Читать книгу Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525 - Rudolf Stratz - Страница 6

3

Оглавление

Im dämmernden Saal sass Herr Wolfgremlich gestiefelt und gespornt am Eichentisch und löffelte missmutig seine Morgensuppe. Madlene kauerte neben ihm und schnallte ihm mit geübten Händen die letzten Riemen am Panzer und Beinschienen fest, eifersüchtig überwacht von dem danebenstehenden Bastian Rebenkönig, des Wolframsteiners altem Reisigen, zu dessen Vorrechten vor der Zeit der Ehe das Wappnen und Rüsten seines Herrn gehört hatte.

Herr Wolfgremlich stand auf und wischte sich den Bart. „Es wird Zeit, nach Weinsberg auszureiten! Du, Rebenkönig, bewach mir mit den Knechten wohl mein Haus und lasse die Zugbrücke nicht ohne Not herunter! Sonst geschieht’s wie in der Haardt,“ er wandte sich zu Madlene, „wo die Bauern eine ehrliche Gräfin zu Westerburg, die zu Neu-Leiningen ihr Wesen hat, gezwungen haben, den ehrlosen Bösewichtern zu Tisch zu kochen und zu dienen!“

Madlene nickte nur stumm.

„Jawohl!“ fuhr er fort. „Solch stolzen hoffärtigen Gemüts sind schon die Abenteurer, bedünken sich, sie wären nun Meister im Lande! Aber wir wollen den Hochmut und Frevel der Bauernschaft schon dämpfen — botz Schweiss sommer gele! — und ernstlich wider sie handeln!“

Er reckte sich und streckte die Arme aus, dass der Panzer klirrte. „Gern scheid’ ich nicht von hier ab, Madlene; ich kann vom Kriegen und Reuten keinen Trost mehr gewinnen. Bin weit übern Mittag und sitz’ jetztmals der Geiss so nah’ auf dem Schwanz, dass ich schon schier herabfall’ und zum alten Haufen fahre!“

Das junge Weib erwiderte nichts.

Der Recke musterte sie verstohlen und mit finsterem Gesicht. Dann gab er dem Rebenkönig einen Wink. „Geh und sag meinen Schwägern, es sei an dem! Wollen in den Bügel treten!“

Der Reisige zog die Tür hinter sich zu. Die beiden waren allein.

Herr Wolfgremlich ging schweren Schrittes auf und nieder, dass die Dielen unter seiner Eisenlast knarrten.

„Schwör mir’s, Madlene!“ sagte er plötzlich. „Lass mir keinen ins Haus, wann ich fort bin!“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich weiss und getraue mir wohl, das Schloss zu erhalten! Wann sich die Bauern davor rucken, sollten sie den Hingang für den Hergang haben und eilends weichen sans dire adieu! Ich will ihnen eigentlich den Weg weisen, wie Ihr mich’s gelehrt habt, dass sie merken: Wir sind nicht gewillt, in unserem Erb’ turbiert, angefochten und des mit Gewalt entsetzt zu werden, sondern bei unserer Possession zu verbleiben!“

„Aber wann nun ein anderer kommt und ist kein Bauer.“ Der Freiherr murmelte es beinahe und seine dumpfe Stimme zitterte. „Wann der Trugenhoffen sich nun nicht nach Weinsberg gehoben hat gestern vom Heidelberger Marktplatz, sondern reitet unversehens hier am Hause vor ...“

„So bleibt das Haus verschlossen!“ Madlenes Gesicht war hart wie Stein. „Ich bin Eure Hausfrau. Hab’ Euch geschworen am Altar und will meiner Seelen Seligkeit nicht verlieren!“

„Des mag sich Hans Lulle getrösten, aber wir nicht!“ sprach eine helle scharfe Stimme. Hans Daniel von Heerdegen trat mit seinen Brüdern ein, buntgefiederten Helms, mit blinkenden Spangen herausgeputzt, als ging’s zum Fastnachtsstechen. „Ich hör’ den verloffenen Gesellen schon da unten pochen und rufen ...“

„Er singt das Lied vom armen Ritter!“ lachte Jörg Heinrich und der dritte Bruder summte den Spottvers vor sich hin, so leise, dass kaum der Rebenkönig neben ihm es verstehen konnte:

„Ratzen und Mäus’,

Flöh’ und Läus’,

Angst und Sorgen

Wecken mich allmorgen!“

„Selb Lied hättet ihr singen sollen!“ sagte Madlene kalt. „Drunten im Waldhaus. Da habt ihr beisammen gesessen in Dampf und Weinfeuchte und war Lieb’ und Einigkeit unter euch Brüdern ein seltener Vogel. Und habt nichts gehabt auf der weiten Welt, was euer war. Nur eines. Mich habt ihr gehabt. Das war eure Hoffnung und Fortüne, wie ein gut Ross oder Dorf und nicht anders habt ihr’s an den reichsten Herrn verkauft und haltet euch nun trefflich mit Fisch und Fleisch, welschem Wein und damastnen Schauben. Ich aber dank’s euch nicht!“

„Da bescheint sich’s, wie ich’s mein’!“ sprach Hans Daniel gelassen. „Schwager ... ich rat’s Euch ernstlich: lasst sie nicht allein! Lasst einen von uns bei ihr, dass nichts Ungeschicktes geschieht!“

„Es geschieht nichts Ungeschicktes!“ Madlene schaute ihren Brüdern ruhig ins Gesicht ... „und einen Wächter brauch’ ich nicht. Bin schon gefangen genug. Zieht ihr getrost wider die Bauern und verseht euch dort eurer Viktorie. Mich habt ihr ja schon dargestreckt und still und stumm gemacht bis auf die Sterbenszeit!“

Die Brüder sahen sich an. Es war ihnen beklommen zumut. Jörg Heinrich versuchte zu scherzen. „Ich fürcht’ mich vor den Bauern!“ klagte er weinerlich. „Ich besorg’, sie tun mir was zuleid. Musst dann um uns weinen, Madlene!“

Sie schüttelte den Kopf. „Für euch wären meine Augen trocken!“ sagte sie laut und langsam. „Ihr habt mir mein Leben genommen. Mögen andere eures nehmen. Da bin ich nicht davor und möchte keinen Finger rühren. Es ist eins wie ’s andere: Mir nicht zulieb und nicht zuleid. Ihr seid mir fremde Leute!“

Eine Weile herrschte dumpfe Stille. „Solch Art hat es also um unsere Schwester!“ murmelte endlich Hans Daniel. „Wann freilich das eigene Geblüt einem den Tod an den Hals hängt, wie der Katze die Schellen ...“

Ein rauher Bass unterbrach ihn. „Kommt!“ gebot Herr Wolfgremlich finster. „Ich mag nichts mehr hören! Tut euch in den Sattel!“

Ohne Gruss stiegen sie die Treppe hinab in den Hof. Der alte Rebenkönig schaute ihnen unter der Pforte nach, wie sie längs der Hügel durch die weissdampfenden Nebel dahinritten.

„Wo solch ungereimte Sachen in einem Geschlecht vorfallen,“ sagte er nachdenklich zu einem weisshaarigen Reisigen neben sich, „ist’s ein gewisses Zeichen, dass es zugrunde geht oder doch am nächsten dort vorbei. Denn wo’s solche Händel hat, das sind die Vorboten!“

Der andere nickte: „Wann ein Unfall über ein Geschlecht soll gehen, so geschieht’s und ist mit einem Stück nicht ausgerichtet, sondern es folgt je eins zum andern ...“

Als die Hähne krähten und die Sonne im Tau des Grases glitzerte, ward es unten im Dorf lebendig. Das zitterige Glöcklein liess wie alle Tage bisher seine Sturmschläge vernehmen, zwei eintönige Schläge, die wie ein fortgesetztes „Bundschuh!“ — „Bundschuh!“ über die dampfenden Äcker, den im Frühwind rauschenden Wald dahinwanderten, und ein Schwarm mit Spiessen und Knütteln bewehrter Bauern zog zum Schloss empor. Ihr Pfarrherr führte sie, ein stämmiger, älterer Mann mit gutmütigem, derbem Bauernkopf, auf dem eine Eisenkappe funkelte.

Vor dem hochragenden, von dreifacher Ringmauer und tiefem Graben umlaufenen Turm- und Giebelgewirr der grimmen Feste, die sich wie eine kleine, bis an die Zähne verschanzte Stadt den Berg hinauf wölbte, machte der Zug Halt, in sorglicher Entfernung von den Armbrüsten der Knappen, die von den Torzinnen herabblinzelten.

Nur ein paar der Kecksten wagten sich noch näher heran und schlichen bis unter die Fenster des hinter den Türmen zum Himmel aufstrebenden, efeuumrankten Herrenhauses, über das hinaus, ein aus Riesenquadern gefügter unförmlicher Koloss, der Bergfried sein Reich überschattete.

„Kumm, Teifel!“ brüllte ein wüster Geselle. „Kumm! Hol alles, was im Schloss sei!“

Und wie das Janken hungriger Wölfe, die wohl zur Winterszeit in feiger Mordgier den Edelsitz umkreisten, scholl das Gebelfer seiner Genossen: „Kumm herab, Wolframsteiner! Wir wöllen dir den Bart herausraufen!“

Einer der Knappen legte einen Bolzen auf die stählerne Armbrust und schoss. In Zickzacksätzen fuhr das Gesindel zurück, und der Pfeil zitterte ohnmächtig auf der Erde.

Herr Wolfgang Kirschenbeisser aber, der Pfarrherr zu Gottwoltshausen, trat unverzagt und waffenlos vor die noch herabgelassene Zugbrücke. „Meldet eurem Herrn, dem Freiherrn von Wolframstein,“ rief er mit dröhnender Stimme: „Es ist der gemeinen, nunmehr versammelten Bauernschaft ernstlicher Will’, Meinung und Befehl, dass er, der Ritter, in unsere christliche Brüderschaft eintritt und noch bei heutigem Tage mit dreissig wohlgerüsteten Mann der göttlichen Gerechtigkeit Beistand tut — und wo das nicht geschieht, soll er wissen, unsicher zu sein Leib’ und Lebens!“

Die Knappen erwiderten nichts. Innen im Schlosshof erklang eine helle, befehlende Stimme, und knarrend öffnete sich das Tor. Frau Madlene trat heraus, fröstelnd in einen Fuchspelz gewickelt, und ging auf den Pfarrherrn und die hinter ihm sich drängenden Bauern zu. Unwillig musterte sie die in finsterem Trotz zur Seite schauende Schar.

„Wen habt ihr für euren Redner aufgeworfen?“ fragte sie kurz. „Etwa dich, Michel Heul, den bösesten Bauern, der hinter meinem Herrn sitzt, oder gar dich, Christa Kutter, du loser Schalksknecht, der ihm den Bart ausraufen möcht’? — Wann er von seinem Ritt nach Weinsberg wieder heim ist, kannst dich melden und es versuchen!“

Der Pfarrer reckte sich auf. „Ist unser gnädiger Herr nicht im Schlosse, so höret Ihr, Frau, unser Begehr!“

„Ei schau!“ sagte Madlene. „Unser Pfaff’ an der Spitze des leichtfertigen Volks! Hat sich eine Eisenkappe über die Ohren gezogen und dünkt sich fürwahr ein Reitersmann! Aber so ist’s überall! Wer leitet den gemeinen Mann zum Aufruhr an? Ausgeloffene Mönche, abtretene böse Pfaffen, lutherische Buben — fressen Fleisch, wann Fastens ist!“

„Tut gemach, Frau!“ wollte sie Wolfgang Kirschenbeisser unterbrechen, aber sie liess sich nicht stören.

„Nun habt ihr’s erreicht! Unruhe und Mutwillen allenthalben. Die Bauern gehen in die adligen Häuser, prassen und schlemmen am dicksten zu, lassen das Vöglein sorgen, halten redlich und männiglich kostfrei Spass und Frass!“

„Jetzt muss auch der Bauer Herr werden!“ knurrte einer der Knüttelträger. „Gott will’s!“

„Was Stab und Stangen tragen kann,“ ergänzte Pfaff Kirschenbeisser, „das muss jetzt auf sein! Es tut not!“

„Treibt keine ungeschickten Worte!“ gebot Madlene kurz. „Wie ich Euch hab’ kommen sehen, hab’ ich meinen Pelz umgetan und bin fürbass gegangen. Was also wollt Ihr?“

Der Pfarrherr holte ein dünnes Heftchen aus dem Chorrock. „Ihr hört’s ja! Euch in die christliche Brüderschaft zwingen!“

„Mit dem Büchlein da?“

„Das sind die zehn gründlichen und rechten Artikel der freien Bauernschaft,“ sprach der Kirschenbeisser bedächtig, „wie sie allerdings von Thüringen bis Tirol im Schwange sind! Ihr habt sie wohl verlesen und wisset, weswegen wir beschweret sind!“

Madlene nickte. „Mein Herr hat sie mit mir in gerechtem Unwillen verlesen! Der Böse haust in euch. Ihr wollt euch den Pfarrherrn selbst erwählen und kiesen und schätzet den kleinen Zehent für einen unziemlichen Zehent, den die Menschen erdichtet haben!“

„Und zum dritten,“ rief Wolfgang Kirschenbeisser grimmig, „ist der Brauch bisher gewesen, dass man die Bauern für Eigenleut’ gehalten hat, welches zum Erbarmen ist, angesehen, dass uns Christus alle mit seinem vergossenen kostbaren Blut erlöst und erkauft hat. Ihr aber schindet und schabt uns mit Scharwerk und Todfall und Fastnachthennen, als wolltet ihr viel Freud’ und Mut an unserem blutenden Schweisse haben!“

„Das glaub’ ich,“ — Madlene zuckte die Achseln — „dass euch der Müssiggang besser behagt! Darum dünkt es euch in euren Teufelsartikeln unziemlich und unbrüderlich, dass ihr Fische im fliessenden Wasser, Wildbret und Geflügel nicht fangen sollt! Darum beschwert ihr euch der Befolgung halber, wollt uns die schönen Wälder verwüsten, um eure Bettlersuppen zu kochen, und darum wollt ihr der Herrschaft keine Dienste mehr tun!“

„Die Herrschaft hat’s verdient,“ grollte der Pfarrherr, „und ihr Edelfrauen insbesonders! Ei, ihr hoffärtigen Geschöpfe, müssen euch die Bauern nicht mitten in der Ernte Schneckenhäuslein suchen, Garn darauf zu winden, und für euch Erdbeer, Kriesen und Schlehen gewinnen? Den Herren aber muss der Bauer werken bei gutem Wetter, sich selbst bei schlechtem, und über sein armes bisschen Saat läuft das Gejaid und die Hunde ohne Achtung einigen Schadens!“

„Pfarrherr,“ sprach Madlene mitleidig, „so hat’s Gott gewollt und ist’s immer gewesen. Ihr werdet’s nicht ändern. Aber meinet ja nicht, die vom Adel seien alte Weiber und schier tot, weil ihr einen neuen armen Konz machen wollt! Sie werden mit euch Bösewichtern übel umgehen!“

„Frau! Es ist nicht an dem!“ ermahnte sie der Kirschenbeisser. „Die Bauernschaft stellt Euch ein freundliches Ersuchen!“

„Ich hab’s verstanden,“ erwiderte Madlene, „wie die Bauern über mich fallen wollen und mir das Meine nehmen! Welcher Schelm hat Euch die zehn Artikel geschrieben?“ herrschte sie, dicht herantretend, den Pfarrer an. „Nun nimmt der gemeine Pöbel, der ohnedies lieber meisterlos als in Geboten lebt, die Artikel mit gierigem Herzen an, begibt sich auf Üppigkeit, Jubilieren und leichtfertig Wesen. Ihr aber, Pfaff’ Kirschenbeisser, statt zu merken, was Euch Bischöfe, Äbt’ und Prälaten in Christo raten —“

„Die Prälaten haben ihre Untertanen nicht als Schäflein geweidet,“ schrie der Pfarrer, „sondern als Hunde geachtet! Die sind ritterbürtig und mit euch Edlen eines Sinnes und Stammes! Ich aber bin eines Bauern Sohn!“

„Und habt der Obrigkeit zu gehorchen!“

„Jawohl, die Obrigkeit!“ schrie Herr Wolfgang, und zu den Bauern gewendet fuhr er fort: „Sie strecken den Gehorsam zu weit hinaus, machen ein gemaltes Männlein daraus, haben die Welt bisher gar damit geäfft, es höflich herausgemustert und geputzt. So man aber diesen Stichling im Grund ersucht, so ist er nichts denn ein verlarvter Strohputz! Gott mag in seiner Gerechtigkeit dies greuliche babylonische Gefängnis nicht gedulden, dass wir Armen also sollen vertrieben sein, ihre Wiesen abzumähen und zu hauen, den Flachs zu säen, zu raufen, zu riffeln, zu röseln, zu waschen, zu brechen und zu spinnen, Erbsen zu klauben, Mohren und Spargeln zu brechen! Hilf Gott, wo ist doch des Jammers je erhört worden! Sie schätzen und reissen den Armen das Mark aus den Beinen. Wo bleiben hier die Stecher und Renner, die Spieler und Bankettierer, die da völler sind denn die speienden Hunde? Wo bleiben hier die mit ihrem Handlehen und Hauptrecht? Ja, verflucht sei ihr Schandlehen und Raubrecht! Und dass sich ja keiner dawider rümpfe, oder gar flugs geht’s mit ihm als mit einem verräterischen Buben ans Pflöcken und Vierteilen, da ist minder Erbarmen als mit einem tollen Hund! Hat ihnen Gott solche Gewalt gegeben? In welchem Kappenzipfel steht doch das geschrieben? Des Teufels Söldner sind sie, und Satanas ist ihr Hauptmann. Hinan, weit hinein mit diesen Moabs und Behemoths und weit hinweg. Das ist Gottes höchstes Gefallen!“

Der Pfarrherr schwieg atemlos, und dumpfes, wütendes Grollen lief durch die Reihen seiner Bauern.

Madlene war bleich geworden und wich einige Schritte zurück.

„Ihr nehmt euch also vor, im Aufruhr wider eure Herren und Fürsten zu leben?“ fragte sie drohend.

„Das wollen wir!“ sprach Herr Wolfgang, andächtig die Hände faltend. „Denn wie steht’s bei Martin Luther geschrieben: ‚Wenn du frei sein kannst, so gebrauche das doch viel lieber!‘ ‚Jeder Edelmann soll nur eine Tür haben!‘ hat Florian Geyer, selbst ein Edelmann, sich vernehmen lassen, ‚und die Mönche mögen hacken und reuten wie die Bauern‘. Wer wider den Stachel löckt, darf jetzt seine Seele Gott befehlen. Denn das neue Reich ist kommen!“

„Ei freilich!“ lachte Madlene. „‚Es ist doch was Neues!‘ sprach der Teufel, da er die Buttermilch mit der Mistgabel frass! Ihr werdet noch wünschen, dass der Wein wieder im Fass sei! Hilft aber dann nichts mehr! Ihr müsst hindurch!“

„Wir wollen hindurch!“ Pfaff Kirschenbeisser sah feierlich zum Himmel auf.

„Und wenn euch jetzt der Kitzel sticht —“ Madlene trat, sich in den Fuchspelz wickelnd, in die Torwölbung — „so vergesset nicht: es ist kein Spassens mit der gottgewollten Obrigkeit! Ich lasse jetzt vor euch ungehorsamen Buben mein festes Haus zuschliessen. Ob auch mein Herr nicht da ist, hat er doch genug wehrhaftes Volk darin gelassen, euch Tölpeln den Weg zu weisen, wann ihr wieder die Mauern anlauft. Tut’s not, so ruf’ ich ihn aus Weinsberg heran. Dann aber, rat’ ich euch freilich selbst, mögt ihr der Ohrfeig’ nicht erst gewarten!“

Das Haupt hochmütig in den Nacken zurückgelegt, ging sie, ohne rechts und links zu schauen, in die Burg zurück, und in schwerem Klirren und Stöhnen schwankte die Zugbrücke in die Höhe.

Eitel Siegmund von Heerdegen, der mit seinen Brüdern neben dem Wolframsteiner daherritt, schüttelte sich im Sattel, dass der Panzer klirrte. „Mir läuft das Wasser nur so bei der Hitze vom Leib!“ fluchte er.

„Wir sind bald in Weinsberg!“ tröstete ihn freundlich sein Bruder Jörg. Hans Daniel aber warnte ihn.

„Tu deinen Harnisch nicht von dir! Die Schelme lassen unversehens aus dem Dickicht ihre Bolzen fliegen!“

Wolfgremlich drehte sich zu den Junkern um. „Rossmucken sind’s!“ entschied er. „Rossmucken sind solche Bauern! Summen und webern umher, machen die Gäule scheu und können uns doch nicht durch unser festes Eisenhemd stechen und weh tun!“

„Ich wollt’, sie kämen uns morgen in den Lauf!“ meinte Hans Daniel.

Sein Bruder Eitel lachte: „Wirst sie schon vor Weinsberg sehen. Ihre drei Haufen wollen vor der Stadt in eins zusammenstossen, der Jäcklein Rohrbach mit den Neckarwinzern, Jörg Metzler mit den Odenwälder Bauern und Florian Geyer mit seiner schwarzen Schar!“

„Das setzt einen lustigen Handel ab!“ frohlockte Georg von Heerdegen.

Sein Schwager, der finstere Ritter, nickte. „Wir haben schon lang keine Sauhatz gehabt!“ lachte er grimmig und eiliger trabten die Edlen gen Weinsberg.

Der arme Konrad. Roman aus dem großen Bauernkrieg von 1525

Подняться наверх