Читать книгу Hitlers Vater - Roman Sandgruber - Страница 12

Das Dasein, als Zöllner zu leben

Оглавление

Für Ziehkinder gab es selten einen dauerhaften Platz im Haus der Zieheltern. Für Alois blieb nach dem Ende der Schulpflicht daher nur die Wahl, zu anderen Bauern in Dienst zu gehen oder sich eine Existenz außerhalb der Landwirtschaft zu suchen: im Handwerk, als Taglöhner, Fabrikarbeiter, Soldat oder Auswanderer. Mit dreizehn Jahren, im Jahr 1850, begann er daher bei dem Spitaler Schuhmachermeister Anton Ledermüller aus der Weitraer Schusterzunft eine Lehre. Eine wirklich qualifizierte Ausbildung war das wahrscheinlich nicht. Sie war ja mit zwei Jahren auch nur sehr kurz. Sehr anspruchsvoll waren weder das Schuhwerk, das damals im Waldviertel getragen wurde, noch die Ausbildung, die für seine Erzeugung erforderlich war: Holzschuhe, Holzbundschuhe und die üblichen Ausbesserungsarbeiten – eine Flickschusterei eben. Nach einem Probejahr erfolgte am 19. März 1851 die Aufdingung, also die fixe Aufnahme als Lehrling. Der entsprechende Eintrag im Zunftbuch lautet: »Lässt Anton Ledermüller von Spital den Alois Schicklgruber von Döllersheim aufdingen und zahlt 1 fl 20 kr. nach 1 Probejahr.« Am 28. März 1852 war bereits die Freisprechung zum Gesellen erreicht: »Lässt Anton Ledermüller von Spital seinen Lehrjungen Alois Schicklgruber von Döllersheim freisprechen und zahlt 1 fl 30 kr.«57

Als Geselle ging man auf Wanderschaft. Am besten nach Wien. »Als Dreizehnjähriger schnürte der damalige kleine Junge sein Ränzlein und lief aus der Heimat, dem Waldviertel, fort«, schrieb Adolf Hitler in Mein Kampf: Das ist nicht ganz richtig. Richtig ist, dass Alois als Dreizehnjähriger eine Lehre in Spital begann und als Fünfzehnjähriger nach Wien wegzog. Nach Adolf Hitlers Darstellung sei es »ein bitterer Entschluss« gewesen, »sich mit drei Gulden Wegzehrung so auf die Straße zu machen, ins Ungewisse hinein«. Man kann aber davon ausgehen, dass sich Alois auf vorhandene Netzwerke stützen konnte. Man könnte an Johann Prinz denken, einen sechs Jahre älteren Verwandten, den er von Spital her kannte und der ebenfalls nach Wien gegangen war, dort später als Badewärter im Dianabad arbeitete und Jahrzehnte später zum Taufpaten für seine Kinder und auch für Adolf Hitler wurde.58

Als Schuster, wenn auch mit sehr kurzer Lehrzeit, fand Alois in Wien zwar sicherlich Arbeit, ob in der Kundenschuhmacherei, als Sitzgeselle oder in der Verlags- und Marktschusterei. Dass er tatsächlich in Wien noch einmal eine Lehrzeit anhängte und erst mit siebzehn Jahren, wie in Mein Kampf behauptet, die Gesellenprüfung ablegte, ist angesichts der Weitraer Zeugnisse unsinnig. Aber ein Schusterleben war auch als ausgelernter Geselle in der Stadt kein Honiglecken. Den meisten Schustern ging es schlecht. Das mag bei Alois zu dem Entschluss geführt haben, 1855 statt in den Militärdienst, der in den unruhigen 1850er Jahren vielleicht in den blutigen Schlachten in Oberitalien geendet hätte, in die k.k. Finanzwache einzutreten, wo er fürs Erste im Zollgrenzbezirk Saalfelden, Land Salzburg, zur Dienstleistung eingeteilt wurde.

Hitlers Vater

Подняться наверх