Читать книгу Seewölfe Paket 28 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 45

2.

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Die Kerle wollten mit ihren Guffas umdrehen und den Schauplatz des Schreckens verlassen. Doch Ebel Schachnam, ihr couragierter Anführer, war damit absolut nicht einverstanden. Er griff nach dem Arm der Frau – richtiger, des Mädchens, denn sie erschien ihm immer jünger, trotz der scheußlichen Grimasse, die sie schnitt, als sie schrie.

Das Frauenzimmer dachte auch jetzt nicht daran, seine Hilfe anzunehmen. Vielleicht ahnte sie, was ihr blühte, wenn sie diesen Halunken in die Hände fiel? Daß es besser war, in dem Morastloch zu ersaufen, als von diesen Galgenstricken verschleppt zu werden? Sicherlich sagte ihr der Verstand, daß sie nur vom Regen in die Traufe geriet, wenn sie sich diesen Strolchen anvertraute.

Also riß das „Sumpfweib“, wie einige der Kerle sie schon insgeheim getauft hatten, ihren Arm mit einem gellenden Schrei zurück. Sie spuckte und zischte und bewegte sich heftig, schaffte es aber auch jetzt nicht, sich aus dem Loch zu befreien.

Eine Teufelin – und eine Giaur, eine Ungläubige noch obendrein, wie ihre fremde Sprache bewies. Unmöglich konnte sie zu Allahs gläubigen Kindern gehören. Dazu war ihre Haut zu weiß und ihr Haar zu blond.

Es war ein Rätsel, daß sie ausgerechnet hier, am Tigris, aufgetaucht war. Wer war sie, wie gelangte sie hierher? Nur die Mächte des Dunkeln, die in dieser wie in keiner anderen Nacht aktiv waren, konnten sie hierher befördert haben.

Ebel, der Bärtige, wurde jetzt richtig wütend. Mit einem heiseren Aufschrei beugte er sich weit vor und griff mit beiden Händen nach der Widerspenstigen.

Inzwischen hatten die Schnapphähne in dem Häuptlingsguffa jedoch begonnen, rückwärts zu paddeln. Die Distanz zwischen Ebel und der „blonden Hexe“ vergrößerte sich also zwangsläufig, was zur Folge hatte, daß Ebel nun tatsächlich aus seinem Ruderboot kippte. Er landete im flachen Wasser. Das Guffa schaukelte. Die Kerle fluchten und grölten. Die „Sumpfhexe“ kreischte ohrenbetäubend.

Ebel Schachnam richtete sich wie ein zottiger Bär auf und war versucht, sich auf seine Besatzung zu stürzen, um einen nach dem anderen von den verdammten Idioten zu ersäufen. Doch die Verlockung, die von dem zappelnden Weib ausging, war zu groß. Mit zwei Schritten war er bei ihr und packte sie.

Das Mädchen kratzte und biß, doch Ebel verpaßte ihr eine klatschende Maulschelle. Sie heulte auf, kriegte aber doch Angst. Er zerrte sie aus dem Wasserloch und schleppte sie zum Guffa.

„Ich habe sie, ihr Drecksäcke!“ brüllte er. „Los, übernehmt sie, oder ich schneide euch die Zungen aus euren stinkenden Hälsen!“

Zwar zögerten einige von den Piraten noch. Aber die meisten – allen voran natürlich Güner – hatten inzwischen begriffen, daß das Mädchen doch ein richtiger Mensch war. Ebel hatte mit seiner Ohrfeige bewiesen, daß man auch eine Besessene zur Räson bringen konnte.

Güner packte zu und zog die Blondine ins Boot. Auch die anderen griffen jetzt mit zu. Und der Grinser konnte schon wieder kichern. Plötzlich bereitete es den Kerlen einen Riesenspaß, das nasse Mädchen bei sich im Guffa zu haben.

Ebel Schachnam stieg zurück an Bord und brüllte: „Los jetzt! Zurück zum Lager! Wird’s bald, ihr Kamele?“ Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, bückte er sich und kramte eine zusammengerollte Peitsche unter dem Stroh hervor.

Die Peitsche bestand aus roh gegerbtem Büffelleder, das am dünneren, also vorderen Ende geflochten war. Dieser Zopf verursachte besonders große Schmerzen, wenn er auf nackte Haut traf. Ebel ließ die Peitsche einmal durch die Luft pfeifen und knallen, und schon duckten sich die Kerle. Auch die „Sumpfhexe“ kauerte sich auf dem Bootsboden zusammen und deckte ihren Kopf schützend mit den Händen ab.

Die Flußräuber paddelten, als säßen ihnen sämtliche Dämonen der Hölle im Nacken. Bald war das Lager erreicht. Das Mädchen richtete sich plötzlich auf und wollte fliehen. Aber Güner bemerkte es rechtzeitig. Er packte ihre Schultern und drückte sie auf den Boden zurück.

„Du bleibst hier“, sagte er rauh.

„Gut gemacht, Güner“, lobte Ebel seinen Unterführer.

Der Kurde äußerte nichts weiter. Er spürte den warmen, weichen Körper des Mädchens unter sich. Heißes Verlangen stieg in ihm auf. Wenn Ebel Schachnam dieses Weib besessen hatte, gehörte sie ihm – für den Rest der Nacht.

Die Flußräuber legten im Ufergestrüpp an, stiegen aus und zogen die Guffas zum Trocknen an Land. Diejenigen, die als Wachtposten im Versteck geblieben waren, eilten herbei. Sie staunten nicht schlecht, als sie sahen, wie Ebel und Güner das Mädchen herbeischleppten.

Sie zappelte wieder und stieß kleine, spitze Schreie aus. Die Pferde wieherten und stampften mit den Vorderhufen. Die Kerle lachten roh. Es herrschte Aufruhr im Schlupfwinkel. Die Schnapphähne rannten sich vor lauter Vorfreude beinah selbst über den Haufen.

Einer der Flußräuber stolperte und stürzte ins Feuer. Er überrollte sich und heulte vor Schmerz. Die anderen grölten vor Begeisterung. Ebel Schachnam selbst konnte sich ein schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen.

Die Hütten, in denen die Kerle hausten, duckten sich jenseits des Lagerfeuers, etwa dreißig Schritte vom Ufer entfernt, unter den Wipfeln von mächtigen Dattelpalmen. Ganze Wälder solcher Palmen gab es in dieser Gegend.

Die Hütten waren grob zusammengezimmert. Viel Sorgfalt hatten die Piraten nicht aufgebracht, die Behausungen wirkten alles andere als solide und wetterfest. Doch innen waren sie mit Stroh ausgelegt. Die Dächer bestanden aus Matten und getrocknetem Pferdemist.

Ebel und Güner schleiften das fremde Mädchen in die Häuptlingshütte und stießen sie auf den Boden. Das Mädchen versuchte, zwischen den Beinen des Anführers hindurchzukriechen und die Tür zu erreichen, aber Ebel Schachnam versetzte ihr einen Tritt, der sie gegen die Wand beförderte.

Wimmernd blieb das Mädchen liegen. Ebel wollte sich schon auf sie werfen, doch ihm fiel noch etwas ein.

„Hol Wein!“ fuhr er seinen Unterführer an. „Du weißt, wo ich ihn versteckt habe!“

„Sollen die anderen den Krug sehen?“

„Nein, natürlich nicht!“

Güner grinste hart. „Ich stelle zwei Bedingungen.“

„Das wagst du?“ Ebel Schachnam begann vor Zorn zu beben. Er wollte Güner anblicken, hielt es aber für besser, das Mädchen nicht aus den Augen zu lassen. Schon wieder unternahm sie den Versuch, zur Seite wegzukriechen. Er verbaute ihr den Weg.

„Ich will die Hälfte von dem Wein haben“, erklärte der Kurde. „Und wenn du das Frauenzimmer gehabt hast, kriege ich es.“

„Das könnte dir so passen!“

„Was willst du noch mit ihr, wenn du nachher schläfst?“ fragte Güner herausfordernd.

Ebel Schachnam bezwang seinen Zorn. „Meinetwegen, einverstanden. Aber beeil dich. Ich will dieser Hure den Teufel austreiben.“

Güner verschwand mit den Worten: „Einen guten Rat gebe ich dir. Feßle sie, sonst haut sie doch noch ab.“

Dann war er draußen und hastete durch den Dattelwald zu der Stelle, an der Ebel und er einen großen Krug Wein vergraben hatten. Die Horde durfte davon nichts wissen.

Erstens verbot der Koran den Genuß von Alkohol. Ebel Schachnam war das egal, aber es gab einige Kerle, die gläubige Moslems waren und in ihrem Anführer in jeder Hinsicht ein Vorbild haben wollten. Zweitens würden diejenigen, die nicht an Allah und den Propheten glaubten, Güner den Krug entreißen, sobald er sich damit zeigte. Und hätten sie etwas von dem Versteck gewußt, dann wäre der Krug längst von ihnen ausgegraben worden.

Ebel wandte sich dem Mädchen zu. Aber er dachte: dieser Güner, dieser dumme Hund, wird auch immer frecher. Bei nächster Gelegenheit werde ich ihm einen Denkzettel verpassen, den er so schnell nicht wieder vergißt.

Das Mädchen rückte von Ebel Schachnam weg, bis es mit dem Rücken gegen die Hüttenwand gepreßt dahockte. Wieder schrie sie und schleuderte ihm Worte in ihrer Sprache entgegen, die alles andere als Liebkosungen und Schmeicheleien zu sein schienen.

„Du Kröte“, sagte der Bärtige. „Dir werde ich beibringen, wie man sich vor Ebel Schachnam benimmt.“

Sie spuckte und kratzte, als er sich ihr näherte.

Ebel gab ihr noch eine Ohrfeige, dann brüllte er: „Auf die Knie! Verneige dich vor mir, du Giaurhure!“

Güner schlich mit dem Weinkrug in den Händen von hinten, im Schutz des Dattelwaldes, auf die Häuptlingshütte zu. Als er hörte, was Ebel schrie, mußte er leise lachen. Was für ein Narr der Kerl doch war. Das Mädchen verstand ihn nicht. Im übrigen hätte sie sich nie und nimmer vor ihm auf den Bauch geworfen.

Am Feuer standen die Kerle mit erhobenen Köpfen zusammen und blickten zur Hütte ihres Anführers. Wie würde es weitergehen? Auf was wartete Ebel Schachnam noch? Warum ließ er das Weibsbild nicht einen Veitstanz aufführen, indem er sie mit seiner Peitsche züchtigte?

Kurzum, alle waren so beschäftigt und neugierig, daß sie das Nahen der beiden Männer nicht bemerkten, die schon eine Weile das Piratenlager beobachteten.

Diese Männer waren ein merkwürdiges Duo. Der eine saß auf einem klapprigen Gaul, der jeden Moment zusammenzubrechen drohte. Der Mann steckte in einer Ritterrüstung aus vergangenen Zeiten, und er führte Schild und Schwert als Waffen bei sich.

Der andere war ein Riese, so groß wie breit. Nur wenig weißes Haar wuchs auf seinem flachen Schädel, seine Augen verbargen sich unter dicken Wülsten. Seine Unterlippe war etwas vorgeschoben, seine Nase erinnerte an eine kurze, verformte Gurke. Seine Kleidung bestand aus einem zottigen Tierfell.

Die Schachnamkerle waren wie hypnotisiert. Sie starrten nur noch auf die Häuptlingshütte. Jeden Moment, so erwarteten sie, würde das Teufelsweib herausspringen, nackt und kreischend. Ebel würde sie mit seiner Peitsche vor sich hertreiben. Ein Bild, das man genießen würde!

Wieder schrie das Mädchen in der Hütte.

Dann geschah es. Der Reiter war plötzlich mitten unter den Kerlen und hieb mit seinem Schwert um sich. Der Riese lief geduckt auf die Anführerhütte zu.

„Hol sie heraus!“ schrie der Ritter. „Rette sie!“

Aber nur der Riese verstand seine Worte, denn er bediente sich der holländischen Sprache, die in diesen Breiten sonst niemand kannte.

Die Flußräuber sprangen fluchend auseinander. Nur allmählich griffen sie zu ihren Waffen. Sie waren benommen und wie aus einer tiefen Trance erwacht. Und nun noch dieser Schreck!

„Ein Dämon!“ schrie einer von ihnen.

„Das sind Höllenteufel!“ brüllte ein anderer.

Haschira versuchte immer noch zu grinsen, aber es gelang ihm nicht. Die Kerle rannten hin und her und versuchten, den wilden Schwerthieben des Ritters zu entgehen. Die Pferde der Piraten wieherten wie verrückt und stiegen mit den Vorderläufen auf.

Der Riese, der aus dem Dunkel aufgetaucht war, stürmte in die Häuptlingshütte. Ebel Schachnam heulte wie ein Wolf, aber es nutzte ihm nichts. Der Riese fegte ihn mit einer einzigen Bewegung um. Seine Faust traf Ebels Brust, Ebel landete in einer Ecke.

„Komm“, sagte der Riese. Er half dem Mädchen auf, und sie verließen die Hütte.

Ebel Schachnam hörte seine sämtlichen Knochen knacken. Er stöhnte. Dann verlieh ihm die Wut neue Kräfte. Er sprang auf und raste den Fliehenden nach.

Güner, der Kurde, ließ vor Schreck den Weinkrug fallen, als er das Trio flüchten sah. Tatsächlich wirkten die drei wie Wesen der Finsternis, des Jenseits, wie sie sich in die Büsche schlugen und im Dattelwald untertauchten. Einen solchen Spuk hatte auch der Kurde nie zuvor erlebt. Er begann, an seinem Verstand zu zweifeln.

Alles war blitzschnell gegangen. Die Flußräuber glaubten noch das Schwert pfeifen zu hören und duckten sich, damit sie nicht getroffen wurden. Aber schon waren die beiden Gespenster mit dem Mädchen auf und davon.

„Dämonen!“ krächzte ein Kerl. „Sie haben ihre Teufelin befreit!“

„Haltet eure Schnauzen!“ brüllte Ebel Schachnam. „Packt sie! Laßt sie nicht entwischen!“

Die Kerle griffen nach Pfeil und Bogen und schauten sich nach allen Seiten um. Aber es gab niemanden mehr, auf den sie schießen konnten. Sie waren weg – schienen sich in Luft aufgelöst zu haben.

„Hinterher!“ brüllte Ebel, der Bärtige.

„Wohin?“ keuchte Haschira.

Ebel Schachnam trat ihm mit voller Wucht in den Hintern. „Da lang, du Dummkopf!“ Ebel wies zum Dattelwald. Als der Riese und die Blonde dort wie Schemen untergeschlüpft waren, hatte er gerade noch ihre Gestalten erkennen können.

Die Meute setzte sich in Bewegung und nahm die Verfolgung der Ungeheuer, wie sie die drei Fremden nannten, auf.

„Wir kriegen sie noch!“ stieß Haschira hervor. „Weit können sie nicht sein! Und der Gaul bricht jeden Moment zusammen!“

Güner stieß zu Ebel. Sie liefen hinter der Horde her.

„Das kann nicht sein!“ zürnte der Anführer. „Das ist ja wie verhext!“

„Es ist eine schlechte Nacht“, sagte Güner im Laufen.

„Ach, sei still! Wo ist der Wein?“

„Ich habe den Krug fallen lassen.“

„Und?“

„Der Wein ist ausgelaufen“, erwiderte der Kurde.

Ebel Schachnam stieß einen pfeifenden Laut aus, der so ähnlich klang, als habe jemand einen Dolch in einen luftgefüllten Ziegenbalg gestoßen. „Das wirst du noch bereuen!“

„Es ist nicht meine Schuld“, beteuerte der Kurde.

Sie rannten und rannten und holten die Meute ein. Ebel Schachnam setzte sich an die Spitze, wie es sich für einen Häuptling gehörte. Aber das führte auch zu nichts. Es war immer noch so dunkel, daß sich einige Kerle glatt die Köpfe an den Dattelbäumen stießen. Sie fluchten und stöhnten, und alles in allem gab die Bande kein sehr gutes Bild ab.

Das Schlimmste aber war, daß von dem Höllenweib und ihren beiden Rettern jegliche Spur fehlte. Die Nacht hatte die Gestalten verschluckt. Sie waren weg, als hätte es sie nie gegeben.

Ebel Schachnam begriff, daß es so nicht weiterging. Er blieb abrupt stehen. Güner prallte um ein Haar gegen seinen Rücken.

„Die Pferde“, sagte Ebel. „Wir brauchen die Pferde. Holt sie.“ Beim Scheitan, warum hatte er nicht gleich daran gedacht?

Ein paar Kerle, unter ihnen Haschira, eilten zum Lager zurück. So schnell es ging, wurden die Pferde von ihren Pflöcken losgebunden und in den Dattelwald geführt. Nun saßen die Räuber auf und jagten den Flüchtlingen nach.

Nach Südwesten – dort, so meinte Ebel Schachnam, mußten sie irgendwo stecken. Er würde sie schon packen! Und dann gab es keine Gnade mehr! Wer immer sie waren und so sehr sie auch jammerten, er würde ihnen eigenhändig die Haut über die Ohren ziehen.

So erbärmlich das knochige Pferd des Ritters auch wirkte, es konnte erstaunlich schnell laufen. Das Mädchen saß hinter dem Mann im Sattel und klammerte sich an der Rüstung fest.

Der Riese indessen lief – so schnell, wie man es keinem normal beschaffenen Menschen zugetraut hätte – hinter dem Reiter her. Er sah die Hinterbacken des Tieres vor sich, sie dienten ihm als Orientierungshilfe. Das Pferd hingegen wußte instinktiv, in welche Richtung es sich zu wenden hatte, um tückischen Sümpfen, Wasserlöchern und Morast zu entgehen.

Sie bewegten sich in südöstliche Richtung. Bald gelangten sie auf eine sanfte Anhöhe. Hier legten sie eine Verschnaufpause ein.

Der Ritter saß ab. Seine Rüstung klapperte, das Visier fiel zu. Er öffnete es wieder und sah das Mädchen streng an. Sie hockte wie ein Häufchen Elend auf dem Tierrücken und kaute an ihren Fingernägeln.

„Wie oft soll ich es dir noch sagen, Ludmilla?“ tadelte der Rittersmann mit blecherner Stimme. „Es hat keinen Sinn, daß du uns wegläufst. Du handelt dir nur Ärger ein.“ Wieder sprach er Holländisch.

„Ich will nach Hause“, erwiderte sie weinerlich.

„Wir werden alle drei nach Hause zurückkehren.“

„Ich will keine Datteln, ich will Milch und Käse“, sagte sie trotzig.

„Und Ton de Wit will Bier“, sagte der Riese mit grollender Stimme. „Jeder muß was entbehren.“

„Das hast du gut gesagt, mein starker Freund“, erklärte der Ritter. „Ich, Branco Fernan, der Kämpfer für die gute Sache, werde dir nie vergessen, was du alles für uns beide getan hast. Schon viermal hast du mir das Leben gerettet. Sechsmal hast du Ludmilla aus der Patsche geholfen.“

Es war zu dunkel. Anderenfalls hätte man jetzt sehen können, wie der Riese rot im Gesicht wurde.

„Das ist doch nichts Besonderes“, brummte er.

„Ludmilla“, sagte Branco Fernan zu dem schluchzenden Mädchen. „Wir kehren nur wieder nach Holland zu den Windmühlen und den Deichen zurück, wenn wir fest zusammenhalten. Begreifst du das?“

„Na klar.“

„Weißt du, wer diese Kerle sind, die dich verschleppt haben?“

„Piraten.“

„Weißt du auch, was sie mit dir vorgehabt haben?“ fragte Ton de Wit mit finsterer Miene.

Ludmilla antwortete, und die beiden Männer nickten ernst.

„Genau das“, entgegnete Branco Fernan, der mit bürgerlichem Namen eigentlich Willem Smitt hieß. Da Branco Fernan aber viel besser klang, und es obendrein eines jeden Ritters Würde verlangte, daß er sich einen Kriegsnamen zulegte, hatte sich Willem dieses Pseudonym ausgedacht.

„Sie werden uns verfolgen“, sagte Ton de Wit.

„Und wir werden sie abhängen“, erklärte Branco Fernan mit stolzer Gebärde. Er ließ sein Pferd Jolante noch ein wenig grasen, dann saß er wieder auf und winkte Ton de Wit zu. „Auf zu neuen Taten! Keinem Muselmanen wird es gelingen, uns, die Recken des Herrn, zu umzingeln und niederzumetzeln! Wir sind die Heerscharen Gottes!“

Die Heerschar setzte sich wieder in Marsch. Ludmilla berichtete leise, wie sie ausgekniffen und in dem Wasserloch gelandet war, wie die wüsten Kerle sie in ihr Guffa verfrachtet und entführt hatten. Branco Fernan und Ton de Wit, der Riese, lauschten ihren Worten.

Im stillen schworen sie sich, furchtbare Rache zu üben. Vorerst aber war es besser, sich vor den Flußräubern zu verstecken. Die waren in der Überzahl und hatten auch Pferde.

Außerdem hatten sie sich inzwischen von dem Schrecken erholt, der ihnen in die Knochen gefahren war. Sie waren jetzt wieder das, als was man sie einzuschätzen hatte: blutrünstige, grausame Galgenstricke und Halsabschneider, die schon so manchen harmlosen Reisenden auf dem Gewissen hatten.

Seewölfe Paket 28

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