Читать книгу Nur eine Affäre... - Ron Wall - Страница 4
Liebesnacht im Mondschein
ОглавлениеSilke genoss die Fahrt entlang der Küste. Die warme Luft aus der Heizung und die Decke wärmten angenehm, während der laue Fahrtwind ihr Gesicht umspielte. Marc hatte seine Hand unter die Decke zwischen ihre Beine geschoben und der leichte Druck auf die Innenseite der Oberschenkel und den Intimbereich versetzte ihren Körper in eine angenehme Erregung.
Nach vierzig Minuten wurde verlangsamt und kurz darauf in einen ungeteerten Feldweg abgebogen. Dann hielt der Wagen vor einem kleinen, aber gepflegten Cottage.
Beim Aussteigen ließ sie diese romantisch und friedlich anmutende Postkartenidylle auf sich wirken. Es war viertel nach drei, knappe vier Stunden, um mich ihm hinzugeben. Wunderbar, genug Zeit, um mich richtig verführen zu lassen – bis man im Hotel zurück sein musste. Marc griff wortlos nach ihrer Hand und führte sie zur Veranda vor dem kleinen Strohdachhaus. Eine zärtliche Umarmung und seine fordernden Lippen auf den ihren. Mehr, viel mehr ..., durchfuhr es ihre Gedanken. Wie ein Wein-Genießer, der sich an einem der kostbarsten Edlen Bordeaux von Rothschild oder einem Petrus labte, genoss die zu allem bereite Fremdgängerin seine süßen Küsse, die gerade jegliche letzten Vorbehalte ausradierten.
»Ich hole etwas Wein und eine Kerze aus dem Cottage«, und der Gastgeber verschwand im Haus.
Voller Vorfreude und in Erwartung, was gleich geschehen würde, genoss Silke die ganze Szenerie. Das weißgestrichene kleine Natursteinhaus war ein Einzelgebäude ohne angrenzende Nachbarhäuser und lag hinter einer Wiese, die über einem dieser berühmten weißen Kalksteinfelsen lag, die direkt in den Ärmelkanal mündeten. Eine Herde von Schafen graste friedlich auf dem Feld. Der Ärmelkanal, vom wolkenlosen Sternenhimmel und dem Vollmond angestrahlt, funkelte in einem silbernen Glanz. Es wirkte wie in einem Märchenfilm, alles schien so friedlich und perfekt, der pure Kitsch, aber wunderschön.
Marc kam mit einer Flasche Wein, zwei Gläsern und einer kleinen Laterne, in der eine Kerze brannte, zurück. Nach dem Genuss eines Glases von dem herrlich fruchtigen Wein zog der Hausherr die Decke von ihrer Schulter und legte sie auf den Boden der Holzveranda – als hätte er geahnt, dass sie in dieser wolkenlosen und warmen Nacht lieber draußen bleiben wollte, als ins Haus zu gehen. Sex im Bett, das kannte Silke zur Genüge, aber unter freiem Himmel … das war neu und erregend.
Endlich lag sie in seinen Armen. Durch das sanfte Streicheln während der Fahrt war ihre Erregung bereits entfacht und jede Faser in ihrem Körper verlangte nach ihm, nach seiner Männlichkeit. Zuerst noch zögerlich, dann aber immer offener fordernd wurden ihre Umarmungen, Streicheleinheiten und Küsse. Aus den anfänglich zärtlichen Liebkosungen wurde ein Drang nach körperlicher Vereinigung. Der Verführer zog ihr das Kleid aus.
Ein kurzes Zucken durchfuhr ihren Körper, verunsichert, als er Anstalten machte, ihr den BH und das Höschen auszuziehen. Jetzt würde ihr jugendlicher Liebhaber gleich die ganze Wahrheit sehen. Ohne die Wattierung und die Stütze im Körbchen würden ihm gleich zwei kleine hängende Brüste entgegenfallen. Hier im Mondschein und dem Kerzenlicht der Tischlampe war alles gut erkennbar. Ohne eine schutzgebende Decke, die ihre erbärmlichsten Stellen kaschierte, ihre zu üppigen Hüften, alles seinen Blicken schutzlos ausgesetzt, da würde gleich ihre ganze Misere von Körper zu sehen sein. Mangels Alternativen entspannte sich Silke wieder, entweder akzeptierte er ihre Erscheinung in all ihren Facetten oder eben nicht.
Marc stützte sich auf einen Arm und begann, ihren entblößten und nackten Körper ausgiebig zu betrachten. Seine Erregung war nicht zu übersehen. Ihm schien zu gefallen, was es zu sehen gab. Es machte sie scharf, wie er ihren Körper interessiert und lüstern betrachtete. Seine Hände begannen äußerst feinfühlig über ihre Haut zu streichen. Die Rundungen erregten ihn und ihr Körper wollte sich ihm endlich hingeben. Sie spreizte die Beine in der Erwartung, dass er seine Hose ausziehen und sich zwischen ihre Schenkel legen würde. Aber Marc blieb angezogen. Trotz ihrer eindeutigen Signale machte ihr Verführer keine Anstalten, sich auszuziehen. Im Gegenteil, er ließ seine Hose zu. Silke hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, seine Hände, sein Mund, seine Zunge verwöhnten ihren nach sexueller Zuneigung lechzenden Trieb derart, dass ihre Anspannung zu groß wurde, um Fragen nach dem Wieso oder Warum zu stellen. Ihr Liebhaber streichelte ihren Körper an den genau richtigen Stellen, danach begannen seine Hände ihre Brustwarzen zu massieren, gefolgt von seinen Lippen. Sie war nicht mehr nur erregt oder scharf, eine bisher nicht gekannte Woge der Wollust bemächtigte sich ihres ganzen Ichs. Die Schranken des anerzogenen Anstands, die Scham, die reservierte Zurückhaltung waren überwunden. Das Liebespaar befand sich inmitten des Schlachtfeldes der sexuellen Lust. Keine Gefangenen, keine Tabus mehr, jetzt war alles möglich. Die brachiale Gewalt des Sexualtriebes, die Naturgewalt, die in jedem Säugetier in Jahrtausenden der Fortpflanzung genetisch weitergegeben wurde, bemächtigte sich ihrer Handlungen.
»Sieh mich an! Besorg es mir!«, befahl sie ihm.
»Ja, ich betrachte dich, während ich dich befriedige.«
Das waren genau die Worte, die sie hören wollte. Aufgeheizt zuckte ihr Körper unter der Spannung, verursacht von seinen Händen und den lüsternen Blicken, mit denen diese wunderbaren, tiefgründigen, blauen Augen ihren Körper vernaschten.
»Besorg es mir, jetzt!«, verzweifelte Schreie der Wollust und der Gier nach dem befreienden Höhepunkt lechzend, kamen aus ihrem Mund. Die Körperspannung war mittlerweile so stark, dass ihr die Energie fehlte, um sich über seine Verweigerung, mit ihr schlafen zu wollen, Gedanken machen zu können, oder geschweige noch die Kraft vorhanden war, um ihn auszuziehen, Silke war kurz davor. Sein Ständer, wenn ich den sehe oder berühre, dann kommt es mir, durchfuhr es sie. Ein Griff in seine Hose. Die große erigierte Männlichkeit, die ihre Hand erfühlte, verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht. Langsam begann ihre Hand sein Glied zu reiben. Sein immer lauter werdendes Stöhnen erhöhte ihre Erregung. Er bemerkte ihren sich anbahnenden Höhepunkt und begann damit, nur noch ihre Scham in gleichmäßig kreisenden Bewegungen zu streicheln. Aus ihrem Stöhnen wurde lautes Schreien, als die Befriedigung einsetzte. Das Mondlicht und der Kerzenschein der Laterne verströmten gerade genug Licht, dass sich das Liebespaar mit Blickkontakt beim Höhepunkt gegenseitig genießen konnte. Sein begehrender Blick, während sie sich schamlos und lauthals ihre Befriedigung aus vollem Halse aus dem Leib schrie, das versetzte ihr ein wohliges Gefühl von Verbundenheit und Zuneigung zu Marc. Nicht einmal ihrem Mann hätte sie sich so offen, hemmungslos und verwundbar hingegeben. Hier draußen hörte niemand ihre vollkommene Auslieferung an diesen jungen Liebhaber und zum ersten Mal in ihrem Leben konnte Silke ihre eigene intime und bisher verborgene Sexualität ausleben. Ihr Körper trieb in einer Welle der befreienden Entspannung, während sich langsam eine wohlige Wärme in ihm ausbreitete. Ein paar Minuten einfach nur so daliegen und genießen.
Eine Zeitlang ruhte Silke wortlos in seinen starken Armen. Bis seine Hände wieder begannen, ihren Schambereich erneut ganz zart und gefühlvoll zu streicheln. Zu ihrem eigenen Erstaunen reagierte ihr Körper sofort, begehrend nach mehr, auf seine Avancen. Ein Mehrfach-Orgasmus bei Frauen, das war ihr vom Hörensagen her bekannt, aber ob sie dazu in der Lage war? Mit ihrem Mann zusammen einen Orgasmus erlebt zu haben, Fehlanzeige. 26 Jahre Ehe, ohne je einen Höhepunkt erlebt zu haben. Bei Johannes war sie bisher noch nie gekommen, die ehelichen Befriedigungen waren allesamt vorgespielt, damit ihr Gatte sich besser und männlicher fühlte, aber hier … Das war neben dem Quickie vorhin in der Hotelhalle, vor einer Stunde, erst ihr zweiter von einem Mann herbeigeführter Orgasmus gewesen, und ja, es machte Lust auf mehr. Am süßlichen Honig der Wollust war genascht und die Gier nach mehr, viel mehr war geweckt. Silke konnte nicht weiterdenken, das erneute Streicheln ihres Intimbereiches verfehlte die beabsichtigte Wirkung nicht und die erneute Erregung wallte in angenehmen Schüben durch ihre erogenen Zonen. »Mein Gott, was machst du mit mir!«
»Soll ich aufhören?«
»Nein, nein, auf keinen Fall! Mach weiter! Ich brauche es, mach weiter, sofort!«, entfuhr es ihr gebieterisch und flehend zugleich. Marc kam ihrem Wunsch nach und begann erneut, seine kleine Gespielin einem weiteren Höhepunkt entgegenzuverwöhnen. Erst jetzt bemerkte Silke, dass ihre Hand noch immer in seiner Hose steckte und sein Glied festhielt. Diesmal sollte auch er befriedigt werden, auch wenn er nicht mit ihr schlafen wollte. Der Gedanke an einen gemeinsamen Höhepunkt ließ ihre Erregung ansteigen. Sanft begann ihre Hand seine Errektion zu reiben. Seinem Gesichtsausdruck war die gleichzeitige Lust, sich ihr hinzugeben, und andererseits sein innerer Kampf, sich ihr zu verweigern, anzusehen. Irene hatte ihr erzählt, wie toll es war, von ihm gebumst zu werden. Wieso schlief dieser Traummann mit anderen Frauen, weigerte sich aber, es mit ihr zu tun? Wieso widerstand Marc ihren Bemühungen, ihn ebenfalls zu verwöhnen, während er ihr die schönsten Stunden ihres Lebens schenkte? Fragen über Fragen, die jetzt im Moment ihrer eigenen Geilheit, der höchsten Erregung nicht überdacht werden konnten.
»Mehr, mehr, schneller, ja, genau so, mach weiter, besorg’s mir!«, entfuhr es ihr, während seine Hände zärtlich und zugleich fordernd über ihre Scham streichelten. Eine Hand glitt unter ihren Hintern, den er kurz und gefühlvoll knetete, um die Hand kurz darauf wieder über die gespreizten Oberschenkel zurück auf ihren Intimbereich zu bewegen. Jetzt führte er zwei Finger in ihren feuchten Unterleib ein und rieb sie gleichzeitig von innen und außen mit beiden Händen bis zur Ekstase. Als sich der dritte Orgasmus ankündigte, spritzte er in seiner Hose in ihrer Hand ab. Sie zuckte kurz und heftig zusammen, dann entlud sich ihre Anspannung mit einer unerwarteten Heftigkeit, die sie kurz die Besinnung verlieren ließ.
Silke wusste nicht, wie lange sie dagelegen hatte, bevor ihre Sinne wieder richtig funktionierten und ihr Gehirn erneut klare Gedanken fassen konnte. Marc lag wortlos, ruhig atmend neben ihr. Erschöpft, aber tief befriedigt wollte sie sich ihm zuwenden, dafür musste ihre Hand aus seinem Hosenbund. Er war tatsächlich auch zum Höhepunkt gekommen, ihre Hand war voll von männlichem Liebessaft.
Silke fröstelte jetzt und schmiegte sich an ihn. Was für ein schöner Mann und wunderbarer, zärtlicher Liebhaber. Trotz des Mondlichts, denn die Kerze in der Laterne war ausgegangen, war zu erkennen, dass Tränen über sein Gesicht liefen und eine melancholische Stimmung sich seiner bemächtigt hatte, die ihn fast teilnahmslos in den Sternenhimmel blicken ließ. Es schien ihr nicht der richtige Zeitpunkt zu sein, um ihn darauf anzusprechen. Etwas über zehn Stunden lag ihr erstes Aufeinandertreffen zurück. Merkwürdig hatte Marc sich beim ersten Händeschütteln ihr gegenüber verhalten. Als wäre er verlegen oder sogar erschrocken. Beim Essen, während sich ihre Partner gegenseitig abfüllten, hatte dieser wunderbare Jüngling bereits begonnen, ihr, zwar sehr geschickt und charmant, gezielt Fragen zu stellen, die darauf hinwiesen, dass er nach Antworten suchte, aber wonach genau das entzog sich ihrem Wissen. Was Silke anfänglich als Small Talk angesehen hatte, schien für ihn weitaus mehr Bedeutung gehabt zu haben. Dass Marc mit ihr zusammen sein wollte, ohne eine gewisse Grenze zu überschreiten, bekam nun ebenfalls eine tiefere Bedeutung. Mittlerweile war sich Silke sicher, dass sie für ihn keine Trophäe war. Wäre es ihm nur um eine weitere Kerbe in seinem ’Band der Eroberungen’ gegangen, dann hätte eine kurze Nummer unterwegs im Auto dafür völlig ausgereicht. Eine schnelle Befriedigung, ohne auf ihre Bedürfnisse einzugehen, um sich gleich danach der nächsten Anwärterin zuzuwenden. Aber etwas beschäftigte diesen Traummann dermaßen, dass er mit Tränen in den Augen neben ihr lag und offensichtlich selber verwirrt schien. Dieser Mann war voller Geheimnisse …
»Ach, mein Schatz, du zitterst am ganzen Körper«, bemerkte er fürsorglich.
Marc legte seinen Arm um Silke, zog sie an sich und deckte ihren fröstelnden Körper mit der Decke zu. Wie schön es sich anfühlte, in diesen Armen zu liegen und einfach die Zeit an sich vorbeiziehen zu lassen. Wortlos lagen beide engumschlungen da, bis die Müdigkeit ihren Tribut forderte und das Paar eindöste.
Die ersten Sonnenstrahlen holten das Liebespaar sanft aus seinen Träumen. Es war erst halb sechs Uhr. Es blieb genug Zeit, um rechtzeitig im Hotel zurück zu sein, damit ihr Schäferstündchen nicht aufflog. Marc drehte sich zu Silke und streichelte ihr zärtlich übers Gesicht, gefolgt von einem sanften Kuss auf den Mund. Silke genoss diese ungewohnte Zuwendung.
Beide erhoben sich und liefen ins Haus. Gemeinsam unter der warmen Dusche stehend drehten seine starken Arme ihren Körper Richtung Fliesen. Beide Arme gegen die Wand gestemmt, während von oben über den großen Duschstrahler das angenehm warme Wasser über ihre Körper rieselte. Seine erigierte Männlichkeit berührte sanft ihren Po, ohne Anzeichen, in sie eindringen zu wollen. Die Regeln waren letzte Nacht gesetzt worden und mittlerweile bekannt. Ihn nicht berühren, kein Schritt nach hinten, um ihn eindringen zu lassen. Nur die Beine spreizen und genießen. Ihr kleiner molliger Körper erregte ihn, aber sollte nicht zu seiner eigenen Triebbefriedigung dienen. Seine Hand zwischen ihren Schenkeln hindurchgeführt, streichelte den Bauch, während ihr die andere Hand über den Rücken fuhr und sich langsam nach unten über den Hintern bis zwischen ihre Oberschenkel tastete. Beide Hände zwischen den Oberschenkeln erhöhten ihre Lust und das Begehren zu kommen bemächtigte sich unerbittlich ihres Körpers. Der ganze Unterleib begann erregt zu krampfen und zucken: »Besorg es mir, bitte, ich flehe dich an!«, die Beine mehr spreizend und ein hohles Kreuz machend, dies war ihr eindeutiges Signal, die Aufforderung an seine Männlichkeit, endlich der Natur ihren Lauf zu lassen und ihren Körper zu besteigen. Dann beide Hände zärtlich in leichten wellenden Streicheleinheiten auf ihrer Scham und ... und, ja. Ein kurzer Augenblick der totalen Anspannung, dann entglitt ihr die Körperbeherrschung und der Trieb bemächtigte sich ihrer. Eine Woge der höchsten Erregung, Wonne und Wollust durchfuhr jede Faser und entlud sich in einem Feuerwerk einer berauschenden Erlösung. Sich in seine starken Arme fallen lassen.
»Mein Gott, was tust du mit mir? Ich habe in meinem ganzen Leben noch nie etwas derart Berauschendes erlebt. In deinen Händen werde ich zu einer willenlosen Puppe. Es macht mir Sorgen und dennoch genieße ich diesen für eine brave Ehefrau unziemlichen Moment gerade unbeschreiblich.« Keine Antwort, nur ein zärtlicher Kuss. Seine Hände begannen erneut sich langsam und äußerst gefühlvoll an ihren Intimbereich heranzutasten und zu streicheln. Kein Auflehnen, kein Hinterfragen, nicht einmal ein Anflug des Zweifels. Die Beine erneut gespreizt, um die fordernden starken Hände und zugleich unglaublich zarten liebevollen Streicheleinheiten zuzulassen. Kurz darauf ein erneuter Schub der Erlösung, die Beine gaben nach, die Knie konnten den in Wollust und von befriedigender Erleichterung getragenen Körper nicht mehr halten. In seinen Armen liegend, die ihren dahintreibenden Körper auffingen, zusammen auf den Boden der Duschwanne sinkend, sich in diesem Kokon, in dem es nur sie und ihn gab, weg von Zeit, Alltag, Pflichten, sich nur von zärtlicher Zweisamkeit dahintreiben lassen. Diese bisher unbekannte neue Welt der völligen Hingabe, tabulos, ohne hindernde Reserven der Selbstkontolle, schamlos den Egoismus auskosten, wirkte berauschend wie eine Droge. Ein Blick in seine stahlblauen Augen, die wie zwei unergründliche Bergseen direkt in ihre Seele blickten, sein kantiges Wikingergesicht lösten ein Gefühlschaos in ihr aus. Eine Nacht hatte ausgereicht, um diese leuchtende und wärmende Fackel der Verliebtheit in ihr zu entfachen. Jahrelang durch den eintönigen Pfad des Alltags als Ehefrau, Mutter und brav funktionierendes Mitglied der Gesellschaft, gut angepasst, alles als selbstverständlich hingenommen, durchlaufen. Vom großen Abenteuer, vom Traumprinzen, der sie auf seinem weißen Schimmel in das Land des nie endendens Glücks entführte, bisher nur davon geträumt. Jetzt war dieser Traum Wirklichkeit geworden und überstrahlte jede bisherige Fantasie. Aber Silke war klar, dass diese aufkeimende Verliebtheit keine Zukunft hatte und diese verführerische Fackel so schnell wie möglich wieder gelöscht werden musste, bevor sie in ihrem wohlgeordneten Leben einen zerstörerischen Flächenbrand entfachte. Aber noch ein paar Minuten in diesen wunderbaren Armen liegend das weiterhin herunterrieselnde warme Wasser genießen, dieser Moment durfte noch genüsslich ausgekostet werden, bevor diese wild flackernde Fackel wieder unter dem Deckel des Alltages erstickt wurde.
Etwas später duschten beide in zärtlicher Umarmung und Verliebtheit zusammen, danach gab Marc ihr einen seiner Trainingsanzüge, der viel zu groß, aber bequem war.
»Lass uns kurz einen Kaffe trinken, bevor ich dich zurückbringe.«
Während er Kaffee kochte und eine Dose mit Knäckebrot öffnete, sah sie sich im Landhaus um. Es war renoviert, modern und geschmackvoll eingerichtet. Nur etwas Persönliches fehlte. Es gab keine privaten Fotos, aus denen etwas zu seiner Familiengeschichte hätte hergeleitet werden können. Seltsam, wirklich seltsam … Je mehr sich ihr sein privates Leben offenbarte, desto mysteriöser wurde dieser Mann. Selbst Irene hatte es in den drei Wochen, seit Beginn ihrer Beziehung mit ihm, nicht geschafft herauszufinden, woher ihr neuer Freund kam oder was er beruflich machte. Das Einzige, das Irene bisher über ihn erfahren konnte, war, dass sein Vater halb Deutscher, halb Norweger und seine Mutter Engländerin war … und dass dieses Cottage der Familie seiner Mutter gehörte. Anhand seines Benehmens, der gepflegten Erscheinung und des Wortschatzes, den Marc benutzte, entnahm Silke, dass ihr schöner Liebhaber intelligent, gebildet, wahrscheinlich Akademiker war und aus gutem Hause stammte.
Silke griff nach der Tasse mit dem heißen Kaffee, trank in kleinen wohltuenden Schlucken und knabberte hungrig an einem Knäckebrot herum. Er stand ihr gegenüber lässig an die Wand gelehnt und trank ebenfalls seinen Kaffee. Im Sonnenschein, der durch das Fenster auf sein Gesicht fiel, mit den feuchten Haaren und dem Dreitagebart sah dieser jedem Dressman ebenbürtige Mann umwerfend gut aus. Jetzt trug Marc ein sandfarbenes kurzärmeliges Hemd und eine dazu passende helle Flanellhose. Mit dem offenen Hemd, durch das sein trainierter Körper zu sehen war, sah er wirklich wie ein Topmodel aus.
Manchmal beim Selbstbefriedigen hatte sie solche Männer, wie Marc einer war, vor Augen gehabt und davon geträumt, einmal von so einem fleischgewordenen Frauentraum verführt zu werden – und jetzt waren diese Wunschfantasien Tatsache geworden. Die zwei Tätowierungen, die Marc auf der Brust trug, waren ihr bereits in der Nacht aufgefallen. Dank des offenen Hemdes konnte der Körperschmuck ausgiebig betrachtet werden. Auf jedem Brustmuskel war ein Nadelwerk platziert. Es handelte sich um aufwendige, in dunkelblauer Farbe, fast schwarz wirkende und sehr detaillierte wikingerähnliche Runenzeichen umrahmt von Südsee-Symbolen. Dieser große blonde breitschultrige Mann hatte wirklich etwas von einem Wikinger. Je länger Silke die Tätowierungen betrachtete, desto mehr schien es ihr, als hätten die eine tiefere Bedeutung für ihn und standen für etwas Einschneidendes und sehr Wichtiges in seinem Leben. Diese auffällige Platzierung der Tattoos auf den Brustmuskeln schien wohldurchdacht, wie Mahnmale, so platziert, dass ein Übersehen, ein Ausblenden, ein Vergessen einer wichtigen Erinnerung unmöglich waren.
Nicht wie ihr eigenes Idioten-Tattoo, das seit vier Jahren ihre rechte Schulter zierte. Vor vier Jahren, nachdem Irenes Scheidung durch war, da wollte Silke, um ihre beste Freundin auf andere Gedanken zu bringen, mit ihr für eine Woche nach Schottland zum Wandern fahren. Irene hatte aber damals keine Lust auf die melancholische Stimmung Schottlands und konnte ihre beste Freundin zu einer Woche Mallorca überreden. Statt Regen und Kälte, Sonne und Party. Anstatt Kaminfeuer und Bücherlesen, Feiern und junge Männer verführen, »hemmungslos, viel Spaß haben« war damals Irenes Motto gewesen. Und genau so kam es, die Nächte in Discos durchtanzen, laute Musik, endloses Flirten, meist mit viel jüngeren Männern, und Alkohol ohne Ende waren damals angesagt. Ruhige Abende mit einem guten Buch vor einem Kaminfeuer in eine warme Decke gehüllt zu verbringen, was Silke überaus liebte, in Mallorca Fehlanzeige. Zudem ließ sich Irene damals jeden Abend von irgendeinem Kellner oder Doorman abschleppen. Der Höhepunkt dieser Scheißferien war der letzte Abend gewesen. Nachdem beide wieder, wie jeden Abend zuvor, völlig zugeballert waren, landeten sie in einem Tattoo-Studio, das von zwei Engländern betrieben wurde. Um ihre tiefe Freundschaft zueinander zu besiegeln, kam ihnen im Vollrausch die geniale Idee, sich beide das gleiche Körperbildchen stechen zu lassen. Natürlich wurde diese Tat von beiden am nächsten Morgen bereits wieder bereut. Die zwei ließen sich denselben circa fünfzehn Zentimeter großen Drachen, der ein Symbol des Glücks und der Stärke ihrer Freundschaft darstellen sollte, verpassen. Silke hatte in einem Anflug von Restvernunft damals ihren Rücken hingehalten, während Irene ihre Brust entblößte und den Drachen mitten auf ihren rechten Busen gestochen bekam. Irene musste jetzt täglich ihren Drachen, der eigentlich mehr einem Seepferdchen mit Krallen als einem Drachen glich, wenn sie sich an- oder auszog, ansehen. Davon blieb Silke dank der Schultertätowierung verschont. Johannes, ihr Mann, der mit dieser Form von Körperschmuck eigentlich nichts anfangen konnte und sich selber nie eines stechen lassen würde, fand ihr Seepferdchen aber zu ihrem Glück hübsch und sexy. Die zwei großen Brust-Tattoos, die Marc besaß, hatten aber nichts mit einer Dummheit, die aus einer Bierlaune heraus entstanden war, zu tun. Ein weiteres Rätsel, das diesen Mann umgab.
Silkes Blick haftete lange und interessiert auf seinen Körperverzierungen, bis ihr auffiel, dass er sie ebenfalls beobachtete. Mein Gott, wie peinlich, er hat mich ertappt. Wie ungalant von mir, ihn derart unverhohlen zu mustern.
»Genug gesehen?«, fragte er bestimmt, aber freundlich.
»Ja … entschuldige, ich habe nur deine wunderschönen Tattoos bewundert.« Sie hoffte, dass ihr Liebhaber etwas darüber erzählen würde.
Wortlos, ohne Anzeichen, eine Erklärung abgeben zu wollen, nahm der Hausherr ihr die leere Kaffeetasse ab und spülte sie aus. »Es ist kurz nach sechs, wir sollten uns auf den Weg machen.«
Silke hatte die Zeit völlig vergessen, aber bei sofortiger Abfahrt sollte es immer noch reichen, um pünktlich zurück zu sein.
Es war genau viertel nach sechs, als Marc das Auto startete und mit hohem Tempo zum Hotel zurückfuhr. Zehn vor sieben zeigte ihre Uhr an, als der Wagen die Hotelvorfahrt erreichte. Silke stieg hastig aus, kommentar- und abschiedskusslos, ohne ihn weiter zu beachten, huschte die Fremdgängerin durch den Eingang direkt zum Fahrstuhl, um möglichst unentdeckt und rasch auf ihr Zimmer zu gelangen.
Als Silke den Zimmerschlüssel hervorzog, begann ihr Herz zu pochen: Was wartete hinter dieser Tür, die gewohnte Routine, alles normal, als wäre nichts vorgefallen, oder eine böse Überraschung? Ein schnarchender Ehemann, der von ihrem nächtlichen Ausflug nichts bemerkt hatte, oder ein aufgebrachter Gatte, dem, wenn er seine Frau in dem zu großen Sportanzug sah, klar werden würde, dass ihm gerade Hörner aufgesetzt wurden? Ihr Herz klopfte immer lauter unter der Anspannung und drohte gleich zu implodieren. Vorsichtig und so leise wie möglich schoben ihre Arme die schwere Tür auf. Es war dunkel im Raum und das laute gleichmäßige Schnarchen aus dem Doppelbett drang beruhigend an ihr Ohr, alles in Ordnung .
Silke nahm ihr Nachthemd, das auf dem Stuhl lag, und ging leise ins Bad. Nachdem die Hände und das Gesicht mit ihren Cremes eingerieben waren und ein kleiner Spritzer ihres Parfums ihren Körper umwehte, war die kleine mollige Frau wieder die brave, treue Gattin eines Bankers. Ein Entlarvtwerden von ihrem verkaterten Gatten war jetzt unmöglich, ihr Aussehen, ihr Geruch, alles wie gewohnt. Der Trainingsanzug wurde zusammengefaltet und im Koffer in den Wäschesack gesteckt. Im Bett neben ihrem Mann liegend, fuhren ihr, trotz der Müdigkeit, die letzte Nacht, die vergangenen Stunden durch ihre Gedanken. Fünf Orgasmen, nein, eigentlich waren es sechs Höhepunkte gewesen, die sie gemeinsam mit einem Mann zusammen erlebt hatte. Den ersten hatte sie an einem öffentlichen Ort, in der Eingangshalle des Hotels, und es war prickelnd und aufreizend gewesen. Den zweiten erlebte sie während der Fahrt zum Cottage, als er ihr zwischen die Schenkel griff. Es war ein ganz sanfter gewesen. Marc hatte es nicht einmal bemerkt. Silke hatte nur kurz die Augen geschlossen und sich auf die Unterlippe gebissen, als sie kam. Selbst dieser Mini-Orgasmus war intimer und besser gewesen als jeder bisher erlebte Austausch von Körperflüssigkeiten mit ihrem Ehemann. Der dritte ein harter, fordernder Orgasmus unter dem Sternenhimmel Südenglands und der vierte ebenfalls draußen, aber sanft und zärtlich. Gefühlvoll von Marc mit seinen beiden Händen herbeigestreichelt, wie wundervoll das war. Der fünfte unter dem warmen Wasserstrahl der Dusche gefolgt vom sechsten, der ihr die Kraft nahm und sie danach in völliger Entspanntheit, in seinen Armen liegend, dahintreiben ließ. Das schlechte Gewissen, das sie von nun an ihrem Mann gegenüber haben würde, gut, kein wirklich schlechtes Gewissen, aber doch ein bisschen Scham ihm und ihren eigenen Prinzipien gegenüber, das war der Preis, der dafür bezahlt werden musste. Aber diese Nacht war diesen Preis wert. Keine Reue, kein »wäre ich doch nicht«, kein »hätte ich nicht«, nein, es war ebenfalls keine Rache an Johannes wegen seiner regelmäßigen Seitensprünge gewesen, es war einfach die Nacht ihres Lebens, schön, romantisch und voller Erotik, gewesen. Glücklich schloss Silke ihre Augen, als gerade Johannes’ Wecker zu läuten begann. Silke öffnete ihre Augen wieder und schmunzelte kurz über ihr perfektes Timing.
Es dauerte einen Moment, bis ihr Mann sich rührte, den Wecker abstellte und sich zu ihr umdrehte. »Mein Schädel brummt. Ich weiß nicht, ob ich heute die 18 Löcher schaffe«, stellte er fest. Sein Atem, der nach Alkohol und aufsteigender Magensäure roch, war eklig und verschlug ihr fast den Atem.
»Aber dein Loch würde ich heute noch schaffen«, fuhr er fort.
Nach dieser herrlichen Nacht mit Marc, diesem attraktiven und zärtlichen Mann, da lag bei ihr der Euphoriepegel auf der Lustskala, um mit ihrem Mann zu schlafen, bei null. Als Abschluss dieser einmaligen Nacht einen unerotischen Quickie mit ihrem nach abgestandenem Alkohol riechenden Gatten zu schieben, das fühlte sich wie eine Bestrafung an. Aber als gute Christin wusste man, dass jede Sünde, ob groß oder klein, nach Buße verlangte, und dies war wohl ihre gerechte Bestrafung für den Seitensprung.
Nachdem Johannes vom Pinkeln zurück war, legte das Nachbrandopfer sich neben seine Frau ins Bett. Mit einer Hand zog der Grobian ihr Nachthemd nach oben, während er mit der anderen ihr Höschen auszog. Ihr wurde schlecht, als sein übelriechender Mund versuchte, sie zu küssen, sein Säuregeruch war einfach nur ekelhaft.
Silke stieß ihn zur Seite. Als er auf dem Rücken lag, kniete sie sich neben ihn, ergriff sein erigiertes Glied und begann seine, im Vergleich zu Marc, äußerst bescheidene Männlichkeit zu reiben. Um ihn nicht küssen zu müssen, zog sie es vor, ihm einen zu blasen. Sein Pimmelchen in ihrem Mund erregte ihn derart, dass der Herr Bankdirektor schnell kam. Ein kurzes Stöhnen, ein leichtes Zucken und es war, wie bei ihm üblich, bereits vorbei, bevor irgendeine erotische Stimmung in ihr aufkam.
»Wow, das war der Hammer. So hast du es mir schon lange nicht mehr besorgt … Was schade ist, denn darin bist du Spitzenklasse. Mein kleines Bummelchen.« Die Bemerkung geriet ihr in den falschen Hals. Bummelchen! Klein!
»Ich habe leider nicht die langen Beine und die knackige Figur deiner Sekretärin. Ich muss mit dem arbeiten, was mir zur Verfügung steht«, entfuhr es ihr, ohne zu überlegen. Er hielt inne und sah sie scharf an. »Was soll das bedeuten, das Geschwätz von meiner Sekretärin?« Silke war in die Enge getrieben. Der Mut hatte kurz die Herrschaft in ihr übernommen. Soll ich ihm sagen, dass ich es weiß, die vielen Affären während all den Jahren? Würde sie es wagen, ihn herauszufordern ohne Rücksicht auf die Konsequenzen? Wäre ihre Ehe nach einer Aussprache gefährdet oder sogar am Ende? Würde er um sie kämpfen, sechsundzwanzig Jahre Ehe und dennoch hatte Silke keine Ahnung, wie ihr Gatte reagieren würde. Der Feigling und die Angst – ein starkes Paar bemächtigte sich ihrer Gedanken und sie knüppelten den Mut, wie so oft in den vergangenen Jahren, wieder aus dem Ring der für die Entscheidungen verantwortlichen Hirnrezeptoren. Jetzt gesellte sich noch das Schoßhündchen vom Feigling und der Angst, der kleine Wadenbeißer, genannt »der Mutlose«, dazu und das kurze Aufflackern vom Sich-der-Konfrontation-Stellen verflog wieder.
»Ich meine ja nur, dass mit den Topmodels, die bei euch in der Bank arbeiten, keine normale Hausfrau im mittleren Alter mithalten kann.« Johannes entspannte sich wieder. Sie hatte keine Ahnung, es war lediglich ein Schuss ins Blaue gewesen.
»Aber mein kleines Bummelchen, du weißt doch, wie ich auf deinen prallen Hintern, deine zwar kurzen, aber sehr schönen Beine und auf die kleinen Brüste stehe.« Das sollte wohl so etwas wie ein Kompliment sein.
Glücklicherweise wollte Johannes nicht kuscheln und verschwand im Bad mit der Bemerkung, er brauche erst mal eine kalte Dusche, um wieder zu Sinnen zu kommen, was ihr mehr als recht war.