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Ein Zwist

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Irgend ein indischer, chinesischer oder altmexikanischer Gott mit drei Köpfen hatte soeben die Welt geschaffen. Fix und fertig stand die Maschine da. Sie war ein unerreichtes Meisterstück, ein Perpetuum mobile; der Gott brauchte nur P! zu machen, und alle die Milliarden Räder, große und kleine, gezahnte und ungezahnte, mußten laufen, zuerst eines, dann zwei, dann vier, dann acht, dann sechzehn und so fort in geometrischer Progression, bis das ganze Riesenwerk in Gang war für alle Ewigkeit.

Äonen hindurch hatten die drei Köpfe darüber nachgesonnen, und lange waren sie über das System der Konstruktion nicht einig gewesen. Den Linken verdroß es, daß das Ding, einmal fertig und angeheizt, fortschnurren sollte ohne Unterbrechung und ohne daß ein weiteres Hinzutun notwendig wäre.

»Wenn ich mich künftig gar nicht mehr einmischen soll«, wandte er ein, »wozu bin ich dann da? Seht ihr nicht ein, daß wir alle drei vollständig überflüssig sind, sobald die Maschinerie zu gehen angefangen hat?«

Die beiden anderen sahen das in der Tat nicht ein. Sie beharrten mit dem Stolze der Erfinderschaft auf dem Perpetuum mobile als der Krone aller denkbaren Erfindungen und erklärten es unter ihrer Würde, sich aus Liebhaberei mit einer weniger vollkommenen Einrichtung abzugeben.

»Sollen wir vielleicht in Zukunft«, sagten sie, »beständig dahinter her sein und täglich oder stündlich wieder aufziehen, nachheizen, einölen und dergleichen? Dieser erbärmliche Okkasionalismus würde uns ja den ganzen ästhetischen Genuß verderben!«

Und da sie in der Majorität waren, setzten sie ihre Ansicht durch.

Nun war der große Augenblick gekommen. Der Gott stellte sich an die Weltachse, eine ungeheure Röhre aus glänzend poliertem Stahl, die vom Zenith bis zum Nadir lief, und richtete seine drei Köpfe nach oben, nach unten und nach der Mitte. Dann zählte er: »Eins, zwei, drei«. Und bei drei machten sie alle nach oben, nach unten und nach der Mitte mit einem leicht nachstürzenden Hauch: P!

Da begann sich das Werk zu regen wie ein schlafendes Ungeheuer, das mit Gebrüll erwacht. Langsam setzte sich eine Transmission nach der andern in Bewegung, die Räder fingen an, sich zu drehen, und Gottes Hauch sprang wie ein elektrischer Funken von einem Nietenkopf zum andern. Bald war das Ganze in Gang, donnernd und dröhnend, schmetternd und schwirrend, rollend und rasselnd, klappernd und klirrend: in seinem Höllenlärm scheinbar ein chaotisches Durcheinander, aber für die Augen des Meisters ein Schauspiel voll Wohlklang und sinnreich klarer Mechanik, an dem er sich nicht ersättigen konnte.

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