Читать книгу Nur eine Affäre... - Ron Wall - Страница 5

Wie soll es weitergehen?

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Nachdem die Schnapsdrossel durch die kalte Dusche erfrischt das Bad verlassen hatte, betrat Silke die Nasszelle und putzte sich die Zähne, um seinen Samengeschmack loszuwerden. Als Silke wieder das Schlafzimmer betrat, stand Ihr Angetrauter bereits in voller Golfmontur vor ihr: »Los Bummelchen, hüpf in deine Golfkleidung. Etwas Bewegung wird deinen schlaffen Hausfrauen-Fettpölsterchen guttun.« Idiot! Obwohl müde von der anstrengenden und langen Nacht, schlüpfte Silke in ihre Golfkleidung und begleitete ihren Deppen, der leider nicht Johnny mit Vornamen hieß, in den Frühstücksraum, um ihm anschließend auf den Platz zu folgen.

Nach einem ausgiebigen Frühstück kam die Energie zurück. Gestärkt und von der Morgensonne angestrahlt, begaben sich die beiden auf den Platz. Beim ersten Abschlag trafen sie auf Andrew und Josephine, ein älteres Paar aus London, das ebenfalls das Wochenende in Kent verbrachte. Schnell war man sich einig, zusammen zu golfen.

Während die Männer eine kleine Wette um ein paar Pfund am Laufen hatten, pflegten die zwei Frauen zunächst eine entspannte und belanglose Konversation. Silkes Englisch war zwar nicht so gut wie das ihres Mannes, aber es reichte, um sich fließend zu unterhalten. Ein bisschen Small Talk über die Familie, das Reisen und den neuesten Promitratsch verkürzte die Zeit zwischen den Schlägen.

Je länger die Partie lief, umso hoffnungsloser geriet Johannes in Rückstand. Bereits beim Abschlag hatte er realisiert, dass Andrew ein routinierter Golfer war. Auf dem Fairway begann Johannes schnell den Anschluss zu verlieren, bis er beim Green hoffnungslos zurücklag, was von Loch zu Loch schlimmer wurde. Dummerweise hatte Mister Golfgenie vergessen, Andrew vor der Wette nach dessen Stammvorgabe, dem Handicap, zu fragen. Hätte ihr Göttergatte vorher gefragt, dann hätten die beiden Männer netto gespielt, aber jetzt konnte Johannes sein Handicap nicht gegenrechnen. Ihr Mann gewann mit seinem Handicap von elf regelmäßig gegen andere Amateure, aber Andrew, der früher Golflehrer war, wie er leider erst während des Spiels beiläufig erwähnte, hatte ein Handicap von drei und das Versäumnis, ihn vorher nicht danach gefragt zu haben, das rächte sich gerade. Seinem Brummschädel schob Johannes, der wusste, wenn er nüchtern und im Besitz seiner vollen Fähigkeiten wäre, hätte er ein perfektes und fehlerloses Spiel hingelegt, die Schuld an seiner fahrlässig eingegangenen Wette zu.

Silke war froh, dass sie nicht mit ihrem Mann reden musste. Er war mit Andrew und der blöden Wette mehr als nur beschäftigt. Josephine oder Joe , wie sich ihre Spielgegnerin nannte, fragte Silke plötzlich, als die Damen außer Hörweite der Männer waren, nach dem Schönling, mit dem sie heute Morgen im Hotel vorfuhr. Zuerst erschrak Silke, aber nachdem in Joes Gesicht weder ein verächtlicher noch verurteilender oder gar spöttischer Blick zu erkennen war und sich mittlerweile ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen den Frauen entwickelt hatte, da ergriff Silke die Gelegenheit, über ihre ungewohnte Situation zu sprechen. Innerlich war sie trotz der Ablenkung durch das Golfen, der Konzentration auf die Unterhaltung in einer Fremdsprache mit Joe und der entspannenden warmen Sonne, die ihren Körper angenehm berührte, ziemlich aufgewühlt. Die Anspannung war fast unerträglich für Silke. Marc hatte sich ihrer Sinne bemächtigt. Wie eine Urgewalt, der man nicht entrinnen konnte, hatte er sich in ihr Hirn gebohrt und sich in jeder Faser ihres Körpers wie ein Virus eingenistet und ausgebreitet. Unentwegt kreisten ihre Gedanken um die vergangene Nacht und sie glaubte bereits, innerlich zerspringen zu müssen, als Joe das Thema Marc ansprach. Nach kurzem Zögern wurde der Drang, mit jemandem über ihre Situation zu reden, in der Hoffnung, dass es ihr etwas Luft verschaffen würde, ein Befreiungsschlag sozusagen, oder zumindest etwas Klarheit in die nebulöse Situation bringen könnte, übermächtig. Wer war für ein offenes Gespräch besser geeignet als eine Fremde, die am selben Tag wieder nach London zurückreiste? Mit Irene, mit der sie normalerweise alles besprach, konnte dieses Mal, aus verständlichen Gründen, keine Aussprache stattfinden.

Nach kurzem Zögern fasste Silke sich ein Herz und begann, ihrer Golfpartnerin in groben Zügen zu erzählen, was letzte Nacht vorgefallen war, natürlich ohne auf Details einzugehen, dies wäre ihr viel zu peinlich gewesen. Tatsächlich legte sich mit ihrer Beichte die innere Anspannung etwas und sie begann sich besser zu fühlen. Manchmal tat es einfach gut, wenn man sich einem Unbeteiligten anvertraute, einem völlig Fremden, der ohne Vorkenntnisse, ohne Hintergrundinformationen, ohne vorgefertigte Meinung sich ganz neutral eine Geschichte anhörte und unvoreingenommen dazu Stellung bezog.

Nachdem die Geschichte in groben Zügen erzählt war, schmunzelte Joe. »Und, was sind deine nächsten Schritte?«

Gute Frage, aber Silke wusste keine Antwort.

Joe sah sich ihre fünfundzwanzig Jahre jüngere Spielgegnerin eingehend an und spürte, dass Silke in einer Sackgasse steckte. »Genau so was haben Andrew und ich vor dreißig Jahren erlebt.«

»Und wie habt ihr das überstanden? Wie habt ihr eure Ehe gerettet?«, wollte Silke wissen.

»Oh, Andrew war nicht mein Mann … Er war der Seitensprung«, schmunzelte Joe amüsiert. »Und ich habe die Entscheidung von damals, meinen Mann, mein in wohlgeordneten Bahnen verlaufendes Leben aufzugeben, nie bereut!«

Silke war baff. »Du und Andrew, ihr seid ungefähr gleich alt und ihr passt gut zusammen, ihr seid ein harmonisches Paar. Ich bin aber viel älter als Marc. Ich kenne ihn gerade einmal seit ein paar Stunden und weiß nicht, wer hinter der schönen Fassade steckt, was er beruflich macht – ich weiß nichts von ihm. Nein, eure Situation ist nicht mit meiner zu vergleichen.«

Joe wurde nachdenklich und überlegte eine Zeitlang. »Ich habe Andrew bei einem Golfturnier vor dreißig Jahren kennengelernt. Ich war damals 45, Mutter von zwei erwachsenen Kindern und die Frau eines angesehenen Geschäftsmannes. Andrew war damals erst 35 und hatte den Ruf eines frauenvernaschenden Sonnyboys. Nach diesem Golfwochenende damals, da war ich genau in derselben Situation wie du jetzt. Nach anfänglichem Zögern habe ich dann aber auf meine Gefühle, auf mein Herz gehört und die Vernunft, die mein Leben bis dato bestimmte, beiseitegelassen. Dreißig Jahre sind seither vergangen, und obwohl ich einen hohen Preis dafür bezahlen musste, habe ich diese Entscheidung, bis heute, keinen einzigen Tag bereut.«

»Welchen Preis musstest du bezahlen, um mit deiner großen Liebe zusammenzukommen?«, wollte Silke wissen, die bisher vermieden hatte, an die möglichen Folgen einer Trennung von ihrem Mann zu denken.

»Das Schlimmste waren die Kinder, die haben mir bis heute nicht verziehen, dass ich ihren Vater verlassen habe. Das Geld war am Anfang auch ein Problem. Mein Mann hatte gute Anwälte und einen cleveren Buchhalter, deshalb waren ich und Andrew nach der Scheidung praktisch mittellos. Mit dem Gehalt eines Golflehrers auszukommen, in einer kleinen Wohnung zu leben, nachdem man 25 Jahre lang in einer Villa gelebt hatte, war nicht einfach für mich, aber es hat sich gelohnt. Eine gelebte Liebe ist bedeutend mehr wert als Luxus und materieller Wohlstand.«

Die Worte taten Silke gut. Es war die Schilderung einer Betroffenen, einer Frau, die sich auch entscheiden musste, sich entschieden hatte und es nie bereute.

»Aber ihr wohnt hier in diesem teuren Hotel«, bemerkte Silke, »wie habt ihr das finanziell hinbekommen?«

Joe zögerte einen Moment, bevor sie antwortete. »Ich erzähle dir etwas, das ich normalerweise niemandem anvertraue: Mein Andrew ist kein Geschäftsmann, er ist wirklich nur ein begnadeter Golflehrer. Während er am Anfang unserer Beziehung viel arbeitete, um uns über Wasser zu halten, hatte ich zu Hause viel Freizeit, denn die kleine Wohnung war schnell geputzt. Da habe ich begonnen, Kekse zu backen und zu verkaufen. Nach und nach wurde ich immer erfolgreicher, baute mir ein ordentliches Geschäft auf und nach einiger Zeit konnten wir davon leben und ein angenehmes Leben führen. Das Beste an meinem Erfolg ist, dass Andrew keine Golfstunden mehr geben muss und ich ihn ganz für mich habe. Mittlerweile exportieren wir Aunt Josies Apple Cookies sogar weltweit. Ich habe Geschäftsführer, die sich um alles kümmern, und wir können das Leben genießen.«

»Was … Aunt Josies Apple Cookies ? Das bist du? Das sind meine Lieblingskekse!« Silke überlegte kurz. War diese Begegnung nur Zufall oder Schicksal?

Das Gespräch mit Joe hatte Silke gutgetan. Joe hatte ihr keine Weisheiten darüber, was sie tun oder lassen sollte, aufgetischt, sondern lediglich aus ihrem Leben erzählt. Aufgrund Joes Geschichte begann Silke nun ernsthaft, ihre Ehe zu überdenken, was sie bisher nie getan hatte. Marc hatte sie aus ihrem Dornröschenschlaf wach geküsst, ihr gezeigt, dass es da draußen noch etwas anderes gab als ein wohlbehütetes, von Routine bestimmtes Leben an der Seite des falschen Partners. Marc blieb ein No-Go, er war zu jung, zu schön und vor allem war dieser Schönling der Freund ihrer besten Freundin. Es war nur eine Verliebtheit, eine Schwärmerei, die sich in einigen Tagen sicherlich wieder legen würde, redete sie sich ein.

Es war bereits Nachmittag, als das Golfspiel endete. Johannes bezahlte seine Wettschulden und lud Andrew zu einem Whisky an die Bar. Joe und Silke setzten sich an einen Tisch vor dem Klubhaus und bestellten Tee. Zum Tee wurden ihnen ein paar Aunt Josies Apple Cookies gereicht. Die zwei Frauen sahen sich an und mussten amüsiert lachen. Sie verloren kein Wort mehr über Männer oder ihre Beziehungen.

Etwas später begleiteten Silke und ihr Mann Andrew und Joe zu ihrem Wagen. Nachdem der Hotelpage deren Gepäck in den Rolls-Royce geladen hatte, verabschiedeten sie sich herzlich und winkten ihnen nach.

Auf dem Weg in ihr Zimmer schwärmte Johannes von dieser Luxussänfte auf vier Rädern.

Johannes bestand darauf, dass Silke Irene anrief und sich zum gemeinsamen Apéro mit anschließendem Abendessen verabredete. Silke war zwiegespalten: Einerseits konnte sie es kaum erwarten, Marc wieder nahe zu sein, andererseits hätte die Verliebte auf ein erneutes Aufeinandertreffen unter diesen Umständen gerne verzichtet. Ihr Geliebter an der Seite ihrer Freundin … Es würde ihr nicht leichtfallen, mit Schmetterlingen im Bauch, sich nichts anmerken zu lassen.

»Wie findest du eigentlich Irenes neuen Freund, diesen Marc?«, fragte Johannes, als er aus dem Bad kam.

»Ich … was soll ich sagen? Jung, etwas wortkarg«, stotterte Silke.

»Sieht der nicht umwerfend aus? Hast du bemerkt, wie die Kukident-Riege, all die alten Ladys hier im Hotel, ihn anhimmeln? Aber etwas stimmt mit dem Kerl nicht. Zu gut aussehend, zu nett, um echt zu sein, dazu ein Frauenversteher und Veganer! Vielleicht ist der schwul und braucht Irene nur als Alibi?«, fuhr ihr Mann fort.

Nein, schwul war Marc definitiv nicht, das hätte seine Gattin ihm aus erster Hand bestätigen können. Dann wechselte Johannes zu ihrer Erleichterung das Thema: Er konnte seine schwarzen Socken nicht finden.

»Direkt neben den Unterhosen«, rief sie ihm zu. Obwohl ihr Göttergatte den Koffer selber gepackt hatte, wusste Silke besser als er, wie es in seinem Gepäck aussah.

»Welche Unterhosen?«, rief ein genervter Mann zurück.

»Männer!«, entfuhr es ihr, als sie aufstand und mit einem Griff die Socken, die obenauf lagen, rausholte.

Nur eine Affäre...

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