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Montag, 20. November 2006, 15 Uhr 47
ОглавлениеGestern Abend erfuhr ich, dass Michaela, eine Teilnehmerin unserer Selbsthilfegruppe, sich vor eineinhalb Wochen mit einer Überdosis Tabletten umgebracht hat. Ein weiteres Opfer, gefallen im Kampf gegen das Borderline-Syndrom.
Ganz so, als ob uns unser Schicksal noch einen kleinen Abschied zugebilligt hätte, traf ich Michaela eine gute Woche vorher zufällig im Bus, wo wir uns kurz miteinander unterhielten. Auf mich machte sie dabei keinen besonders deprimierten Eindruck. Entweder sie verbarg ihre Absichten tief in sich oder aber irgendwann später geschah etwas, das sie seelisch aus der Bahn warf.
Ich bin ziemlich benommen durch diese Geschichte. Das ist der dritte Selbstmord, den ich seit meinem Eintritt in die Psychoszene mitbekommen habe, und dieser Einschlag war am nahesten von allen. Mir schwirren ständig die Bilder von unseren Gruppentreffen und von dem Gespräch im Bus durch den Kopf. Außerdem unterlaufen mir mehr Rechtschreibfehler als sonst und ich bin etwas tollpatschig bei alltäglichen Handlungen. Irgendwie stehe ich ein bisschen neben mir.
Als ich gestern Abend die Balkontüre zum Lüften öffnete und den unangenehm kalten Wind im Gesicht spürte, da dachte ich, dass ich so etwas immerhin noch fühlen kann, Michaela nicht mehr. Ich lebe, wenn auch immer noch nicht wirklich. Machs gut, Michaela! Ich wünsche Dir für Dein nächstes Leben bessere Bedingungen als die, die Dir in diesem vergönnt waren!