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Austrien
ОглавлениеEndlich hatten sie wieder austrischen Boden unter ihren Füßen. Der König hatte befohlen, das Nachtlager gleich an Ort und Stelle errichten zu lassen, obwohl es erst später Nachmittag war. Die Sonne schien noch heiß vom wolkenlosen Himmel und Amanoue lag noch immer am Ufer im Gras und genoss die Wärme. Falco ging ihm nicht aus dem Kopf und während er vor sich hinträumte, kamen die ersten Soldaten zurück zum Fluss, zogen sich aus und liefen johlend ins Wasser. Amanoue setzte sich auf und sah ihnen dabei zu, wie sie miteinander scherzten und wie ausgelassene Kinder im Wasser herumtollten, als er einige bekannte Gesichter entdeckte. „He, Amanoue!“, rief Ravio ihm zu, „willst du nicht auch ins Wasser kommen? Es ist wirklich herrlich, na komm schon!“ Amanoue schüttelte den Kopf. „Ihr wisst doch, dass ich nicht schwimmen kann! Ich fürchte mich vor dem Wasser!“ „Meine Güte, du alter Feigling! Du siehst doch, dass wir hier noch stehen können! Nun komm schon und ich bringe es dir bei!“, erwiderte Ravio und winkte ihm zu. „Was willst du ihm denn beibringen?“, raunte Alecto seinem Freund zu. „Er ist ein kleines, geiles Luder und wenn er kommt, gehört er mir und es ist mir mittlerweile völlig gleich, wenn er tatsächlich ein Kerl ist“, antwortete Ravio, grinste ihn an und der schüttelte seinen Kopf. „Du bist unmöglich, aber der kommt sowieso nicht“, gab er schnaubend zurück und in diesem Moment tauchte ein Stück Flussabwärts, Brac auf. „Hallo Kleiner! Kommst du auch ins Wasser?“, rief er und lächelte Amanoue zu. Er stand und das Wasser reichte ihm gerade bis zu seiner breiten Brust. „Na komm schon, du Hasenfuß, oder traust du dich nicht?“, rief er lachend, während Finn hinter ihm vorbei schwamm. Amanoue stand zögernd auf und begann sich langsam auszuziehen. Erst das Hemd, dann zog er am Band seiner Hose und ließ sie wie in Zeitlupe, über seine Hüften, zu Boden gleiten. Ganz langsam, ging er auf den Fluss zu. „Siehst du, jetzt kommt er doch“, sagte Ravio leise und sog die Luft ein. „Meine Güte, sieh dir nur an, wie er aussieht! Das gibt`s doch gar nicht, ich kann nicht fassen, dass er tatsächlich ein Kerl ist!“ Amanoue verdeckte mit einer Hand seine Scham, die andere hatte er, wie ein Mädchen, über seine Brust gelegt und er war unglaublich schön. Sein Haar fiel ihm über die runden
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Schultern, bis hinab über den flachen Bauch und glänzte im Sonnenschein, kastanienbraun. Seine samtige Haut schimmerte wie Goldbronze und auf seinem schönen Gesicht lag ein sanftes Lächeln. Er machte den ersten Schritt ins Wasser, zögerte kurz und ging dann vorsichtig weiter, allerdings nicht auf Alecto und Ravio zu, sondern flussabwärts, in Bracs Richtung. Als ihm das kühle Wasser bis zu den Hüften reichte, blieb er erneut stehen und strich mit seinen Händen, über die glatte Wasseroberfläche. „Na siehst du, du kleiner Feigling, geht doch!“, rief Brac ihm zu und grinste. „Komm her!“, winkte er ihn mit beiden Händen zu sich. „Könnt Ihr wirklich dort stehen? Das Wasser ist nicht tiefer?“, fragte Amanoue unsicher. „Das siehst du doch!“, antwortete Brac und hob wie zum Beweis seine Hände. Amanoue nickte zart, ging lächelnd weiter, das Wasser reichte ihm jetzt bis über den Bauch und man konnte bereits eine deutliche Strömung erkennen. Dann machte er noch einen Schritt und war weg. Amanoue war so schnell untergetaucht, dass die Anderen zuerst gar nicht reagierten und erst als er nicht wieder auftauchte, gerieten sie regelrecht in Panik. Brac stand einfach nur völlig fassungslos da, Ravio und Alecto hechteten ins Wasser, schwammen sofort los und Finn kraulte an Brac vorbei. „Du Riesenidiot, stehst auf `ner Sandbank!“, schrie er ihn an. Ravio war als erster an der Stelle angekommen, an der Amanoue verschwunden war, tauchte sofort unter, kam wieder hoch und schüttelte den Kopf. „Scheiße, Scheiße, Scheiße!“, rief er verzweifelt, tauchte zusammen mit Alecto erneut nach unten und beide kamen prustend wieder hoch. „Das kann doch nicht wahr sein!“, rief Alecto, „der ist tatsächlich abgesoffen!“, meinte er ungläubig zu Finn hin und der sah weiter flussabwärts den Hauptmann im Wasser schwimmen und winkte ihm verzweifelt zu, bis der endlich auf sie aufmerksam wurde. „Was ist?“, rief er zu ihnen herüber und Finn sah ihn kreidebleich an. „Oh Gott, Hauptmann, der Asconier ist weg! Er war einfach weg!“, antwortete der junge Soldat und weinte fast dabei. Falco sah zuerst Brac an, der immer noch dastand und nur fassungslos den Kopf schüttelte, dann sah er, wie Alecto und Ravio immer wieder untertauchten. Augenblicklich wurde ihm schlecht vor Angst, er kraulte sofort in ihre Richtung und tauchte dabei selbst immer wieder unter. Er war noch etwa zehn Meter von ihnen entfernt, als er an einem im Wasser liegenden Baum vorbeischwamm. Wieder tauchte er unter und dann sah er ihn. Amanoue war von der Strömung unter die Zweige des Baumes getrieben worden, an denen er jetzt offensichtlich festhing. Falco tauchte auf, holte tief Luft, nur um gleich wieder zu Amanoue hinab zu tauchen und versuchte ihn aus dem Gewirr der Zweige zu befreien, doch dann ging ihm die Luft aus. Erst beim zweiten Versuch konnte er ihn endlich befreien und dem Baum entreißen. Er fasste ihm unter die Arme, zog ihn an die Wasseroberfläche,
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schwamm mit ihm die wenigen Meter zum Ufer, hob ihn hoch und trug seinen leblosen Körper an Land. Falco kniete neben Amanoue, streichelte sein Gesicht und strich ihm das lange Haar zurück. „Amanoue, bitte, mach die Augen auf“, sagte er voller Verzweiflung. „Bitte, bitte, nicht! Das darf doch nicht wahr sein“, raunte er, schüttelte Amanoues schlaffen Körper heftig und schlug ihm mit der flachen Hand, auf den Rücken. Dann ließ er ihn wieder auf den Boden sinken. „Holt Gregorius!“, rief er entsetzt. Inzwischen standen mehrere Soldaten um sie herum, er legte sein Ohr auf Amanoues Brust, konnte aber kein Lebenszeichen feststellen und schüttelte ihn erneut. „Wach auf!“, schrie er ihn an und schlug ihm ins Gesicht. „Du wirst nicht ertrinken, habe ich gesagt! Hörst du?“, rief er und seine Stimme zitterte dabei. Schließlich beugte er sich über ihn, legte seinen Mund auf Amanoues weiche Lippen und blies ihm seinen Atem in die Lungen, holte wieder Luft und wiederholte es wieder und wieder. Amanoues Brustkorb hob und senkte sich dabei leicht und Falco hörte nicht auf, wenn auch nur, um Amanoues kühle Lippen auf seinen eigenen zu spüren. Dann kam Gregorius durch die Menge und kniete sofort neben sie nieder. „Was tut Ihr da?“, fragte er entgeistert, „hört auf damit, Hauptmann und lasst mich sehen!“ Amanoues Gesicht war bereits leicht blau angelaufen und als der Heiler dessen Oberkörper anhob, fiel sein schönes Haupt wie bei einem toten Vogel, zur Seite. Er fühlte Amanoues Puls, legte sein Ohr auf dessen Brust und schüttelte schließlich erschüttert seinen Kopf. Schwerdurchatmend drehte er sich zu den Soldaten um. „Holt den König und sagt ihm, dass der Asconier tot ist“, sagte er bitter. Falco sank zurück und schüttelte kaum merklich den Kopf. „Nein, das darf nicht sein“, murmelte er vor sich hin, „er war mir anvertraut, das kann nicht wahr sein!“ Gregorius sah sich um, nahm einen Waffenrock, der im Gras lag, mit dem königlichen Wappen darauf und legte ihn über Amanoues zarten Körper. Es war Bracs und der Waffenrock war so groß, dass er ihn völlig bedeckte. Die Menge teilte sich und der König trat vor. Er stand da und sah ungläubig auf sie hinab. „Ich will ihn sehen“, sagte er tonlos. Der Heiler schlug das Tuch etwas zurück, so dass man Amanoues liebliches Gesicht sehen konnte und ein Zittern durchlief Henry. Er schluckte hart, dann taumelte er und musste sich auf Satory stützen, um nicht umzufallen. In diesem Moment packte Falco Amanoue erneut, schüttelte ihn wieder, presste seine Lippen auf dessen Mund, blies wieder und wieder seinen Atem in ihn und schlug ihm abwechselnd ins Gesicht. „Wach auf!“, schrie er dabei voller Verzweiflung und Henry starrte ihn an. „Hört auf!“, schrie er entsetzt, Satorius stürzte sich sofort auf Falco und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Beide begannen zu rangeln, doch dann fing Amanoue plötzlich an zu husten und
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erbrach einen Schwall Wasser. Henry sank neben ihm auf die Knie und zog ihn in seine Arme. „Amanoue, oh Gott, du lebst!“, schluchzte er fast, hob ihn hoch und trug ihn zum königlichen Zelt. Amanoue hustete noch immer heftig und erbrach sich erneut, doch das war Henry egal. Er legte ihn vorsichtig aufs Bett und küsste seine Stirn, dann ließ er Gregorius zu ihm. Der legte sein Ohr wieder auf Amanoues Brust und sah ihn zweifelnd an. „Könnt Ihr mich verstehen? Geht es Euch gut?“, fragte er ungläubig. Amanoue nickte schwach, hob seine Hand und sah Henry matt an. Der König kam sofort zu ihm, setzte sich aufs Bett, ergriff dessen Hand und küsste sie zärtlich. „Ich bin so froh, dass du am Leben bist, mein Liebling“, sagte er und küsste sie erneut. Amanoue fing an, heftig zu zittern und hustete wieder. „Das ist der Schock, der sich jetzt löst. Ich werde ihm etwas Opium geben, zur Beruhigung. Macht Euch keine Sorgen, Eure Majestät. Ich denke, dass er es schaffen wird! Sein Herz schlägt kräftig und gleichmäßig“, sagte Gregorius zu Henry, der ihn voller Sorgen ansah. Der Heiler nahm ein Fläschchen aus seiner Tasche, die er meistens bei sich trug und träufelte einige Tropfen in einen Weinpokal, goss etwas Wasser darauf und kam damit zum Bett. „Hier, Amanoue, trinkt das“, sagte er, führte den Pokal an dessen Lippen und der trank, hustete danach aber wieder heftig. Dann sank er zurück und schloss die Augen. „Er wird jetzt erst einmal schlafen. Ruhe ist jetzt das Beste für ihn. Morgen werden wir weitersehen, aber ich denke, dass er nicht reisen kann“, meinte Gregorius, an Henry gewandt. Henry nickte schwach. „Dann bleiben wir eben einen Tag hier! Das ist auch nicht so schlimm, ein Tag Ruhe wird uns jetzt allen guttun, besonders mir. Würdet Ihr uns bitte allein lassen, ich möchte mich ausruhen. Sebastian, lasse dem General mitteilen, dass wir das Lager morgen nicht abbrechen. Und ich möchte nicht mehr gestört werden!“, sagte er und musste sich zusammennehmen. Der Heiler nickte nur und als beide fort waren, ließ sich Henry aufs Bett sinken. Er hielt sich beide Hände vors Gesicht, die stark zitterten und schluckte immer wieder, an dem Kloß, in seinem Hals. Nach einer Weile, zog er sich die Stiefel aus, legte sich zu Amanoue, nahm ihn in die Arme und schlief ein.
Am nächsten Morgen wachte er auf, weil ihn etwas am Ohr kitzelte. Amanoue lag halb auf ihm und lächelte ihn an. Er hatte eine Strähne seines langen Haares zwischen den Fingern und strich Henry damit immer wieder, übers Ohr. „Geht es dir gut, mein Liebling?“, fragte Henry besorgt und streichelte ihm die Wange. Erst jetzt war ihm bewusst geworden, wie sehr er ihn liebte und er verspürte einen bisher nicht gekannten Schmerz, tief in seinem Herzen. Amanoue nickte. „Ja, Herr“, hauchte er und seine Stimme klang etwas heiser. „Ich bin ein bisschen hungrig“, krächzte er und Henry lachte erleichtert auf.
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„Sofort, mein kleiner Liebling! Sebastian, bring uns Frühstück!“, sagte er und umarmte ihn fest. Amanoue wollte aufstehen, doch Henry verbot es ihm und so frühstückten sie beide im Bett. Danach war Amanoue allerdings so erschöpft, dass er wieder einschlief, Henry streichelte ihn noch eine Weile und spürte voller Lust Amanoues zarte, nackte Haut. Schließlich stand er seufzend auf, machte sich frisch und verließ das Zelt. Er rief nach seinem Pferdeknecht, ließ seinen Hengst bringen, stieg auf und ritt hinüber, zu Satorius Lager. Als er vor dem Zelt des Grafen ankam, stieg er ab und betrat es ohne Umschweife. Graf Satorius und sein Sohn saßen beide am Tisch und speisten gerade. Beide erhoben sich sofort, als sie den König sahen. „Eure Majestät“, sagte der Graf, „was für eine Ehre!“, fügte er hinzu, doch es klang wenig begeistert. Henry winkte ab. „Graf Satorius, würdet Ihr Euren Sohn und mich, allein lassen?!“, erwiderte er kalt. Der Graf stellte sich sofort schützend vor seinen Sohn, doch der junge Hauptmann fasste seinen Vater am Arm und führte ihn zum Eingang des Zeltes. „Bitte, Vater, lasst mich mit dem König allein“, sagte er sanft. Der Graf strich seinem Sohn über die Wange, schüttelte bitter den Kopf und Satory sah ihm fest in die Augen. „Bitte, Vater“, raunte er und der Graf stürzte hinaus. Satory drehte sich zum König um und sah ihn fragend an. „Ich will dich, Satory“, sagte der und blickte auf eines der beiden Betten.
Als Amanoue erwachte, war es kurz nach Mittag. Er rekelte sich ausgiebig, gähnte herzhaft, stand dann auf und ging zur Nachtschüssel. Er stellte sie auf den Boden, ging breitbeinig darüber in die Hocke und entleerte seine Blase. Danach suchte er seine Kleider, fand sie allerdings nicht und so nahm er Henrys Morgenmantel, zog ihn an und verließ das Zelt. Draußen standen Alecto und Ravio vor dem Eingang Wache und er grüßte sie beide, mit seinem zauberhaften Lächeln. „Meine Güte, Amanoue, bin ich froh, dich lebend zu sehen! Wir dachten alle, du wärst tot“, sagte Ravio ehrlich erleichtert und Alecto nickte. Amanoue lächelte erneut und hielt seinen Kopf dabei etwas schief, so wie er es oft tat. „Wisst ihr, wo der König ist?“, fragte er schüchtern. Ravio blickte kurz zu Alecto und beide schüttelten ihre Köpfe. Amanoue nickte ihnen noch einmal zu und schlenderte hinüber zu den Zelten, der königlichen Garde. Brac stand am Feuer und rührte in einem großen Topf, der darüber hing. „Hallo Brac“, grüßte Amanoue ihn leise. Brac fuhr hoch, stürmte sofort zu ihm und umarmte ihn herzlich. „Mensch, Kleiner“, rief er, drückte Amanoue, hob ihn hoch und wirbelte ihn herum. „He, seht mal, wer da ist!“, brüllte er lautstark und einige von Henrys Leibwachen, die gerade bei den Zelten waren, kamen herbei und alle freuten sich ehrlich, Amanoue zu sehen. Sie umringten die Beiden, Brac hielt
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Amanoue noch immer hoch und drehte sich mit ihm im Kreis. Etwas abseits von ihnen stand Falco und sah zu ihnen herüber. Er schloss kurz seine Augen, wandte sich dann ab und ging. „Ihr könnt mich jetzt wieder herunterlassen, Brac“, sagte Amanoue lächelnd und seine Stimme klang noch immer etwas heiser dabei. Brac lachte und setzte ihn wieder ab. Amanoue ging zum Topf, sah hinein, zog eine Augenbraue hoch und schnupperte neugierig. „Was kochst du denn da? Das riecht sehr gut!“, meinte er und leckte sich die Lippen. Brac kam grinsend zu ihm und rührte um. „Kaninchen und Steinpilze! Wird `n leckerer Eintopf! Kannst mitessen, wenn`s `de willst, braucht aber noch `n bisschen!“ Amanoue runzelte etwas die Stirn, weil er nicht wusste, was Steinpilze waren. „Gern“, antwortete er aber trotzdem und schlenderte dann hinter die Zelte, zu den Pferden. Finn war gerade damit beschäftigt, sie zu tränken und hielt sofort inne, als er ihn sah. „Oh Mann!“, rief er, setzte den Eimer ab, eilte zu ihm und auch er umarmte ihn herzlich. „Hast uns `nen schönen Schrecken eingejagt! Mann, Amanoue, der Hauptmann steht immer noch, völlig neben sich! Der war total fertig!“, sagte er und Amanoue nahm den Kopf zurück. „Satorius?“, fragte er. „Was? Blödsinn! Unserer natürlich! Falco!“, antwortete Finn verdutzt. Amanoue sah ihn überrascht an und blickte kurz zu Boden. Dann trat er zum Pferch und der braune Wallach des Hauptmannes stupste ihn an. Amanoue legte seine Hände auf die Nüstern des Tieres und hauchte es sanft an. Der Wallach schnaubte zurück, Amanoue berührte dessen Stirn mit seiner eigenen und lehnte sich dagegen, doch plötzlich hob das Pferd seinen Kopf und wieherte leise, wie zur Begrüßung. „Latiago“, sagte eine Stimme sanft hinter Amanoue und der drehte sich um. Es war der Hauptmann, der jetzt neben ihn trat und seinem Pferd auf den Hals klopfte. „Ich freue mich, dass es dir gut geht“, sagte er freundlich, doch Amanoue sah ihn kalt an. „Ich möchte nicht mit Euch reden!“, erwiderte er frostig, „Ihr habt die Angewohnheit, mir jeden Tag zu verderben und ich hasse Euch dafür!“ Er sah Falco dabei direkt in die Augen, wandte sich ab und marschierte zurück, zu Brac. „Ah, gut, dass du kommst“, meinte der, „Essen ist fertig!“, rief er in die Runde und reichte ihm gleich eine Schüssel voll, mit dem dampfenden Eintopf. Amanoue zögerte erst, nahm die Schale dann aber doch dankend entgegen und setzte sich auf den Boden. Finn kam zu ihm, ließ sich neben ihm nieder und sah ihn ernst an. „Hör mal, dass eben, mit dem Hauptmann, war ganz schön hart! Das hatte er echt nicht verdient!“, meinte er vorwurfsvoll. „Das musst du schon mir überlassen“, entgegnete Amanoue gereizt, „und wie er es verdient hat! Er hat mich geschlagen und behandelt mich, wie Dreck!“ „Amanoue! Er hat dir das Leben gerettet! Wir hatten dich alle aufgegeben, auch Gregorius!
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Wir dachten alle, du wärst tot, aber er hat nicht aufgegeben und nicht aufgehört, um dich zu kämpfen. Amanoue, er hat seinen Mund auf deinen gelegt und hat dir seinen Atem, in die Lungen geblasen! Sowas, habe ich noch nie gesehen!“, ereiferte sich Finn, doch Amanoue sah ihn nur trotzig an. „Sicher hat er es nur getan, weil es seine Pflicht, gegenüber dem König war und er auf mich aufpassen sollte! Und ganz gewiss, nicht meinetwegen! Ihr wisst alle, was er von mir hält, er behandelt mich ständig, wie ein Stück Dreck und ständig schlägt er mich! In seinen Augen, bin ich immer noch die asconische Hure, mehr nicht!“, fuhr er ihn an und durch seine raue Stimme, klang sein Akzent fast hart und kein bisschen lustig. „Amanoue, als sie dich weggebracht hatten, saß der Hauptmann noch stundenlang dort am Ufer und hat Rotz und Wasser geheult und uns alle weggeschickt! Glaub mir, aber so, haben wir ihn noch nie erlebt! Er hat sich wirklich, um dich gesorgt!“, antwortete Finn überzeugt. Amanoue zuckte mit den Schultern und erhob sich. „Das ist mir gleich!“, sagte er desinteressiert und reichte Brac die Schüssel zurück. „Danke, Brac, aber ich habe leider keinen Appetit mehr, aber es schmeckt sehr gut!“, meinte er, lächelte ihn an und ging zurück, zum Zelt des Königs, doch Henry war noch immer nicht wieder da. Amanoue nahm sich einen Becher Wein, leerte den auf einen Zug, dann legte er sich frustriert aufs Bett und schlief wenig später ein.
Henry lag neben Satory und küsste ihm die Schulter. „Du warst heute so zärtlich, das hat mir sehr gefallen. Ich glaube, du findest langsam Gefallen daran, habe ich recht?“, sagte er und küsste ihn erneut. Satory drehte sich auf den Rücken und sah ihn an. „Ich möchte meinem König gefallen“, antwortete er, strich Henry zärtlich durchs Haar und der lächelte ihn an. „Das tust du!“, erwiderte er, stand auf, zog sich an und kam noch einmal zum Bett. „Würde es dir gefallen, Herzog zu werden?“ Satorius setzte sich augenblicklich auf. „Majestät, ich weiß nicht, was ich sagen soll!“, antwortete er und holte tief Luft. „Sag einfach ja!“, meinte Henry und streichelte ihm über den Oberarm. „Ja, mein König“, hauchte er und küsste Henrys Hand. „Dein Vater wird der neue Herzog von Savoyen und du, wirst sein Erbe!“, beschloss der und verließ ohne jedes weitere Wort, das Zelt. Draußen stand der Graf, blickte ihn verächtlich an und der König blieb vor ihm stehen. „Ich ernenne Euch zum neuen Herzog von Savoyen, mit vollem Erbrecht! Sobald wir in Austra sind, wird Euch die Herzogswürde offiziell verliehen! Ihr seid meine Zeugen!“, sagte er und blickte auf die umstehenden Soldaten und auf Hauptmann Matheo, der ihn mit zwei Wachen begleitet hatte. Sie verbeugten sich salutierend, nur der Graf stand noch immer bewegungslos da und sah Henry kalt an.
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„Ein hoher Preis, für die Unschuld meines Sohnes!“, meinte er zynisch. „Nun, Herzog Satorius, er war es durchaus wert!“, erwiderte Henry im gleichen Tonfall. Beide sahen sich kalt in die Augen, bis Satorius schließlich verbittert zur Seite blickte und Henry ließ ihn einfach stehen. Satorius ging ins Zelt, trat zu seinem Sohn und schlug ihm heftig ins Gesicht.
Als Henry in sein Zelt kam, schlief Amanoue noch immer und er weckte ihn sanft. „Wach auf, du kleine Schlafmütze, sonst verpasst du noch das Abendessen“, flüsterte er zärtlich. Amanoue streckte sich und stand auf. „Wo ward Ihr?“, fragte er kühl. Henry ging zum Tisch, schenkte zwei Becher Wein ein und reichte einen davon Amanoue. Der war ihm gefolgt, nahm den Becher und trank sofort einen Schluck. „Warum antwortet Ihr mir nicht?“, wollte er wissen. „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig!“, antwortete der König und sah ihn ärgerlich an. „Ihr ward bei dem Anderen!“, schrie Amanoue ihn an und griff ihm hart zwischen die Beine. Henry wich erschrocken zurück, hob die Hand drohend zum Schlag, schlug aber nicht zu und beide sahen sich wütend an. „Hör auf damit, Amanoue! Ich warne dich! Mach das nicht noch einmal!“, raunte er. „Ihr habt gesagt, dass es nicht wieder vorkommen wird! Reiche ich Euch nicht, oder bin ich so schlecht, im Bett?!“, schrie Amanoue ihn wieder an und Henry senkte seine Hand. „Damit habe ich das Bett gemeint! Wem ich meine Gunst schenke, entscheide ich allein und wenn du so weitermachst, werfe ich dich hinaus und du wirst auch nicht mehr, in meinem Bett liegen! Hast du verstanden?“, entgegnete er beinahe ruhig und lehnte sich lässig gegen den Tisch. „Wer ist es? Ich bringe ihn um!“, fauchte Amanoue und seine Stimme klang wieder heiser. Er funkelte Henry mit seinen grünen Augen an und der setzte sich lächelnd auf seinen Stuhl. „Ich glaube, das würdest du tatsächlich tun“, meinte er, noch immer schmunzelnd. „Hör zu, Amanoue, ich bin ein Mann mit starken Bedürfnissen und du warst krank! Gregorius sagte, dass du viel Ruhe brauchst und ich wollte dich nicht stören. Ich habe mir wirklich Sorgen, um dich gemacht!“ „Um mich braucht Ihr Euch nicht zu sorgen“, sagte Amanoue wesentlich ruhiger und kam zu ihm. Er setzte sich vor ihm auf den Tisch, stellte seine Füße rechts und links, neben Henry auf den Stuhl, so dass seine Beine gespreizt waren und sah ihn voller Lust an. „Ab heute, werde ich dich jede Nacht so fordern, dass du keinen anderen mehr brauchst, das verspreche ich dir!“, raunte er begierig, spreizte seine Beine noch mehr und legte sich nach hinten. Henry erhob sich, öffnete den Morgenmantel, fuhr mit beiden Händen darunter und strich ihm über den schönen, nackten Körper. Als er sich über ihn beugte, hob ihm Amanoue sein Becken entgegen, Henry stillte sein Verlangen und Amanoue schrie laut auf, vor Lust. Vor dem Zelt standen die Wachen und die Diener, die gerade eintreten wollten und sahen
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sich betreten an. „Da werden wir mit dem Abendessen wohl noch warten“, raunte Sebastian seufzend.
Amanoue forderte Henry in dieser Nacht noch zweimal und als am Morgen Sebastian kam, schickte Henry ihn brummend wieder fort. Schlaf fand er allerdings keinen mehr und so stand er schließlich doch auf. Er wusch sich mit kaltem Wasser, zog sich an, setzte sich an das kleine Schreibpult, nahm ein Stück Pergament und fing an zu schreiben. Sebastian brachte das Frühstück herein. „Werden wir heute weiterziehen, Eure Majestät?“, fragte er, während er den Tisch deckte. „Ja, sicher und Amanoue wird im Wagen mitfahren. Lass bitte dem General Bescheid geben, dass wir in zwei Stunden aufbrechen!“, antwortete Henry und seufzte. Sebastian verbeugte sich nickend und zog sich zurück. Amanoue gähnte, rieb sich die Augen und setzte sich auf. Er zog Henrys Morgenmantel an, schlenderte zum Tisch, trank einen großen Schluck Ziegenmilch und nahm sich ein Stück Brot. Es war noch warm und duftete herrlich. Dann spazierte er hinüber zu Henry, legte ihm eine Hand auf die Schulter und spähte darüber. Henry hörte auf zu schreiben und drehte sich zu ihm um. „Guten Morgen, mein Liebling“, sagte er und fuhr ihm mit der Schreibfeder, über die Nase. Amanoue lächelte ihn an. „Was schreibst du da?“, fragte er interessiert. „Ich schreibe einen Brief an die Königin, ich habe ihr schon lange keine Nachricht mehr zukommen lassen. Seit mein Adjutant tot ist“, meinte er nachdenklich. Amanoue zog die Augenbrauen hoch und blickte auf das Schriftstück. „Das stimmt so nischt“, sagte er und schob sich ein Stückchen Brot in den Mund. „Was stimmt nicht?“, fragte Henry. „Verseiht, schreibt man mit eine `ah´ und Liebe, mit eine `e´, nach die `i´!“, meinte Amanoue und Henry sah ihn amüsiert an. „Du kannst austrisch lesen?“ Amanoue nickte. „Und schreiben!“, antwortete er, zuckte mit den Schultern, ging zurück zum Tisch und setzte sich. Er nahm sich noch Brot, tauchte es in die Schale mit Honig und aß es genüsslich. „`abt Ihr keine `unger?“ Henry stand auf, kam ebenfalls herüber und setzte sich ihm schräg gegenüber. „Wo hast du schreiben und lesen gelernt? Doch sicher nicht, im Hurenhaus!“, meinte er spöttisch. Amanoue sah ihn beleidigt an und warf ein Stückchen Brot nach ihm. „Ich war nicht immer, eine Hure! Ich spreche fünf Sprachen perfekt und die meisten, kann ich auch lesen und schreiben! Und ganz sicher, habe ich auch eine viel schönere Schreibschrift, als Ihr, Herr!“, fauchte er und funkelte Henry wieder mit seinen Smaragdaugen an. „Fünf Sprachen!“ Henry lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor seiner Brust. „Und woher, solltest du die gelernt haben?“, meinte er und lachte. „Und? Welche sind es?“
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Amanoue trank noch einen Schluck Milch und lehnte sich ebenfalls zurück. „Nun, ich spreche Eure Sprache, also austrisch, außerdem noch tiranisch, samartisch und die Sprache, die die Gelehrten in Istrien sprechen, altgriechisch und Latein. Die Sprache der Nordländer beherrsche ich nicht so gut, aber ich verstehe, was sie sagen und asconisch, natürlich! Also eigentlich, fast sieben, wenn man das mitzählt! Allerdings kann ich mich nicht daran erinnern, wo und wann, ich sie erlernt habe“, meinte er nachdenklich. Henry sah ihn noch immer belustigt an. „Und, was kannst du alles sagen? Wie soll ich es Euch besorgen? Oder, war es recht so?“, sagte er und lachte laut los. Amanoue erhob sich sofort und sah ihn beinahe schockiert an. Er drehte sich um, ging wortlos nach hinten und suchte nach seinen Sachen, fand sie aber wieder nicht. Enttäuscht setzte er sich aufs Bett und schlug seine Hände vors Gesicht. „Amanoue, Liebling, so habe ich es doch nicht gemeint. Das war nur Spaß, komm schon!“, sagte Henry. „Das war gemein! Warum behandelt Ihr mich so? Ihr sprecht von Liebe, zu mir! Aber in Euren Augen, bin ich immer noch nur eine Hure, die Ihr für Euer Bett gekauft habt!“, antwortete er frustriert. „Das ist nicht wahr, Amanoue! Aber du hast recht, es war gemein und es tut mir leid!“ Henry war aufgestanden und zu ihm gekommen. Er ging vor ihm in die Hocke, nahm seine Hände und küsste jeden einzelnen Finger. „Ich liebe dich! Du bist mein Leben“, sagte er und küsste ihn zärtlich. „Bitte, sei mir nicht mehr böse“, bat er lieb. Amanoue schüttelte zart den Kopf, lächelte ihn zauberhaft an und Henry wurde ganz warm ums Herz. „Zieh dich jetzt an, wir wollen bald aufbrechen“, sagte Henry zärtlich, küsste nochmals seine Hände und stand auf. „Ich habe nichts, zum Anziehen“, erwiderte Amanoue und sah ihn verwirrt an. „Meine Sachen sind fort!“ „Ich schicke Sebastian, zu dir“, sagte Henry, wandte sich zum Eingang des Zeltes, blieb nochmals kurz stehen und drehte sich halb zu ihm um. „Ach, und Amanoue, du fährst im Wagen der Diener mit!“, sagte er im Befehlston und ging weiter. Draußen hörte er im Zelt ein klirrendes Geräusch und musste wieder lachen. Kurz darauf kam Sebastian herein, blickte verdutzt auf einen zu Bruch gegangenen Krug und gab ihm seine Kleider. Amanoue nahm sie und sah ihn fragend an. „Wo waren die denn?“, fragte er und begann sich anzuziehen. „Schmutzig, ich habe sie waschen lassen“, antwortete Sebastian und trieb ihn an. „Los, mach, beeile dich, du bist immer der Letzte“, meinte er, klang aber nicht unfreundlich dabei. „Und packe hier hinten gleich alles zusammen!“ Er selbst nahm schon eine der fertigen
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Kisten, ließ ihn allein und seufzend fing er an, das Bettzeug zu verstauen. Als sie endlich losfuhren, sprang er hinten auf den Wagen auf, aber er hasste es, in dem ruckelnden Wagen mitzufahren und so lief er, sobald die Geschwindigkeit es zuließ, lieber nebenher. Nachdem sie endlich das Nachtlager errichtet hatten, war er sichtlich erschöpft. Henry war noch nicht zum Zelt gekommen und so zog sich Amanoue aus und wusch sich, von Kopf bis Fuß. Danach zog er sich den schönen Morgenmantel an, legte sich aufs Bett und war wenige Augenblicke später, eingeschlafen. Der König betrat das Zelt, zog seine Handschuhe aus und warf sie auf den Tisch. Der Tag war wieder ungewöhnlich warm gewesen und auch Henry fühlte sich unendlich müde. Ihm fehlte der Schlaf der vergangenen Nacht und als er Amanoue schlafend auf dem Bett liegend sah, ging er zu ihm und setzte sich neben ihn. Er strich ihm die Haare zurück und küsste ihn, hinters Ohr. „Wach auf, mein Liebling, jetzt wird nicht geschlafen! Sonst lässt du mir wieder, die halbe Nacht keine Ruhe!“, raunte er und schüttelte ihn. Amanoue schob ihn weg und rekelte sich, wie eine Katze. „Ich bin so müde, lasst mich schlafen“, murmelte er dabei. „Auf gar keinen Fall! Los, steh auf!“, rief Henry übermütig und fing an, ihn zu kitzeln. „Hör auf!“, kreischte Amanoue, „du bist gemein!“, schrie er und versuchte Henry lachend und kichernd abzuwehren. Henry hielt ihn fest, beugte sich über ihn und küsste ihn zärtlich. „Du hast mich letzte Nacht nicht schlafen lassen und jetzt, lasse ich dich nicht schlafen! Komm, du kleines Kätzchen, du wirst heute noch etwas Feines zu essen bekommen. Wir haben einen Hirsch erlegt!“ Amanoue streckte sich seufzend und setzte sich auf. „Darf ich morgen wieder mit den Soldaten reiten, bitte?“, fragte er, neigte seinen Kopf und sah Henry honigsüß an. Henry musste zwangsläufig lächeln. „Nein! Und keine Widerrede! Du musst dich noch schonen und fährst im Wagen mit!“ „Aber wieso denn? Es geht mir doch wieder gut“, schluchzte Amanoue gekünstelt auf, „ich hasse es, im Wagen mitzufahren! Die Diener sind unfreundlich zu mir und Benedicto sieht mich immer so komisch an und er riecht auch nicht gut!“ Henry hob eine Augenbraue. „Wirklich? Das konnte ich bis jetzt nicht feststellen“, meinte er und irgendetwas klang an seiner Stimme sonderbar. Er wich Amanoues Blick aus und der atmete hörbar aus. Er sah Henry dabei zornig an und seine Augen funkelten gefährlich. „Er ist Euer Geliebter!“, zischte er, „ist er es, zu dem Ihr immer geht?“, schrie er los. Henry sah ihn ruhig an. „Amanoue, das war vor dir! Ich habe nichts mehr, mit ihm. Und außerdem, habe ich nur ein paarmal, mit ihm geschlafen und es war nie so, wie mit dir!“, antwortete er, zog ihn in seine Arme und küsste ihn zärtlich. „Glaube mir!“ Amanoue sah ihn skeptisch an und zuckte kurz mit den Schultern. „Gut! Ich glaube Euch!“,
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sagte er versöhnlicher. „Bitte, lasst mich wieder mit Eurer Wache reiten“, bat er dann einschmeichelnd. „Im Wagen wird mir schlecht und ich bin fast den ganzen Tag gelaufen! Meine Füße tun so weh“, jammerte er bettelnd. Henry war inzwischen aufgestanden und zum Tisch gegangen. Sebastian und die zwei jüngeren Diener kamen herein und begannen, das Abendmahl aufzutischen. Amanoue blieb niedergeschlagen auf dem Bett sitzen und sah immer noch flehend zu Henry, doch der blickte zum Zelteingang. Herzog Richard, der General, die beiden Hauptleute Falco und Matheo, Graf Satorius und sein Sohn, betraten nacheinander das Zelt und verbeugten sich alle, vor ihrem König. „Setzt Euch“, rief Henry gutgelaunt, „wir haben heute etwas zu feiern! Als erstes, möchte ich mit Euch darauf trinken, dass wir endlich wieder in Austrien sind!“, sagte er, hob seinen Pokal, prostete ihnen zu und Henrys Gefolgsleute erwiderten lautstark den Trinkspruch. „Auf Austrien! Hoch lebe unser König!“, riefen sie im Chor, verbeugten sich alle nochmals vor ihm, leerten ihre Becher und setzten sich. Dann begannen sie zu essen und Henry ließ ihnen reichlich Wein nachschenken. Bald scherzten und lachten sie ausgelassen, wie in Magiyar, der Stadt, in der sie gemeinsam im Freudenhaus gewesen waren und Henry schien Amanoue völlig vergessen zu haben. Er prostete immer wieder Satory zu, sah ihm dabei tief in die Augen und auch der junge Hauptmann erwiderte dessen Blicke und lächelte ihn dabei charmant an. Amanoue saß noch eine Zeitlang bewegungslos da und beobachtete sie still. Er war so hungrig und durstig und der Duft des gebratenen Fleisches wehte verlockend zu ihm herüber. Schließlich rutschte er in die Mitte des Bettes, kroch unter die Fuchsfelldecke und rollte sich zusammen. `Ich bin eben doch nur eine Hure, für ihn´, dachte er noch traurig, bevor er langsam eindöste. Immer wieder schreckte er auf, geweckt durch ihr lautes Lachen und Grölen, bis er endlich in einen tiefen, aber unruhigen Schlaf hinüberglitt. Henry klopfte plötzlich mit seinem Speisemesser, gegen seinen goldenen Trinkpokal. „Meine Herren!“, rief er, „darf ich einen Augenblick, um eure Aufmerksamkeit bitten!“ Alle sahen den König mehr oder weniger angeheitert an. „Bitte, meine Freunde! Seid doch einen Moment still! Ich habe euch etwas mitzuteilen! Wie ihr wisst, ist mein Schwiegervater, Gott sei seiner armen Seele gnädig, vor einiger Zeit von uns gegangen!“ Sie prosteten sich wieder zu und ließen den toten Schwiegervater hochleben. „Pscht!“, machte Henry und unterstrich es noch mit einer energischen Handbewegung, „verdammt! Seid doch mal still, kindisches Volk! Was wollte ich sagen? Ach ja! Also gut, ihr wisst, dass mit seinem Tode, das Herzogtum Savoyen an die Krone gefallen ist.“ Er machte eine kurze Pause und klopfte nervös mit seinem Zeigefinger auf die Tischplatte, „nun, ich ernenne hiermit Graf Satorius, zum Dank für seine treuen Dienste dem Königshaus gegenüber, zum neuen
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Herzog von Savoyen!“ Augenblicklich herrschte eine Totenstille, nur der junge Satorius lächelte und stand beinahe zeitgleich mit seinem Vater auf. Beide kamen um den Tisch herum, traten vor den König hin und verbeugten sich tief. „Eure Majestät“, sagte der Graf, „ich weiß nicht, wie ich Euch danken soll! Welche Ehre, für das Haus Satorius!“, meinte er, doch Henry lächelte nur Satory an. Der beugte tatsächlich ein Knie vor dem König, küsste ihm die Hand und sah ihm dabei frech in die Augen. Henry lachte auf und entzog ihm seine Hand kopfschüttelnd. „Steht auf, Satory, selbst jetzt noch, versucht Ihr mich zu verspotten! Setzt Euch wieder, oder ich überlege es mir noch einmal! Euer Sohn ist wirklich unverbesserlich, Herzog Satorius!“, sagte er und lächelte den an. Satorius verbeugte sich kurz und nickte Henry zu. „Wie Ihr meint, Eure Majestät“, antwortete er kalt und beide setzten sich wieder auf ihre Plätze. Herzog Richard sah seinen Neffen an, als ob er einen Verrückten vor sich hätte, doch Henry erhob erneut seinen Weinbecher und rief: „Lasst uns auf das Wohl des neuen Herzogs von Savoyen, dem edlen Satorius und seine Familie trinken!“ Sie erhoben mehr oder weniger zögernd ihre Becher und prosteten dem neuen Herzog zu. Einen Moment war es wieder still und sie hörten Amanoue in diesem Augenblick gequält aufstöhnen. Er wimmerte fast, wälzte sich hin und her und sprach dabei, geradezu flehend, immer wieder die gleichen Worte auf asconisch. Außer Satory konnte ihn niemand verstehen, der junge Hauptmann schloss seine Augen und schüttelte leicht den Kopf dabei. „Oh Gott“, sagte er leise und legte eine Hand an die Stirn. Henry sah ihn an. „Ihr könnt ihn verstehen? Was sagt er da?“, fragte er überrascht. Satory öffnete seine Augen und sie waren tränenfeucht. „Er ruft nach seinem Vater und bittet ihn um Hilfe“, sagte er stockend, „bitte, Vater, hilf mir doch, bitte, so helfe mir doch! Wo bist du nur, Vater?“, übersetzte er Amanoues Worte und schnaufte tief durch. „Und dann fleht er immer wieder darum, aufzuhören. Ich denke, er träumt gerade davon, wie er gefangen genommen wurde und allem Anschein nach, wurde er dabei missbraucht.“, fuhr er fort und atmete erneut entsetzt durch. Sein Vater legte ihm seine Hand auf den Arm und drückte ihn kurz. „Sebastian, geh und wecke ihn auf, das ist ja schrecklich mitanzuhören“, raunte Henry sichtlich bestürzt. „Na dann, war er wohl gar nicht mehr unberührt“, meinte Richard kalt, „die haben dich, glatt, übers Ohr gehauen, lieber Neffe!“ Henry sah seinen Onkel mit zusammengekniffenen Augen an und schüttelte fassungslos seinen Kopf. „Vielleicht ist er ja der Sohn eines reichen Kaufmannes und ihre Karawane wurde überfallen.
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Das kommt oft vor, im Grenzgebiet zu Tiranien“, meinte Hauptmann Satorius nachdenklich. „Kann er sich denn wirklich, an gar nichts erinnern?“ Henry sah wieder zu ihm hin. „Nein, ich habe mit Gregorius über ihn gesprochen und der meint, er würde es verdrängen. Alles, seine gesamte Vergangenheit, ist weg. Aber manches Mal, scheint er sich wie selbstverständlich, an etwas zu erinnern. Er kann lesen und schreiben, besser als ich. Könnt Ihr Euch das vorstellen?“ „Nun, Henry, du hast dir ja auch nie die Mühe gemacht, es zu lernen! Bist lieber, mit deinem Bruder zur Jagd gegangen“, spottete sein Onkel wieder und Henry warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Sebastian war inzwischen nach hinten gegangen und rüttelte Amanoue sanft an den Schultern. „Wach auf“, sagte er leise und beruhigend, „ist ja gut!“ Amanoue fuhr dennoch erschrocken auf und sah ihn verwirrt an. „Wer seid Ihr? Wo bin ich? Vater?“, murmelte er noch immer auf asconisch und Sebastian sah ihn verständnislos an. „Was redest du da? Ich kann dich nicht verstehen, Kind! Sprich austrisch, mit mir, hörst du?“, erwiderte der alte Diener. Amanoues Blick irrte verwirrt im Zelt umher. Wieder sprach er asconisch und schlug schluchzend beide Hände vor sein schönes Gesicht. „Was sagt er jetzt?“, wollte Henry von Satory wissen. „Ich kann es auch nicht, so richtig verstehen. Er spricht einen starken Dialekt, wie aus dem Süden Asconiens und völlig wirr, Eure Majestät.“, antwortete der, erhob sich, ging hinüber zum Bett und setzte sich. „Amanoue, ich bin es, Satory“, sagte er sanft auf asconisch und nahm dessen Hand. „Es ist alles gut, Ihr seid hier in Sicherheit. Niemand will Euch etwas Böses antun“, versuchte er ihn zu beruhigen und Amanoue sah ihn traurig an. „Sie sind alle tot“, schluchzte er, „und die, die mit mir überlebt haben, sind alle fort! Der Fürst hat mir die Kette weggenommen und weggeworfen, damit sie mich nicht erkennen. Niemand, darf erfahren, wer ich bin, sagte er und dann haben sie ihn getötet, weil er mich beschützen wollte. Sie haben mir so wehgetan und mich immer wieder geschlagen dabei und nun sind alle fort!“, rief er verzweifelt, stand auf und lief verwirrt auf und ab. Satory erhob sich und folgte ihm vorsichtig nach. „Sebastian, lass Gregorius holen! Sofort“, befahl der König und blickte wieder Satory an. „Majestät“, der junge Hauptmann hob die Schultern, „wie gesagt, ich kann nicht alles verstehen, oder werde nicht recht schlau daraus, er spricht von einem Fürsten, den irgendjemand getötet hat und von einer Kette, die man ihm abgenommen hätte und dass alle weg oder tot sind! Vielleicht war er ja da schon ein Gefangener und lag in Ketten? Und dieser Fürst, wollte ihn befreien? Ich weiß es nicht, tut mir leid, mein König!“ Gregorius war in der Zwischenzeit hereingekommen und eilte sofort zu Amanoue, doch als der erschrocken zurückwich, blieb er augenblicklich stehen. „Amanoue“, sagte er ruhig,
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„wisst Ihr denn nicht, wer ich bin?“ Er näherte sich ihm behutsam und Amanoue sah ihn an. „Ihr seid der Heiler aus Istrien“, antwortete er leise auf Altgriechisch, der Sprache der Gelehrten, „helft Ihr mir? Ich muss hier fort, bitte, ich muss ihnen helfen! Lasst mir mein Pferd bringen…“ Plötzlich griff er sich an den Kopf, „es tut so weh! Mein Kopf tut so weh!“ Er taumelte zurück, wäre beinahe gestürzt, doch Satory fing ihn auf, hob ihn hoch und trug ihn zurück zum Bett. „Wartet, ich werde Euch etwas geben“, sagte Gregorius, ging zum Tisch, nahm einfach Henrys leeren Pokal und träufelte etwas Opium hinein. Dann schenkte er etwas Wasser darauf und schwenkte den Pokal im Kreis. Henry war mittlerweile auch nach hinten gegangen und als der Heiler zurückkam, sah der den König an. „Er spricht griechisch, habt Ihr das gewusst?“, fragte er und Henry nickte nur besorgt. Gregorius sah ihn überrascht an und wandte sich an Amanoue. „Hier, Amanoue, trinkt das!“, sagte er auffordernd zu ihm und hielt ihm den Pokal hin. Amanoue nahm ihn, trank und sah dann den Heiler verwirrt an. „Wie sprichst du mit mir? Weißt du nicht, wer ich bin?“, entgegnete er verstört auf Griechisch, während Gregorius austrisch gesprochen hatte. „Natürlich weiß ich, wer Ihr seid“, antwortete er sanft, „Ihr seid Amanoue, der Sklave des Königs.“ Amanoue sah ihn erschrocken an, wollte aufstehen, doch seine Augenlider wurden bereits schwer und so sackte er nach vorne weg und dieses Mal fing Henry ihn auf. „Mein Liebling, was ist nur mit dir?“, raunte er ergriffen und strich ihm zärtlich über die Wange. „Henry“, sagte Amanoue matt, schlang seine Arme um dessen Hals, der hob ihn hoch und legte ihn aufs Bett zurück. „Allem Anschein nach, ist er wohl auch noch verrückt“, meinte Richard verächtlich, „vielleicht kannst du ihn ja umtauschen!“, schnaubte er spöttisch. Henry drehte sich zum Tisch um und atmete tief durch, um ruhig zu bleiben. „Meine Herren, wenn Ihr uns nun alleine lassen würdet? Eure Ernennung zum Herzog, werden wir in Austra noch gebührend nachfeiern“, sagte er barsch und sah kurz zu Satorius hin. Augenblicklich erhoben sich alle von ihren Plätzen, verbeugten sich in seine Richtung und wandten sich zum Gehen, doch Henry hielt Satory am Ärmel fest. „Bitte, bleib! Ich möchte gerne wissen, was er sagt, falls er noch einmal asconisch spricht!“ Satory nickte, sah kurz fragend zu seinem Vater, der auf ihn wartete, der nickte nur wütend zurück und verließ verbittert als erster das Zelt. Als sie alle draußen waren, blickten sie dem neuernannten Herzog noch nach, der bereits auf sein Pferd gestiegen war und rasch zurück zu seinen Soldaten ritt. „Der hat`s aber verdammt eilig, hier wegzukommen, was?“, fragte der General verwundert
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und Falco sah ihn an. „Nun, wie würdet Ihr darauf reagieren, wenn Ihr als Lohn für die Liebesdienste Eures Sohnes, ein Herzogtum bekommt? Wer hätte gedacht, dass der gute Satory, solche Talente besitzt“, antwortete er schmunzelnd. Laurentis sah ihn mit offenem Mund an und dann Herzog Richard. „Hauptmann Satorius ist Henrys Liebhaber?“ „Habt Ihr das nicht gewusst?“, fragte der Herzog erstaunt zurück. „Nein! Ich hatte keine Ahnung! Satory war doch immer so unverschämt, zu seiner Majestät! Bis auf die letzten Tage“, stutzte er dann. „Tja, er war wohl einmal zu viel, unverschämt und der alte Henry hat ihn nun eben gezähmt“, sagte der Herzog und blickte sich noch einmal verächtlich zum Zelt um. „Aber, dass er ihm jetzt ein Herzogtum schenkt, geht bei weitem zu weit! Manchmal denke ich, mein Neffe ist nicht mehr ganz bei Sinnen! Was glaubt Ihr wohl, wird Sybilla dazu sagen, wenn sie erfährt, dass ihr Erbe verschenkt worden ist!“ Falco hob die Augenbrauen. „Und wenn sie erst den Asconier sieht!“, meinte er und musste sich ein Lachen verkneifen. „Das wird nie geschehen! Henry darf den Asconier auf keinen Fall, mit nach Austra nehmen! Oder denkt Ihr, man wird ihn bei Hofe dulden? Ganz abgesehen vom Bischof! Nein, es ist unmöglich! Henry kann ihn nicht mitnehmen! Hier ist es etwas Anderes, da kann er machen, was er will, aber nicht in Austra! Er sollte lieber endlich einen Erben zeugen, statt sich mit jungen Männern zu vergnügen! Jetzt hat er schon zwei, bei sich im Zelt!“, fuhr der Herzog ihn aufgebracht an. „Bis jetzt haben seine Affairen ja nie recht lange gedauert, aber das mit dem Asconier, scheint mir dieses Mal was Anderes zu sein. Ich glaube nicht, dass Ihr Eurem Neffen das so einfach ausreden könnt“, meinte der alte General nachdenklich. „Spätestens, wenn wir am Pass sind, muss er sich entscheiden!“, erwiderte der Herzog und sah Falco erneut an. „Und was soll dann mit ihm geschehen? Wir können den Asconier doch nicht einfach zurücklassen!“, sagte der und kratzte sich am Kinn. „Nun, mein lieber Hauptmann, vielleicht passiert der kleinen Hure ja noch einmal ein Unfall und Ihr seht diesmal einfach weg?“, antwortete der Herzog, legte eine Hand auf Falcos Schulter und klopfte ihn ein paarmal darauf. „So, meine Herren, ich bin müde und wir werden sehen, wie es weitergeht“, sagte er dann und schlenderte hinüber, zu seinem Zelt. Der General sah Falco an. „Armer, kleiner Asconier! Ich möchte Herzog Richard nicht zum Feind haben und nicht in Eurer Haut stecken, falls Ihr tatsächlich vor diese Entscheidung gestellt werden solltet! Und nun wünsche ich Euch eine gute Nacht, Hauptmann!“
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Falco nickte seufzend, stand noch einen Momentlang unschlüssig da und wandte sich dann in Richtung Lagerfeuer, an dem sich die eingeteilte Leibwache des Königs eingefunden hatte.
Als Henry mit Satorius allein war, Gregorius war noch eine Zeitlang geblieben und ihm beteuert, dass Amanoue wohl die ganze Nacht lang durchschlafen würde, begann er sich auszuziehen. Er setzte sich nackt aufs Bett und klopfte darauf. „Komm, Satory und bring mir auch noch einen Becher!“, sagte er lüstern. Satory stand am Tisch und goss sich gerade einen Becher voll Wein. Er blickte den König beinahe entsetzt an. „Ihr wollt doch nicht mit mir schlafen, während Amanoue neben uns liegt!“ „Der ist so voller Opium, dass er bestimmt nichts davon mitbekommt! Du hast doch Gregorius gehört, also komm, komm, mein kleiner Hauptmann“, erwiderte Henry und klopfte erneut neben sich. Satorius seufzte, kam zu ihm und reichte ihm beide Pokale. Dann begann er sich langsam auszuziehen, weil er wusste, dass ihm der König dabei zusah, setzte sich neben ihn und nahm ihm seinen Becher wieder ab. Henry stieß mit ihm an und beide tranken einen großen Schluck, dann nahm er ihm das Trinkgefäß aus der Hand und stellte beide auf den Boden. Er drückte Satory aufs Bett, legte sich auf ihn und begann ihn leidenschaftlich zu lieben, doch Satory rührte sich kaum dabei und ließ es einfach über sich ergehen. „Du hättest wirklich etwas mehr Gefühl zeigen können, dafür, dass ich deinen Vater heute zum Herzog ernannt habe“, raunte Henry danach und streichelte Satorys Rücken. „Mein Vater hat mich dafür, zum ersten Mal geschlagen“, erwiderte Satory leise und sah ihn an. „Er sagte, ich wäre schlimmer, als Euer asconischer Lustknabe und er hat recht. Im Grunde ist Amanoue völlig unschuldig. Er kann nichts dafür, dass er eine Hure war, ich schon!“ „Na dann, ist doch alles Bestens! Zwei hübsche Huren in meinem Bett, die gegensätzlicher nicht sein könnten!“, meinte Henry lachend, nahm seinen Pokal und leerte ihn auf einen Zug. Amanoue stöhnte leise, Satorius, der neben ihm lag, strich ihm beruhigend über den Kopf und sah ihn dabei fast zärtlich an. „Willst du ihn haben?“, fragte Henry zynisch. Satorius schüttelte beinahe angewidert seinen Kopf. „Wie könnt Ihr nur so etwas denken!“, antwortete er, doch als er sich zu ihm umdrehte, sah er Henrys lüsternen Blick. „Bitte, Eure Majestät, zwingt mich nicht dazu. Ihr könnt mit mir machen, was Ihr wollt, aber lasst Amanoue aus dem Spiel!“ „Ich zwinge dich zu gar nichts, aber ich würde euch beiden sehr gerne einmal dabei zusehen, vielleicht wenn er wieder wach ist?“, erwiderte Henry, fasste ihm dabei zwischen die Beine und streichelte ihn aufreizend, doch Satory schüttelte wieder seinen Kopf. Henry nickte lächelnd, zuckte mit den Schultern und legte sich zurück. „Schade“, sagte er
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leise, „dann bleibt mir wohl nur, davon zu träumen!“ Bald darauf, waren beide eingeschlafen. Amanoue stöhnte wieder leise, drehte sich zu Satory um und schmiegte sich ganz eng an ihn, so wie er es immer bei Henry machte. Satory erwachte und atmete tief ein. `Veilchen´, dachte er, `es riecht nach Veilchen´. Als er sich bewegte, seufzte Amanoue leise und rekelte sich im Schlaf. Es brannte nur noch eine Kerze, auf dem großen Tisch und Satory drehte sich vorsichtig zu Amanoue um, der noch schöner als sonst wirkte. Amanoue lag nun auf dem Rücken, der Morgenmantel hatte sich geöffnet und gab seinen wunderschönen Körper preis. Satory sah ihn an und ein übermächtiger Wunsch, ihn zu berühren, überkam ihn. Er streckte seine Hand nach ihm aus, strich ihm sanft über die zarten Schultern, ließ seine Hand über Amanoues Brust und Bauch nach unten gleiten, streichelte ihm über den Schambereich und begann ihn mit der Hand zu befriedigen. Als Amanoue zu stöhnen anfing, drückte er ihm die andere Hand auf den Mund, Amanoue öffnete die Augen, sah ihn an und keuchte heftig auf. „Dreh dich um“, flüsterte Satory leise und legte sich auf ihn.
Henry erwachte murrend, gähnte verschlafen und drehte sich zu ihnen um. Als er sah, wie Satorius Amanoue zärtlich liebkoste und küsste, war er schlagartig wach. Er holte aus und verpasste Satory einen harten Schlag. „Weg von ihm! Sofort!“, rief er wütend. Satorius sah ihn zwar erst erschrocken an, setzte sich dann aber seelenruhig zurück. „Was ist los? Vorhin wolltet Ihr es doch noch“, meinte er kalt. „Nein! So nicht! Küssen darf nur ich ihn! Geh weg von ihm“, raunte Henry nochmals, „und verlasse sofort mein Zelt! Und es ist besser, wenn du mir in den nächsten Tagen nicht unter die Augen kommst! Wie weit, bist du gegangen?“ „Es ist nichts passiert“, log Satorius, „ich habe ihn nur ein wenig gestreichelt und ihn geküsst, weil er so unruhig war, mehr nicht!“ „Verschwinde! Bevor ich mich vergesse“, presste Henry zwischen seinen Zähnen hervor. Satorius zog sich seelenruhig an und verließ ohne Eile das Zelt. Als er die Wache passierte, sah er kurz Ravio an und nickte ihm zu. Der nickte zurück, sah dann Alecto erstaunt an, der hob kurz die Augenbrauen und schüttelte nur leicht den Kopf. Satorius blickte sich suchend um und ging schließlich zum Lager der königlichen Wache. „Wo ist mein Pferd?“, fragte er Finn, nicht unfreundlich. „Nun, wir dachten ehrlich gesagt nicht, dass Ihr so schnell fertig sein werdet“, meinte Falco zu ihm und grinste ihn an. „Ich dachte, Ihr würdet den König, nach diesem großzügigen Geschenk, heute Nacht besonders danken wollen und so habe ich Euer Pferd in den Pferch bringen lassen, zu den anderen.“ Satorius sah ihn voller Bitterkeit an, wandte sich dann wieder an Finn. „Finn, würdet Ihr mir
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bitte Lucifer bringen?“, sagte er höflich, der stand augenblicklich auf und nickte. „Ja, sicher, Hauptmann Satorius, sofort!“, antwortete er sichtlich verdutzt. Falco lachte spöttisch auf. „Was ist denn mit Euch los, Satory? Gar kein arroganter Spruch, heute?“ „Nennt mich nicht so!“, fuhr der ihn an, „dazu habt Ihr kein Recht! Mein Name ist Satorius!“ Er kam Falco ganz nah. „Denkt Ihr wirklich, dass es mir Spaß gemacht hat? Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie es ist, gegen seinen Willen genommen zu werden“, flüsterte er, atmete heftig durch und fuhr sich mit zittriger Hand, über sein hübsches Gesicht. „Ich wollte es anfangs nicht, doch ich hatte nicht die geringste Chance! Dafür haben schon Eure Männer gesorgt!“ Falco sah ihn fragend an. „Was haben meine Männer, damit zu tun?“, wollte er wissen, doch Satorius wandte sich bereits von ihm ab. Finn führte gerade dessen schwarzen Hengst am Zügel zu ihnen und Satory trat zu ihm. „Danke, Finn“, sagte er, sah ihn aber nicht dabei an. Er nahm ihm die Zügel ab, schnaufte tief durch und wollte aufsteigen, doch der Rappe wich wieder vor ihm zurück und tänzelte nervös zur Seite. Finn griff ihm sofort wieder in die Zügel und hielt ihn fest. „Ganz ruhig“, sagte er, doch der Hengst stieg steil in die Luft und riss sich los. Satorius, der bereits einen Fuß im Steigbügel hatte, fiel nach hinten und landete hart auf dem Boden, stand aber sofort wieder auf. „Warum tust du das?“, schrie er sein Pferd an, „warum verrätst du mich?“ Er stieß Finn beiseite, tauchte unter dem Hals des großen Tieres durch und rannte davon, direkt auf den Wald zu. Falco kam zu Finn und ergriff nun ebenfalls Lucifers Zügel. „Ruhig, mein Junge. Warum machst du denn sowas, hm?“, grinste er, „du kommst doch sonst so gut, mit deinem Herrn klar“, sagte er und klopfte dem Pferd beruhigend den Hals. Der Hengst schnaubte nervös und schüttelte seine lange Mähne. „Binde ihn da drüben an, ein wenig abseits, falls Satory nachher wiederkommt“, meinte er zu Finn und der nickte. „Jawohl, Hauptmann! Ich wusste gar nicht, dass der meinen Namen kennt! Der war richtig freundlich zu mir, was is´n mit dem los? Seine Majestät hat ihm wohl so richtig den Arsch aufgerissen und ihm endlich mal gezeigt, wo`s langgeht, was? Wurde ja auch Zeit!“, erwiderte er und Falco sah ihn entsetzt an. „Geh jetzt und halt den Mund!“, raunte er ihm bestürzt zu und der junge Soldat führte Lucifer davon, doch Satorius kam nicht zurück. Er machte einen großen Bogen, um das Lager herum und ging so, zum Zelt seines Vaters. Am nächsten Morgen schickte er einen seiner Pferdeknechte und ließ den Hengst abholen.
Nachdem Satorius gegangen war, legte sich Henry zu Amanoue und streichelte ihn sanft. Der öffnete wieder seine Augen, sah Henry sichtlich verwirrt an, umarmte ihn dann aber und
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küsste ihn innig. „Ihr wart so gut, wie noch nie, vorhin“, raunte er lustvoll, „und so heiß und stark in mir, dass ich dachte, ich müsste explodieren!“ Er versuchte erneut, ihn zu küssen, doch Henry richtete sich halb auf. „Was sagst du da? Ich war also besonders gut, vorhin? Besser als sonst?“, fuhr er auf. Amanoue sah ihn wieder verwirrt an. „Ihr wart einfach nur wundervoll“, hauchte er ihm zu, „so viel, war noch nie von Euch, in mir und Ihr habt mich völlig ausgefüllt! Ihr habt so viel Kraft, in Euren Lenden, Herr!“ Seufzend legte er seine Arme wieder um Henrys Hals und wollte ihn zu sich herunterziehen, doch der König entzog sich ihm und rutschte auf seine Seite zurück. „Lass mich jetzt in Ruhe! Ich bin müde“, zischte er und drehte ihm beleidigt den Rücken zu. `Du hast es also doch getan, Satory, na warte, du Miststück´, dachte er noch, bevor er wieder einschlief. Amanoue kroch zu ihm und schmiegte sich eng an ihn.
Am nächsten Morgen küsste Henry ihn wach. „Wie geht es dir, mein Liebling? Ist alles wieder in Ordnung?“ Amanoue gähnte erst einmal herzhaft und sah ihn dann fragend an. „Wieso? Was war denn? Uuuh, mein Kopf! Ich komme mir vor, als hätte ich zu viel Wein getrunken, gestern, dabei habe ich gar keinen bekommen. Und zu essen, hatte ich auch nichts! Ich hatte solchen Hunger und Ihr hattet mich total vergessen! Ihr wollt mich immer nur, für Euer Bett! Eigentlich, müsste ich böse auf Euch sein, aber Ihr wart letzte Nacht so gut! Aaaah!“, machte er genießerisch, streckte sich wohlig und sah ihn lächelnd an. „Ihr habt doch, mit mir geschlafen, oder?“ Henry wich seinem Blick aus und brummte ein „sicher, wer sonst“. Er setzte sich auf und schnaubte spöttisch. „Reden wir nicht mehr, von letzter Nacht!“, raunte er ärgerlich. „Der blöde Sebastian! Warum hat er dir nichts zu essen gebracht! Du hättest ja auch mal, was sagen können!“, meinte er dann säuerlich. „Ach! Und was `ätte isch sagen sollen? `allo, die klein `ure ist auch noch da? Isch `abe `unger?“, antwortete Amanoue schnippisch. Henry fing schallend an zu lachen und zog ihn in seine Arme. „Oh Liebling! Jetzt bekommst du dafür, ein richtig gutes Frühstück!“, sagte er und erhob sich, noch immer schmunzelnd. Er war bereits angekleidet, Amanoue zog sich den Morgenmantel wieder über, folgte ihm zum Tisch, beide setzten sich und begannen zu frühstücken. „Darf ich heute wieder mit Eurer Wache reiten? Bitte, meine Füße tun immer noch so weh“, fragte er einschmeichelnd und blickte Henry von unten herauf an. „Nein!“, antwortete Henry und schüttelte energisch seinen Kopf. „Du kannst mit dem Wagen mitfahren, dann tun dir auch nicht die Füße weh, mein Schatz!“ „Ich habe Euch doch gesagt, warum ich nicht mit den Dienern fahren will, ooooh, meine
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armen Füße!“, jammerte Amanoue los. Henry lachte kopfschüttelnd. „So schlimm? Du kannst auch bei Gregorius mitfahren, wenn du das lieber möchtest. Der hat bestimmt auch etwas, für deine armen Füßchen!“ „Ihr seid gemein!“ Amanoue stieß mit seinem Fuß nach ihm und Henry hielt ihn fest. „Na dann, zeig mal her“, meinte er, Amanoue lehnte sich zurück und legte seine Füße auf Henrys Schoß. Der begann sie zu streicheln und massierte sie zärtlich, als Sebastian hereinkam. „Seine Gnaden, Herzog Richard, möchte mit Euch sprechen, Eure Majestät“, sagte er, doch der Herzog war bereits eingetreten und schob sich an ihm vorbei. Henry küsste gerade innig Amanoues linken Fuß und der Herzog blieb abrupt stehen. „Wie tief willst du dich eigentlich noch, vor ihm erniedrigen?“, brauste er auf, „erst fällst du, vor den Augen deiner Soldaten, vor ihm auf die Knie und jetzt küsst du ihm auch noch die Füße!“ Amanoue wollte seine Füße zurückziehen, doch Henry hielt sie fest, küsste sie nochmals hingebungsvoll, steckte dann seine Zunge zwischen seine Zehen und sah dabei provozierend, zu seinem Onkel. Amanoue legte den Kopf in den Nacken und atmete heftig. Sein Gesicht schien zu glühen und er biss sich vor Lust auf die Unterlippe, um nicht zu stöhnen. „Bist du noch ganz bei Sinnen?“, brüllte der Herzog, „wenn du nicht augenblicklich damit aufhörst, schneide ich der Dreckshure eigenhändig die Kehle durch!“ Henry sah ihn immer noch provokant lächelnd an, ließ aber Amanoues Füße los und der zog sie sofort zurück. Er erhob sich und schlich sich hinter Henrys Reisethron herum, um dem Herzog ja nicht zu nahe zu kommen und wollte zum Bett gehen. „Bleib“, sagte Henry, „seine Gnaden kann ruhig wissen, wie sehr ich dich liebe!“ Amanoue schüttelte sachte seinen Kopf. „Der Herzog mag mich nicht und ich möchte ihn und Euch, nicht mit meiner Gegenwart kompromittieren. Es ist besser, wenn ich mich zurückziehe, Herr“, erwiderte er und lächelte ihn sanft an. „Ich bitte Euch um Verzeihung, Herzog Richard“, sagte er dann an den gewandt und sank auf seine Knie, „ich bin ein Sklave und der Liebe Eures Neffen völlig unwürdig.“ Er beugte demütig das Haupt vor dem Herzog und der schnaubte kurz. „Wenigstens weiß er, wo sein Platz ist! Verschwinde, ich will mit seiner Majestät allein sprechen!“, sagte er barsch und trat einige Schritte vor. Amanoue erhob sich sofort und ging eiligst hinaus, machte allerdings einen großen Bogen, um ihn. „Nun Onkel, was wollt Ihr von mir?“, fragte Henry ruhig. „So kann das nicht weitergehen! Henry, komm doch wieder zu dir! Weißt du eigentlich, wie du dich aufführst?“ Der Herzog ging um den Tisch herum, „erst der Asconier“, er machte eine Pause und griff sich an die Stirn, „gut, das wäre noch zu tolerieren gewesen, aber jetzt
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auch noch Satorius` Sohn! Reicht dir der Hurenknabe nicht? Wie kannst du es wagen, Sybillas Erbe, einfach so zu verschenken! Eines deiner Kinder, hätte der nächste Herzog von Savoyen werden sollen und nicht einer deiner Liebhaber!“ „Wie Ihr wisst, habe ich keine Kinder!“, blaffte Henry ihn an. „Ja und warum? Weil du dein Bett lieber mit Männern teilst! Herrgott, Heinrich, so geht das nicht weiter! Dein Bruder hat bereits einen Erben! Du musst mit Sybilla ein Kind zeugen! Und den Asconier, kannst du unmöglich mit nach Austra nehmen, dass weißt du! Oder willst du deinen Thron deswegen riskieren?“ Der Herzog setzte sich endlich, Henry schluckte leicht nervös und sah auf seine Hände. „Das mit Satory, wird nicht mehr vorkommen. Ich werde ihn nicht mehr anrühren, das verspreche ich dir! Ich weiß selbst, dass ich einen Fehler gemacht habe! Aber ich weiß selbst nicht, was in mich gefahren ist. Immer, wenn ich ihn gesehen habe, wollte ich ihn einfach nur haben. Doch dann hat er mich, aufs Tiefste enttäuscht! Er hat mich betrogen und belogen! Ich kann doch Satorius den Herzogstitel nicht einfach wieder wegnehmen, wie würde ich dann dastehen?“, sagte er ziemlich zerknirscht. „Wie ein liebestoller Narr! Sebastian, bring uns Wein! Verdammt Heinrich, was hast du gedacht? Dass Satory es aus Liebe, mit dir treibt? Der hat genau gewusst, was er tut! Und du bist ihm auf den Leim gegangen!“, herrschte Richard ihn an, Sebastian kam mit zwei Pokalen Wein und stellte sie vor ihnen, auf den Tisch. „Danke“, sagte der Herzog zu ihm und trank sofort. „Verzeiht, Eure Majestät“, Sebastian sah den König fragend an, „sollen wir das Lager abbrechen?“ „Natürlich, aber plötzlich!“, antwortete der Herzog und Henry nickte nur. „Du weißt, dass ich dich liebe, wie mein eigenes Kind! Bitte, enttäusche mich nicht!“, sagte Richard zu ihm, trank seinen Pokal aus und stand auf. Henry sah ihn an, nickte leicht, der Herzog berührte ihn kurz am Arm und verließ das Zelt. Draußen stand Amanoue und sah ihn kurz an. „In Austra wird man dich, allein wegen deiner Augen, auf dem Scheiterhaufen verbrennen! Du hast unseren König verhext, du elendes Hurenstück! Ich hoffe, dass du brennen wirst, wenn er dich mit nach Austra nimmt!“, fuhr der Herzog ihn an und Amanoue senkte sofort betroffen seinen Blick. „Ich kann nichts dafür, dass mir meine Mutter, dieses Erbe hinterlassen hat“, erwiderte er leise, drehte sich um und betrat das Zelt. Er blieb kurz stehen und sah Henry mitleidig an. Der König hatte seinen Kopf in beide Hände gestützt und saß mit geschlossenen Augen da. `Ich habe dich verhext, Henry von Austra, genauso, wie meine Mutter meinen Vater verhext hat´, schoss es ihm durch den Kopf. Er ging nach hinten, zog sich an und als er wieder nach vorne kam, war Henry verschwunden. `Ist besser so´, dachte er und verließ ebenfalls das Zelt.
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In kürzester Zeit war das gesamte Lager abgebaut und sie brachen auf. Amanoue lief wieder eine Zeitlang neben dem Wagen her, bis er völlig außer Atem war, dann sprang er hinten auf und konnte es nicht vermeiden, dabei die Diener kurz anzusehen. „Du bist anscheinend nicht nur eine Hure, sondern auch noch ein Hexer! Ich habe gehört, was der Herzog zu dir gesagt hat!“, zischte Benedicto ihm entgegen. „Lass ihn in Ruhe!“, sagte Sebastian, „das ist Unsinn! Er kann nichts, für sein Aussehen!“ Amanoue kroch wieder in die Ecke des Wagens und rollte sich, so klein wie möglich, zusammen. Schlaf fand er allerdings keinen, er fühlte sich ausgebrannt und leer und konnte nicht einmal mehr weinen. `Wenn ich doch nur tot wäre´, dachte er, `Falco, du hast mir keinen Dienst erwiesen, als du mich gerettet hast. Hättest du mich doch nur ertrinken lassen!´ Als der Wagen stoppte, blieb er einfach liegen und nachdem sie nach der Mittagspause weiterfuhren war er eingeschlafen und träumte. Der Fürst ritt neben ihm und sah Amanoue immer wieder lächelnd an. „Seid Ihr aufgeregt, mein Prinz? Bald werdet Ihr zum ersten Male, Eurer Braut begegnen und dann werdet Ihr der Kronprinz von Asconien sein!“, sagte er schmunzelnd und Amanoue sah ihn schüchtern an. „Ja, mein Onkel, sehr sogar! Ich hoffe, ich gefalle meiner Braut.“, antwortete er verlegen. Der Fürst lachte. „Da braucht Ihr Euch keine Sorgen zu machen, mein Prinz! Ihr seid schöner, als alle Rosengärten Asconiens, in einer lauen Sommernacht bei Vollmond!“, meinte er lächelnd, berührte mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand seine Stirn und beugte anmutig das Haupt dabei. Dann kamen die Tiraner. Sie waren überall und ein Pfeilhagel ging auf Amanoue und die Karawane nieder. Seine Leibwache stellte sich schützend vor ihn, mit erhobenen Schilden, doch sie hatten keine Chance. Einer, nach dem Anderen, fiel tödlich getroffen vom Pferd. Der Fürst griff zu ihm hinüber, riss ihm den königlichen Rubin vom Hals und warf den mitsamt der goldenen Kette, ins Gebüsch. „Mein Prinz, sie dürfen nicht wissen, wer Ihr seid!“, rief er eindringlich, bevor sie ihn zu Boden warfen. Dann rissen sie Amanoue vom Pferd und schleuderten ihn ebenfalls zu Boden. Einer der Tiraner stand über ihm, beugte sich zu ihm hinab und riss ihm das Tuch, das er über Nase und Mund gelegt hatte, vom Gesicht. Als er Amanoues liebliches Gesicht erblickte, sah er ihn gierig an und begann ihm die Kleider vom Leib zu reißen. Amanoue wehrte sich aus Leibeskräften, doch mehrere Tiraner hielten ihn jetzt fest und schlugen auf ihn ein. Er hörte den Fürsten schreien und blickte hilfesuchend zu ihm hin. Sein Onkel lag auf den Knien, blutüberströmt und sie schlugen auch auf ihn immer wieder ein. „Amanoue!“, rief er zu ihm herüber und streckte seine Hand nach ihm aus. „Sie dürfen es nicht erfahren!“ Dann schlugen sie ihm den Kopf ab.
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Das Blut spritzte bis zu ihm, traf ihm im Gesicht und das Haupt seines Onkels rollte über den Boden, genau zwischen seine nackten Beine. Er schien ihn noch immer anzusehen, Amanoue schrie wie von Sinnen, dann traf ihn ein harter Schlag und eine tiefe Ohnmacht erlöste den jungen Prinzen. Amanoue fuhr erschrocken hoch, der Wagen hatte wieder angehalten, er fasste sich an den Kopf und ein stechender Schmerz ließ ihn nur blinzeln. Er versuchte sich zu erinnern, doch umso mehr er sich anstrengte, umso heftiger wurden die Schmerzen, in seinem Kopf. Schließlich sprang er aus dem Wagen, sah sich irritiert um und es fiel ihm schwer, sich zurechtzufinden. Er stand einfach nur da, das Blut rauschte in seinen Ohren, irgendjemand sagte etwas zu ihm, doch er verstand kein Wort. Dann spürte er einen festen Griff an seinem Arm, jemand schüttelte ihn und plötzlich traf ihn ein harter Schlag, ins Gesicht. Sebastian stand vor ihm und sah ihn an. „Hörst du mich jetzt endlich? Was ist denn los, mit dir?“, hörte er wie aus großer Ferne. Amanoue blickte ihn verwundert an und nickte. „Mein Name ist Amanoue von …“ Wieder griff er sich an den Kopf, „ich weiß es nicht mehr! Bitte, Sebastian, ich habe es gerade noch gewusst!“ „Dein Name ist Amanoue, die Hure!“, sagte Benedicto hämisch zu ihm. Amanoue warf ihm einen bitteren Blick zu und ging an ihnen vorbei, einfach ziellos weiter durchs Lager, bis er Finn sah. „Hallo Finn!“, grüßte er ihn erfreut. „Amanoue! Schön dich zu sehen, wie geht`s dir?“ Er zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht recht, ich glaube, ganz gut. Wenn nur nicht, diese verdammten Kopfschmerzen wären!“ „Du weißt nicht, wie es dir geht?“ Finn lachte kopfschüttelnd und begann wieder, sein Pferd zu putzen. „Schläfst wohl nicht gut, in letzter Zeit, hm? Hast ganz dunkle Ringe, unter deinen Augen“, meinte er. Amanoue schüttelte den Kopf. „Es geht schon, danke. Es ist nur der blöde Wagen. Ich hasse es, wenn ich in dem stinkenden Wagen mitfahren muss“, antwortete er seufzend. „Im Wagen stinkt es doch nicht“, sagte Finn verdutzt. „Benedicto stinkt! Bäh, ganz widerlich und er ist immer so gemein zu mir!“, erwiderte Amanoue, verzog sein Gesicht und beide lachten. Falcos Pferd stand gleich neben ihnen, Amanoue trat zu ihm und streichelte seinen Kopf. Latiago war noch gesattelt und trug sein komplettes Zaumzeug. Er band ihn los, stieg auf, der Wallach warf den Kopf zurück, schnaubte aufgeregt und tänzelte etwas zur Seite. Finn blickte erneut zu ihnen hin und ließ vor Schreck die Bürste fallen. „Mach sofort, dass du da wieder runterkommst!“, rief er erschrocken, „bist du verrückt geworden? Der Hauptmann wird dich diesmal ganz sicher erschlagen, wenn er dich erwischt! Er mag`s nicht, wenn jemand anderer Latiago reitet. Bitte, Amanoue, steig wieder ab“, flehte
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er verzweifelt, doch Amanoue lachte nur und stieß dem Wallach die Hacken in die Seiten. „He, Finny, fang mich doch, wenn du kannst!“, rief er dabei und Latiago schoss sofort los, an Finn und den anderen Pferden vorbei. „Ach Scheiße, Mann!“, stieß Finn seufzend hervor. Er hob beide Hände zum Himmel, dann griff er sich das nächste, noch gesattelte Pferd, stieg auf und jagte Amanoue hinterher. Der König stand mit seinen Offizieren am Rande des Lagers und unterhielt sich gerade mit General Laurentis über den morgigen Tag und welchen Weg sie nehmen würden. Henry blickte eher gelangweilt über die weiten Wiesen und Felder dabei, als Latiago unweit von ihnen, vorüberschoss und er sah verdutzt zu Falco hin. „Hauptmann, da ist gerade Euer Pferd vorbeigaloppiert“, meinte er leicht belustigt und Falco blickte in die Richtung, in die Henry deutete. „Unmöglich, Eure Majestät, Latiago lässt nur mich, auf seinen Rücken“, erwiderte er lässig, da schoss auch Finn an ihnen vorbei. Henry hob eine Augenbraue, sah nun noch einmal genauer hin und dann traf ihn fast der Schlag, als er Amanoues zierlichen Körper erkannte. „Oh Gott, im Himmel!“, rief er entsetzt, „es ist Amanoue!“ Henry war sichtlich erbleicht. „Was ist, wenn er herunterfällt, er wird sich das Genick brechen! Mein armer Liebling! So tut doch was!“, fuhr er Falco an. Mati, der etwas abseits von ihnen stand, schüttelte vorsichtig den Kopf. „Verzeiht, Eure Majestät, aber der fällt nicht runter, habt keine Angst“, sagte er etwas gequält, aber bestimmt. Der König warf ihm einen abschätzenden Blick zu und wandte sich wieder an Falco. „Jetzt unternehmt endlich etwas! Steht nicht so da! Mein Kätzchen kann doch kaum reiten! Was redet der Kerl da, für einen Schwachsinn? Sicher ist Euer Pferd mit ihm durchgegangen!“, herrschte er ihn an. „Es gibt kein Pferd, das Latiago einholen könnte“, meinte Falco und sah Henry achselzuckend an, „außer Eures, aber das ist schon abgesattelt oder Satorys Hengst, vielleicht.“ Henry war mittlerweile völlig außer sich, vor Sorge. „Dann holt ihn!“, schrie er ihn an. Der Hauptmann gab Mati ein Zeichen und der rannte sofort hinüber zu Satory, der etwas entfernt von ihnen, auf seinen Vater wartete, da er es nicht gewagt hatte, mit zu Henry zu gehen. „Hauptmann Satorius! Ihr sollt sofort zum König kommen! Mit Eurem Pferd und beeilt Euch“, rief er ihm zu, Satory sah ihn erstaunt an und trabte dann lässig hinüber. „Eure Majestät haben mich rufen lassen?“, fragte er und lächelte ihn charmant an. „Lass das!“, erwiderte Henry barsch, „los, fang Amanoue wieder ein! Da drüben, Falcos Pferd scheint mit ihm durchgegangen zu sein!“ „Amanoue?“ Satory folgte mit seinen Augen, Henrys besorgten Blick, nickte und gab Lucifer
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die Sporen. Amanoue jagte im vollen Galopp am Waldrand entlang, der Wind blies ihm ins Gesicht und er fühlte sich so frei, dass ihm alles andere egal war. Finn versuchte immer noch mit ihm mitzuhalten, hatte aber keine Chance ihn einzuholen und fiel immer weiter zurück, da kam Satorius rasch näher und überholte ihn bereits. Amanoue drehte sich zu ihnen um und lachte. „Satorius!“, rief er zurück, „könnt Ihr das auch?“ Er ließ die Zügel los, breitete beide Arme wie zwei Flügel aus und schloss die Augen dabei, ohne jedoch das Tempo zu verlangsamen. Henry stand da und griff sich an die Brust. „Ich glaube, mich trifft gleich der Schlag“, sagte er zu Richard. Er war hin und hergerissen, zwischen Faszination und Wut und schnaufte tief durch. „Diesmal kriegt er die Gerte zu spüren, so viel ist sicher“, murmelte er dann, wie zu sich selbst. „Seht Ihr“, meinte der Herzog leise zu Falco, „genau das, habe ich gemeint! Vielleicht haben wir ja Glück und er bricht sich wirklich, das Genick!“, flüsterte er, doch Falco sah ihn nur kurz an und trat ein paar Schritte weiter vor. Mittlerweile standen jede Menge Soldaten neben ihnen und verfolgten ebenfalls, Satorys Aufholjagd. Links von ihnen, standen Satorius Leute und auf der rechten Seite befanden sich Falcos und Matheos Leute, die Leibgarde des Königs. Satorius holte immer mehr auf, er hatte Amanoue fast erreicht und die ganze linke Seite, begann zu johlen. „Komm schon, Latiago, vorwärts“, raunte Falco und Henry starrte ihn fassungslos an. Da ergriff Amanoue endlich wieder die Zügel, lehnte sich ganz weit nach vorn, Latiago wurde wieder schneller und der Abstand zwischen ihm und dem schwarzen Lucifer wurde zusehends wieder größer. Jetzt jubelten die Soldaten der Garde und ihr Hauptmann schlug mit der linken Faust, in seine rechte Hand. „Ja!“, rief er begeistert aus und konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Amanoue ritt nun einen großen Bogen, Satory schnitt ihm den Weg ab und beide kamen sich entgegen. Amanoue zügelte den Wallach, blieb stehen, Satory trabte neben ihn und hielt ebenfalls an. „Das `at Spaß gemacht!“, lachte Amanoue ihn an, „findet Ihr nischt?“ Satorius war ganz nah bei ihm, griff hinüber und nahm ihm die Zügel aus den Händen. „Hab ich dich“, sagte er und sah Amanoue dabei tief in die Augen. „Was für schöne Augen Ihr `abt, so blau, wie die `immel“, erwiderte der, „aber macht Eusch nischt lächerlisch, Ihr `ättet misch nie erwischt!“, sagte er und lehnte sich zu ihm hinüber. „Isch `abe lesde Nacht, von Eusch geträumt. Und es war eine schmudsische Traum“, hauchte er ihm zu. „Ich habe auch von dir geträumt, Amanoue“, antwortete Satorius, blickte ihm immer noch
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tief in die Augen und ein vielsagendes Lächeln umspielte dabei seine Lippen. Amanoue nickte. „Es war keine Traum“, sagte er leise, wie zu sich selbst. Er nahm die Zügel wieder auf, wendete Latiago, trabte zurück zum Lager und Satorius folgte ihm schweigend. Finn erwartete ihn bereits und sah ihn vorwurfsvoll an. „Du sollst sofort zum König kommen!“, sagte er und schluckte betreten, „und die, sollst du mitnehmen“, meinte er und reichte ihm eine Reitgerte. „Mann, Amanoue, was hast du dir nur dabei gedacht?!“ „Das war`s mir wert!“, antwortete Amanoue, nahm die Gerte und ging erhobenen Hauptes, an den Soldaten vorbei. „Man, dass war klasse!“, rief Brac und sie fingen wieder an, zu jubeln. Falco trat vor und versperrte ihm den Weg. „Einen Moment, hiergeblieben!“, sagte er wütend und Amanoue sah ihn trotzig an. „Wollt Ihr mich jetzt wieder schlagen oder mir die Haare ausreißen? Dann müsst Ihr Euch gedulden, bis der König mit mir fertig ist“, erwiderte er kalt und ging einfach an ihm vorbei. „Wir sprechen uns noch! Darauf kannst du dich gefasst machen“, rief der Hauptmann ihm nach.
Amanoue betrat das Zelt des Königs und blieb am Eingang stehen. Henry lehnte am Tisch und trank einen Schluck Wein. „Komm her!“, befahl er barsch. Amanoue näherte sich ihm, bis auf wenige Schritte und hielt ihm die Gerte hin. Henry nahm sie, Amanoue zog ohne ein Wort sein Hemd aus, drehte ihm den Rücken zu und kniete sich hin. Henry holte aus, schlug die Gerte mit voller Wucht, auf den Tisch und Amanoue zuckte zusammen, als hätte der Schlag ihn getroffen. „Ich werde dich nicht schlagen! Steh auf!“, sagte Henry ärgerlich. „Ihr könnt mich ruhig schlagen! Es macht mir nichts aus! Ihr könnt doch mit mir machen, was immer Ihr wollt, schließlich bin ich Euer Eigentum! Wen holt Ihr heute Nacht, in Euer Bett und seht dabei zu, wie er mich fickt?!“, erwiderte Amanoue bitter. Er war aufgestanden, hatte sich wieder zu ihm umgedreht und sah ihn mit Tränen in seinen schönen Augen, an. „Wie konnte ich nur so dumm sein! Natürlich Satorius! Sein blondes Haar, seine blauen Augen, der weiche, rote Mund! Wie konnte ich nur so blind sein und denken, dass Ihr zu Benedicto geht“, schnaubte er verächtlich. Henry stand da, als wäre er verprügelt worden. „Amanoue, bitte, sprich nicht so, mit mir.“ „Ihr behandelt mich schlimmer, als ich im Hurenhaus behandelt worden bin! Da wusste ich wenigstens, dass ich eine Hure bin und was man von verlangt! Ihr könnt ab jetzt mit mir tun, was Ihr wollt, aber erwartet keine Zärtlichkeiten mehr von mir!“, sagte Amanoue hart, wandte sich zum Tisch, schenkte sich ebenfalls einen Becher Wein ein und leerte ihn in einem Zug. Henry atmete tief ein und aus, warf die Gerte vor Amanoues Füße und nickte leicht. „Du
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weißt nicht, wie weh du mir tust“, sagte er leise und sah ihn an. „Ihr auch nicht!“, fauchte Amanoue zurück, „Herr!“ Henry verließ fluchtartig das Zelt. Draußen blieb er kurz stehen, die Wachen salutierten, doch der König beachtete sie nicht. Er legte die Hände vors Gesicht, schnaufte tief durch und schlug dann den Weg zum Zelt seines Onkels ein. Nachdem er eingetreten war, blieb er wie ein Bittsteller am Eingang stehen und sah zum Tisch. Der Herzog war nicht allein, General Laurentis und Falco saßen bei ihm und sie speisten zusammen. Sie lachten gerade herzlich, doch als sie den König erblickten, waren sie sofort still und standen auf. „Ich wollte nicht stören, ich dachte, mein Onkel wäre allein. Darf ich mich zu Euch setzen?“, fragte Henry und seine Stimme klang unsicher. „Eure Majestät! Wie könnt Ihr nur fragen, bitte, setzt Euch!“, antwortete der Herzog mit einer einladenden Handbewegung und die beiden anderen verbeugten sich tief. Henry trat zum Tisch und setzte sich. Er schenkte sich sofort selbst einen Becher Wein ein, trank hastig, schenkte nochmals nach und blickte dann zu Boden. Der Herzog sah Falco ernst an, der schloss kurz betroffen die Augen und nickte ihm dann bitter zu. „Würdet Ihr mich, mit meinem Neffen alleine lassen?“, fragte der Herzog leise. Der General und Falco nickten gleichzeitig, verbeugten sich erneut tief vor ihrem König, doch der schien sie gar nicht wahrzunehmen. Eine Träne lief ihm über die Wange, er wischte sie fort, schloss seine Augen und stützte seinen Kopf in beide Hände. Falco blickte nochmals den Herzog an und nickte dieses Mal deutlich. Es schmerzte ihn zutiefst, seinen König in diesem Zustand zu sehen und war froh, als er mit dem General das Zelt verlassen hatte. „Habt Ihr das gesehen?“, fragte ihn der General erzürnt, „der König ist nur noch ein Schatten, seiner selbst! So kann das wirklich nicht weitergehen! Dieses kleine Dreckstück macht ihn total fertig, wie kann dieses asconische Miststück, nur solch große Macht über ihn haben!“ Falco nickte nur bestätigend und verabschiedete sich von ihm.
Richard sah seinen Neffen mitleidig an, der jetzt hemmungslos weinte. „So kann das nicht weitergehen“, sagte der Herzog schließlich, „siehst du das nicht selbst ein?“ Henry hob den Kopf und sah ihn an. „Ich liebe ihn so sehr, ich kann ohne ihn nicht mehr leben“, antwortete er mit bebender Stimme, „und es ist mir gleich, was alle von mir denken! Ich möchte nur noch, mit ihm zusammen sein“, stammelte er und stützte wieder seinen Kopf, in seine Hände. „Oh Gott im Himmel und all ihr Heiligen, befreit uns, von diesem Fluch!“, betete der Herzog laut, schüttelte bedauernd seinen Kopf und legte Henry eine Hand auf die Schulter.
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„Nein!“, rief Henry, „niemals! Ich werde Amanoue nicht aufgeben! Ich kann ihn nicht aufgeben! Ich liebe ihn mehr, als alles andere, auf der Welt! Mehr, als mein Leben!“, schrie er ihn aufgebracht an. „Dann, mein lieber Junge, ist dir nicht mehr zu helfen“, raunte der Herzog und lehnte sich seufzend zurück.
Als Henry später wieder zurück in sein Zelt kam, saß Sebastian auf einem Stuhl und döste vor sich hin. „Treuer, alter Sebastian“, sagte der König leise und berührte ihn sanft an der Schulter. „Du kannst dich zurückziehen, ich brauche dich nicht mehr.“ Sebastian erhob sich sofort und verbeugte sich. Henry blickte zu seinem Bett und sah, dass es leer war. „Wo ist er?“, fragte er und schluckte zwangsläufig. Sebastian deutete in die andere Ecke, ganz hinten im Zelt und Henry nickte. „Danke, du kannst jetzt schlafen gehen“, meinte er erleichtert, Sebastian zog sich zurück und Henry ging nach hinten. Amanoue lag zusammengekauert auf dem Boden, sein Oberkörper war noch immer nackt, aber er trug noch seine Hose und die viel zu großen Stiefel standen etwas abseits, ordentlich nebeneinander. Henry ging neben ihm in die Hocke, strich ihm vorsichtig über den Oberarm, Amanoue öffnete die Augen und sah ihn an. „Bitte, Amanoue, komm ins Bett“, flüsterte Henry. Amanoue schloss wieder seine Augen, rührte sich aber ansonsten nicht. Henry atmete hörbar aus, stand auf und ging zum Bett. Er nahm eine Decke, brachte die zu ihm und deckte ihn sorgfältig zu. Dann zog er sich selbst aus, legte sich in sein großes Bett und deckte sich mit der schönen, warmen Fuchsfelldecke zu. Schlaf fand er allerdings keinen und so wälzte er sich seufzend, von einer Seite, auf die andere. „Amanoue, komm doch zu mir, ich kann nicht einschlafen, ohne dich“, sagte er bittend. „Warum lasst Ihr nicht Satorius kommen?!“, erwiderte Amanoue zynisch. Henry atmete erneut laut aus, dann war eine Weile Ruhe. Schließlich stand der König auf, kam wieder zu Amanoue und kniete neben ihm nieder. Er schob seine Arme unter ihn, hob ihn hoch, trug ihn zum Bett und legte ihn vorsichtig ab. Dann legte er sich zu ihm, nahm ihn in seine Arme und atmete Amanoues zarten Duft ein. Engumschlungen mit ihm, schlief Henry ein. Ein heißer Schwall Blut traf Amanoue und ergoss sich über seine nackten Beine. Er versuchte dem Blut seines Onkels auszuweichen, doch der kopflose Körper des Fürsten fiel direkt in seine Richtung und eine unglaubliche Menge Blut spritzte auf ihn und er konnte nur noch schreien. Henry fuhr erschrocken hoch. Amanoue hatte sich schmerzhaft, in seinem Oberarm festgekrallt, lag halb auf ihm und etwas Warmes, Feuchtes, breitete sich auf seinem Bauch aus. „Amanoue, wach auf, du hast ins Bett gemacht“, sagte Henry und rüttelte ihn.
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„Was?“, Amanoue sah ihn verwirrt an. „Liebling, du hast das ganze Bett nass gemacht, naja, das meiste davon, ist auf meinem Bauch gelandet! Komm, steh auf“, erwiderte Henry ruhig, zog ihn sanft hoch und stieg mit ihm aus dem Bett. Amanoue schüttelte fassungslos seinen Kopf, als er an sich herunterblickte und schluchzte erschüttert auf. Er fing an zu weinen und Henry nahm ihn in seine starken Arme. „Ist schon gut, mein Kätzchen, das ist doch nicht so schlimm“, sagte er tröstend, öffnete Amanoues Hose und zog sie ihm aus. Danach nahm er ein Laken und hüllte ihn darin ein, ging selbst zum Waschtisch, tauchte ein Tuch in das kalte Wasser und wusch sich ab. „Sebastian!“, rief er und zog seinen Morgenmantel an. Amanoue weinte immer noch, hatte die Hände vor sein Gesicht geschlagen und schluchzte laut. Henry kam wieder zu ihm und nahm ihn sanft in die Arme. „Mein armer Liebling, das war heute ein schlimmer Tag! Bitte, verzeih mir, ich liebe dich doch, so sehr“, raunte er, zog ihm die Hände vom Gesicht und küsste ihn immer wieder zärtlich, bis Amanoue endlich seinen Mund öffnete und Henrys Kuss erwiderte. Sebastian kam endlich, total verschlafen und im Nachthemd. „Eure Majestät?“ „Lass das Bett abziehen, es ist ganz nass!“, sagte Henry ruhig. „Bitte, ich mache es selbst“, stammelte Amanoue und errötete sichtlich. „Nein, mein Schatz, dafür sind die Diener da!“, antwortete Henry und hielt ihn fest. Sebastian rief nach Kai, schickte ihn an frische Laken zu holen und während die beiden Diener das Bett neu bezogen, wusch Henry Amanoue überaus zärtlich und flüsterte dabei immer wieder liebevolle Worte, in dessen Ohr. Nachdem die Diener fertig waren, verbeugten sie sich und zogen sich wieder zurück. „Komm, mein Liebling“, raunte Henry leise, „ich werde jetzt ganz lieb zu dir sein.“ Er nahm ihn an der Hand, zog ihn zum Bett, drückte ihn sanft darauf, zog seinen Morgenmantel aus und legte sich auf ihn. Als er anfing, Amanoues Brustwarzen zu liebkosen, stöhnte der leise auf und ein schwerer, süßer Duft, erfüllte den Raum. „Du riechst so wunderbar“, raunte Henry wie berauscht, „wie die Engeltrompetenblüten, die ich im Süden zum ersten Male, gesehen habe.“ Er glitt tiefer, umspielte mit seiner Zunge Amanoues Bauchnabel, der spreizte weit seine Beine für ihn und bot ihm seinen geöffneten Schoß dar. Henry kniete sich dazwischen, zog ihn zu sich und drang beinahe mühelos, in ihn ein. Sie liebten sich so leidenschaftlich wie noch nie und als sie danach engumschlungen beieinander lagen, war Henry so glücklich, wie noch nie in seinem ganzen Leben. „Komm, `enry“, hauchte Amanoue nach einer Weile fordernd, „liebe misch noch eine Mal!“
Am nächsten Morgen kam Sebastian etwas später, als sonst um den König zu wecken. Henry streckte sich genüsslich und küsste Amanoue wach. „Ich liebe dich, Amanoue, mehr als mein Leben! Niemand wird dich mir jemals wieder wegnehmen und wenn du mich je verlässt,
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werde ich sterben“, sagte er bestimmt und sah ihm tief in die Augen. Amanoue zwinkerte einige Male unsicher und nickte sacht. „Wieso sollte ich Euch je verlassen? Ihr seid mein Herr und ich Euer kleiner Sklave, für immer“, antwortete er sanft und legte seine Arme, um Henrys Hals. „Verzeiht mir, dass ich gestern so böse war. Wollt Ihr mich nicht doch schlagen? Ich weiß, dass ich Strafe verdient habe.“ Henry schüttelte entschieden den Kopf. „Niemals, mein Liebling! Aber solltest du mich je betrügen, dann bringe ich dich eigenhändig um!“, sagte er resolut und sah ihn immer noch, mit einem seltsam verschleierten Blick an. Amanoue küsste ihn fordernd und drängte sich an ihn. Henry drehte ihn ruckartig um und legte sich auf ihn. Sebastian wollte gerade das Frühstück hereinbringen, als er Amanoues lautes Stöhnen hörte. Er blieb vor dem Zelteingang stehen, wartete Amanoues letzten, lustvollen Seufzer ab und betrat dann erst, mit den beiden jüngeren Dienern, das Zelt. Sie stellten die Tabletts ab und begannen den Tisch zu decken. Der König stand am Waschtisch und wusch sich, Sebastian ging zu ihm und half ihm beim Ankleiden. Amanoue lag noch immer im Bett und sah ihnen dabei zu. Er rekelte sich schamlos und seufzte lustvoll dabei, obwohl er bemerkte, wie Kai ihn verstohlen beobachtete. „Amanoue! Hör sofort auf damit und zieh dich an!“, raunte Henry und sah ihn drohend an, musste dann aber schmunzeln. Amanoue sah ihn lächelnd an, stand auf, zog sich nur den Morgenmantel an und schlenderte zum Tisch. Er setzte sich und begann ohne auf Henry zu warten, mit dem Frühstück. Henry seufzte und Sebastian schüttelte den Kopf. „Vielleicht hättest du wirklich mal, eine Tracht Prügel verdient“, meinte Henry nachdenklich, „der Herzog dürfte dich jetzt jedenfalls nicht sehen!“, sagte er, lachte und kam zu ihm. „Möchtest du nicht gleich, auf meinem Stuhl sitzen?“ Amanoue schüttelte grinsend seinen Kopf. „Nein, nein, setzt Ihr Euch ruhig darauf! Ich sitze am liebsten, auf Euch!“ Er trank einen Schluck Milch und sah Henry amüsiert an. „Hm, die ist heute warm. Ist noch Honig da?“ Der König machte einen Satz zu ihm hin, packte ihn im Genick und fuhr ihm mit den Fingern, durch das seidige Haar. „Du, pass bloß auf“, raunte er zärtlich und leckte ihm den Milchbart von den Lippen. Amanoue leckte sofort zurück und sie küssten sich innig. „Du kleines Biest“, raunte Henry und setzte sich. Er nahm Amanoues Hand und küsste sie verliebt. Amanoue räusperte sich leise und schnaufte tief durch. „Darf ich heute…?“ „Nein!“ Henry ließ ihn nicht ausreden. „Ah! Warum nicht? Ihr seid gemein!“ Amanoue verschränkte die Arme vor seiner Brust und
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sah ihn beleidigt an. „Weil ich der König bin und es dir nicht erlaube! So und jetzt, will ich nichts mehr davon hören! Du ziehst dich jetzt an, mein Schatz und dann, kannst du zu Gregorius gehen, oder du fährst im Wagen der Diener mit. Du hast die Wahl!“ Amanoue fing an zu jammern, wie schlimm es ihm da gehen würde und dass er dann Henry überhaupt nicht mehr mögen würde, doch es half alles nichts, der König blieb hart. Schließlich verließ er lachend das Zelt, hinter ihm ging klirrend ein Krug zu Bruch und Henry lachte noch lauter. Amanoue ließ einen wütenden Schrei hören, stampfte nach hinten, wusch sich und zog sich murrend an. Als er am Tisch vorbeikam, hob Kai gerade die Scherben auf, Sebastian kam herein und begann sofort, mit ihm zu schimpfen. „Er war es nicht“, sagte Amanoue, „sondern ich, habe den Krug zerbrochen!“ „Du freches Ding! Ich sollte dich ohrfeigen, dafür!“, erwiderte Sebastian aufgebracht und Amanoue machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ach, lass mich in Ruhe!“, sagte er schnippisch, ging einfach an ihnen vorbei, verließ das Zelt und schlenderte zu Gregorius Wagen. Der Heiler hatte mit seinem Gehilfen bereits alles verpackt und sie räumten gerade ihre letzten Sachen in den Wagen. „Ah, der junge Asconier! Es freut mich, Euch zu sehen!“, rief der Heiler ihm in Griechisch entgegen. „Meister Gregorius! Die Freude ist ganz auf meiner Seite, seid mir gegrüßt!“, antwortete Amanoue in der Sprache der Gelehrten. Er berührte dabei mit seiner rechten Hand seine Brust, seine Lippen und seine Stirn und deutete eine Verbeugung an. Als er sich wieder aufrichtete, lächelte er Gregorius zauberhaft an. „Darf ich bei Euch mitfahren?“, fragte er. „Aber natürlich, sehr gern. Ich wollte mich sowieso noch einmal mit Euch, über neulich Nacht, unterhalten“, antwortete der Heiler, machte eine einladende Geste und Amanoue kletterte zu ihm in den Wagen. „Was meint Ihr?“, fragte er und sah ihn erstaunt an. „Als Ihr den schlimmen Traum hattet und danach so durcheinander ward. Könnt Ihr Euch nicht mehr erinnern?“ Amanoue schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, was Ihr meint. Ihr müsst Euch“, er griff sich an den Kopf, „müsst Euch, ah, dieser Schmerz! Ich weiß nicht, was Ihr von mir wollt! Bitte, lasst mich in Ruhe! Ich will es nicht sehen! Diese Bilder, in meinem Kopf, sollen weggehen“, stammelte er verwirrt, schlug sich mit der Faust gegen die Schläfe, sah plötzlich alles nur noch verschwommen und das Blut rauschte wieder in seinen Ohren. `Cartagena´, kam es ihm in den Sinn. „Mein Name ist Amanoue von Cartagena, ich bin der“, er stockte und sah Gregorius voller Entsetzen an. Dann sprang er aus dem fahrenden Wagen und rannte davon.
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