Читать книгу Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525 - Rudolf Stratz - Страница 4

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Da, wo in winterwelkem Dickicht die Waldecke bis an die Hochstrasse vortrat, stürzten sich, aus ihrem Versteck herausfahrend, die Wölfe unter die Herde.

Fünf graue, blitzschnell in heiserem Belfern dahinfahrende Schatten, vor ihnen, wirr auseinander stiebend, das Gestrudel weissgelber, zottiger Schafpelze, deren fünf fast im selben Augenblick schon hilflos unter den Zähnen der Räuber zappelten.

Angstvoll kläffend, mit eingezogenem Schwanz, stand abseits der Schäferhund. Sein Herr, der greise, in Wald und Heide vertrocknete Hirte, war geflohen, dem Hügel zu, wo auf angstvoll schnarchenden und tanzenden Rossen die Edlen mit ihrem Gefolge hielten.

Ganz vorn ein kleiner, stämmiger Herr, verwegene Kampflust auf dem derben, vollbärtigen Antlitz, über das ein paar mächtige Augen trotzig und streitlustig wie die eines Bergstiers hinflammten. Daneben ein langer, hagerer Geselle mit dunklem Schnauzbart in dem gebräunten Raubvogelgesicht.

Hinter ihnen die Knappen, wildes, narbengeziertes Volk aus aller Herren Ländern in zerbeultem Eisenkleid, dem man Wind und Wetter und Nachtlager im Walde von weitem ansah.

„Helft, liebe Herren — helft!“ schrie der Hirte im Heranlaufen.

Die Reiter hörten ihn nicht. Auf den scheuenden Gäulen hin und her geworfen, folgten sie johlend und jubelnd mit den Augen dem Einbruch der Wölfe.

In einer Reihe hintereinander zogen die jetzt wieder dem Walde zu, ein jeder seine Beute im Maule mit sich zerrend, ohne sich um den Lärm zu kümmern.

„Helft, lieber Herr — helft!“ flehte der Hirte noch einmal und fasste, sich an das Pferd des blondbärtigen Ritters drängend, dessen rechte eisengepanzerte Hand, die starr und kalt wie von Stein auf dem Sattelknopf ruhte.

Der Ritter stiess ihn zurück und winkte, die Hand erhebend, dankbar den Wölfen nach. Übermütige Freude glänzte auf seinem Gesicht. „Glück zu, ihr lieben Gesellen!“ jauchzte seine Donnerstimme — „Glück zu allerwege!“

„Glück zu!“ schrieen hinter ihm die Knechte und hämmerten misstönend mit den Schwertscheiden gegen die Schilde. Und auf jedem dieser Schilde — der zurückspringende Hirte sah es erst jetzt — glänzte buntgemalt das Wappen des kleinen, breitschultrigen Edlen da vorn: der reissende Wolf, der eilfertig mit dem Lamm im Rachen abseits trabt!

„Wahrlich, Selbitz, das heisst ein gutes Zeichen!“ frohlockte der Ritter — „nichts Lieberes konnt’ mir diesen Abend werden —“ und sich zum Schäfer wendend, fuhr er fort: „Wes ist die Herde?“

„Dem hochwürdigen Abte zu Lorsch!“ erwiderte der Alte, und ein neuer Jubel brach in der Schar der Reiter los.

„Dem Pfaffen beim Weschnitztal?“ Der Ritter lachte herzlich. „Grüsse die Mönche von mir! Sprich: Es ist an dem, dass die schwarzen, die braunen und weissen Schafe geschoren werden! Der gemeine Mann ist aufgestanden in deutschen Landen. Allerorten im heiligen Reiche hängt der arme Konrad am Glockenstrang und läutet Sturm, reckt seinen Bundschuh an langer Stange auf und lässt das Zieroldgeschrei dahinfahren. Ist’s so oder nicht?“

„Ja, Herr!“ sprach der Schäfer finster. „Ich bin ein alter Mann und versteh’ das neue Wesen nicht! Aber es ist auf dem ganzen Odenwald eine Rottierung von Sturmhaufen, gleichwie wann die Bienen stossen. Und tun die Bauern ganz freudig — lassen sich hören, sie wollten den Pfalzgraf samt Bischöfen und Fürsten und wer ihnen mit reisigen Zügen beikäme, stracks erwürgen.“

Der Reitersmann ob ihm schlug lachend mit der Eisenfaust an sein Schwert und spornte das Ross zum Weitertraben. „Jetzt heisst’s, sich in die Händel schicken! Ein Frommer vom Adel wischt nicht leicht unters Eis, solange ihm das Schwert zuhanden ist. Aber den Fürsten und Pfaffen soll die Weile nicht lang werden, wann ihnen die Bauern durch die Häuser laufen und ihren Mutwillen treiben!“ Und noch einmal im Galopp sich im Sattel umwendend rief er zurück: „Die Zeiten begeben sich geschwinde! Jetzt sind die Wölf’ im Lande Meister! Und was nicht reissen und beissen kann, selbes muss Wolle lassen! Das melde dem Hochwürdigen in Lorsch! Solch neue und heftige Zeitung schickt ihm der Pfaff’ und Fürsten Freund — der Götz von Berlichingen auf dem Hornberg! — — —“

Gewaltig klangen und klagten, indes die Reisigen weiter über die Hochstrasse dahinritten, von allüberallher die Glocken. Wenn der Frühlingssturm einen Augenblick damit einhielt, durch die schauernden Tannenwipfel zu rauschen, dann tönte es in wildem, eilfertigem Gebimmel durch die Luft. In blechernen Klängen hallte es von den Dorfkirchen und in das zornige Gezeter zitterte angstvoll aus weltverlorenen Klöstern und hochgelegenen Schlosskapellen wie ein letzter Hilferuf das Abendläuten der untergehenden Sonne nach, während von dem fernen Heidelberg dumpf dröhnende Turmschläge herüberhallten.

„Die Bauern läuten einen bösen Sonntag ein,“ murmelte Hans Selbitz, „und ich vermeine: es wird ihnen diesmal besser glücken, als wie sie vor Jahren den Bundschuh aufwarfen und den armen Konz!“

„Lieber,“ sprach der Götz ehrlich, „wahr ist’s: Es schweisst den Bauern der Zahn gewaltig nach der Beute! Aber ich bang’ mich vor ihnen nicht! Ist ein leichtfertig und ungeschickt Volk und läuft vor einem mannlichen Ritterzug als der Has’ vor den Rüden.“

„Und doch heisst’s,“ meinte der Selbitz nachdenklich:

„Kein Messer niemals härter schiert,

Denn wann der Pauer Meister wird!“

„Ei — es soll auch scheren!“ lachte der Götz. „Aber nicht uns, Lieber — die Armen und Frommen vom Adel, die’s mit den Bauern halten — sondern die grossen Hansen, die Fürsten und Bischöfe. Wahrlich, die haben uns trefflich genug geschabt und gezwackt die Zeit — mögen nun zusehen, wie sie ohne den freien Ritter die aufrührerischen Gesellen bestehen!“

„Und ich mein’ doch,“ erwiderte der Selbitz hartnäckig, „wenn der gemeine Mann also überhand nimmt, so zahlen die Pfaffen die Morgensuppe, die Fürsten den Mittag und wir vom christlichen Adel das Nachtmahl —“

Der Götz war nachdenklich geworden und erwiderte nichts. Schweigend trabten sie weiter.

Auf der einsamen Hochstrasse kam ihnen, in seinen dunklen Wettermantel gewickelt, auf abgezehrtem, müde stolperndem Rosse, ein Reitersmann entgegen. Ihm folgten keine Knappen. Nur ein halbwüchsiger Bube lief nebenher und schleppte Schild und Lanze. Das Kleid des fahrenden Gesellen war von Regengüssen vergilbt, von Dornen zerfetzt, und wenn der Wind es lüftete, glänzte verrostet und zerschrammt der geringe Harnisch. Ein Eisentopf ohne Federn und Zierat bedeckte sein Haupt. Darunter fielen lange schwarze Haarsträhnen auf das bartlose, hagere Gesicht. Wind und Wetter hatten dies trotzige Antlitz gebräunt, Not, Kampf und Leidenschaft tiefere Furchen darin gezogen, als den dreissig Jahren des Fremden anstand, und düster schauten aus ihm die dunklen Augen in die Weite.

Der Berlichinger schirmte im Näherreiten mit der Hand die Wimpern, als wollte er dem Bilde nicht trauen. „Ist er’s, Selbitz?“ sprach er zweifelnd. „Oder blendet mich die Sonne, dass ich da einen, der in des Pfalzgrafen Acht und Bann ist, mit leiblichen Augen nach Heidelberg reiten seh’?“

Auch der Selbitz war ungewiss. „Seid Ihr’s, Schwager?“ schrie er, sich im Sattel aufreckend. „Seid Ihr’s, Felix von Trugenhoffen, oder nicht?“

„Ich bin der Felix Trugenhoffen!“ erwiderte der Fremde gleichgültig und ritt heran. „Gott grüss Euch, Schwager Berlichingen — und Euch, Selbitz!“

„Von wo kommt Ihr?“ fragte der Götz verblüfft.

„Vom Schweizerland. ‚Was Sporen trägt, muss sterben!‘ haben die Bauern allerwärts geschrieen. Bin ihnen aber doch entritten.“

„Und werdet um einen Kopf kürzer gemacht!“ sprach der Götz. „Ihr seid doch landflüchtig, Lieber, wie die anderen Ritter, die vorm Jahre mit dem Sickingen wider die Fürsten und Bischöfe hielten!“

„Und Trughof, Euer Burgstall am Neckar, ist ausgebrannt bis auf die Mauern!“ ergänzte der Selbitz. „Und in die Acht seid Ihr deklariert, Schwager, als offener, gemeiner Landfriedensbrecher?“

„Freilich.“ Ein wildes Lächeln glitt über das Gesicht des Fremden. „Mir geht’s, wie’s Euch aller Tage gehen kann! Die Pöne des crimen laesae majestatis ist manchem widerfahren. Hat aber nicht viel gefehlt, so waren dem Sickingen vorm Jahr Kurhut und Kaiserkrone, und wir hätten, was uns not tut, ein einig Reich vom Adel!“

„Die Fürsten sind stärker!“ Herr Götz wiegte nachdenklich das buschige Haupt. „Die vermaledeiten rheinischen Pfaffen. Mit der Mainzer Arkeley haben sie den grossen Sickingen zu Tod geschossen auf dem Landstuhl ...“

Der fahrende Geselle nickte. „Ja,“ sagte er düster. „Ich war dabei, wie er ausgeatmet hat. Jetzt hab’ ich unten bei den Schweizern meinen Freund, den Ulrich Hutten begraben. Sie gehen hin. Einer nach dem andern.“

„Wie soll sich ein ehrlicher Ritter halten?“ Götz von Berlichingen seufzte. „Unten muckt der Bauer mit seinem armen Konrad, oben druckt der Fürst mit dem schwäbischen Bund. Wir Freie vom Adel aber stecken dazwischen wie der Fuchs im Eisen. Gott besser’s!“

„Es wird nicht besser!“ sagte der fremde Reitersmann. „Es geht zu Ende. Wir sind die letzten Ritter. Ein neues Wesen kommt in die Welt. Davor kann Sporn und Tartsche nicht bestehen. — ‚Es ist eine Lust, zu leben!‘ hat der Hutten gerufen und ist doch Todes verfahren. So geht’s uns allen. Unsere Sonne steht schon tief im Westen. Noch einmal blühen in unseren Zeitläuften die alten Geschlechter in Schwaben und Franken und tun sich freudig hervor. Aber die Nacht ist nah!“

„Nein!“ Der Götz richtete sich hoffnungsvoll in den Bügeln auf. „Die grossen Hansen mögen manch alt ehrlich Geschlecht unterducken und an den Bettelstab richten, wie sie Euren Burgstall in Steine gelegt und Euer Land genommen haben — aber unser Reuterei und Gewerb werden sie mit all ihrem widerwärtigen Praktizieren nicht abtun. Müssen doch nach langer Furie ablassen und ist der Torheit ein Ende!“

„Ach, Götz!“ sagte der andere. „Ihr wisst ja nicht, was ich meine. Es ist nicht mehr an dem, dass man aus einem liederlichen Schlösslein heraus sein Ärgernis und Reuterspiel treibt, sich die Kappen bis über die Nase zieht und vermummt hinter den Hecken reitet ...“

Der von Berlichingen liess ihn nicht ausreden. „Doch, Schwager!“ rief er. „Es ist besser, hinter der Hecke handeln als davor! Ich hab’ Euren Vater noch gekannt. Der hat Euch als Säugling nach Frankenbrauch Kohlen und Würfel in die Wiege gelegt, auf dass Ihr ein abenteuerlicher deutscher Ritter würdet ...“

„Das bin ich geworden!“ Der finstere Geselle lächelte. „... Bin auf und ab geritten, hab’ mehr vom Leder gewonnen und gehandelt als mir lieb ist, aber ich meine doch: es hat ein Ende mit unserer Ritterschaft und ich bin froh, dass ich meines Stammes und Namens letzter bin, Schild und Helm hinter mir vergraben werden und alles mannlich Geschlecht der Trugenhoffer mit mir dahingeht.“

„Und wenn Ihr das meint, warum seid Ihr dann mit Gefahr Leibs und Lebens wieder hier?“

„Ich will’s Euch nicht verhehlen,“ sprach Ritter Felix. „Zu Wesen am Walensee ... da hab’ ich einen verrittenen Bruder aus den Sickingenschen Händeln getroffen, Ihr kennt ihn: den Rennehart von Neudeck. Den hatten sie damals wie eine wilde Sau gefangen und nach Heilbronn in den Turm geschickt. War aber ausgekommen und zu den Eidgenossen geflohen. ‚Ei, Trugenhoffen, lebst du noch?‘ fragt er mich. ‚Dass dich Botz mag! Es geht die gemeine Rede, du seist längst tot. In einer schlechten Herberg’ zu Basel von den Reisläufern erstochen.‘“

„Ich hab’s auch gehört!“ nickte der Götz.

„Frag’ ich: wer lässt das Geschrei ausgehen? — spricht er: Die Heerdegen von Hirnsheim. Ist’s so?“

„Ja. Die drei Heerdegen wollen Euch nicht wohl, Felix, die wollen Euch übel.“

„Sommer die Feifel ja!“ knurrte der Selbitz. „Ihr habt sie hart verdrossen und es ihrer Schwester, der Madlene, wie ein Nigromanta mit schwarzen Künsten angetan! War in dem armen kleinen Haus Hirnsheim Aufreitens und Heimwesens genug von Grafen und Herren. Die hätten aber lieber des Wasenmeisters Gäste sein können. Und wer die Madlene um Bescheid anging, hat sie sich vernehmen lassen: ‚Herr! Ihr habt schöne Rosse. Lasst sie mich auch mal von hinten schauen!‘“

„Das heisst,“ ergänzte der Götz, „wie der karge Abt von Ursperg spricht:

‚Der Mist und die Gäst’

Sind im Feld zum best’.‘“

„Da haben die Brüder sich endlich in die Handlung geschlagen, haben eine sichere Botschaft vorgewiesen, Ihr seiet des Tods vergangen, zum alten Haufen hingefahren und davon. Sprach die Madlene: ‚So lasst mich in ein Kloster gehen. Da drin will ich bleiben! ...‘“

„Sie haben’s aber nicht gelitten?“ fragte der fahrende Ritter rasch ... „... wie ich berichtet bin!“

„Beim lausigen Wams von Dornheim — nein! Sie haben’s nicht gelitten. Haben die Madlene in die Ehe gegeben, dem Wolframsteiner. Dem hält sie seit einem Vierteljahr Haus. Der könnt’ ihr Vater sein.“

„Und hat sie doch genommen?“

„Ein alter, böser Kriegsmann!“ Selbitz nickte anerkennend. „Ein bescheiter, listiger und geschwinder Herr, riesengross und stark wie ein rechter Schwab, viel umgetrieben in allen Ländern und Meeren. Wenn solch ein reicher aufrechter Freiherr mit seinem ganzen lustigen Ritterzeug recht freundlich und popularis vor einem verfallenen Waldhaus aufreitet, wo sie des Sonntags frisch Wasser zu Brot und Rüben trinken, da hat er bald die Braut hinter sich im Sattel. Da haben sich ihre Brüder, die Heerdegen, nicht zweimal fragen lassen.“

„Was hat er denn gefragt?“

„Er hat gesagt: ‚Unter zweiundzwanzig Gräfinnen hab’ ich die Wahl; aber ihrer fürbindigen Schöne wegen und über alle Massen guten Zucht und Gebärden bitt’ ich von Euch Jungfer Madlene, Eure Schwester, zur Hausfrau. Die hat mir so gut gefallen, dass ich sie ohne alles Heiratsgut übernehmen, ihr auch alle Kleidung geben will. Des zum Zeichen sollt Ihr sie mir in einem langen Hemd überantworten.‘ So ist’s dann auch geschehen, wie er’s selbst begehrt hat!“

„Und ich bin also recht berichtet gewesen!“ sagte Ritter Felix. „Ich dank’ Euch, Schwager Hans!“

„Da seid Ihr der Madlene wegen gekommen?“

„Ihres Hausherrn wegen!“ Der fahrende Geselle lachte hart auf. „Wenn sie nicht mein ist, soll sie keines andern sein! Den Wolframsteiner will ich bestehen, nicht im Schimpf, sondern im Ernst, und es ihm und dem Heerdegen nicht für gut halten, dass sie uns so geäfft haben. Wann die Läufte wieder stiller geworden, scheidet er von der Erd’ ab oder ich. Auf den Tag gehört er mir zu und soll mir den Vortanz lassen. Und sollt’ ich auch mein Leben darum darzustrecken und verlieren!“

Der Götz lachte bei dem Gedanken an eine Fehde zwischen dem irrenden Reiter und dem reichen Herrn. Hans Selbitz aber wurde ärgerlich. „Es ist genug gegackert!“ schrie er und zügelte, volle Ungeduld auf dem braungebeizten Geiergesicht, sein tänzelndes Pferd. „Mach voran, Götz! Die Nacht fällt ein, die Rosse sind müd’; wir haben noch lange Reise bis zum Hornberg!“

„Kommt Ihr mit auf mein Haus, Schwager Felix?“

„Nein!“

„Alsdann ... viel selige Zeit, Schwager Felix!“ Götz von Berlichingen hob, zum Abschied winkend, seine eiserne Hand. Krachend und rasselnd fuhr der Zug der Heckenreiter in die Tiefe.

Es dämmerte stark. Der Nachtwind strich mit herben Flügeln über die Höhen des Odenwaldes, dass die kahlen Bäume schauerten und welkes Laub über den weissdampfenden Boden hintanzte. Der Gaul wurde unruhig und schüttelte sich vor Frost. Aber der einsame Ritter achtete nicht darauf. Hochaufgerichtet schaute er finster in die Ferne, und es zuckte um seine Lippen. Hans Waldvogel, sein Junge, ein dunkeläugiges Bürschlein von vierzehn Jahren, das einst in einem welschen Tal der Schweiz von seinen Ziegen weg ihm zugelaufen war und seitdem wie ein Hund folgte, kauerte am Boden und schaute erwartungsvoll auf seinen Herrn.

Endlich besann er sich. „Bist müde, mein Bub’?“ fragte er freundlich. „So steig auf den Baum da, dass du vor den Wölfen ohne Sorgen bist, und bind dich fest und schlafe und lauf mir morgen nach. Ich aber reite die Nacht durch, dass ich mit der Sonne in Heidelberg bin!“

Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525

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