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„Zieh das Hemd aus, ich reibe dich mit Kräuterschmalz ein.“

Helena legt ihr Nähzeug ab, verteilt eine Handvoll auf den nun blitzartig bloßen Muskeln auf seinen verwachsenen Knochen. Je nachdem, wo ihre Hände ansetzen, hält Vedder vor unerträglichem Schmerz die Luft an. Nach einer Weile atmet er stoßweise, Helena rieseln Schauer hinab in ihre Knie. Sie fällt in eine Anziehung von magisch tiefer Zartheit.

Ihre kleinen, kräftigen Hände spürt Vedder am Wehen ziehen. Sein Herz hüpft und springt wild. Er lässt den Kopf vorfallen, empfindet in Kürze Helenas Atemhauch kühl seinen Hals streifen. Ihrer Hände Wärme weckt ihm in jeder Berührung die schüchterne Regung: Andachtsvoll salbt sie mich, ihre Zärtlichkeit dringt bis zu dem kalten Grabstein im Innersten.

Helena spürt ein Prickeln in ihren Fingern, dem Brand einer Nessel ähnelnd entlädt es die Schulter. Grob kneift sie hinein, bedeckt dann die Rötung mit dem Stoff vom Hemd. Sie küsst spontan das nahe Ohr, und will sich abwenden. Sie zerren Vedders eiserne Arme auf seinen Schoß. Er senkt den Kopf an ihr Kleid, er atmet den Duft ihrer Haut ein.

Sein aufsteigender Kräutergeruch kribbelt in Helenas Nase. Jäh niest sie. In ihr braust die Dreistigkeit. Sie schlägt seine Arme herab, springt mit einem winzigen Schritt zur Seite. In der Drehung von einer Sekunde saust ihre Linke vor und klatscht an dem aus erwachter Zuneigung geküssten Ohr schallend auf. Helena brennt die Hand mehr als das Prickeln zuvor.

„Wage es nicht! Das war ... du Flegel du ...! Oh, jetzt bin ich diejenige für Schnaps bei derlei Fällen!“

Sie hastet zur Vorratskammer. Die Flasche an sich gedrückt, kehrt sie zurück zum Tisch, vor dem Vedder sein Hemd zuknöpft, wie ein getretener Hund bald durch die Stubenkök hinkt.

Kurz danach fällt Schnee in das eisige Band um die Kate, doch nimmt zu Boden nichts des Frosts von Vedder und Helena. In der Küche sitzen sie in erregter Wallung, die ihnen Unfug anrichtet, sie kein bisschen abkühlt. Ebenfalls nicht Ansgars Ankunft, der den Schnee abtritt, und nach einem Vedder streifenden Blick Helena zuzwinkert. Im Ton wenig unterkühlt, verkündet er:

„Ich bringe deinen Herd und meinen Nachbarn, er schlägt der Wand das Rauchloch aus.“

Er legt seine Felljacke nicht ab, die er bei Nachtfahrten mit unabsehbarem Wetter trägt. Sein Helfer, ebenso gekleidet, fasst kräftig mit an, als Helena den Milchtisch beiseite räumt, damit der Herd dorthin gestellt wird.

Danach setzt Ansgar sich zu Vedder an den Tisch am Fenster, kippt ein Pinnchen Sanddornschnaps, unterhält sich mit ihm in entspanntem Gebaren. Er weiß den Nachbarn beschäftigt.

Der nimmt auf langen Beinen Maß für das Wandloch, bröselt Lehm ab, rückt das Rohr zurecht, stopft feuchte Brocken ringsum ein, dichtet den Spalt. Schließlich kippt er Kaminglut ins Fach der Ofentür, schiebt Anmachholz nach. Es knistert und flackert.

Der Mann lächelt Helena an, und mustert sie so gewissenhaft wie ihre Hände über der Kochfläche. Er macht es ihr nach.

„Ansgar baute unserer Kök auch einen. Du wirst sehen, wenig Holz reicht, sogar wenn der Riegel am Rauchabzug maximal offen ist.“ Dann raunt er dröge: „Ich helfe ihm, mein Sohn kuriert Blessuren, wurde maßlos verdroschen! Pass auf, damit dir nichts zustößt! Die Weisungen der Halunken befolge nun ich. Schurkerei ist denen auf den Leib geschrieben, mich erschüttert deren Wut! Karl sollte dem ein Ende setzen, denke ich für meine Kinder.“

Erschreckt legt Helena ihre Hände ans Gesicht, vor Augen den Strand, den abgeführten Bansiner Knirps. Und in alle diese Gemeinheiten hinein hört sie, schnodderig gesprochen, Vedder fordern: „Ich fahre mit, Ansgar!“ Das betäubt ihre Freude am neuen Herd. Sie wendet sich im Ruck vom Nachbarn ab, verbirgt die feuchten Augen, blinzelt zum Milchtisch, der wie sie keinen Platz zum Anlehnen hat.

Hinter den Dreien knallt die Haustür binnen kurzem laut und hölzern zu. Ihr Schlag wirft Helena in herbe Enttäuschung. Teils darüber, allein gelassen kann sie nichts über Anziehung herausfinden. Gibt es eine Anbindung ohne eine Bindung? Sie linst auf den Türriegel, hatte vorgehabt, einen Riegel vor Vedders Begehren zu legen. Er gebrauchte seinen nach ihrer Ohrfeige. Doch zuvor hatte sie von der Ablehnung durch die Fischerfrauen erzählt. Vedder vergaß sein Versprechen von Freundschaft, wie ein Knirps mit Schrammen. Also doch, knistert es leise zur Verstärkung im Herd. Helena ergreift einen Eisentopf, mustert den aus und schnauzt den an für Vedders Fehlen.

„Du Topf hast weder Löcher noch Sprünge, aber wackelst. Du Ungeschliffener passt nicht mehr auf meine neue Herdplatte!“

Vedder fährt mit am rumpelnden Pritschenwagen. Weiß bedeckt der Schnee alles, nur nicht die tags zuvor getroffene Abmachung, er luschere nicht mehr. Doch fehlen ihm in Helenas Nähe die Worte, verrinnen wie durch ein Loch, bevor sie die Zunge irgend ein Eingeständnis formulieren könnte.

Zum Schloonsee hetzt Ansgar den Kaltblüter schonungslos. In die Flocken dichten Treibens springt er ab und schüttelt seine Schultern frei, reibt heftig die Hände und ruft nach rückwärts:

„Näher fahre ich dich nicht, Vedder, steige ab hier am Abzweig!“

Vedder humpelt los, zielstrebig wie sein Gespür voraus fliegt gen Schafstall, und in eine Erklärung.

„Son Schietwetter!“, äußert Ansgar bald, Vedder am Weg ein Stück begleitend. Vor die steile Schneefläche am Dach der Kate angekommen, wischt er sich die Stirn ab.

„Rücke raus, mein Freund. Hat dich die Liebe erwischt?“

„Na ja, seit Herbst geistert die in mir. Wollte nur Helena nach dem Unglück meine Hilfe antragen.“

„Spät genug für Beides“, kommentiert Ansgar. „Helena sagt, wie sie es haben will. Du wirst staunen, wenn ich ihr die anderen Sachen bringe, denn dann kommst du mit. Rike scheucht mich, alles rasch zu erledigen. Tschüss.“

Es schneit in den folgenden Tagen ununterbrochen, deckt weiche Hauben über alles und dämpft jedes Geräusch, sogar das trockene Rascheln bei Helenas Heuausstopfen der Stricktiere. Die Stille schenkt Helena schöpferische Ideen. Die Herdwärme belebt wohltuend ihre mit Nadeln hantierenden Finger. Fast vergisst sie den Bruch von Vedders Versprechen. In ihrem Alleinsein beachtet sie mehr ihre zarten Züge, freundlich mit sich. Weil sie auch immerzu bedenkt, viele Lüüt draußen erstarren an harter Not. Sie selbst durchlebt, durchnäht ihre Nagelprobe mit den Fingern, würde weiterhin mit den Nägeln daran, und hervor aus ihrem Wesen, für sich ihre gefestigte Substanz ausbilden.

Ihre innere Einstellung erprobt Helena, als ein frostklarer Mittagshimmel sich über dem Land wölbt, und Ansgar und Vedder an der Kate vorfahren. Vedder nimmt eine Kiste vom Wagen, geht die Stufen aufwärts zu Helena.

„Ihr bringt mir die Geräte meiner Werkstube? Prächtig!“

Ansgar lacht laut über ihr Staunen, schubst Vedder an Helena vorbei. In der Kök zerrt Vedder seine Kappe vom Kopf, hält unschlüssig die Kiste. Helena winkt ihn zur Kammer, öffnet die Tür hinein.

„Auf den klotzigen Tisch am Fenster damit! Der stammt noch aus Joos’ Zeiten, hat durch mich einen neuen Zweck!“

Im Hineingehen zieht Ansgar seine Winterjacke aus, legt sie ab am Tisch, und kraust die Brauen. Ein Brummeln steigt aus seiner Kehle, die er räuspert und sich zu Vedder umwendet.

„Stell die Kiste endlich her, aber behutsam!“

Als Vedder es wie geheißen erledigt, entnimmt er ein Fass und ein eigenartiges Gerät, an dem er hantiert und Helena anspricht.

„Dir fabrizierte ich das, was mir lange im Kopf lag. Sieh, mit einer Kurbel bedienst du den Schleifer und zugleich den Bohrer. Je nachdem woran du arbeitest, drehst du am Hebel. Die Klemme der Zwinge hält Steine aller Größen fest.“

„Ach, ich verdanke dir viel! Du bist ein wahrer Freund!“

„Ja, dem Erfinden Spaß macht. Probiere das Polierfass aus, dann leuchten deine Augen noch mehr.“

„Strandsand habe ich keinen. Das funktioniert schon! Kommt jetzt beide auf einen Tee ins Warme, dann schnacken wir!“

Im Vorbeigehen schenkt sie Vedders scheuen Augen einen auffordernden Blick. Den erwartete er in der ganzen Zeit, in der sie nur das Werkzeug sah. Seine Kehle wird trocken und rau, reden würde so schwierig werden wie einem ihr Fremden, der solche Blicke nur aufsaugt. Also greift er drei Köppen vom Wandbord. Still steht er dann vor der mit wolligen Stofftieren übersäten Tischplatte.

„Siehst du!“, meint Helena, heiter im Ton, „gut ging es mir von der Hand. Warte einen Moment, ich räume es fort, setze den Wasserkessel nur eben auf den Herd. Neue Töpfe habe ich keine, die Alten wackeln eine Weile noch!“

Sie stellt den Kessel auf, zum Wärmen eine Kanne, misst Tee hinein, geht dann rasch zum Milchtisch, füllt ein Kännchen, rückt es neben den Wasserkessel. Helena räumt den Tisch frei, hält aber inne.

„Die Kök sollte stets gemütlich sein für lieben Besuch. In die Kammer setze ich mich zum Nähen und lasse die Tür offen zur Wärme. Mehr Holz müsste ich hereinholen.“

„Das erledige ich für dich, Helena!“

Aufatmend stellt Vedder die Becher an den Tischrand rundum, stapelt flink wie der Wind die Scheite aus der Nische in den Kamin, eilt danach zur Hintertür hinaus.

Der Klang der so hastig geworfenen Hölzer schwingt im Raum, sickert verheißungsvoll in Helenas Ohren. Sie lächelt dem nach, der da ist und wieder herein kommt. Das schlingernde Sinnliche könnte mit ihm eintreten ...

Zu Dritt sitzen sie um die dampfenden Teebecher, ihre Hände wärmend. In Erwartung, Vedder oft wiederzusehen, und um ihn in aller Bescheidenheit aufzufordern, meint Helena:

„Bestes Wetter für einen Brennholzschlitten, Vedder.“

„Mein Fuß heilte vollends. Bevor es dunkel wird, könnte ein wuchtiger Teil vom Windbruch aus dem Schnee geholt sein.“

Vedder schaut Ansgar an, nickt auffordernd.

„Du bist beschäftigt!“, tönt Ansgar, rau aus Gewohnheit, wo es nur gehe Arbeit anzuweisen. Ansgar sieht hinüber zu Helena, ihre Augen funkeln. Weniger rau, sogar besorgt und zärtlich spricht er.

„Im Wege steht deinem Probelauf nichts. Schleifen zeige ich dir noch, bevor wir zurückfahren.“

„Muss überlegen, an welchem Stück es schief gehen dürfte!“

Helena reibt ihre Wangen, bedenkt flüchtig die Schatulle am Speicher. Oben ist es viel zu kalt, um Brocken zu suchen, an denen es egal wäre, stelle sie sich ungeschickt an. Oh, die Fundstücke habe sie doch auch aufbewahrt und sogar in der Nähe!

Zur Truhe geht sie, kehrt zurück an den Tisch und kippt den Sammelbeutel aus, „in Gottes Namen“ murmelnd. Unerwartet tritt in der selben Sekunde in sie der Traum von den bernsteinhellen Augen im bezopften Kindergesicht. Magisch berührt davon zittern Helenas Finger, fühlen es ganz und gar. Rasch streift sie durch das Häuflein, zeigt dann an jenen handtellergroßen Brocken, den sie vor ihrer von Glück besonnten Hüpferei am Strand fand.

„Könnte ich einen Schmuckanhänger daraus machen, Ansgar?“

„Sehr groß ist er. Stört es dich nicht? Wäre schade, etwas so Kostbares kleiner als nötig zu machen.“

„Vedder? Sag du!“ Helena dreht den Stein des damals sie berauschenden Glücksmomentes im Licht.

„Der ist selten zu finden, kommt aus tiefer See. Mach, wie du denkst. Tee ist getrunken. Bis später.“

Seine Fellkappe aufs Haar drückend, schnellt Vedder zur Tür hinaus. Helena blickt ihm nach. Ansgar räkelt sich, winkt ihr.

„Da bist du platt, was? So kurzangebunden ist der Sturkopf, seit er weiß wir fahren zu dir. Lass dir davon nichts verderben! Komm, ich brenne darauf, zu sehen, wie du klarkommst.“

Helena seufzt leise, rückt dann ihren Schemel in der Kammer neben Ansgar vor das sonderbare Werkzeug. Schon erfasst sie des Steines fertige Form, fühlt auch die Euphorie darin, voll Begeisterung gehüpft zu sein. Ein Omen, all dem die Stirn zu bieten, das daherkomme, oder hinfort renne.

„Aha, simpel, damit beginne ich“, murmelnd, legt Helena den Hebel um, führt ihre Hand zur Kurbel.

Staubigen Puder scheuert das Schleifband vom Rand. Kanten entstehen, nach und nach ein mäßiges Oval, während Helena ihre anfängliche Scheu vor dem Gerät verliert.

Ansgar betrachtet die regen Finger, hört ihr Stoßatmen über ihrem konzentriert eingezogenen Mund. Dahinter spielt die Zunge an der Haut zum Kinn. Sähe er bald die rosige Spitze die Lippen lecken? Ansgar greift sich an den Nacken, nimmt dann das Oval, reibt mit dem Daumen an den Schleifstellen.

„Feile die Unterseite etwas großflächiger. Danach wirkt die Vorderseite mehr, als wölbe sie sich.“

Helena schafft es leidlich, und steht in Kürze abrupt auf.

„Das war die erste der langen Reihe von Stunden. Es macht Spaß, aber die Anspannung verkrampft!“

„Lohnt allemal. Du bist handwerklich begabt. Doch fehlt noch das Bohrloch, lege den Hebel um, die Schraubzwinge an.“ Helena arbeitet behutsam weiter, bis er zufrieden brummt: „Nach dem Schleifen machen Wachs oder Fett unebene Spuren unsichtbar. Und reibst du den Schmuckstein auf dem Leder deiner Fellweste, entsteht eine hohe Temperatur, davon glänzt er.“

Mit dem Ergebnis zufrieden und sogar freudig erregt von den künftig sich ergebenden Möglichkeiten, nimmt Helena aus ihren Utensilien am Spiegel der Schlafkammer ein Samtband. Sie fädelt eine Schlaufe durch den Anhänger, bindet die Enden hinter ihrem Hals zusammen. Der kostbare Schmuck wirkt vor Joos’ altem Arbeitshemd wie ein verirrtes Kleinod. Helena lacht schallend, gurrt ein wenig, ruft dann durch die offen stehende Tür:

„Ich brauche passendes Darunter, wäre sonst für die Katz!“

Sie geht grinsend zu Ansgar hinaus, der am Küchenfenster nach Vedder ausschaut. Er dreht sich zu ihr, kichert wie sie.

„Warte, was erst Vedder sagt. Bist sowieso bedeutend für ihn. Trägst du ein feines Kleid, ergreift er die Flucht!“

„Darin täuschst du dich!“, tönt es an der Hintertür.

Vedders Augenhelles glüht, während er seine frostigen Hände reibt. Er rückt die Fellkappe aus der Stirn, schaut von unten hoch über Ansgar, dem er das selbstgefällig gereckte Kinn mit einem Haken polieren mag. Dies zutiefst zu tun, stellt er sich vor. Er unterlässt es, spürt sein Vertrauen im Argen, und, ihm schmecke vor lauter Unvermögen sowieso sein Mund sauer. Schwer zu ertragen, würden hernach alle seine Felle davonschwimmen, er wohlmöglich Helena an Ansgar verliere.

„Wärme dich am Kamin, Vedder.“

Ansgar drängt mit einer Hand und grinsend, Vedder hinüber. Im selben Dreh schlägt dessen Arm an gegen seine Direktive, mit in etwa einem Fünftel der zornigen Hilflosigkeit.

„Kaminfeuer kühlt dich wohl nicht“, erfasst Ansgar, und was aus Vedders Augen fliegt. Zu ihm kehrt der vorherige mentale Schlag um, sein Vedder alleine hinaus in den Wald schicken. „Mach halblang, Freund. Du führst dich auf, als müsstest du durch eine Wand, wo gar keine ist!“, knurrt er, ohne an irgend ein helfendes Wort zu denken.

Gegenüber stehen sie sich, stumm ihre Zwietracht billigend. Vermeintlich verteidigt der Eine, indes der andere abwehrt, was augenscheinlich über bordet. Vedders Blick ähnelt Ansgars, allerdings fühlt er bei sich mehr Brodeln zu Kopfe steigen.

„Nun sage ich, was wir machen! Dreh bei, Ansgar! Ausbooten lasse ich mich von dir nicht!“

„Ich jage sie dir nicht ab! Freundlichkeit verbindet uns. Schon mal gehört? Auf Freundschaft jage zu, um deinetwillen.“

„Reicht erstmal!“, knurrt Vedder. „Zwei Fuhren an Brennholz brachte ich. Passt das Wetter, hole ich mehr.“ Helena sieht er nicken und zustimmen. Er weist zur Tür. „Dem Gaul erfrieren die Hufe, ich will vorm Dustern heim!“

Ansgar holt Kiste und Jacke aus der Werkstatt, und flüstert im Hinausgehen Helena wehmütig zu: „Kein Übermut vorhanden.“

Er kraust die Brauen, zuckt mit seinen Schultern. Helena ahnt, er wird Vedder Kontra geben. Daran wäre freundlich, es nicht ihre Ohren hören zu lassen, hätte er es sofort in klaren Worten getan. Innerlich schlägt sie drei Kreuze vor Vedders Schweigemauer, und seufzt über sich:

„Er übersah meine schmucke Brust und fand kein lobend Wort! Rike, du gute Freundin, du spurtest nur Ansgar in Takt hinein.“

Im Wintermantel geht Helena kurz noch über den von vielen Schlittenspuren durchkreuzten Hof auf den Asthaufen neben der Scheune zu, und bricht in Freudenjauchzer aus. Einen knorrigen Ast hebt sie an und merkt unmittelbar, mit welch großer Hingabe Vedder den Vorrat herschaffte, und seine Zuneigung versteckte. Für einen Moment spürt sie eine zerknirschte Anwandlung, und legt den Ast zurück. Im Aufrichten schweift ihr Blick auf den Horizont über der Ostsee.

Doch, ja. Der Gedanke an versteckte Zuneigung bewirkt auch ein Bejahen von mehr Begegnungen. Neben Vedders zu erwartenden Neuantritt, endet ihre Abkehr von anderen. Wie gewaschen sieht Helena ihren Willen für etwas Gutes aus den Fluten steigen und als Wetterpfeil voraus deuten an den Sonntag. Sie kehrt in erneuerter und schon heiterer Voraussicht um. In der Küche hängt sie den Mantel an den Haken hinter der Tür, und schnellt zur Kleidertruhe in der Schlafkammer, wühlt darin nach etwas Passendem zu ihrem neuen ovalen Schmuck.


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