (Horus, befindlich in/im Sirius“)115

Prahl vergleicht den Text mit einer weiteren Übersetzung Textes, die von dem Ägyptologen R. Anthes stammt und die er für besser hält:

„der spitze Horus, der aus dir gekommen ist im Namen als Horus, der in Sothis ist.“116

Prahl erkennt ganz klar aus diesem Text (und der Autor tut das auch): Horus ist von Isis geboren worden und hält sich noch bei ihr auf.

Prahl übersetzt einen weiteren Text aus dem Grab des Chaemphet aus dem Neuen Reich, auf den Krauss auf S. 178 hinweist:

„Diese Götter erscheinen im Himmel entsprechend den Sternen, Chaemphet der Gerechtfertigte erscheint als einzelner Stern. Deine Geburt ist entsprechend Orion und dem Horus, der im Sirius ist.“

Krauss übersetzt den Text folgendermaßen:

„Diese Götter aber erscheinen im Himmel gleichzeitig mit den Sternen. Chaemphet erscheint als „Einzelner Stern“. Deine Geburt ist entsprechend der des SAH-Orions zusammen mit “rw jmd Spdt, im Gefolge des großen Gottes.“

Prahl schreibt dazu:

„Ich denke allerdings, meine Übersetzung ist hier wörtlich, denn Krauss übersetzt ein und denselben Begriff des Originaltextes einmal mit „gleichzeitig“, einmal mit „entsprechend“ und der von Krauss mit „zusammen“ übersetzte Begriff bedeutet eigentlich „und“ oder auch „mit“. Zudem ist m. E. nicht zwingend, den Begriff „Einzelner Stern“ als Eigenname auszusehen.“

Krauss’ Kommentar zu dem Text lautet wie folgt:

„Nach diesem Text sollen SAH-Orion und “rw jmj Spdt zusammen aufgehen, während von Spdt-Sothis dabei außerhalb seines Namens “rw jmj spdt keine Rede ist. Da SAH-Orion ein Sternbild ist, könnte dies auch für “rw jmj Spdt gelten, was die Übersetzung des fraglichen Ausdrucks als ,Horus(-Sternbild), in dem Sothis(-Einzelsstern) ist’, nach sich zieht.“

Prahl erkennt, dass auch Krauss generell der Ansicht ist, dass sich „Horus, befindlich in/im Sirius“ und Isis/Sirius sehr nahe sind. Er ist allerdings der Meinung, dass Krauss’ Interpretation nicht stimmen könne, da Horus der Sohn von Isis/Sirius ist. Isis stehe somit gesellschaftlich über Horus, und so könne es lediglich umgekehrt sein: Isis repräsentiert das Sternbild und Horus den Einzelstern. Allerdings ist Isis traditionell der Einzelstern, wie aus vielen Stellen der Pyramidentexte hervorgeht. So schließt Prahl:

„Die eigentlich schlüssige Konsequenz: Horus als Stern, (Isis ist ja auch ein Stern [sic]) muss seiner Mutter sehr nahe sein. Krauss zieht allerdings nicht in Betracht, dass es sich mithin um zwei Einzelobjekte handeln muss. Denn der einzige Stern, der Isis/Sirius wirklich nahe ist, ist Sirius B.“

Prahl sieht sein Argument dadurch bestätigt, dass die Bezeichnung „Lebender, Sohn der Sothis“ in einem anderen Spruch vorkommt. Daraus leitet er ab, dass es einen Horus in der Nähe des Sirius gibt, der als „Sohn“ der Isis bezeichnet wird. Anthes ging sogar noch einen Schritt weiter, indem er eine „wesenhafte Gleichsetzung von Horus und Sothis als einer Einheit“ voraussetzte. Man könnte sagen, dass Anthes in Sirius gleichzeitig männliche und weibliche Aspekte sah. Genauso könnte der tote Pharao in Sirius verkörpert sein wie die Isis. Das wiederum ist nach Prahl allerdings nicht möglich, da es in verschiedenen Pyramiden- und Sargtexten ausdrücklich heißt: „Meine Mutter Sothis bereitet mir den Weg…“ Ein Stern kann aber kaum sich selbst den Weg weisen. Für Prahl ist es logischer, dass für die Ägypter der größere Stern dem kleineren den Weg weist, indem er ihn in seiner Bahn hält.

Auf der anderen Seite scheint klar zu sein, dass es neben der weiblichen Siriusverkörperung, nämlich Isis, auch einen „männlichen Sirius“ gibt. Krauss weist auf einen Architrav im Ramesseum (einen ansehnlichen Tempel-Komplex an der Westseite des Nils nahe Luxor) hin, der Sirius als Mann darstellt. Außerdem wird in den Versen der Sargtexte von einem von Sothis geborenen Sohn des Orion/Osiris gesprochen. Prahl folgert:

„Wenn aber Sirius nicht gleichzeitig König und Isis sein kann, es aber einen „Horus befindlich im Sirius“ gilt, der ganz klar als andere Person definiert wird und dem Sirius auch noch sehr nahe ist, liegt es da nicht auf der Hand, in dieser Horusform einen Stern in der Nähe des Sirius zu sehen?“

Hier sehen wir eine Bestätigung der Behauptung von Murry Hope durch einen Ägyptologie-Kenner ersten Grades bestätigt. Murry Hope hatte also offensichtlich Recht: Spdt ist Sirius B.

Nebenbei soll noch erwähnt werden, dass Temple selbst noch eine Idee bezüglich eventueller Kenntnisse der alten Ägypter von Sirius B äußert. Er zitiert den Ägyptologen Wallis Budge aus dessen Buch The Gods of the Egyptians mit den Worten:

„Was Anubis angeht, so überliefert Plutarch (44;61) einige aufschlussreiche Glaubensvorstellungen. Zunächst ist davon die Rede, dass man Anubis von Nephtys geboren glaubte, obwohl andererseits Isis als seine Mutter galt. Dann fährt er fort: ,Unter Anubis versteht man den horizontalen Kreis, der den unsichtbaren Teil der Welt – sie bezeichnen ihn als Nephtys – vom sichtbaren trennt, dem sie den Namen Isis geben, und da der Kreis sowohl den Bereich des Lichtes wie den des Schattens berührt, kann er als beiden zugehörig gelten, woraus sich in ihrer Vorstellungswelt eine Ähnlichkeit zwischen Anubis und dem Hund ergibt, denn man beobachtete, auch Hunde wachen ja tagsüber so wie nachts.’“ 117

Temple schreibt dazu:

„Man könnte diese Schilderung als Beschreibung des Sirius-Systems auffassen: in ihr begegnet uns Isis als verkörperte Lichtsphäre, als Personifikation des Sichtbaren, ihre Schwester Nephtys dagegen als Verkörperung des Dunklen, unsichtbaren, doch beiden gemeinsam ist ein horizontaler Kreis, der sie gleichzeitig scheidet – vielleicht die Umlaufbahn des dunklen Sterns rings um den hellen? Und außerdem stoßen wir auf einen Versuch, die Hundesymbolik zu deuten, die auf Sirius hinweist, der zu allen Zeiten den Namen „Hundsstern“ trug.“118

In der Folge weist Temple darauf hin, dass Anubis in der Kunst oft als schakal- und hundsköpfig dargestellt wird. Budge hielt es für sicher, dass die alten Ägypter dem Hund größte Verehrung und Ehrfurcht entgegenbrachten.

Temple glaubt sogar, das Dreifach-System wieder zu erkennen, wenn er schreibt:

„Ein ähnlicher Name wie Anubis (Im Ägyptischen eigentlich Anpu) und gleichfalls mit Isis-Sothis (Sirius) verbunden ist Anukis – so hieß eine Göttergefährtin der Sothis, die (neben der Göttin Sathis) auf ägyptischen Malereien im gleichen Himmelsboot wie Sothis fährt. So sind drei Göttinnen zusammen – möglicherweise Verkörperungen von Sirius A, Sirius B und Sirius C, die unterstreichen, dass man sich das Sirussystem tatsächlich als ein Dreiersystem, als eine Gruppe von drei zusammengehörigen Sternen dachte.“119

Der Ägyptologe Cyril Aldred teilt die Geschichte des Alten Ägyptens in drei Abschnitte ein: Die Zeit von ca. 5000 v. Chr. bis 3600 v. Chr., die in Ägypten mit der Jungsteinzeit zusammenfällt und als die frühe prädynastische Periode bezeichnet wird. Die Zeit von 3.600 v. Chr. bis 3.200 Chr. wird zur mittleren und späten prädynastischen Periode gerechnet. Erst danach beginnt in Ägypten der Bereich der eigentlichen Geschichte. Archäologische Funde belegen, dass die ursprüngliche Bevölkerung Ägyptens zum langschädligen (dolichozephalischen) Typ gehörte. Zur Zeit der Amratian-Kultur im vierten Jahrtausend v. Chr. wanderten in Ägypten jedoch in großer Zahl Menschen ein, die zum breitschädligen (brachyzephalischen Typ) gehörten.120

Der Forscher Ignatius Donnelly – der Autor von Atlantis - the Antediluvian World – schrieb in der Mitte des 19. Jahrhunderts:

„Der erste ägyptische König war Menes. Zu seinen Zeiten waren die Ägypter schon ein hochkultiviertes Volk. Manetho sagt uns, dass Athotis, der Sohn dieses ersten Königs Menes, den Palast zu Memphis erbaute; dass er Arzt war und anatomische Bücher hinterließ. Also die Angaben belehren uns darüber, dass die Ägypter selbst in dieser frühesten Zeit schon auf einer ganz bedeutenden Kulturhöhe standen. Nach einigen Autoritäten auf dem Gebiete der Ägyptologie gab es bei den Ägyptern lange vor Menes schon Architekten, Bildhauer, Maler, Mythologen und Theologen; es war eben schon vor Menes ein zivilisiertes Land mit einem politisch regierten Volke. Jene Gemeinschaft von Hirtenfamilien, die kleine nomadisierende Gemeinwesen bildeten, wie sie uns der Pentateuch schildert, mag man immerhin als eine Vorstufe zur Zivilisation betrachten; um wie viel höher über dieser aber steht eine Nation mit einer monarchistischen Regierung, aus verschiedenen Gesellschaftsgraden zusammengesetzt, mit einer weise eingerichteten Arbeitsteilung, bei welcher der Priesterkaste die Pflicht oblag, die Chroniken zu führen, die Namen der Dynastien und der Könige, die Zeitdauer ihrer Herrschaft und die wichtigsten Ereignisse derselben zu notieren. Ernest Renan macht darauf aufmerksam, dass Ägypten schon bei seinem allerersten geschichtlichen Auftauchen ausgereift und alt erscheine ohne Erinnerung an ein mythisches oder heroisches Zeitalter, als ob das Volk gar keine Jugendzeit gehabt hätte. Die ägyptische Kultur hat keine arkadische Periode. Die Kultur dieser alten Monarchie begann nicht, wie anderswo, mit der Kindheit der Völker; sie war schon gänzlich ausgereift.”121

Man darf jedoch nicht unerwähnt lassen, dass diese Aussage aus dem 19. Jahrhundert stammt. Doch auch heute noch weiß man wenig über das Ägypten vor Menes. Über das sogenannte vordynastische Ägypten (Menes gilt als der Gründer der 1. Dynastie) heißt es heute:

„Das Volk der Ägypter entstand nicht auf einen Schlag, sondern entwickelte sich aus verschiedenen Kulturen. Diese bewohnten im Paläolithikum das Niltal, sowie die damals noch fruchtbaren Wüstengebieten. Jedoch erst im Neolithikum zeigten sich ausgeprägtere Kulturen im Niltal, die sesshafte Bauern und Viehzüchter waren. Die Toten wurden auf Friedhöfen beigesetzt und nach Westen zugewandt.“122

Und weiter:

„Die Entwicklung könnte man sich wahrscheinlich so vorstellen: Im Laufe des Neolithikums wurden immer wieder Volksstämme unterschiedlicher Herkunft im Niltal sesshaft. Die höhere Kultur, die sich dabei bildete, und somit auch der höhere Lebensstandard, zog immer wieder die Nomaden der umgebenden Wüste an. Somit könnte wahrscheinlich bei einer dieser Einwanderungswellen ein besonders starkes Nomadenvolk das Niltal unterworfen und die erste Herrscherdynastie begründet haben.“123

Besonders an der zweiten zitierten Stelle sehen wir, dass es noch einige Fragezeichen gibt. Wir finden hier zweimal das Wort „wahrscheinlich“. Was vor der ersten Herrscherdynastie war, ist immer noch nicht restlos geklärt.

Nach den Aussagen Herodots, der sich auf Auskünfte ägyptischer Priester stützte, ging die geschriebene Geschichte Ägyptens auf einen Zeitraum zurück, der 11.340 Jahre vor Herodots Zeit lag; demnach also von heute an gerechnet 14.000 Jahre zurück.124

Ein Volk, das keine geringeren Rätsel aufgibt, ist die geheimnisvolle Kultur der Sumerer. Unter der Bezeichnung Sumer verstehen wir das mittlere und südliche Babylonien. Ursprünglich beschrieb der Begriff „Sumer“ das Gebiet um Nippon, später wurde das ganze seit Ende des dritten Jahrtausends v. Chr. von den Sumerern bewohnte Gebiet Sumer genannt, und schließlich war es zusammen mit dem Land Akkad (Nord-Babylonien) bis ins 1. Jahrtausend die Bezeichnung für ganz Babylonien.

Die Bewohner von Sumer, also Süd-Mesopotamien, im 3. Jahrtausend vor Chr. waren die Sumerer. Dieses Volk unbekannter Herkunft ist nur aufgrund seiner Sprache nachweisbar. Die Sumerer schufen die städtische Kultur Babyloniens in der Form der Tempelstadt, bei der das Eigentum an den Feldflur dem Tempel vorbehalten war, Unter wechselnder Vormachtstellung einzelner Königtümer wie Uruk, Ur, Lagasch und Kisch bestimmte die von einer gut organisierten Priester- und Beamtenschaft getragene sumerische Kultur das Geschehen im dritten vorchristlichen Jahrtausend. Die Sumerer entwickelten die Keilschrift. Die Kunst der Sumerer - vor allem ihre um 3000 v. Chr. geschaffene Monumentalarchitektur, besonders in den Städten Uruk, Ur und Eridu war die Grundlage für die weitere Entwicklung der Kunst in Babylonien.

Die Sprache der Sumerer erlosch um 1800 v. Chr., wurde aber als Kultsprache noch weiterverwendet. Die sumerische Sprache besaß verschiedene Dialekte, unter anderem auch eine Frauensprache. Verwandtschaft mit anderen Sprachen konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Das semitische Akkadisch wurde von der sumerischen Sprache beeinflusst.

Haben wir hier ein Analogon zur ägyptischen Entstehung vor uns? Die Ägypter als ein Volk, dessen prädynastische Vergangenheit weitgehend im Dunklen liegt, und die Sumerer als ein Volk ohne Herkunft?

Neben bautechnischen Höchstleistungen fallen bei den Sumerern auch künstlerische Erzeugnisse auf hohem Niveau auf. So schufen sie die „Dame von Uruk“, die einen fast lebensgroßen Marmorkopf darstellt, der in etwa 3200 v. Chr. entstand. Möglicherweise handelt es sich hierbei um das Bildnis einer sumerischen Göttin.

Die Sumerer scheinen jedoch nicht nur aus dem Nichts gekommen zu sein, vielmehr haben sie sich offensichtlich in rasanter Weise weiterentwickelt. So sind die Gestaltungsunterschiede zwischen Skulpturen aus der vorhergehenden Kulturstufe „Obed“ und der Dame von Uruk erstaunlich. Die Archäologin Jacquetta Hawkes sagte zu dieser Problematik: „Was sich im 4. Jahrtausend in Sumer abspielte, ist einer der bemerkenswerten Vorgänge der Menschheitsgeschichte.“125

Da die sumerischen Keilschriftinschriften den ägyptischen Hieroglyphen ähneln, ist anzunehmen, dass zwischen Sumerern und Ägyptern eine Verbindung bestand, wobei die sumerischen Zeichen wohl die älteren waren. Neben einer riesigen Keilschriftbibliothek wurden allerdings auch zahlreiche vollendet geformte Statuen aus Ton und Stein in den entsprechenden Ausgrabungsstätten gefunden. Die Sumerer haben mächtige Stadtstaaten im Bereich des Euphrat und Tigris errichtet. In der sumerischen Kultur scheint wie in anderem alten Kulturen auch die sehr schnelle Entwicklung von Religion, Kunst, Technik, Staatswesen und auch ein gewisser Hang zum Monumentalen vorhanden gewesen zu sein. Vollkommende Skulpturen wurden von den Sumerern erstellt.

Interessanterweise weist der der bereits erwähnte Ägyptologe Wallis Budge daraufhin, dass die Kulturen Sumers und Ägyptens auf eine gemeinsame Quelle zurückzuführen seien, die seiner Meinung nach ziemlich alt sein müsse. Er sagt:

„Es ist daher überraschend, so viele Ähnlichkeiten zwischen Urgöttern Sumers und Ägyptens zu finden, zumal diese Übereinstimmungen nicht das Ergebnis von Entlehnungen sein können. Es ist ganz ausgeschlossen, dass Assurbanipals Redakteure ihr System in Ägypten entlehnten oder dass die Literaten der Zeit Sethos’ I. bei babylonischen bzw. assyrischen ,Intellektuellen’ geistige Anleihen machten. Dies zwingt uns zu der Schlussfolgerung, dass sowohl die Sumerer als auch die Bewohner des frühen Ägypten ihre Ur-Götter aus einer gemeinsamen, doch ganz außergewöhnlich alten Quelle bezogen. Die Übereinstimmungen zwischen beiden Götterwelten sind zu eng, um auf bloßem Zufall beruhen zu können (…) Es ist sicher, dass die Schar der Urgötter (…) ganz anders war als die (…), die sich in Babylonien und Assyrien herausbildete, als sich semitische Bevölkerungen in den betreffenden Ländern niederließen.”126

Aber woher stammte diese ältere Kultur? War es tatsächlich eine außerirdische Kultur, wie Temple meint? Oder handelte es womöglich um eine alte, bisher unentdeckte irdische Kultur, womöglich um das sagenhafte Atlantis?

Bleiben wir aber zunächst bei den uns bekannten alten Kulturen. Sie haben mit noch weitaus mehr Geheimnissen aufzuwarten.

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