Читать книгу … wegen ein paar Steinen: Detektei Vokker: Ein Wien-Krimi - Roland Heller - Страница 5
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Sie erschien am Sonntagmorgen gegen zehn Uhr.
Ohne Ankündigung kam sie direkt in das Büro gestürmt, in dem ich und Florian Mittendorfer, mein Compagnon, die letzten Handgriffe für die offizielle Eröffnung am morgigen Montag tätigten. Es waren nur mehr ein paar Kleinigkeiten zu machen, hauptsächlich kosmetischer Art, also nichts mehr, das uns so richtig ins Schwitzen bringen konnte. Unser Büroschild hatten wir unten an der Hausfassade neben den anderen Geschäftstafeln heute erst angebracht. Viele Leute konnten von unserer Anwesenheit und unserem Geschäftszweig also noch nichts wissen. Auch dass wir noch nicht im Dienst waren, stand dort nicht drauf. Heute um acht Uhr am Morgen hatten wir die entsprechenden Löcher in die Wand gebohrt und unser Geschäftsschild professionell angebracht. Da heute Sonntag war, rechneten wir nicht mit Kundschaft.
So kann man sich täuschen.
‚Harald Vokker – Ermittlungen aller Art – Detektivbüro‘ stand auf dem Schild. Keine Öffnungszeiten, lediglich den Hinweis, dass wir im zweiten Stockwerk zu finden waren, gab es als Zusatzinformation. Dass wir sonntags geschlossen hatten, war nirgends vermerkt.
Aber wir war befanden uns ja im Büro. Uns beiden wäre es nie eingefallen, eine Klientin einfach fortzuschicken.
Als die Dame eintrat, zog ich schnell meine Füße vom Schreibtisch und rückte die Krawatte zurecht. Aber die Dame in Rot achtete gar nicht darauf. Sie war völlig durchgedreht, das sah ich sofort. Gekleidet war sie in einen roten Hosenanzug, der um die Hüfte eng saß und ihre Figur vorteilhaft betonte. Unter der Jacke, die bis knapp an die Taille reichte, trug sie eine weiße Bluse. Die beiden obersten Knöpfe waren offen. Der V-Ausschnitt von Jacke und Bluse lief parallel, bis man etwas von ihrer Brust ahnen konnte. Einsicht gewährte sie allerdings keine.
Ihre schlanken und gepflegten Hände fanden sich in unruhiger Bewegung. Sie starrte mich an, als wollte sie sich vergewissern, dass ich nicht gleich schießen würde. Manche Leute hatten von uns Privatdetektiven eine etwas abwegige Vorstellung. Vielleicht gehörte auch sie zu jenen Menschen, die sich zu viele Krimiserien in den verschiedensten Medien einverleibte und durch das Überangebot an Morden, Vergewaltigungen und Entführungen den Kontakt zu der Realität zu verlieren drohte, das heißt, sie glaubte vielleicht, wir schwebten ständig in Lebensgefahr, deshalb saßen unsere Waffen recht locker. Und das in Wien. Wien galt immerhin noch als eine der sichersten Hauptstädte.
Sie warf einen kurzen Blick auf das Namensschild am Schreibtisch, das ich bereits aufgestellt hatte. Florian besaß natürlich auch eines, Aber sein Schreibtisch präsentierte sich in dieser Hinsicht noch jungfräulich.
„Vokker?“, fragte sie und trat näher.
„Ja, Madam?“
Die graugrünen Augen fixierten mich prüfend. „Ich möchte einen Fund anzeigen“, sagte sie mit halblauter, whiskygestählter rauchiger Stimme.
„Tut mir leid“, sagte ich fast schon enttäuscht. „Mit der Suche nach den Besitzern von verlorenen Fundstücken geben wir uns nicht ab.“ Ich sagte ihr das auch. „Fundsachen sind nicht in unserem Bereich.“
Sie setzte sich trotzdem auf den freien Besucherstuhl, der bereits vor meinem Schreibtisch stand, ohne dazu aufgefordert worden zu sein. „Der Fund, von dem ich rede, wird Sie interessieren“, meinte sie und hob die Stimme um ein paar Nuancen. „Es handelt sich nämlich um eine Leiche.“