Читать книгу Der Sklave des Königs - R.S. Volant - Страница 5

Ein neuer Rekrut

Оглавление

Amanoue konnte kaum mit Falco Schritt halten. Der Hauptmann ging mit ihm hinüber zu seinen Leuten, etwa zwanzig Soldaten standen mit ihren Pferden wartend da. „Das ist Amanoue", sagte er und verzog dabei das Gesicht, als hätte er gerade saure Milch getrunken. „Er wird ab heute mit uns reiten. Finn, besorg ihm ein Pferd, die braune Stute wäre gut!" Alle starrten auf Amanoue und einige tuschelten sogar miteinander. „Finn!" „Jawohl, Hauptmann!", antwortete ein recht junger Soldat, eilte davon und als er wieder zurückkam, hatte er eine zierliche, braune Stute dabei, die brav am Zügel hinter ihm her trottete. Ihr Fell glänzte, ähnlich wie Amanoues Haar, kastanienbraun in der Sonne. „Gut", sagte Falco zu Amanoue, „kommt her! Das wird Euer Pferd sein, ihr Name ist Maid!“ Amanoue trat zu ihm. „Das da, ist vorn", sagte Falco und deutete dabei auf den Kopf des Tieres, „und das, ist hinten!" Er klopfte dem Pferd aufs Hinterteil und die Soldaten lachten. „Ich weiß sehr gut, wo bei einem Pferd, vorn und hinten ist! Ich kann reiten!", blaffte ihn Amanoue an. „Na, klar!", rief einer der Soldaten, „das war letzte Nacht nicht zu überhören!" „Fragt sich nur, wer da wohl geritten worden ist", rief ein Anderer und die Soldaten grölten vor Lachen, selbst der Hauptmann. „Nun ist es gut", sagte der schließlich und wischte sich über die Augen, „wir werden sehen!" Amanoue nahm ihm die Zügel aus der Hand, setzte einen Fuß in den Steigbügel, schwang sich in den Sattel und sah dabei Falco herausfordernd an. „Gut", meinte der immer noch schmunzelnd, „wenigstens das wäre geschafft! Aufsitzen!", befahl er seinen Leuten, die bestiegen ihre Pferde und reihten sich paarweise ein. „Kommt", rief der Hauptmann Amanoue zu und sie ritten gemeinsam an den Soldaten vorbei, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, bis kurz vor dem Ende der Abteilung. „Brac, Ihr werdet neben ihm reiten! Mati, vor zu mir!", sagte er knapp und der Soldat, der auf der linken Seite ritt, scherte aus der Reihe aus und lenkte sein Pferd neben sie. „Das wird zunächst Euer Platz sein", sagte Falco zu Amanoue und deutete dabei auf die freie Stelle. „Brac, versucht ihm irgendetwas beizubringen, wenn`s geht“, schnaubte er noch einmal verächtlich, wendete sein Pferd und trabte mit Mati wieder nach vorn.

38



„Tja, dann kommt mal", meinte Brac und kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er war ein Bär, von einem Mann, hatte aber ein freundliches, fast sanftes Gesicht. Amanoue reihte sich ein, ritt nun links neben ihm und nickte ihm schüchtern zu. „Gut, ähm also, das ist Matto", Brac deutete auf den Reiter, der direkt vor Amanoue ritt, „nicht zu verwechseln mit Mati, der gerade mit dem Hauptmann weg ist. Der daneben ist Finn", er deutete vor sich, „unser Jüngster, also ähm, bis jetzt jedenfalls. Wie alt bist du, Finn?" „Achtzehn!", kam zur Antwort. „Wie alt seid Ihr?" „Ich weiß es nicht", sagte Amanoue, zuckte leicht mit den Schultern und ohne einen von ihnen anzusehen. „Wie, Ihr wisst es nicht? Jeder, weiß doch wenigstens ungefähr, wie alt er ist." „Ich weiß gar nichts, über mich", erwiderte Amanoue leise, „außer, dass ich aus einem Freudenhaus komme und eine Hure bin“, meinte er und sah jetzt Brac kurz ins Gesicht. „Scheiße Mann, aber ich sag Euch was, wenn Ihr nicht so `nen ulkigen Akzent hättet, würd` ich jetzt glatt losheulen!", antwortete Brac, fing an zu lachen und auch die Anderen stimmten mit ein. Amanoue lächelte zwar kurz, blickte dann aber wieder verlegen auf seine Hände. „Mann, also, dann zu den zwei Figuren hinter uns", meinte Brac, als sie sich wieder beruhigt hatten. „Der hinter Euch, der Blonde, ist Ravio", Amanoue drehte sich leicht um und Ravio deutete eine Verbeugung an, „und der neben ihm, der so sauertöpfisch `dreinschaut, ist Alecto. Die Zwei sind unzertrennlich, wie zwei Arschbacken! Du wirst nie den Einen, ohne den Anderen sehen!" Amanoue musste wieder lächeln und Ravio grinste ihn freundlich an. Die Beiden ritten ganz zum Schluss und so drehten sich Brac und Amanoue wieder nach vorn. „Nun, ich denke, dass reicht erst mal. Den Rest der Bande werdet Ihr schon noch kennenlernen. Wir wollen Euch ja nicht gleich überfordern", sagte Brac und grinste ihn an. Der Zug hatte sich längst in Bewegung gesetzt und als Amanoue den Wind in seinen langen Haaren spürte, hätte er am liebsten laut aufgeschrien, vor Freude. Das erste Mal, seit langem, fühlte er sich frei, nur sein rechter Arm brannte ein wenig.

Kaum, dass sie losgeritten waren, fing Brac an zu singen und seine Stimme klang unerwartet schön und hell. Die Lieder, die er sang, waren zwar ausnahmslos schmutzige Soldatenlieder, aber trotzdem fand Amanoue sie wunderschön. Er verstand nicht alles, doch einige Textzeilen trieben ihm die Schamesröte ins Gesicht. Sie kamen gut voran und schließlich, als die Sonne hoch am Himmel stand und unbarmherzig auf sie niederbrannte, hielten sie an um auszuruhen. Sie waren alle von ihren Pferden gestiegen, reckten sich und fingen an ihre Tiere zu tränken. Seit Tagen ritten sie an einem

39



Fluss entlang, der eine natürliche Grenze zwischen Tirana und Austrien bildete. Finn hatte Amanoues Stute mitgenommen und so hatte Amanoue sich am Ufer ins Gras gelegt und war wenige Augenblicke später eingeschlafen. Er lag mit ausgebreiteten Armen da, schön wie ein Schmetterling und trug nur die alte Tunika des Königs, die ihm allerdings viel zu groß war. Als er sich bewegte rutschte sie auf einer Seite tief herunter und gab seine gesamte rechte Brusthälfte preis. Falco stand über ihm und sah auf ihn hinab. Er blickte auf Amanoues harte, kleine Brustwarze, atmete tief ein und aus, stieß Amanoue mit dem Fuß an, der streckte sich gähnend, setzte sich auf und sah ihn fragend an. Die Tunika war ihm immer noch, über die Schulter gerutscht. „Bedeckt Euch", sagte der Hauptmann kühl, „wir sind hier nicht mehr im Hurenhaus! Und ab morgen werdet Ihr ein Hemd tragen!", befahl er, drehte sich um und ging. Amanoue saß da, blickte dem Hauptmann nach und eine seltsame Unruhe erfasste ihn. Sein Herz schlug plötzlich heftig und tat fast weh. Er zog sich die Tunika zurecht, erhob sich und als er sich umdrehte, sah er, dass die Soldaten ihn alle anstarrten. Am liebsten wäre er im Erdboden versunken, reckte dann aber seinen Kopf in die Höhe, ging aufrechten Hauptes zu Finn und nahm ihm die Zügel der Stute aus der Hand. „Aufsitzen!", kam schließlich der Befehl und alle stiegen in ihre Sättel und reihten sich wieder ein. Die ersten Minuten sagte keiner ein Wort, doch dann ließ Brac unüberhörbar einen fahren und Alecto stöhnte hinter ihm laut auf. „Mensch, Brac, du alter Dreckskerl, noch so`n Ding und mein Gaul bricht zusammen!", maulte er und alle fingen wieder laut an zu lachen. Brac begann zu singen und so setzten sie ihren Ritt fort, bis es anfing zu dämmern. Endlich hielten sie an, um das Nachtlager zu errichten und Amanoue versorgte die Stute dieses Mal selbst, sattelte sie mit Finns Hilfe ab und gab ihr Futter und Wasser. Um das Pferd des Hauptmannes kümmerte sich ebenfalls Finn und so schlenderte Amanoue zu ihm hinüber und streichelte dem Tier den Kopf. Es war ein großer, dunkelbrauner Wallach, mit einer hübschen, weißen Blässe, die ihm bis hinunter zum Maul reichte. Amanoue blies ihm sanft seinen Atem in die Nüstern und der Wallach schnappte spielerisch nach ihm. „Ein schönes Tier", sagte er zu Finn, klopfte dem Pferd nochmals den Hals, wandte sich dann um und verabschiedete sich. Als er zum Zelt des Königs spazierte, kamen ihm bereits dessen Offiziere entgegen, auch Falco. „Das ging aber schnell heute", rief er dem Hauptmann entgegen und der zuckte mit den Schultern. „Seine Majestät sind heute nicht besonders gut gelaunt, er hat uns ziemlich schnell verabschiedet. Hoffentlich kocht Brac `was Gutes, wir haben nicht mal `was zu essen bekommen“, antwortete Falco seufzend und Amanoue sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an.

40



„Und wieso?", fragte er verwundert. „Ich weiß es nicht, wir haben nur den morgigen Tagesablauf besprochen und der junge Satorius hat mal wieder den Mund nicht halten können, dann hat uns der König fast rausgeworfen“, meinte Falco und schnaubte zynisch. Sie grüßten sich nochmals kurz und Amanoue marschierte weiter zum Zelt, doch als er eintreten wollte, versperrten ihm die Wachen, Ravio und Alecto, den Weg. Die Soldaten sahen ihn kurz an und Alecto schüttelte den Kopf. Amanoue stand einen Moment ratlos da und ging dann zurück zu Falco, der sich noch mit dem General und dem Herzog unterhielt. „Nanu, was ist denn?", fragte der Hauptmann überrascht. „Die lassen mich nicht ins Zelt!", antwortete Amanoue unsicher. Die Drei sahen sich verwundert an, der Herzog zuckte mit den Schultern und Falco blickte sich um. Hauptmann Matheo ging gerade davon, Graf Satorius stand bei seinem Pferd und sprach mit Sebastian, dann stieg er auf und ritt davon, jedoch ohne seinen Sohn, von dem weit und breit nichts zu sehen war. „Ihr könnt derweil bei mir bleiben", sagte er zu Amanoue und wandte sich an den Herzog. „Satory ist nicht da!", flüsterte er ihm zu, sie blickten sich in die Augen und der Herzog schüttelte kaum merklich den Kopf. „Das würde er nie tun", raunte er leise zurück, klang allerdings nicht gerade überzeugt. Der General hatte sich ebenfalls verabschiedet und war bereits gegangen und nun schüttelte auch Falco ungläubig seinen Kopf. „Nein, ganz sicher nicht", flüsterte er zurück und sah kurz zu Amanoue. Der Herzog zuckte erneut mit den Schultern. „Hoffentlich habt Ihr Recht, Hauptmann, aber so wütend, habe ich seine Majestät schon lange nicht mehr erlebt! Ich dachte schon, er würde dem kleinen Satory, an die Kehle springen!", antwortete er, klopfte Falco noch auf die Schulter und ging seufzend davon. „Kommt", raunte Falco zu Amanoue und sie marschierten hinüber zum Abteil der Wachen, die für die heutige Nacht eingeteilt waren.

Als der König seine Offiziere entlassen hatte, war er ebenfalls aufgestanden und als Hauptmann Satorius an ihm vorbeiging, versperrte der König ihm den Weg. „Ihr bleibt!", raunte Henry leise, aber energisch. Satorius war etwa so groß wie er, aber nicht so kräftig gebaut und wie immer, lag ein spöttischer Zug um seinen Mund. Er hatte ein ausgesprochen hübsches Gesicht, mit großen, blauen Augen und dunklen Wimpern und Augenbrauen, die einen schönen Kontrast zu seinen blonden Haaren bildeten. Sein Mund war überaus sinnlich, mit ungewöhnlich weichen, roten Lippen. Der Bartwuchs hatte sich noch nicht richtig durchsetzen können und so glänzten nur spärlich, ein paar goldene Härchen auf seiner Oberlippe.

41



„Ihr seid sehr hübsch", sagte Henry zu ihm, als sie alleine waren, „ich wette, Ihr seid bei den Frauen sehr beliebt!" „Ich kann nicht klagen, Eure Majestät!", antwortete Satorius leicht überheblich und wieder war da dieses spöttische Lächeln. „Kommt hier herüber, zum Tisch", sagte der König, ging vor und Satorius folgte ihm. „Hat Euer Vater gestern Abend, meinen Rat befolgt?" „Welchen Rat meint Ihr?", fragte Satorius, er stand jetzt direkt vor dem Tisch und lehnte sich lässig dagegen. „Euch zu züchtigen", sagte Henry ruhig. „Das ist doch nicht Euer Ernst, natürlich nicht! Nun er hat mit mir gesprochen, aber mein Vater schlägt mich nicht, er hat mich noch nie geschlagen", erwiderte Satorius trotzig. „Seht Ihr, genau das, hätte er tun sollen. Jetzt werde ich nachholen, was Euer Vater bei Euch versäumt hat!", erwiderte Henry nickend. Satorius wirkte etwas verunsichert, fing sich aber gleich wieder. „Das würdet Ihr nie wagen!", sagte er kalt. „Oh doch, zieht Euch aus!", sagte Henry und seine Stimme klang sanft, aber bestimmt. „Niemals!", gab Satorius wütend zurück, schüttelte energisch seinen Kopf und verschränkte seine Arme, vor seiner Brust. „Tja, dann werde ich jetzt die Wachen rufen, die werden das dann für Euch übernehmen, sicher mit dem größten Vergnügen. Ihr wisst, dass Ihr nicht besonders beliebt, bei Falcos Männern seid! Satory, wir können das hier unter uns ausmachen und nichts davon, wird nach draußen dringen. Ich habe mir Eure Frechheiten, mir gegenüber, lange genug angehört!", meinte Henry nur und zuckte die Achseln. Satorius zögerte noch einen kurzen Moment, zog dann aber tatsächlich sein Hemd aus. Er warf es mit einer geradezu unverschämten Arroganz auf den Tisch und sah den König herausfordernd an. „Seht Ihr, genau dieser Blick ist es, so werdet Ihr mich in Zukunft nicht mehr ansehen!", sagte Henry und lächelte. Er hatte jetzt Satorius Reitpeitsche in der Hand, die der stets bei sich trug und deutete damit auf dessen Hose. „Ganz!" Der Hauptmann schüttelte den Kopf. „Nein! Ich werde mich Euch niemals beugen!", raunte er zurück und schnaubte verächtlich. Blitzschnell griff Henry in Satorius` Haar und schlug dessen Kopf hart gegen die Tischplatte. Er lehnte sich mit seinem ganzen Gewicht auf ihn war unerwartet stark. Satorius versuchte frei zu kommen, schaffte es aber nicht. Henry hob dessen Kopf nochmals hoch und schlug wieder damit auf den Tisch. Satorius Augenbraue platzte auf und Blut spritzte, er schrie kurz auf und Henry ließ ihn los. Satorius atmete heftig und in seinem Blick lag nun die blanke Wut.

42



„Muss ich wirklich die Wachen holen? Ich werde Euch den Hintern versohlen, damit Ihr es noch ein paar Tage spürt, wenn Ihr auf Eurem Hengst sitzt! Satory, es wäre ganz schnell vorbei, es liegt nur bei Euch. Lasst einfach Eure Hosen herunter und beugt Euch über den Tisch! Ihr wisst, dass ich Euch auch Euren Soldaten überlassen kann. Denkt daran, was sie mit Amanoue machen wollten", sagte Henry gelassen. „Das würdet Ihr nie wagen!", schrie Satorius. Blankes Entsetzen lag jetzt in seinen Augen. „Ich werde es tun! Das könnt Ihr mir glauben! Wie schade, dass Ihr Eure Soldaten, mir vorzieht und damit eine öffentliche Demütigung, Wachen!", rief Henry und wandte sich achselzuckend zum Zelteingang um. Sofort erschienen die beiden Soldaten, die vor dem Zelt gestanden hatten. „Eure Majestät?", fragte einer von ihnen und beide salutierten. „Nehmt Hauptmann Satorius fest!" Die Wachen gingen sofort auf Satorius zu, der daraufhin entsetzt zurückwich. „Bitte, Eure Majestät, ich werde mich fügen", sagte er leise und seine Stimme zitterte merklich. „Gut! Ich sehe, Ihr werdet doch noch vernünftig. Ihr könnt gehen", wandte Henry sich an die Wachen, die sich daraufhin wieder salutierend zurückzogen. Er ging auf Satorius zu und strich ihm mit der Gerte über die Schenkel. Satorius zog zögernd am Band seiner Hose und ließ sie langsam herunter. Dann drehte er sich um und beugte sich über den Tisch. Henry lächelte triumphierend, trat zu ihm und schlug zu. Fünfmal ließ er die Peitsche auf Satorys Hinterteil klatschen, dann beugte er sich über ihn. „Und jetzt, bittet mich darum!", raunte er ihm ins Ohr, strich mit der harten Gerte an der Innenseite von Satorys Schenkeln entlang, berührte ihn genau zwischen den Beinen und Satory keuchte leise auf. Er weinte jetzt fast, allerdings mehr aus verletztem Stolz, als vor Schmerz. Wieder schüttelte er seinen Kopf. Er hatte sein blondes Haar am Hinterkopf zu einem kleinen Pferdeschwänzchen zusammengebunden und Henry streichelte ihm darüber. „Kennt Ihr meinen Schmied?", raunte er ihm erneut ins Ohr, „Ihr würdet ihm sicher gefallen, besonders seiner Peitsche. Man sagt, er schlägt einem glatt das Fleisch damit, von den Rippen!" Wieder drückte er Satorys Gesicht gegen den Tisch und klopfte mit der Gerte gegen die Innenseiten seiner Schenkel. „Kommt schon, spreizt Eure Beine und sagt es! Alles wäre dann vorüber", hauchte er sanft, doch Satorius schüttelte seinen Kopf. „Was seid Ihr nur für ein kleiner Trotzkopf“, meinte Henry und richtete sich seufzend auf. Er schlug ihm nochmals mit der Gerte fest aufs Hinterteil, warf sie dann auf den Tisch, strich ihm sanft mit der Hand über die roten Striemen und Satorius sog zischend die Luft ein. „Ich will Euch gar nicht der Peitsche meines Schmiedes überlassen, dafür seid Ihr viel zu schön“, raunte er verlangend und fuhr ihm zwischen die Backen. „Wisst Ihr, was ich will? Ich will Euch unter mir haben“, flüsterte er und Satorius keuchte lustvoll auf. „Und, habt Ihr eine Entscheidung getroffen? Soll ich Euch dem Schmied übergeben und dann

43



Euren Soldaten?", fragte Henry und Satorius schüttelte seinen Kopf. Er erzitterte am ganzen Körper und hob den Blick etwas an. „Bitte, Majestät, tut es", sagte er leise, „macht es mit mir." Sein Atem ging vor Erregung keuchend, er schloss seine Augen, biss sich auf die Unterlippe und spreizte seine Beine. Henry lächelte, öffnete seine Hose und trat hinter ihn.

Als Henry fertig war, zog er seine Hose wieder hoch und strich Satorius über den Rücken. „Seht Ihr Satory, so war es brav. Ihr dürft Euch nun aufrichten", sagte er zufrieden lächelnd. „Ich hoffe, Ihr habt Eure Lektion verstanden!" Satorius richtete sich auf und zog sich ebenfalls an. Sein hübsches Gesicht war an der Stirn blutverschmiert und stark gerötet. „Werdet Ihr mir nun gehorchen?", fragte Henry energisch. „Ja, Eure Majestät", antwortete Satorius matt. „Gut, dann dürft Ihr Euch nun zurückziehen", sagte Henry und reichte ihm seine rechte Hand, mit dem königlichen Siegelring. Satorius kniete vor ihm nieder, ergriff seine Hand und küsste sie. „Bitte, ich bitte Euch, mein Vater darf es nicht erfahren!", sagte er flehend und küsste Henrys Hand nochmals innig. „Das liegt nur bei Euch, Satory, an Eurem Verhalten, mir gegenüber. Ich habe Gefallen an Euch gefunden und mag Euch. Wenn Ihr mir entgegenkommt, könntet Ihr es weit bringen! Denkt darüber nach! Ihr könnt jetzt gehen!", erwiderte Henry und lächelte ihn an. Als Satorius aus dem Zelt kam, ging er geradewegs auf sein Pferd zu, musste allerdings direkt an Falco und dessen Männern vorbei. Plötzlich taumelte er ein wenig, ging ein paar Schritte zur Seite, lehnte sich gegen einen Baum und erbrach sich heftig. „Was hat `n der", lachte Brac, „wohl zu viel Wein, was Hauptmann?", rief er ihm zu. „Sei still, Brac!", raunte Falco. Amanoue hatte sich erhoben und wollte zu Satorius gehen, doch Falco hielt ihn zurück. „Halt, ich werde nach ihm sehen! Ich denke, Ihr geht jetzt besser zu seiner Majestät!", sagte er schnell, ging hinüber zu Satorius und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Alles in Ordnung, mit Euch?", fragte er behutsam. Satorius wich entsetzt einen Schritt zurück, sah Falco an und erbebte am ganzen Körper. Als Falco Satorys blutiges Gesicht sah, erschrak er sichtlich, doch noch viel mehr, erschrak er vor dem, was er in Satorius` Augen las, als dieser den Blick voller Scham senkte. „Oh nein!", sagte Falco, „Satorius, es tut mir so leid!" Er fasste ihm an die Schulter, doch Satorius schlug Falco mit voller Wucht die Faust ins Gesicht. „Fasst mich nicht an!", schrie er und seine Stimme überschlug sich beinahe, „ich brauche Euer Mitleid nicht! Ich warne Euch, Falco, ich bring Euch um, wenn Ihr auch nur ein Wort sagt! Geht mir aus dem Weg!" Tränen liefen ihm übers Gesicht, er machte einen Bogen um Falco, lief zu seinem Pferd und versuchte aufzusteigen, schaffte es aber nicht beim ersten Mal, was bei Satorius so gut wie unmöglich war. Der große Hengst tänzelte nervös zur Seite, Satorius schlug ihm mit der Hand auf den Hals und riss hart am Zügel. Er setzte wieder

44



seinen Fuß in den Steigbügel und schwang sich hoch. Wieder machte das Pferd einen Satz zur Seite und Satorius wäre beinahe heruntergefallen, wenn er nicht in die lange Mähne des Tieres gegriffen hätte. Er riss den Hengst herum und galoppierte davon. Falco hatte sich wieder gefangen, der Schlag hatte ihn so unerwartet getroffen, dass er zurückgetaumelt war. Er hielt sich die Hand auf die blutende Nase und hörte, wie Brac Satorius noch hinterherrief: „He, Hauptmann Satorius! Wenn Ihr zu blöd zum Aufsteigen seid, dann legt Euch besser `nen kleineren Gaul zu!" Hämisches Gelächter folgte, von seinen Leuten. Falco war jetzt wieder bei ihnen und hielt sich immer noch, die Hand vor die Nase. „Scheiße", sagte er, blickte auf seine blutige Hand und die Soldaten lachten verhalten auf. „Was is`n in den gefahren?", meinte Brac kopfschüttelnd, „der hat sie zwar noch nie alle beisammengehabt, aber heute hätte man denken können, der Teufel wär hinter ihm her!" ´Das war er wahrscheinlich auch`, dachte Falco und wandte sich Amanoue zu, der immer noch dastand und sichtlich durcheinander schien. „Geht jetzt", sagte Falco zu ihm, „jetzt lässt man Euch sicher wieder ins Zelt!" Amanoue sah ihn kurz fragend an, nickte zaghaft und ging zum Zelt des Königs, wo man ihn sofort einließ. Als Amanoue eintrat, räumten die Diener gerade auf. Während einer der jüngeren, Kai, die Blutflecken vom Tisch wischte, hob Benedicto die heruntergefallenen Sachen auf. Ein Krug war zu Bruch gegangen und er las gerade die Scherben zusammen. Amanoue blickte sich besorgt um und sah den König hinten im Zelt stehen, halb vom Vorhang verdeckt. Er zog gerade, mit Sebastians Hilfe, seinen rotgoldenen Morgenmantel an und Amanoue ging zu ihm. „Seid Ihr in Ordnung, Herr, geht es Euch gut?", fragte er unsicher. Henry drehte sich um. „Aber natürlich, es geht mir hervorragend, komm her, mein Liebling! Wie war dein Tag?" Er zog Amanoue zu sich und lächelte sanft. „Oh Gott, du musst dich unbedingt waschen! Du riechst, wie eine alte Pferdedecke!" rief er dann, schob Amanoue gleich wieder von sich und lachte dabei. Amanoue lächelte ihn an und begann sich auszuziehen. Er streckte sich und gähnte herzhaft. „Mein Tag war herrlich! Ich bin so glücklich, dass Ihr mich mit den Soldaten reiten lasst! Ich bin Euch so dankbar, Herr!", rief er aufgeregt und wollte Henry umarmen, doch der wehrte ihn ab. „Wasche dich erst einmal, mein kleiner Soldat", sagte er zärtlich, „und dann esse etwas!" „Oh, ich habe schon gegessen! Mit der Wache, draußen am Feuer! Brac, das ist der ganz große, hat eine Suppe gekocht, mit Brot", erwiderte Amanoue und er zeigte mit seinen Händen in die Luft, um Henry zu zeigen, wie groß Brac war. Und er erzählte, sprudelte fast über, bis Henry ihn lachend aufhielt. „Amanoue, langsam! Ich verstehe kaum noch ein Wort! Du bist ja total aus dem Häuschen! Ja, ich kenne Brac! Ich kenne jeden, meiner Soldaten und ich freue mich, dass sie so nett zu

45



dir waren!" Amanoue hatte sich mittlerweile gewaschen und es fröstelte ihn etwas. Er ging zum Bett und schlüpfte unter die weiche Fuchsfelldecke, auf der sie sonst meistens gelegen hatten. Der August ging langsam zu Ende und wenn es auch tagsüber noch sehr heiß war, so wurde es jetzt nachts bereits deutlich kühler. Henry kam zum Bett und legte sich zu ihm, aber als Amanoue anfing zärtlich zu werden, blockte der König ab und hielt seine Hände fest. „Heute Nacht nicht, Amanoue, ich bin sehr müde!", sagte er bestimmt, küsste ihn aber zärtlich. Er nahm ihn in seine Arme und so schliefen sie ein. Am nächsten Morgen ging es Amanoue nicht gut. Er hatte starke Kopfschmerzen und ihm war furchtbar schlecht. Als Sebastian das Frühstück brachte, wandte er sich stöhnend ab und wollte nichts essen, doch Henry verlangte es von ihm. „Iss wenigstens ein bisschen Brot", sagte er fürsorglich, „sieh mal, wir haben Honig! Und trink einen Becher Milch, ja?", meinte er und lächelte ihn aufmunternd an. Amanoue zwang sich schließlich dazu, tauchte ein Stückchen Brot in den Honig und aß. Doch sobald er die Milch getrunken hatte, stand er auf, rannte zum Waschtisch und erbrach sich in eine der Schüsseln. Der König seufzte und schob seinen Teller angewidert von sich. „Danke", sagte er kopfschüttelnd zu Sebastian, der ihm gerade noch einmal nachschenken wollte, „aber ich habe keinen Appetit mehr. Geh und sieh nach ihm!" Sebastian ging zu Amanoue und erschrak, als er ihn sah. Amanoue war sichtlich blass, zitterte am ganzen Körper und schien nach Luft zu ringen. Seine Pupillen waren stark geweitet und er griff sich voller Entsetzen an die Kehle, dann verdrehte er seine Augen unnatürlich. „Eure Majestät!", rief der alte Diener noch, „wir sollten sofort Gregorius holen!" Doch genau in diesem Moment, brach Amanoue zusammen.

Als Amanoue erwachte, lag er im Bett. Der König stand mit sorgenvoller Miene daneben, mit Sebastian an seiner Seite. Gregorius saß auf der Bettkante und fühlte gerade Amanoues Stirn. „Nun, ich kann nichts Besonderes feststellen, Eure Majestät. Fieber hat er jedenfalls nicht. Hat er sehr stark gezittert?", fragte der Heiler nachdenklich und Sebastian nickte. „Am ganzen Körper, er hat richtiggehend gebebt", antwortete der Diener, immer noch entsetzt. „Es war schrecklich!" Der Heiler hob erstaunt seine Augenbrauen und sah dann wieder auf Amanoue, der leise stöhnte. „Ah, er kommt zu sich. Tut Euch etwas weh?" Amanoue sah ihn matt an. „Kopf", sagte er leise und fuhr sich mit der Hand über die Augen. „Ich denke, es ist nur eine starke Migräne und ein dadurch verursachter Schwächeanfall. Ihr sagtet, er war gestern den ganzen Tag, mit den Soldaten unterwegs?" Henry nickte.

46



„Nun, er ist sehr zart gebaut, das kann ihn schon überanstrengt haben! Ich denke, er braucht einfach nur ein Wenig Ruhe!", meinte Gregorius und sah den König an. Lag da ein stiller Vorwurf in Gregorius Augen? Henry kniff kurz seine Augen zusammen. „Ich werde ihn aber besser mit zu mir nehmen, in den Wagen, nur zur Beobachtung", fügte er schnell beschwichtigend hinzu. „Ihr braucht Euch nicht zu sorgen, Eure Majestät." Henry nickte wieder. „Gut, wie Ihr meint. Ich lasse ihn zu Euch bringen", erwiderte er, gab Sebastian die Anweisung und wenig später trugen zwei der Wachen, Finn und Matto, Amanoue auf einer Bahre zum Wagen des Heilers. Amanoue hatte erneut das Bewusstsein verloren. „Was fehlt ihm denn? Er sieht gar nicht gut aus", fragte der junge Soldat besorgt. „Ruhe", antwortete der Heiler, „einfach nur Ruhe."

Gleich nachdem die Wachen mit Amanoue gegangen waren, brachen sie das Lager ab und setzten ihren Weg am Fluss entlang, fort. Am Abend ließ Gregorius dem König mitteilen, dass Amanoue noch immer zu schwach war und die Nacht im Zelt des Heilers verbringen würde. Als Henry seinen obersten Gefolgsleuten eine gute Nacht gewünscht hatte, hielt er Satorius wieder auf. „Ihr nicht", sagte er leise und legte eine Hand auf Satorys Arm. Sebastian war mit nach draußen getreten und gab den Wachen erneut die Anweisung, niemanden mehr ins Zelt zu lassen. Graf Satorius wartete einen Moment, doch als er merkte, dass sein Sohn nicht mit nach draußen kam, wollte er zurück ins Zelt, doch die Wachen ließen ihn nicht durch. Herzog Richard und Falco traten zu ihm und zogen ihn zurück. „Nicht", sagte der Herzog mitfühlend und schüttelte den Kopf, „Ihr könnt eh nichts dagegen tun." Der Graf brach jetzt fast zusammen, hätten die Beiden ihn nicht gestützt. „Reicht ihm nicht seine asconische Hure!", schrie er verzweifelt, „nicht mein Sohn! Bitte, tut doch etwas", flehte er den Herzog an. „Was könnte ich schon tun? Er ist der König, wir können gar nichts tun", antwortete der Herzog. Er hielt den Grafen jetzt in seinen Armen. „Ich habe es immer geahnt", schluchzte der Graf, „die Blicke, die er auf meinen Sohn geworfen hat! Jahrelang habe ich ihn vor Henry versteckt, vom Hof ferngehalten, so gut ich konnte und jetzt konnte ich ihn doch nicht vor ihm schützen!", raunte er erstickt, hielt beide Hände vor sein Gesicht, drehte sich um und ging rasch davon. Falco atmete hörbar aus. „Wisst Ihr", sagte der Herzog, „das schlimmste ist, dass ich nicht einmal richtig Mitleid mit dem jungen Satorius habe, diesem arroganten, kleinen Scheißer! Im Grunde hat er selbst schuld. Ihr wisst, wie er den König immer provoziert hat! Nur sein Vater, der tut mir wirklich leid!" Falco hob die Augenbrauen, dann schüttelte er den Kopf. „Trotzdem", erwiderte er „das hat er nicht verdient!"

47



Herzog Richard legte Falco seine Hand auf den Arm und drückte ihn kurz. „Dankt Gott, dass Ihr nicht Henrys Geschmack seid!", sagte er noch und ging hinüber zu seinem Zelt. Falco zögerte noch einen Moment und machte sich ebenfalls auf den Weg zu seinen Soldaten. Am nächsten Morgen kam Sebastian, wie immer und weckte den König. „Ist schon gut", brummte Henry verschlafen, „gib mir noch ein paar Minuten!" Sebastian blickte auf Satorius, der immer noch schlief und schüttelte den Kopf. ´Jetzt sind es schon zwei`, dachte er bei sich und zog sich wieder zurück. Henry drehte sich zu Satorius um, der auf der Seite, mit dem Rücken zu ihm lag und strich ihm mit der Hand, die Wirbelsäule auf und ab. „Es war sehr schön, letzte Nacht, mit dir. Ich bin fast zufrieden mit dir, Satory, bis auf die kleinen Schwierigkeiten, die du Anfangs wieder gemacht hast. Aber das macht gerade deinen Reiz aus. Ich mag es, wenn du ein wenig aufsässig bist. Ihr dürft Euch nun zurückziehen, Hauptmann Satorius!" Als Satory gegangen war, streckte sich Henry nochmals und stand dann ebenfalls auf. Es dämmerte geradeerst und so war Satorius, abgesehen von den Wachen, fast unbemerkt davongekommen. Doch Henrys Wachen waren darauf eingeschworen worden, besonders schweigsam zu sein. Sie blickten sich lediglich kurz schmunzelnd an.

Als Amanoue am Morgen erwachte, ging es ihm wieder gut. Die Kopfschmerzen waren völlig verschwunden und er hatte einen Bärenhunger. Er zog sich rasch an und ging nach draußen. Der Gehilfe des Heilers war gerade dabei, alles auf den Wagen zu packen. Amanoue nickte ihm zu, schlug den Weg zum königlichen Zelt ein, trat ohne zu zögern ein und strahlte über das ganze Gesicht dabei. Die Ruhe hatte ihm ausgesprochen gutgetan und er sah wunderschön aus. Seine braune Haut hatte einen rosigen Schimmer und seine grünen Augen funkelten wie Edelsteine. Er trug sein Haar offen und im Schein der aufgehenden Sonne, die zum Zelteingang hereinschien, glänzte es, wie polierte Kastanien. „Guten Morgen", sagte er mit seiner samtweichen Stimme und blieb stehen. Henry war nicht allein. Außer Satorius und seinem Sohn, waren alle seine restlichen Offiziere anwesend. Alle sahen zu ihm hin und alle waren sprachlos. Durch das Licht der Sonne, schien Amanoues Körper zu leuchten und er sah eher aus, wie eine himmlische Erscheinung, als aus Fleisch und Blut. Amanoue lächelte sein zauberhaftes Lächeln und legte den Kopf etwas schräg. „Guten Morgen", wiederholte er, „soll ich wieder gehen? Ich möchte nicht stören." „Aber nein", sagte Henry, er hatte sich als erster wieder gefangen, „komm ruhig herein. Geht es dir wieder gut, mein Schatz?" „Sehr gut, danke!", antwortete Amanoue lächelnd und kam zum König. „Ich bin hungrig, kann ich bitte etwas zu essen haben?", fragte er schüchtern. Der König nickte nur verzückt und zeigte auf den Tisch. „Ja, selbstverständlich! Nimm dir, was du möchtest."

48



Amanoue ging an ihm vorbei und berührte ihn dabei, wie zufällig am Arm. Die Anderen würdigte er wie immer keines Blickes, sondern ging mit leicht zur Seite geneigten Kopf an ihnen vorüber. „Ich weiß nicht, ob es Demut oder Arroganz ist, wie er sich manchmal benimmt!", sagte der Herzog und schüttelte den Kopf. „Man könnte fast meinen, er wäre hier der Herr! Und Ihr lasst ihm das durchgehen?" Henry lachte nur und sah Amanoue beim Essen zu. Der hatte sich auf einen Stuhl gesetzt und speiste auf seine vornehme Art. „Er sitzt, während der König steht! Wie könnt Ihr das nur zulassen, Eure Majestät!", rief der Herzog wieder aufgebracht, „steh sofort auf, Sklave! Man sollte dich dafür auspeitschen lassen!" Der Herzog war jetzt wirklich außer sich. Amanoue erhob sich sofort und sah den König unsicher an. „Verzeiht, Herr, ich weiß nicht, wie das passieren konnte. Seine Gnaden hat recht, ich habe Bestrafung verdient", sagte er kleinlaut, verneigte sich tief vor Henry und berührte dabei kurz mit seinen Fingerspitzen seine Brust, seinen Mund und seine Stirn. „Was machst du da?", fragte Henry überrascht, „das hast du noch nie gemacht!" Amanoue runzelte die Stirn, wich etwas zurück, schüttelte leicht den Kopf und zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht?", sagte er unsicher. „Schon gut!", meinte Henry beschwichtigend, „setz dich ruhig wieder und iss weiter, es stört mich nicht! Und Ihr, Onkel, beruhigt Euch, bitte!", wandte er sich an den und drehte sich wieder zu den Anderen um. „Nun, meine Herren, ich denke es war sowieso schon alles gesagt. Es wird Zeit, aufzubrechen!", entließ er sie mit einer Handbewegung. Alle verbeugten sich und verließen dann das Zelt. „Meine Güte", raunte der General beim Hinausgehen, „ich dachte schon, ich wäre tot und würde einen Engel sehen! Gott sei Dank, war es nur die kleine Hure!", meinte er und lachend gingen sie auseinander. Henry war inzwischen zu Amanoue getreten und nahm ihn in die Arme. „Werde ich jetzt ausgepeitscht?", fragte Amanoue leise und mit gesenktem Haupt. Henry hob ihm das Kinn an und küsste ihn zärtlich. „Ich könnte dir nie etwas antun!", sagte er verliebt und küsste ihn nochmals. „Darf ich heute wieder mit den Soldaten reiten? Oh, bitte?!", fragte Amanoue honigsüß. Henry nickte lächelnd. „Ja, mein kleiner Schatz, wenn es dir so viel Freude macht, geh nur!" „Dann brauche ich aber ein Hemd", sagte Amanoue kleinlaut, „sonst schimpft der Hauptmann wieder! Er sagt, das schickt sich nicht“, meinte er und deutete auf seine nackte Schulter, die Tunika war wieder verrutscht. Henry lachte auf. „Ich finde es eigentlich sehr reizvoll!", antwortete er und küsste ihn auf die Schulter, „aber wenn der Hauptmann das sagt, müssen wir wohl gehorchen! Sebastian, bring Amanoue ein frisches Hemd! Aber ein Gutes!", rief er dann vergnügt.

49



Der Diener murmelte irgendetwas, aber Henry achtete nicht darauf. Kurz darauf kam Sebastian wieder und brachte Amanoue ein Hemd des Königs, das ihm natürlich viel zu groß war. Amanoue zog die Tunika aus, das Hemd an und es reichte ihm fast bis zu den Knien. Er stand da, blickte an sich herunter, sah dann den König an, der schmunzelnd neben ihm stand und als er die Stirn runzelte sah er dabei so entzückend aus, dass Henry ihn lachend in die Arme nahm. Amanoue entwand sich ihm jedoch, ging zum Tisch, nahm ein Messer und machte einen Schnitt ins Hemd. Mit einem Ruck, riss er erst das Vorderteil und dann das Hinterteil, etwa in Hüfthöhe ab. „Das schöne Hemd!", jammerte Sebastian entsetzt. Amanoue sah aber zu Henry und grinste ihn spitzbübisch an. „Besser!", sagte er zufrieden und stopfte das Hemd in seine Hose. „Vielleicht ein bisschen kurz jetzt, hm?", meinte der König, doch Amanoue schüttelte den Kopf. „Komm her", sagte Henry und küsste ihn zärtlich. „Und jetzt geh, sonst kann ich für nichts garantieren! Ich freue mich auf heute Abend, lass mich ja nicht zu lange warten!" Amanoue schlang seine Arme um Henrys Hals, zog ihn zu sich herunter und küsste ihn leidenschaftlich. „Isch freue misch auch und bin sooo `ungrisch, nach Eusch, `err!" Henry kniff die Augen zusammen und verbiss sich das Lachen. „Geh jetzt", sagte er liebevoll und gab ihm noch einen Klaps auf den Hintern. Amanoue lächelte ihn noch einmal entzückend an und spazierte hinaus. Er lief geradewegs hinüber zu den Soldaten der Leibwache, die allesamt schon auf den König warteten. „`allo", sagte er, „`ier bin isch wieder! Wo ist meine Pferd?" Die Soldaten grinsten ihn an, nur Falco schüttelte seufzend seinen Kopf. „Oh Herr im Himmel, bitte nicht!", rief er gen Himmel und Amanoue sah ihn verwundert an. „Wieso? Was `abt Ihr, `auptmann? Isch `abe doch eine `emd an, `eute!", meinte er wie selbstverständlich. „Und was, ist das?" Falco trat zu ihm, griff in Amanoues langes Haar und zog daran. „Au!", machte Amanoue und wich zurück. „Bindet es zurück, oder ich schneide es Euch ab! Ihr seht aus, wie ein Mädchen! Finn! Hol die Stute, verdammt!" Amanoue stand da und schluckte, griff mit beiden Händen in sein Haar, strich es zurück, drehte es mehrere Male, machte einen Knoten hinein und stopfte es in seinen Hemdkragen. Finn kam mit der Stute zurück und der Hauptmann gab den Befehl zum Aufsitzen. Der König war längst an ihnen vorbeigeritten, um wie immer ganz vorn zu reiten und Hauptmann Satorius ritt an seiner Seite, hocherhobenen Hauptes. „Nu` sieh` sich einer, den kleinen Pisser an!", murmelte Brac, „habt Ihr den gesehen, Hauptmann?"


50



Falco zog nur die Augenbrauen hoch und schnaubte kurz. „Los jetzt, vorwärts marsch!", rief er laut, gab seinem Wallach die Sporen und galoppierte nach vorn, an die Spitze seiner Abteilung. Kurz nachdem sie sich in Bewegung gesetzt hatten, fing Brac wieder zu singen an. „Was hat der Hauptmann, gegen mich? Ich habe ihm doch nichts getan", fragte Amanoue nach einer Weile und drehte sich zu Ravio um. „Keine Ahnung!", antwortete Ravio achselzuckend, „also ganz ehrlich, ich finde Euch klasse! Endlich haben wir was zu lachen, hier hinten und auf Euren Rücken, blicke ich auch lieber, als auf den von Mati!" „Rücken?", raunte Alecto, „du blickst viel tiefer!" Ravio grinste ihn augenzwinkernd an. Brac hatte aufgehört zu singen und nickte. „Wirklich! Mir geht´s auch so! Wenn ich Euch reden höre, könnt ich Euch glatt auffressen!", sagte er bestätigend, alle lachten und sogar Alecto schmunzelte vor sich hin. „Könnt Ihr wirklich kein ´H` sprechen?", fragte Finn. „Wieso?", fragte Amanoue zurück und es klang höchst verwundert. Sie sahen ihn verdutzt an. „Na dann", meinte Finn, „sagt mal ´Ha`!" „Ah", machte Amanoue. „Nein, haa!" „Aaah!" Amanoue stöhnte fast. „Scheiße, Mann!", raunte Ravio, „hör auf damit, Finn, oder ich krieg` `n Ständer!" „Eine Ständer?", wiederholte Amanoue, „was ist das?" „Scheiße!", lachte Finn und hielt sich eine Hand vor den Mund, „ach, gar nichts, vergesst es besser gleich wieder!", sagte er und sie lachten erneut. Nach einer Weile fing Brac erneut an zu singen und kurz nach Mittag brannte die Sonne dermaßen heiß vom Himmel, dass der Zug stoppte. „Meine Güte, endlich", stöhnte Brac, „ich muss schon seit `ner Stunde pissen!" „Pissen?", fragte Amanoue, „was ist das?" Brac räusperte sich verlegen. „Ähm, naja, wenn man halt mal muss, pinkeln?" „Ach so", Amanoue sah ihn verlegen an, „ich auch", sagte er dann leise. „Naja, dann kommt!" Brac zuckte mit den Schultern, sprang vom Pferd und reihte sich neben seine Kameraden ein, um sich wie sie zu erleichtern, doch Amanoue blieb als einziger auf seinem Pferd sitzen und sah verschämt auf die andere Seite. Schließlich wurde der Drang in seiner Blase zu groß, er schwang sein rechtes Bein über den Hals der Stute und rutschte aus dem Sattel, blieb aber immer noch verlegen stehen. Als Finn zurückkam, sah er ihn an und schluckte verlegen. „`altet Ihr bitte meine Pferd?" „Das brauche ich nicht, sie läuft nicht weg, lasst sie einfach stehen!" „Aber isch kann es `ier nischd", sagte Amanoue leise, „und es tut schon weh!" Er fasste sich

51



zwischen die Beine und kniff sie zusammen. „Oh!", machte Finn, „tja, daran werdet Ihr Euch wohl gewöhnen müssen", meinte er schmunzelnd und nahm ihm die Zügel ab. Amanoue nickte ihn dankbar an und lief rasch davon, ein Stück den Fluss entlang, bis er endlich eine Baumgruppe sah, hinter der er sich erleichtern konnte. Als sie etwa zwei Stunden später wieder aufbrachen, saßen alle außer Amanoue, auf ihren Pferden. Der Zug setzte sich in Bewegung, allerdings nur die, die vor Finn und Matto ritten und Finn hielt noch immer Amanoues Pferd. „Und jetzt?", fragte er Brac. „Keine Ahnung! Wo steckt der Kleine nur", murmelte er, „he, halt!", rief er dann, „Truppe nicht vollzählig!" Sie gaben es weiter, bis zum Hauptmann, der schließlich wutschnaubend zu ihn nach hinten geritten kam. „Braucht ihr `ne Extraeinladung?", schnauzte er ihnen entgegen. „Der Asconier ist nicht da", antwortete Finn kleinlaut und zeigte auf den leeren Sattel. „Verdammt nochmal! Und wo ist er?" „Er musste mal und ist in die Richtung gegangen." Finn zeigte auf die Baumgruppe. „Der hatte doch wirklich genug Zeit, zum Scheißen!", schrie Falco, „ich hab die Schnauze so voll, das Kindermädchen für die kleine Hure zu spielen!" In diesem Moment kam Amanoue die Uferböschung heraufgeklettert. „Ist der Herr endlich fertig!", brüllte Falco ihn an. „Ja", antwortete Amanoue und lächelte etwas unsicher, „es ist so schön `ier, da `abe isch misch in die Gras gelegt und auf die Fluss geblickt. Da muss isch wohl eingeschlafen sein", sagte er in einem Unschuldston. Falco sprang vom Pferd und stürzte drohend auf ihn zu, die Hand zum Schlag erhoben und Amanoue wich entsetzt zurück. „Bitte Herr, schlagt mich nicht, tut mir nicht weh! Ich tue alles, was Ihr wollt!", wimmerte er und fiel vor Falco auf die Knie. Die blanke Angst stand in seinen Augen. „Mein Gott, der hat Todesangst!", rief Alecto, „Hauptmann, seht Ihr das nicht?!" Falco blieb stehen und nahm die Hand herunter. Amanoue kniete vor ihm, den Oberkörper leicht nach vorn gebeugt und beide Hände vor dem Gesicht. „Was hat man dem wohl angetan", obwohl Alecto leise gesprochen hatte, hatte Falco ihn gehört und atmete nun hörbar aus. „Ist ja gut, steht auf", sagte er ruhig, packte ihn vorsichtig an den Oberarmen und zog ihn sanft hoch. Amanoue sah den Hauptmann an und Tränen standen in seinen wunderschönen Augen. „Alles", flüsterte er, „alles, was Ihr wollt", raunte er verheißungsvoll, blickte Falco dabei tief in die Augen und sein Brustkorb hob und senkte sich dabei, mit jedem Atemzug. Falco ließ ihn augenblicklich los und trat einen Schritt zurück, als ob er sich verbrannt hätte. „Das hier, ist nichts für Euch, ich werde mit dem König reden!", sagte er, sah ihn allerdings

52



fast unsicher an. „Aufsitzen!", befahl er, stieg auf sein Pferd und ritt zurück an die Spitze der Gruppe. Amanoue nahm Finn die Zügel aus der Hand, stieg auf und sofort fielen sie in einen flotten Trab, um den Rückstand wieder aufzuholen. „Ist unser Hauptmann jetzt auch durch geknallt? Möcht` mal wissen, was da grad` los war!", meinte Brac zu Amanoue. „Glaubt mir, normalerweise ist er ganz anders!", sagte er fassungslos und seine Kameraden nickten zustimmend dabei. Amanoue schluckte bitter. „Er mag mich einfach nicht. Ihr habt doch gehört, was ich für ihn bin", erwiderte er niedergeschlagen. „Eine `ure!", antworteten die Anderen im Chor und lachten und obwohl ihm nicht danach zumute war, musste auch Amanoue mit lachen und er wischte sich die Tränen fort. Danach ritten sie eine Weile schweigend nebeneinander her, nur Brac summte vor sich hin. Etwa nach einer Stunde, sie ritten längst wieder im Schritt, scherte Amanoue plötzlich nach links aus und trabte nach vorn. „Scheiße, was macht er denn nun wieder?", seufzte Brac und blickte ihm nach. Amanoue ritt bis vor zum Hauptmann und zügelte dann die Stute zum Schritt. Falco drehte sich zu ihm und sah ihn fragend an. „Was veranlasst Euch, einfach die Reihe zu verlassen?" „Isch wollte misch bei Eusch entschuldigen!", antwortete Amanoue ohne zu zögern. „Hat das nicht Zeit, bis heute Abend?" „Nein, `eute Abend `abe isch keine Seit, da muss isch su die König! Er `at gesagt, dass isch misch beeilen soll!" Amanoue sah Falco ernst an und klang so selbstverständlich, dass es unschuldig wirkte. Falco und Mati sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an und Mati grinste verlegen. „Und?", fragte Falco. „Gut, also, isch möschte misch bei Eusch entschuldigen, es tut mir leid! Isch war eingeschlafen, des`alb bin isch su spät gekommen. Isch mache das nischd absischtlisch, wirklisch! Isch will Eusch nischd ärgern und isch weiß selbst nischd, wieso isch das immer mache. Sebastian `at gesagt, isch wäre eh` nur für das Eine su gebrauchen, was immer er auch damit gemeint `at." Er schnaufte tief durch, sah Falco erwartungsvoll an, der blickte zunächst verblüfft zurück und fing dann mit Mati an zu lachen. „Sebastian wird`s schon wissen!", meinte er und wischte sich über die Augen. „Ihr seid tatsächlich so, ja?" „Was meint Ihr?" Amanoue sah ihn beleidigt an. „Ihr `altet misch für dumm, das weiß isch." „Ach, vergesst es einfach!", antwortete Falco und winkte ab. „Dann werdet Ihr nischd, mit die König reden und isch darf bleiben?" Amanoue legte eine Hand auf Falcos Arm, zog sie aber gleich wieder zurück. „Verseiht mir", sagte er schnell und

53



blinzelte ihn an, doch als der Hauptmann lächelte, lächelte er zurück und sein Herz schlug augenblicklich wieder schneller. „Aaah", machte er dann und schnaufte tief durch, „es ist so schön `ier. Alles ist so grün und die vielen Bäume!" „Wartet nur, bis wir erst in Austrien sind", erwiderte Falco, „bald werden wir durch riesige Wälder reiten! Wenn alles gut geht, erreichen wir morgen schon die Furt." „Furt? Was ist das?", fragte Amanoue interessiert. „Das ist eine Stelle, an der wir den Fluss überqueren können und das Wasser ganz seicht ist", antwortete Falco lächelnd, „dann sind wir in Austrien!" Amanoue nickte verstehend und lächelte zart zurück. Er ließ der Stute die Zügel locker und die zog sie ihm gleich aus den Händen, zufrieden vor sich hin kauend. Amanoue streckte sich wohlig, legte sich plötzlich nach hinten und lag jetzt auf dem Rücken, den Kopf auf dem Hinterteil des Pferdes. Durch die Streckung zog es ihm das Hemd aus dem Hosenbund und man konnte seinen nackten Bauch sehen, vom Nabel bis zur Schamgrenze. Unter seinem Nabel war ein kleiner, fast herzförmiger Leberfleck zu sehen und nicht nur Falco und Mati, sondern auch die beiden Soldaten, die hinter ihnen ritten, starrten darauf. Amanoue hatte die Augen geschlossen und den Mund dafür leicht geöffnet, so dass man seine schönen, weißen Schneidezähne etwas sehen konnte. „Hört sofort auf damit und setzt Euch wieder auf!", herrschte der Hauptmann ihn an. Ihm war fast schwindelig und eine heiße Welle durchflutete unwillkürlich seinen Körper. „Macht, dass Ihr sofort wieder zurück, in Eure Reihe kommt!" Amanoue öffnete die Augen, sah ihn erschrocken an und als er Falcos wütenden Blick sah griff er sofort nach vorn, hielt sich am Sattelknauf fest und zog sich daran wieder hoch. „Zurück!", befahl der Hauptmann barsch, „und ich warne Euch, das nächste Mal, schlage ich wirklich zu!" Amanoue nahm die Zügel auf, stoppte die Stute, wartete bis Brac an ihm vorbeikam und reihte sich wieder ein. „Was war `n das wieder für `n Ding?", fragte der. Amanoue zuckte mit den Schultern. „Gar nischds! Er `asst misch einfach!", antwortete er und sah nach unten. „Blödsinn!" „Doch! Isch `abe gar nischds getan und war gans freundlisch su ihm! Isch wollte misch nur entschuldigen, bei ihm! Aber er schnaust misch immer nur an!" Brac seufzte nur und so ritten sie eine Weile still neben einander her. Amanoue hatte die Zügel wieder losgelassen und der gleichmäßige Rhythmus, mit dem sein Becken mit jedem Schritt des Pferdes, vor und zurückgeschoben wurde, erregte ihn plötzlich. Er musste an den Hauptmann denken, sah ihn vor sich, als sie sich zum ersten Mal in Magiyar gesehen hatten und wie gut er ausgesehen hatte. So wundervoll männlich und stark... Seufzend legte er sich

54



wieder zurück, sah dabei Ravio an, der hinter ihm ritt und ihn geradezu lüstern anstarrte. Er streckte sich noch ein wenig mehr, legte seine Hände über den Kopf, Ravio entgegen, sah ihn dabei aufreizend an und der konnte jetzt deutlich den Rand seiner Schamhaare sehen. „Wenn der so weitermacht, zieh ich ihn vom Pferd und vögle ihn durch, ganz egal, ob er ein Kerl ist oder nicht! Das schwör ich dir", keuchte Ravio leise. „Halt`s Maul", raunte Alecto zurück, „ich hab eh schon `nen Ständer." Brac, der bis jetzt auf die andere Seite gesehen hatte, drehte sich nichtsahnend zu Amanoue hin und blickte erschrocken auf ihn. „Jesus, Maria und Josef!", rief er laut aus. Finn und Matto drehten sich daraufhin ebenfalls um und als Finn Amanoues nackten Bauch sah, riss er ruckartig an seinen Zügeln. Sein Pferd blieb abrupt stehen und Amanoues Stute prallte dagegen. Finns Stute schlug aus und traf sie an der Brust, die scheute und machte einen Satz zur Seite, stieg in die Luft und schlug nun mit den Vorderbeinen nach Finns Pferd. Amanoue machte eine Rolle rückwärts und fiel von ihrem Rücken, direkt vor Ravios Schimmel, der ebenfalls scheute und Ravio im hohem Bogen abwarf. Bracs Wallach ging durch, raste nach vorn, galoppierte bockend an der Truppe entlang und an Mati und Falco vorbei. Die sahen sich fragend an und Mati zuckte mit den Schultern. „He, Brac! Warum hast du`s denn so eilig?", rief er ihm noch nach und grinste. Der ganze hintere Zug war mittlerweile zum Stehen gekommen. Falco und die vorderen Soldaten drehten sich um und sahen das reinste Chaos. Selbst die Pferde des ersten Wagens, Gregorius`, waren jetzt durchgegangen und kamen ebenfalls an ihnen vorbeigedonnert. „Scheiße!", rief der Hauptmann, „Herrik, seht zu, dass Ihr die Gäule wieder einfangt! Mati, gib nach vorn weiter, dass hier hinten die Hölle los ist!" Während Mati nach vorne zum König ritt, galoppierten Herrik und zwei andere Wachen dem Wagen hinterher, Falco wendete sein Pferd und trabte wutschnaubend nach hinten. „Sagt mal, habt ihr sie noch alle!", brüllte er, „was ist hier los?" Ravio und Amanoue saßen noch immer auf dem Boden und lachten. „Der Teufel", antwortete Matto trocken und blickte dabei auf Amanoue. Falco schüttelte ärgerlich seinen Kopf, trieb den Wallach direkt neben den, beugte sich hinunter, griff ihm ins Haar und zog ihn daran hoch. „Aaauu!", schrie Amanoue und schlug gegen Falcos Arm, doch der Hauptmann ließ nicht los, sondern schüttelte ihn heftig hin und her, holte aus und gab ihm eine saftige Ohrfeige. Amanoue stand da, wie vom Donner gerührt und hielt sich eine Hand, an die brennende Wange. Falco sah ihn drohend an. „Das", er zeigte um sich, „werdet Ihr dem König selbst erklären, nachdem Ihr alle Pferde versorgt habt!", sagte er wutschnaubend und blickte dann zu Mati, der inzwischen ebenfalls zu ihnen gekommen war. „Seine Majestät will wissen, was hier los war, Hauptmann. Ihr sollt sofort nach vorn kommen! Außerdem soll gleich hier das Lager

55



aufgeschlagen werden!", sagte er und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Falco nickte ihm zu und sah mürrisch seine Soldaten an. „Seht zu, dass hier wieder alles in Ordnung kommt! Und Ihr", er sah Amanoue an, „wisst, was Ihr noch zu tun habt! Ihr werdet alle zwanzig Pferde versorgen und keiner hilft ihm dabei! Ist das klar?! Und wenn Ihr die halbe Nacht dafür braucht!", raunte er, wendete sein Pferd und galoppierte mit Mati davon. „Sweiundswansig!", antwortete Amanoue trotzig und Ravio trat zu ihm. „Sei froh, dass er das nicht gehört hat. Man, du bist vielleicht ein Früchtchen! Hast du dir wehgetan?", sagte er kopfschüttelnd und rieb sich die Schulter. Amanoue sah ihn verwundert an. „Was ist eine Früschtschen?" „Ist schon gut", erwiderte Ravio grinsend, „komm jetzt!" Sie stiegen wieder auf und ritten weiter, um wieder aufzuschließen. Es war erst später Nachmittag, trotzdem schlugen sie schon das Lager auf und während die Zelte aufgebaut wurden, saß Henry auf seinem schönen Stuhl, im Schatten einiger Bäume. Die Diener hatten auch einen kleinen Tisch und einige weitere Sitzgelegenheiten aufgestellt. Sie brachten gerade Wein und einen kleinen Imbiss, als Falco gereizt vor den König hintrat, sich knapp verbeugte und dann salutierte. Außer Henry waren noch der Herzog, der General und Hauptmann Satorius anwesend, der neben dem König saß, den Fuß lässig auf den noch einzig freien Stuhl gestützt hatte und Falco arrogant ansah. „Nun, Hauptmann, was war denn vorhin los bei Euch hinten?", fragte der König. Falco schnaufte tief durch. „Der Asconier, Eure Majestät, er bringt alles durcheinander! Er ist völlig undiszipliniert und macht, was er will! Und dann, sein Aussehen! Es geht einfach nicht, er macht meine Leute verrückt! Und ich glaube, mit Absicht!", antwortete er aufgebracht. „Aber Hauptmann, so schlimm wird es doch wohl nicht sein, er ist doch fast noch ein Kind", erwiderte der König schmunzelnd und Falco setzte wieder seine gequälte Miene auf. „Oh doch! Es ist sogar noch schlimmer, Majestät!", brummte er schnaubend. „Dann bringt ihm Disziplin bei!", sagte Henry mit einer lässigen Handbewegung. „Ihr werdet Euch doch nicht, von einem Halbwüchsigen auf der Nase herumtanzen lassen, Falco!", mischte sich Satorius ein und grinste ihn an. Falco hätte ihn am liebsten erwürgt. „Dann nehmt Ihr ihn doch!", schnauzte er zurück, „ja, er soll doch bei Satorius` Leuten mit reiten!", meinte er und deutete dabei auf den. „Nein, die Beiden verstehen sich ein bisschen zu gut", winkte Henry ab. „Na, das wäre doch bestens!", erwiderte Falco und sah den König aufgebracht an. „Noch so einen Spruch und Ihr seid die längste Zeit Hauptmann gewesen! Dann könnt Ihr bei Satory, als Soldat Dienst schieben!", gab Henry warnend zurück und Satorius sah Falco triumphierend an. „Oh ja, ich bräuchte noch einen Pferdeknecht!", rief er belustigt und grinste breit. „Nur, weil Ihr nicht mit Eurem Hengst umgehen könnt? Aber ich würde Euch auch so, ein

56



paar Reitstunden geben!", konterte Falco und Satorius sprang auf. „Von so einem Bauernlümmel wie Euch, bestimmt nicht!“, blaffte er zurück. „Schluss jetzt! Setzt Euch wieder!", befahl Henry, „und Ihr, Hauptmann Falco, dürft Euch zurückziehen!", raunte er genervt, Falco schlug mit dem Arm gegen seine Brust, deutete eine Verbeugung an, drehte sich um und ging, begleitet von Satorius` hämischem Gelächter. ´Und mit dir, hatte ich Mitleid!`, dachte Falco noch wütend und riss sich zusammen.

Amanoue war fix und fertig. Erst hatte er Eimerweise Wasser vom Fluss geholt, um die Pferde zu tränken und jetzt sollte er sie auch noch putzen. Seine ´Kameraden` saßen im Gras und sahen ihm amüsiert dabei zu. Amanoue versuchte zum wiederholten Male, den Huf eines Pferdes zu heben. Wieder nicht. Er ließ sich entmutigt neben dem Tier auf den Boden nieder. „Warum tust du das?", fragte er und schlug mit der Hand gegen das Bein des Wallachs. Der drehte seinen Kopf zu ihm und biss ihn in die Schulter. „Au! Ich will nicht mehr! Ich kann nicht mehr!", rief er und schlug mit der Faust, auf den Boden. Alecto stand auf und ging zu ihm. „Pass auf", sagte er, fuhr mit der Hand am Bein des Pferdes entlang, klopfte kurz auf die Fessel und das Pferd hob den Huf. Amanoue stellte sich neben ihn, strich am Bein des Tieres entlang und, nichts. Er richtete sich auf und sah die Soldaten resignierend an. „Sagt dem Hauptmann, dass er gewonnen hat! Er hat recht! Ich bin eine Hure und kein Pferdeknecht!", sagte er und obwohl sein Akzent wie immer klang, lachte dieses Mal keiner. In seiner Stimme lag echte Verbitterung. Er drehte sich um, wollte gehen, doch Falco stand hinter ihm und Amanoue sah ihn wütend an. „Ihr habt gehört, was ich gesagt habe? Gut, dann wisst Ihr ja jetzt Bescheid! Ich hasse Euch und werde Euch nicht mehr zur Last fallen!", sagte er bitter und stapfte davon. Falco schloss kurz die Augen. Es war, als hätte ihn ein Stich, mitten ins Herz getroffen. Als Amanoue zum Zelt des Königs kam, es war mittlerweile stockdunkle Nacht, versperrten ihm die Wachen, diesmal waren es Brac und Finn, wieder den Weg. „Scheiße, Mann", sagte Finn leise, „wir dürfen dich nicht durchlassen. Seine Majestät, will nicht mehr gestört werden!“ Amanoue stand völlig verunsichert da, lief ein paarmal verstört hin und her, ging dann an den Rand des Zeltes und legte sich hin. Zusammengerollt wie ein kleiner Hund, blieb er einfach liegen. Als Wachablösung war, weit nach Mitternacht, kamen Brac und Finn zu ihm. Brac ging neben ihm in die Hocke und berührte ihn vorsichtig an der Schulter. „Komm, Kleiner, hier kannst du nicht bleiben", sagte er mitfühlend, „du bist ja schon eiskalt. Komm doch mit, zum Feuer." Amanoue sah kaum auf und schüttelte nur matt den Kopf. „Ich gehöre nicht zu euch! Ich gehöre zu niemandem", antwortete er bitter und rollte sich wieder zusammen. Brac erhob sich seufzend und folgte Finn zu ihren Zelten. Am frühen Morgen, kurz vor Sonnenaufgang, verließ Satorius wieder das königliche Zelt. Er

57



sah Amanoue am Boden zusammengekauert liegen und beugte sich zu ihm hinab. „Amanoue", sagte er leise und streichelte seinen Rücken. „Meine Güte, Ihr seid eiskalt!“, stellte er fest, hob ihn auf und trug ihn ins Zelt, zum Bett des Königs. Satorius setzte ein Knie auf, legte Amanoue neben Henry und der König blickte fragend auf. „Er lag draußen, vor dem Zelt und ist ziemlich durchgefroren. Ich glaube, er braucht jetzt ein bisschen Wärme“, flüsterte er sanft. „Danke, Satory", antwortete Henry, Satorius nickte nur und ging. Henry nahm Amanoue fest in seine Arme und streichelte ihn zärtlich. „Du bist wirklich eiskalt, warum bist du nicht zu den Dienern gegangen, du dummes Ding", raunte er ihm ins Ohr. Amanoue drehte sich zu ihm und kuschelte sich an ihn. „Warum seid Ihr nackt?", fragte er leise, sah Henry dabei in die Augen und der blickte weg. Amanoue schluchzte leise auf und weinte sich dann an Henrys Brust, in den Schlaf. Wenig später kam Sebastian, doch Henry schickte ihn wieder fort. „Sag den Offizieren, ich möchte sie in zwei Stunden sprechen", flüsterte er. Eine Stunde später stand er auf, wusch sich und machte sich fertig. Amanoue schlief noch, als Henrys Leute kamen. „Gut", sagte er, „ich weiß, dass wir spät dran sind! Wann erreichen wir die Furt?" „Wenn wir in einer Stunde aufbrechen, könnten wir bis zum Nachmittag dort sein. Vorausgesetzt, uns hält nichts auf!", antwortete der General und blickte dabei auf Amanoue. Henry schmunzelte und schüttelte den Kopf. „Amanoue wird dieses Mal sicher keinen Ärger machen, nicht wahr Hauptmann?", erwiderte er, sah Falco eindringlich an und der nickte gequält. „Ich werde selbst auf ihn aufpassen, Eure Majestät, er wird die ganze Zeit über, neben mir reiten! Ihr könnt Euch, auf mich verlassen!" „Das tue ich", antwortete Henry, „gut, dann also, bis später!" In der Zwischenzeit weckte Sebastian Amanoue. Dunkle Schatten lagen unter dessen Augen und er war sogar sichtlich blasser, als sonst. Weil er noch komplett angezogen war, ging er zur Waschschüssel und wusch sich nur sein Gesicht. Er spülte seinen Mund mehrmals aus, kam dann zum Tisch und nahm sich etwas von dem übrigen Frühstück, sah dabei aber Henry nicht an, der nun allein am Tisch saß. „Was ist?", fragte Henry. Amanoue zuckte mit den Schultern. „Nichts", antwortete er kalt. „Dann ist ja alles in Ordnung! Beeile dich, die Wache wartet schon auf dich!" „Ich reite nicht mehr mit ihnen!", antwortete Amanoue, steckte sich ein Stück Brot in den Mund und sah Henry noch immer nicht an. Der König atmete hörbar aus. „Hör zu, Amanoue, das mit letzter Nacht, tut mir leid! Ich sagte dir, dass du mich nicht warten lassen sollst, aber du bist nicht gekommen, also bin ich zu Bett

58



gegangen! Außerdem dachte ich, du wärst so schlau und würdest bei den Dienern im Zelt schlafen!" „Ja, richtig! Ich bin ja nur, ein dummer Sklave und außerdem, ist es mir auch völlig gleich, wen Ihr in Euer Bett holt!", fuhr der ihn plötzlich an. Henry hob eine Augenbraue. „Amanoue, es reicht jetzt! Aber du hast recht, es geht dich nichts an, wer in meinem Bett liegt!", meinte er, stand auf, ging zu ihm und zog ihn in seine Arme. „Aber am liebsten, habe ich dich, in meinem Bett", sagte er sanft und küsste ihn zärtlich. „Es wird nicht mehr vorkommen!" „Wirklich?", fragte Amanoue und sah ihn von unten herauf an. Henry nickte. „Wirklich! Und jetzt geh, sonst tragen uns die Diener auch noch hinaus!", raunte er, doch Amanoue schüttelte den Kopf. „Amanoue!" „Dieser Dreckskerl, Falco, ist immer nur gemein zu mir! Er hat mich gestern geschlagen und dann musste ich die ganzen Pferde versorgen, ganz alleine! Ich hasse ihn!" „Das geht zu weit, da gebe ich dir recht! ich werde mit ihm reden, ja?", erwiderte Henry und lächelte ihn an. „Aber du gehst trotzdem! Weil ich es will und keine Widerrede! Jetzt geh, marsch!" Amanoue sah ihn enttäuscht an, sagte aber nichts mehr. Zusammen verließen sie das Zelt und Amanoue stampfte wütend davon. Die Soldaten der Garde warteten schon. Ohne ein Wort, nahm er Finn die Zügel aus der Hand, schwang sich elegant in den Sattel und Falco hob eine Augenbraue. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass der besser reiten kann, als wir alle denken", meinte Mati zu ihm und Falco warf ihm einen überraschten Blick zu. „Aufsitzen!", befahl der recht mürrisch dem Rest und lenkte sein Pferd direkt neben Amanoue. „Ihr werdet heute neben mir reiten!" „Nein!", erwiderte Amanoue und sah ihn herausfordernd an. „Das ist ein Befehl!" „Ihr habt mir gar nichts, zu befehlen! Ich reite nur deshalb wieder mit, weil es mir mein Herr befohlen hat!", sagte Amanoue ihm kalt ins Gesicht, wendete die Stute lässig mit einer Hand und trabte mit ihr nach hinten, zu Brac. „Hast du das gesehen?", fragte Mati, „das hättest selbst du, nicht besser gekonnt!" Falco kniff kurz die Augen zusammen. „Ja", brummte er nur und gab das Zeichen, zum Aufbruch. „Äh, Amanoue, ich weiß nicht, ob ich das heute nochmal vertrag! Lass dir doch heute `was Anderes einfallen, ja?", raunte Ravio, als Amanoue sich vor ihm einreihte. „Meine Schulter schmerzt noch immer!" Amanoue drehte sich zu ihm um. „Nicht einmal ich, bin so blöd!", sagte er schnippisch. Ravio

59



grinste, Brac fing wie immer an, zu singen und Amanoue benahm sich heute vorbildlich. Sie kamen gut voran und Henry ließ sie mittags nur kurz anhalten, damit sie sich erleichtern konnten und um die Pferde zu tränken. „He, Amanoue! Hier wird gepisst!“, rief Mati herüber, „Brac, pass auf, dass der nicht wieder abhaut!“ Amanoue wollte sich gerade etwas entfernen, doch Brac und Ravio waren schon bei ihm und nahmen ihn in ihre Mitte. „Man, warum stellst du dich denn so an?“, fragte Ravio, „gestern warst du doch auch nicht so prüde und heute willst du nicht `mal mit uns pissen! Oder bist du vielleicht doch `n Mädchen, hm?“, sagte er schmunzelnd zu ihm. Amanoue wurde rot und die beiden lachten. „Was ist jetzt?“, fragte Brac, „die sitzen schon wieder auf!“, meinte er, doch Amanoue schüttelte verlegen seinen Kopf und stieg auf sein Pferd. Sie ritten weiter, doch irgendwann, sie waren bereits wieder gut unterwegs, wurde der Drang zu groß und Amanoue hielt es nicht mehr aus. Er lenkte die Stute zur Seite, steuerte eine Baumgruppe an, sprang vom Pferd und verschwand hinter einem Baum. Kurz darauf kam er erleichternd durchschnaufend wieder hervor, galoppierte zurück und reihte sich wieder ein, als wäre nichts geschehen. „Mädchen“, raunte Ravio spöttisch. Amanoue streckte ihm kurz die Zunge heraus. „Ph!“ Sie hatten angefangen einen Bogen zu reiten, hielten dann direkt auf den Fluss zu und Amanoue sah Brac fragend an. „Die Furt“, sagte der und deutete nach vorn. Die ersten Reiter waren bereits mitten im Fluss, auch der König. Es ging zügig voran und bald war die vorderste Gruppe, Matheos Abteilung, am anderen Ufer. Amanoue zügelte die Stute und blieb stehen. „Was ist?“, fragte Brac. „Ich geh` da nicht `rein!“ „Das ist jetzt `n Witz, oder?“ Amanoue schüttelte energisch seinen hübschen Kopf, wendete sein Pferd und ritt ein Stück davon. „He, spinnst du?“, rief Ravio ihm nach und sah Brac fragend an. „Was macht `n der?“ Fast die Hälfte von Falcos Männern war schon ins Wasser geritten, der Fluss war hier ziemlich breit und das Wasser reichte den Pferden gerade bis zum Bauch. Falco selbst stand mit Mati in der Mitte des Flusses und beaufsichtigte alles, bis sie auf die Gruppe, die letzten sechs, aufmerksam wurden. Die schienen in eine heftige Diskussion verstrickt zu sein und machten keinerlei Anstalten, den Fluss zu überqueren. „Was machen die da schon wieder!“, stöhnte Falco und ritt zu ihnen zurück. „Könntet ihr mir

60



verraten, was ihr da treibt?“, rief er ihnen zu. „Amanoue will nicht über den Fluss!“, rief Finn zurück. Falco seufzte gequält auf. „Und warum nicht?“, er war jetzt bei ihnen und sah ihn genervt an. „Er sagt, dass er ertrinken wird, wenn er in den Fluss fällt!“, antwortete Finn völlig ernst. Falco sah ihn an, als ob der sie nicht alle hätte, doch Finn zuckte nur nickend, mit den Schultern. Brac redete derweil beruhigend auf Amanoue ein, beschwor ihn geradezu. „Komm schon, es wird dir nichts passieren. Sieh doch, das Wasser ist gar nicht tief hier! Selbst wenn du hineinfällst, könntest du noch stehen“, meinte er sanft. Doch Amanoue schüttelte wieder seinen Kopf und machte jetzt sogar Anstalten, in die entgegengesetzte Richtung davon zu reiten. Falco ließ einen verärgerten Ton hören, der fast wie ein Knurren klang, trieb sein Pferd an und versperrte ihm den Weg. Er griff in die Zügel der Stute und hielt sie fest. „Könntet Ihr mir mal verraten, wo Ihr hinwollt?“ „Weiß nicht! Zurück!“ „Zurück? Wohin? Ins Hurenhaus?“, schrie Falco ihn an. „Da habt Ihr aber einen weiten Weg vor Euch!“ Amanoue funkelte ihn wütend an. „Lasst mein Pferd los! Ich werde nicht ins Wasser reiten! Ich werde ertrinken!“, sagte er und seine Stimme klang nun verzweifelt. „Woher wollt Ihr das wissen?“, fragte Falco noch immer genervt. „Weil ich es gesehen habe!“ „Blödsinn! So jetzt reicht es!“ Falco ritt los, zog die Stute hinter sich her, Amanoue zog hart an den Zügeln und trieb sie in die andere Richtung, weg vom Fluss. Falco lehnte sich blitzschnell zu ihm hinüber, packte ihn an den Haaren, die wieder offen waren und zerrte ihn fast aus dem Sattel. Amanoue trat mit seinem Fuß nach Falco und traf ihn hart am Oberschenkel. Dadurch verlor der Hauptmann das Gleichgewicht und fiel zwischen die Pferde, ließ Amanoue aber nicht los, sondern riss ihn ebenfalls mit zu Boden und beide Tiere liefen erschrocken davon. Amanoue schrie auf vor Schmerz und Zorn und biss Falco in den Arm, woraufhin der nun ebenfalls aufschrie, Amanoue kurz losließ aber sofort mit der anderen Hand zuschlug. Amanoues Kopf fiel zur Seite und Falco schlug nochmals zu, traf ihn mit der Faust am Kinn und Amanoue rührte sich nicht mehr. Der Hauptmann stand auf, schob den Hemdsärmel zurück und verzog das Gesicht. Deutliche Bissspuren waren zu sehen und es blutete sogar leicht. „Miststück!“, murmelte er, packte Amanoues Arme, hob ihn hoch und warf ihn sich über die Schulter. Dann fiel sein Blick auf die restlichen fünf Soldaten, die wie angewurzelt dastanden, ihn anstarrten und dümmlich angrinsten. „Was glotzt ihr so?! Macht, dass ihr über den Fluss kommt! Und nehmt sein Pferd mit!“, brüllte er sie an, dann stieß er einen lauten Pfiff aus und sein Wallach kam zu ihm getrabt. Er

61



warf Amanoue über den Sattel, stieg auf, packte ihn hinten am Kragen, wuchtete ihn herum und zog ihn unsanft dabei hoch. Amanoue saß jetzt vor ihm, zwischen seinen Armen und lehnte an Falcos Brust. Er lenkte sein Pferd zum Fluss und gerade als es ganz im Wasser war, kam Amanoue wieder zu sich. Als er sich bewegte, umfasste Falco dessen Taille und drückte ihn fest an sich. Amanoue rappelte sich auf und wollte sich aus der Umarmung befreien, doch Falco hielt ihn nur noch fester. „Sch“, machte er, „ganz ruhig! Es wird dir nichts passieren. Solltest du allerdings wieder Unsinn machen, werfe ich dich eigenhändig in den Fluss und sehe dabei zu, wie du absäufst! Alles klar?“, raunte er und Amanoue hielt augenblicklich still. Als das Wasser tiefer wurde, drückte er sich ängstlich gegen Falco, legte seine Arme um dessen Hals und blickte ihm direkt in die Augen. Er atmete heftig und sein Herz schlug wie wild. „Isch werde ertrinken“, sagte er leise und Falco schüttelte den Kopf. „Das werde ich nicht zulassen“, antwortete er fast sanft und sah ihm dabei ebenfalls fest in die Augen. Amanoue lockerte seine Umarmung, hielt aber den Blickkontakt aufrecht, nahm einen Arm herunter, strich plötzlich mit seinen Fingerspitzen über Falcos Lippen, schob sie ihm ein wenig in den Mund und berührte kurz dessen Zungenspitze. Falco riss seinen Kopf zur Seite und sah ihn erschrocken an. „Was machst du da? Hör sofort auf!“, fuhr er ihn erschrocken an. „Isch will Eusch, Ihr könnt misch `aben“, hauchte Amanoue, „isch wollte Eusch schon von Anfang an, schon, als wir uns sum ersten Mal gesehen `aben“, gurrte er, fasste dem Hauptmann zwischen die Beine, rieb seine Hand an ihm und keuchte dabei leicht. Sie hatten fast das andere Ufer erreicht und Falco machte vor Schreck einen harten Ruck, mit dem Zügel. Der Wallach, der gerade das rutschige Ufer erklimmen wollte, stolperte dadurch, glitt aus und alle drei landeten im Wasser. Das Pferd rappelte sich sofort wieder hoch und sprang schnaubend an Land, während Falco und Amanoue kurz untertauchten und prustend wieder hochkamen. Das Wasser war nur etwas mehr als knietief, doch der Hauptmann packte Amanoue am Arm, zog ihn mit sich, die Böschung hinauf und ließ sich mit ihm fallen. Für einen Moment blieben sie einfach nur liegen, Falco halb auf Amanoue und beide sahen sich erneut in die Augen. Falco hob seine Hand, strich ihm übers Gesicht und fuhr mit den Fingerspitzen die Konturen seines lieblichen Mundes nach, Amanoue reckte sich ihm entgegen und beide berührten sich sanft mit den Lippen. Falco schloss kurz seine Augen, dann stand er ruckartig auf, fuhr sich verwirrt mit beiden Händen übers Gesicht und blickte auf ihn nieder. „Ihr seid nicht ertrunken, genau wie ich sagte“, meinte er kalt und ging rasch davon. „Was war das denn?“, fragte Finn verlegen, „habt ihr das gesehen?“ „Kein Wort darüber!“, zischte Mati ihnen zu, „habt ihr verstanden?!“ Er sah sie eindringlich

62



an und als sie nickten, folgte er dem Hauptmann nach. Amanoue saß am Ufer, zog seine viel zu großen Stiefel aus und leerte das Wasser aus ihnen heraus. Dann legte er sich einfach wieder zurück und schloss die Augen.






















63



IV


Der Sklave des Königs

Подняться наверх