Читать книгу Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 51
7.
ОглавлениеMondlicht übergoß die See mit Silberglanz. Die Sterne funkelten wie Brillanten auf schwarzem Samt am Himmel, als die „Isabella“ gegen den Wind nach Westen kreuzte.
Die neue Vormarsrah war geriggt, das hatte Zeit gekostet, doch dafür würde die Galeone nicht mehr mit einem Handikap ins Gefecht gehen müssen, falls sie Spaniern begegnete. Und mit so einer Begegnung mußten sie hier im Golf von Biscaya, in gefährlicher Nähe der baskischen Küste, jederzeit rechnen.
In solchen Fällen hatten sich die Seewölfe sonst bisweilen als spanische Kauffahrer getarnt, doch das wäre hier vergebliche Mühe gewesen. Die Kunde von dem Gefecht, bei dem drei Galeonen Seiner Allerkatholischsten Majestät versenkt worden waren, mußte längst die Runde gemacht haben. Vielleicht wußten die Spanier sogar schon, wer da in ihren Gewässern aufräumte. Die „Isabella“ war kein alltägliches Schiff, und sicher gab es eine Menge Leute, die die Galeone von El Lobo del Mar auch einer bloßen Beschreibung nach sofort erkannten.
Ferris Tucker hatte die Wache auf dem Achterkastell übernommen.
Hasard saß zurückgelehnt auf einem Stuhl in seiner Kammer, die eisblauen Augen leicht zusammengekniffen. Prüfend wanderte sein Blick über die Gesichter von Dan O’Flynn, Old Donegal, Big Old Shane, Ben Brighton und Edwin Carberry.
Noch war kein Wort gefallen.
Aber sie wußten auch so, um was es ging. Schließlich hatten sie Augen im Kopf, um zu sehen, was Jan Joerdans, Friso Eyck und ihre Wassergeusen für Kerle waren. Ohren hatten sie auch, und was der Rest der Crew von der Sache hielt, war nicht geflüstert worden. Der Gedanke, daß die Spanier aufrechte Männer wie Marius van Helder in ihre Kerker schleppen würden, um sie langsam zu Tode zu foltern, damit sie ihre Kameraden verrieten – dieser Gedanke stank einfach zum Himmel.
„Gegen Cadiz ist Bilbao doch nur ein Drecknest“, knurrte Old O’Flynn nach einem langen Schweigen.
„Stimmt“, gab Dan seinem Vater ausnahmsweise recht.
„Und vier von den verdammten spanischen Waschzubern sind schon Treibholz“, merkte Ed Carberry an. „Himmelarsch, wer sind wir eigentlich? Vielleicht Memmen, die vor den krummen Dons den Schwanz einziehen, was, wie?“
„Wir wollen nach England“, stellte Hasard fest. „Und wir haben schon zu viel Zeit verloren.“
„Aber das Cadiz-Unternehmen hat die Spanier um Monate zurückgeworfen“, wandte Ben Brighton in seiner ruhigen, sachlichen Art ein. „Sie werden England nicht morgen und auch nicht übermorgen angreifen.“
„Und auch nicht nächsten Monat!“ Dan O’Flynn hatte sich vorgebeugt, seine blauen Augen blitzten. „Hasard, ich habe mich mit diesem Henk Soundso unterhalten, der mit der ‚Oranje‘ aus der Nordsee gekommen ist. Der Statthalter der spanischen Niederlande, Allessandro Farnese heißt er, soll dem alten Philipp schon lange damit in den Ohren liegen, die aufständischen Provinzen zurückzuerobern. Bis jetzt hat man ihn nicht von der Leine gelassen, weil er die Armada mit einer Invasionsarmee gegen Old England unterstützen soll. Aber wenn der Allerkatholischste Philipp nun zum Beispiel seinen Raubzug um ein halbes oder ein ganzes Jahr verschiebt …“
„… dann könnte es gut sein, daß sich die Spanier die Utrechter Union wieder unter den Nagel reißen“, vollendete Hasard. „Ich weiß das, Dan. Ich weiß auch, daß ein starker Geusenbund im Interesse Englands liegt und die Königliche Lissy die englischen Häfen für die Wassergeusen geöffnet hat.“
„Na also!“ brummte der Profos zufrieden.
„Wozu reden wir dann noch?“ fragte Old O’Flynn und stampfte ungeduldig mit dem Holzbein. „Wir gabeln die ‚Hoek van Holland‘ auf und legen mal eben Bilbao in Trümmer.“
„Ihr könnt es wohl nicht mehr abwarten, was?“ fragte Hasard sarkastisch.
Dan O’Flynn nickte ungerührt.
Edwin Carberry hob die Faust, als nehme er in Gedanken schon bei einem Spanier Maß.
Big Old Shane strich über seinen struppigen grauen Bart, blickte den Seewolf an und lächelte auf die gewisse Art, die Hasard immer an die alten Zeiten auf der Feste Arwenack erinnerte. Da hatte er notfalls jedem ein Schnippchen schlagen können – nur dem knorrigen alten Schmied nicht.
„Und du?“ fragte der bärtige Riese gelassen. „Willst du mir vielleicht erzählen, daß du anderer Meinung bist? Das glaubt dir vielleicht des Teufels Großmutter, aber dem alten Shane kannst du nichts vorerzählen.“
Hasard grinste schief.
Nein, er war durchaus nicht anderer Meinung, er war es von Anfang an nicht gewesen. Die Geusen hatten den Seewölfen geholfen, jetzt würden die Seewölfe den Geusen helfen. Gemeinsam mußte es ihnen gelingen, Marius van Helder aus den Händen der Spanier zu befreien – und wenn sie dazu die Hölle mit einem Eimer Wasser angreifen mußten.
„Wie ihr wollt“, sagte Hasard gelassen. „Legen wir also mal eben Bilbao in Trümmer. Aber so einfach wird das nicht, das kann ich euch flüstern. Ganz davon abgesehen, daß uns die Trümmer in Bilbao nichts nutzen, weil wir uns um die Festung in Portugalete kümmern müssen …“
Klatschend landete der Körper des Holländers im Wasser.
Juan Mendez sah ungerührt zu. Die „Maria de Navarra“ segelte am Wind Kurs Süd-Südwest, um Bilbao zu erreichen. Sieben Gefangene waren an Bord, und Capitan Mendez war zufrieden.
Die Männer der „Oranje“ standen auf der Kuhl, bewacht von Spaniern, die vor Haß keuchten und sich nur mit Mühe davon zurückhalten konnten, auch noch die letzten ihrer Gegner niederzumachen. Sie hatten ein Schiff und zwei Dutzend Männer verloren, völlig unbeschädigt war einzig die „Princesa Anna“ geblieben. Glühende Augen starrten auf die gefesselten, blutbesudelten Gestalten, und jeder Schrei aus dem Vorschiff, wo Feldscher die verwundeten Spanier behandelten, verstärkte die Wut in den Gesichtern der Bewacher.
Marius van Helder schwankte und hielt sich nur mühsam auf den Beinen. Trotz des gebrochenen Gelenks hatte man ihm die Hände auf den Rücken gebunden, von einem Schnitt rann Blut über seine Brust. Neben ihm kämpfte ein braunhaariger, kaum siebzehnjähriger Junge mit den Tränen: Der Mann, den die Spanier über Bord geworfen hatten, war sein Vater gewesen. Fünf weitere Geusen erwiderten trotzig die haßerfüllten Blicke der Spanier. Van Helders Augen glitten über die schwankenden, abgekämpften Gestalten. Kein einziger war unverletzt geblieben. Erschöpfung zeichnete ihre Gesichter, die Kleider hingen ihnen in Fetzen vom Körper, aber sie zeigten keine Furcht, obwohl sie nur zu genau wußten, was ihnen bevorstand.
„Du bist van Helder?“
Juan Mendez’ Stimme klang wie ein Peitschenhieb. Der Geusenkapitän spuckte aus und warf das fast weiße Haar zurück. Einer seiner Männer lachte – ein schnelles, hartes Lachen.
„Welche Ehre!“ stieß er auf spanisch hervor. „Sie halten uns für van Helders Höllenhunde! Weißt du nicht, daß dessen Schiff ‚Wappen von Oranien‘ hieß und im Kanal sank, Spanier?“
Unsicherheit malte sich in den Zügen des Capitans.
Marius van Helder warf seinem langen blonden Stückmeister einen raschen Blick zu und lächelte. Aber er bezweifelte, daß die freche Lüge die Spanier täuschen konnte.
Juan Mendez biß die Zähne zusammen.
Er starrte die Gefangenen an. War es möglich, daß er sich getäuscht hatte? Daß sie alle auf ein Märchen hereingefallen waren – ein Märchen, das ein Mann unter der Folter erfunden hatte, um der unerträglichen Qual ein Ende zu bereiten?
Mendez fauchte vor Wut. Er mußte es wissen! Er mußte genau wissen, wer dieser stolze, unerschrockene Mann mit dem ausgebleichten Haar und der silbernen Münze auf der Brust war: irgendein Geusenkapitän – oder der legendäre Marius van Helder.
Mit einem Ruck riß der Spanier den Degen aus der Scheide.
Die nadelscharfe Spitze berührte die Haut an van Helders Kehle. Kein Muskel zuckte in dem harten, kantigen Gesicht. Juan Mendez sog scharf die Luft durch die Zähne.
„Wer bist du?“ fauchte er. „Nenn deinen Namen, holländischer Bastard!“
Van Helder schwieg.
Er rührte sich nicht und verriet mit keinem Wimpernzucken den Schmerz, der von der gebrochenen Hand durch seinen Körper tobte. Erst als Mendez auf ihn zutrat, warf er den Kopf in den Nacken und spie seinem Gegner mitten ins Gesicht.
Der Capitan hielt den Atem an.
Mit dem Handrücken wischte er den Speichel weg. Er zitterte vor Haß. Aber er beherrschte sich, denn er wußte, daß sein Opfer nur darauf wartete, einen raschen Tod zu finden.
„Pedro! Diego!“ zischte er. „Nehmt euch den Jungen vor! Vielleicht fällt seinen Freunden die richtige Anwort ein, wenn er an der Rahnock baumelt.“
Stille.
Der Junge straffte trotzig den Rükken und trat einen Schritt vor. Er war bereit zu sterben. Zwei der Spanier machten Anstalten, sich auf ihn zu stürzen, doch die ruhige Stimme des Geusenkapitäns ließ sie innehalten.
„Hört auf! Habt ihr keinen Funken Menschlichkeit mehr in euch, daß ihr euch an einem halben Kind vergreift? Ich bin Marius van Helder …“