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Eins

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Stille... Hoch über allem, eingerahmt von dichten Wolken, stand majestätisch der Tempel der Erkenntnis. Seine, aus riesigen graugrünen Blöcken Ansatz frei gefügten Elemente, so glatt wie Glas, ragten steil, fast drohend in die Höhe. An den Blöcken zeichneten sich reliefartig geformte, geflügelte Schlangen, im Kampf gegen menschliche Wesen, die mit prächtigen Gewändern geschmückt waren ab. Als Kopfschmuck trugen sie eingefasste runde Kristallspiegel, welche Blitze in alle Richtungen schleuderten. Im Wechselspiel von Licht und Dunkelheit, schienen sich die Figuren zu lösen. Sie kämpften um den höchsten Punkt des Tempels, den eine gigantische Licht durchflutete Kristallkugel bildete. Sie wurde von zwei riesigen Gestalten aus einem reflektierenden Metall getragen. Im aufsteigenden Licht der Sonne, schien der Tempel zu pulsieren, zu atmen. Alles veränderte sich. Der Kristall absorbierte die Bewegung und wechselte ständig sein Licht. Es war so, als wollte der Kristall alle Farben und Formen seiner Umgebung aufsaugen und wieder abstoßen. Mit der langsam aufgehenden Sonne, wurde auch die Größe des Tempels sichtbar. Gigantisch war das Ausmaß und seine Form ähnelte dem einer Pyramide, welche in drei Segmente unterteilt war. Dabei berührte der riesige Tempelkomplex nicht den Boden. Wie von Geisterhand gehalten, schwebte er auf einer schimmernden Energiewolke, die in Abständen, blitzartig, hell wie die Sonne aufleuchtete und den Tempel Vorplatz in gleißendes Licht hüllte. Der kolossale Bau, überragte deutlich die Gebäude der Weißen Stadt. Er war geistiges und meditatives Zentrum. Allmählich, stieg die Sonne weiter und verwandelte die aufsteigenden Nebel in farbenprächtige, schimmernde Schwaben, welche die Blütenpracht der Pflanzenwelt in ihrer ganzen Schönheit erstrahlen ließ. Das Licht der Sonne glitt über die spiegelglatten Wände des Tempels und lenkte den Blick auf ein Portal, welches sich im oberen Bereich eines Plateaus befand. Geräuschlos, öffnete es sich und eine junge Frau ging langsam mit würdevollen Schritten über das Plateau. Plötzlich blieb sie stehen und hob den Kopf, als sich aus den Nebelschwaden in der Ferne ein farbenprächtiger Vogel mit langen Federn, welche in der Sonne zu funkeln begannen, krächzend erhob. Sie aber schien das alles nicht zu bemerken. Teilnahmslos, fast wie in Trance, wanderte ihr Blick in die Ferne. Ein leichter Windstoß, zerzauste das goldgelbe gelockte Haar, welches ihr bis zur Hüfte reichte. Sie hatte ein wunderschönes ebenmäßiges, aber blasse Gesicht mit großen sprechenden Augen, so klar wie Bergkristall. Das lange Weiße durchsichtige Gewand, nur gehalten von einer grün schimmernden Spange, offenbarte bei jeder Bewegung ihren wohlgeformten Körper. „O... Oxylon, zeig uns einen Weg...“ - Leise, fast flüsternd, waren ihre Worte, dabei streckte sie flehend ihre Hände zur Sonne, die in kurzer Zeit wieder gnadenlos brennen würde. „Tetelainna, du als unsere Wächterin des Lebens und der Liebe, bitte verzweifle nicht, denn das würde ich nicht überleben.“ Fast unmerklich, hatte sich ein hochgewachsener Mann hinzugesellt. Er trug ebenfalls ein langes, aber dunkles Gewand, auf dem die Umrisse des Planeten Oxylon zu sehen waren. Seinen Hals schmückte eine silberne Kette, auf dessen Medaillon man das Abbild des Lichtkristalls erkennen konnte. Langes Weißes Haar, verlieh ihm Würde. Seine besonnene Art, wie er sprach, strahlte Weisheit und Güte aus. Tetelainna sah zu ihm auf und ein gequältes Lächeln zauberte sich auf ihr Gesicht. - „Oryx, du als oberster Wächter und Richter unserer Weißen Stadt, beschreibe unser künftiges Schicksal!“ Ihre Stimme hatte dabei einen seltsam bedrückenden Klang, so, als fürchtete sie sich vor etwas nicht vorhersehbaren. Vergeblich, versuchte Tetelainna ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen, doch Oryx erkannte sofort ihre Ängste und Zweifel. Wie in einem Buch konnte er in ihren Augen lesen. Beruhigend, legte er seine Hände auf ihre Schultern und schaute dabei in die aufgehende Sonne. Wie gedankenverloren, wanderte sein Blick über die sich langsam lichtenden Nebelschwaden. - „Schau Tetelainna..., schau! Das Wunder vom Werden und Vergehen, wie sich alle Blüten zu ihrer wundervollen Farbenpracht im Licht entfalten und wieder verblühen. - Ist es das Ende?“ Fragend, sah er sie an. Doch in ihrem Inneren schien ein Kampf zu toben. Verräterisch zuckten ihre Augen Lider. Da ergriff Tetelainna zaghaft die Hände von Oryx und drückte sie sanft. Wenn es doch wahr sein könnte, schoss es ihr durch den Kopf, wie gerne, würde sie ihm glauben. Ein leichtes Lächeln, begleitet von einem Seufzer, huschte für einen Augenblick über ihr Gesicht. Immer und immer wieder, war da jedoch diese trügerische Stimme in ihr, die den Funken Hoffnung schürte. Die Wirklichkeit jedoch, zeichnete ein anderes Bild. „Oryx, flüsterte sie, wir können unserem Schicksal nicht entrinnen!“ Betreten, senkte sie ihren Kopf und zuckte resignierend die Schultern. Doch Oryx nickte verständnisvoll. „Sei nicht traurig“, versuchte er sie aufzurichten. „Schicksal ist Anfang, Schicksal ist Ende. Niemand, kann dem entrinnen. Auch unser Planet ist im ewigen Kreislauf vom Werden - und Vergehen gefangen. Aber wir werden einen Weg finden!“ Tetelainna sah Oryx mit großen Augen fragend an und Resignation hörte man aus ihren Worten. „Das Ende ist nah, wo ist der neue Anfang? Wo kann die Saat aufgehen?“ „Nein!“ erklärte sie und ihre Worte waren ohne Hoffnung. „Unsere Art geht den Weg in die Dunkelheit... ohne Rückkehr!“ Da ertönte aus dem Halbdunkel eine Stimme. - „Nein! Wir wählen den Anfang, nicht das Ende!“ - „Oxyla!“ rief Tetelainna freudig, sie war plötzlich wie umgewandelt. „Liebste Schwester, wie schön ist es, dich zu sehen!“ Oxyla strahlte. - „Wir haben es geschafft!“ sprudelte es aus ihr heraus, dabei vergaß sie sogar Oryx zu begrüßen. Überschwänglich, fasste sie Tetelainna bei den Schultern und wiederholte ihre Worte. „Wir haben es geschafft! Verstehst du meine Liebe?“ Oxyla, Wächterin des Wissens, machte mit ihren Armen eine kreisförmige Bewegung. „Wir können das Tor stabilisieren. Weißt du, was das bedeutet?“ Erwartungsvoll, schaute sie ihre Schwester an. Für einen Augenblick, huschte ein hoffnungsvolles Lächeln über Tetelainnas Gesicht, doch dann gefror ihr Lächeln plötzlich. Zweifel plagten sie und man konnte Verbitterung in ihren Worten spüren. - „Ein Anfang, was für ein Anfang?“ fragte sie mit vibrierender Stimme. Obwohl die Nachricht von Oxyla eine Last von ihrer Seele nehmen müsste, ging ihr Blick ins Leere. Weit weg, schien sie mit ihren Gedanken zu sein. „Was erwartet uns?“murmelte sie. - „Wo gehen wir hin? In ein unbekanntes Mysterium?“ Fragend, fast hilfesuchend, sah sie Oryx an. Nichts von ihrem fröhlichen Wesen war zu sehen. Zerbrechlich und müde wirkte sie. - „Alles was wir sind, unser Leben, unsere Freude, unser Tun, die Schönheit der Natur, alles verdanken wir unserem Planeten Oxylon. Er ist die Wiege unserer Existenz. Wird unser Volk in der Unendlichkeit des Alls eine neue Heimat finden, oder untergehen?“ Oryx, drückte Tetelainna liebevoll an sich. - „Alle Liebe und Schönheit, unsere Visionen, sind in uns“, erklärte er mit ruhiger Stimme und tiefe Überzeugung sprach aus ihr, - „denn du wachst über den Samen des Lebens und bist unsere Wächterin der Liebe. Neues Leben wird entstehen. Der Samen wird aufgehen!“ Dankbar, schaute sie ihn an und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. „Verzeih, ich habe gezweifelt!“ Tetelainna, machte einen Schritt nach vorn und ihr Blick wanderte an den glatten Wänden des Tempels entlang in die Tiefe. Schemenhaft schälten sich die Umrisse der Wohnkomplexe aus dem dichten Nebel und in der Ferne waren Bauten erkennbar, die sich kegelförmig in die Natur einfügten. Wie in einem Spinnennetz, gruppierten sie sich kreisförmig um ein Zentrum. Es waren Bauten der Druixener. Jener Menschenrasse, die seit undenkbarer Zeit eine andere Lebensweise hatten als die Bewohner der Weißen Stadt.- „Nur alle gemeinsam, murmelte Tetelainna, nur alle gemeinsam haben wir eine Chance zu überleben!“ Sie sah abwechselnd Oryx und dann Oxyla an.- „Alle Bewohner!“- Sie machte eine Bewegung in Richtung Druixener. - „Wir alle, bauen eine neue Welt und gehen zusammen durch das Tor!“ „ Aber“..., Oxyla schluckte. „ Druixener sind gefährlich, stammelte sie. Kein Mitleid kennt die Brut der Hexe Xüla und sie töten die Bewohner der Weißen Stadt wo sie können! Ihre Opferriten, sind abscheulich!“ Oxyla schüttelte sich und hielt die Hände vors Gesicht. „ Ihr oberster Priester Cat-Lipoca, hat gewaltige Macht und ist unerbittlich. Er wird uns alle vernichten! - Wir dürfen ihm keine Gelegenheit dazu geben.“ Ihre ganze Begeisterung, war mit einem mal verschwunden und Unruhe ergriff sie. „Was würde passieren, wenn diese braungebrannten Wilden in ihre Weiße Stadt kämen? Nicht auszudenken!“ Nervös, rieb sie sich die Schläfen. Die Vorstellung, mit den Druixenern gemeinsam... Oxyla seufzte und schüttelte den Kopf. Sie konnte sich das einfach nicht vorstellen. „Ich weiß, es wird nicht einfach werden und auch Opfer kosten, entgegnete Tetelainna. „Auch ihre Rasse ist bedroht. Sie sind zwar unberechenbar und grausam, aber nicht dumm.“ Sie wusste, dass sich die Weiße Stadt aufgrund der unterschiedlichen Lebensweisen und Gegensätze beider Rassen zu dem entwickelt hatte, was sie heute war: Eine gigantische Stadt mit ihren Straßenschluchten, Plätzen und dem unübersehbaren weißen Häusermeer in dem ihre Rasse geschützt durch einen riesigen Energieschirm in Eintracht lebte. „Wir haben keine Wahl, wir müssen zusammenfinden, um als ein Volk unseren künftigen Weg zu gehen.“ Entschlossenheit, war plötzlich in ihrer Stimme zu hören. Oxyla nickte. „Tetelainna sagt die Wahrheit, erklärte Oryx mit fester Stimme und berührte mit der Hand ein Glied seiner Halskette. Da erschien eine Schriftrolle als Hologramm. - Langsam, öffnete sie sich und geheimnisvolle Zeichen brannten sich als Lichtpunkte ein. „ Es ist beschlossen und Gesetz! Zwei Rassen, ein Volk!“ Alle drei, fassten sich an den Händen und bildeten einen Kreis um die Schriftrolle. Als sie sich lösten, verschwand diese wie von Geisterhand. Plötzlich, schwankte Tetelainna und ihr Gesichtsausdruck wurde starr. Angsterfüllt, schaute sie sich um. Ein dunkler Schatten hatte sich auf sie zubewegte, verschwand aber so schnell wieder, wie er gekommen war. - „Was ist dir?“ Oxyla, schaute Tetelainna besorgt an. „Hast du einen Geist gesehen?“- „So etwas ähnliches!“ erwiderte Tetelainna und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Seit einiger Zeit“, erklärte sie zaghaft, „erscheint mir oft eine Gestalt mit schwarzem Federumhang, dessen Gesicht von Dunkelheit umhüllt ist. - Nie, konnte ich es erkennen. Doch der durchdringende Blick macht mir Angst. Wie ein Geist Wesen, verschwindet dann die Gestalt wieder und löst sich als schwarzer Schatten spurlos auf.“ „ Cat-Lipoca …! Es ist Cat-Lipoca!“ Oxyla flüsterte ängstlich diesen Namen. „Nur er besitzt die Fähigkeit, die Energiebarriere zu überwinden. - Was können wir tun?“ Nervös, nestelte Oxyla an ihrem Kristall Armband, - dem Navi Scanner. All ihr Wissen, was nützte es, wenn sich die schwarzen Schatten in ihre Gedanken schlichen? „Der Tag der Entscheidung rückt näher“, murmelte Oryx. „Auch die Druixener sind betroffen. Es bleibt nur noch kurze Zeit um unsere beiden Geschlechter zu vereinen und die schwarzen Schatten für immer zu verbannen. - Alle müssen es erfahren! Bereiten wir uns vor und schicken eine Botschaft zu den Druixenern. - Cat-Lipoca wird sie erhalten - und kommen!“ „ Eine Nachricht vom Forschungszentrum!“ Geschockt, schaute Oxyla auf ihren Navi Scanner am Arm. - „Nun ist es Gewissheit, alle Vorzeichen deuten darauf hin, dass in absehbarer Zeit ein gewaltiger Sonnensturm ausbrechen - und alles Leben auf Oxylon vernichten wird!“ „ So schnell?!“ schoss es Tetelainna durch den Kopf, dabei suchte sie automatisch Halt bei Oryx, der mit ernstem Blick die plötzlich auftretenden Leuchterscheinungen am Himmel verfolgte. Keinen klaren Gedanken konnte sie mehr fassen und eine schrecklich ungewisse Leere bemächtigte sich Ihrer. „ Es sind Plasma Stürme der Sonne, - Vorboten!“ Das Gesicht von Oryx wurde bleich und seine hochgewachsene Statur schien in sich zusammenzufallen. Die ganze Last der Verantwortung für sein Volk, schien an seinen Kräften zu zehren. Intuitiv, ergriff Oxyla die Hand von Tetelainna. - „Da schon wieder eine Leuchterscheinung!“ rief sie und konnte dabei nicht verhindern, dass sie trotz der langsam aufsteigenden Hitze zu zittern begann. Die Sonne färbte den Morgenhimmel orangerot. Plötzlich, war in der Ferne eine Explosion zu hören und der Horizont verwandelte sich in ein glühendes Inferno. „Gehen wir zum Forschungszentrum“, sagte Oryx kurzentschlossen. - „Wir müssen den Weg bereiten!“ Dann warf er noch einen skeptischen Blick zur Sonne und wendete sich zum gehen. „Wird uns das Kraftfeld des Kristalls lange genug schützen können?“ Tetelainnas Augen, musterten skeptisch die Energiebarriere, welche im Licht der Leuchterscheinungen zu flimmern begann. Fragend sah sie Oxyla an und deutete in Richtung Druixener - „Was wird aus Ihnen? Sie sind nicht durch den Schild geschützt. Haben wir noch die Zeit, werden wirklich alle unseren Weg gehen können?“ Tetelainna, war bemüht Haltung zu bewahren und ihr Körper schien trotz der ansteigenden Hitze zu frösteln. - „Meine Liebe!“ Oxyla hob bestimmend ihre Hand und lächelte. - „Es ist Gesetz, wir sind dazu berufen oder verdammt, den Weg rechtzeitig und gemeinsam zu gehen.“ Oxyla hatte sich wieder etwas gefangen. „Oryx hat Recht, sprudelte es aus ihr heraus. Ohne sie, wird es auch für unser Volk der Weißen Stadt keine Weiterentwicklung und Zukunft geben.“- „So soll es sein!“- Tetelainna nickte, dann gingen Beide langsam durch das Portal, welches sich augenblicklich hinter ihnen schloss.

Zeitkristall

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