Читать книгу 900 MEILEN - S. Johnathan Davis - Страница 7

Kapitel 2

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Es wurde gesagt, dass es sich bei dem Plan um eine Liste von Dingen handelt, die sowieso niemals passieren. Wir hätten unser schreckliches Scheitern nicht besser planen können.

Als wir realisierten, dass diese Dinger da draußen uns nicht sehen konnten, kam ein zögerliches Flüstern auf, und innerhalb weniger Augenblicke wurde wieder in normaler Lautstärke gesprochen. Dann platzten die Pläne aus den Leuten heraus. Circa fünfzehn von ihnen versuchten zu bestimmen, wie wir als Nächstes vorgehen sollten.

Ich bin ja ein Freund gemeinsamer Ideenfindung, aber die Buchhalterin Patty schmiedete Pläne, ohne sich ansatzweise über die Risiken im Klaren zu sein. Nun, ehrlich gesagt war keiner von uns in der Lage, die Situation richtig einzuschätzen.

Die Pläne reichten von einfach weglaufen bis zur Idee, mit der U-Bahn zu fliehen. Jeder hatte irgendwelche Geistesblitze, die alle darauf hinausliefen, dass wir zu den Toten rausmussten. Blieb uns überhaupt etwas anderes übrig?

Lasst uns doch einfach das nächste Taxi rufen, dachte ich, als ich wieder einen Blick auf mein Telefon warf. Ich hatte noch immer keinen Empfang.

Irgendein Typ tat sich mit leicht erhobener Stimme aus der Menge hervor. Er trug eine perfekt sitzende Halbglatze als Frisur. Wahrscheinlich war er zu eitel, sich auch die restlichen Haare abzurasieren. Ich hatte ihn schon mal im Gebäude gesehen. Er war entweder Vorstandsvorsitzender oder Filialleiter. So oder so, bevor das hier passierte, war er für seine eigene kleine Welt verantwortlich gewesen. Ein Alphamännchen, das sich sicher war, immer die richtigen Antworten parat zu haben.

Mr. Halbglatze plapperte darüber, dass wir das Hafenviertel ansteuern sollten. Er meinte, es wäre nur vier Blocks entfernt. Wir könnten uns ein Boot nehmen und so an den Zombiehorden vorbei aus der Stadt gelangen. Das wäre kein Problem.

Plötzlich wurde unsere Aufmerksamkeit wieder nach draußen gelenkt. Wir hörten ein paar Pistolenschüsse, die in den Häuserschluchten widerhallten, gefolgt von Schreien. Wir konnten nicht ausmachen, von wo die Geräusche kamen, jedoch war es anscheinend nah genug für den Gebäudewachmann. Er löste sich aus der Gruppe und verriegelte endlich die Vordertür des Gebäudes.

Es begann eine Diskussion darüber, wie man sicher zum Hafen gelangen könnte, als ein weiterer Typ vorschlug, das Ganze einfach auszusitzen. Das hier wäre eine typische Notfallsituation. Wir wären in einem Bürogebäude. Hilfe würde schon kommen. Wir könnten durchhalten.

In den Filmen machten die Gruppen so etwas immer. Sie nagelten die Türen zu, versteckten sich im Keller und hofften, dass bald Hilfe käme. Diese Arschlöcher wurden immer gefressen. Die Realität war jedoch, dass jeder jemanden hatte, zu dem er zurückkehren wollte. Egal, ob es sich um die Kinder, die Ehefrau, andere Familienmitglieder oder Freunde handelte. Niemand wollte einfach nur so herumsitzen.

900 Meilen weit weg. Immer noch keinen Empfang.

Mr. Halbglatze brachte Schwung in die Sache. Er hatte bereits einige Anhänger um sich versammelt. Zwei von ihnen trugen typische Hausmeister-Kleidung. Einer schwang den Griff eines Mopps.

Der Mann neben mir sagte: »Wegen dieses Typen werden hier alle sterben. Das weißt du, oder?«

Ich nickte und erwiderte: »Yeah, werde mich wohl nicht damit beschäftigen, mir die Namen aller Leute hier zu merken.«

Er streckte mir seine Hand entgegen und sagte: »Ich bin Kyle.«

Ich zögerte, lächelte wegen der Ironie und griff seine Hand: »John.«

So hatte ich einen der besten Männer getroffen, die ich jemals kennengelernt habe oder jemals kennenlernen würde.

Kyle arbeitete bei der firmeneigenen Security. Seine Aufgabe bestand hauptsächlich darin, die Dienstausweise zu überprüfen und einschüchternd auszusehen. Ich sollte später dankbar dafür sein, dass er keine sinnvollere Arbeit hätte finden können, nachdem er sechs Monate zuvor aus dem Irak zurückgekehrt war.

Er war ein großer Kerl, höher gewachsen als ich. Ein ehemaliger Hubschrauberpilot der US Army. Ich weiß einen Scheiß über Ränge oder den militärischen Status, aber ich hatte sofort das Gefühl, dass Kyle durch und durch Soldat war und viele Bodeneinsätze und Luftkämpfe erlebt hatte. Er war ein ausgebildeter Einzelkämpfer – und das war es, was im Augenblick zählte.

»Hast du irgendwelche Waffen hinter deinem Schreibtisch?«, fragte ich.

»Nur die hier«, entgegnete er und hielt mir seine beiden ziegelsteingroßen Fäuste entgegen.

»Nicht schlecht, aber ich erhoffte mir ein paar Pistolen oder zumindest einen Gummiknüppel.«

»Wir halten Anzugträger wie dich davon ab, den Fahrstuhl zu betreten. Wir fangen keine Schwerverbrecher.«

»Ein gutes Argument.« Ich zuckte mit den Achseln.

Um Mr. Halbglatze standen ein halbes Dutzend Gefolgsleute. Sie liebäugelten gerade lautstark mit der Idee, über die Hausdächer von Gebäude zu Gebäude zu springen. Das musste man ihnen lassen: Sie zogen wirklich jede Möglichkeit in Erwägung, ganz egal wie selbstmörderisch diese auch war.

Er schaffte es, die Menge anzustacheln. Und sogar Patty, die Buchhalterin, war nur einen Herzschlag davon entfernt, seine Nummer-Eins-Cheerleaderin zu werden.

Genau in diesem Moment hörten wir eine Detonation auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Patty gab einen kurzen Schrei von sich. Alle wirbelten herum, um nach draußen zu blicken.

Der Benzintank des auf dem Dach liegenden und brennenden Autos war explodiert. Wir richteten unsere Blicke auf das gegenüberliegende Gebäude und sahen, dass die Glasscheiben der Türen durch die Explosion zerbrochen waren. Sechs Leute liefen dort heraus auf die Straße. Sie mussten wie wir, einem Spiegelbild gleich, einfach dort gesessen und sich ihre nächsten Schritte überlegt haben, als alles um sie herum zusammenfiel.

Sobald sie auf der Straße waren, wurden sie von circa zwanzig dieser … Dinger überrannt. Der Erste, der angriff, war der Feuerwehrmann. Dieser befand sich nun in den Reihen der Toten. Der Hüne, der Josh zerschmettert hatte, schob die anderen Zombies zur Seite, um zu den Opfern zu gelangen. Offensichtlich würden sich sogar Zombies gegenseitig übervorteilen, um einen Preis zu bekommen.

Das Ganze war vorbei, bevor es überhaupt erst angefangen hatte.

Mr. Halbglatze sprang gleich darauf an. Mit erhobener Stimme forderte er die Aufmerksamkeit von allen. »Das hätten wir sein können! Wir müssen aufbrechen!«

Ich konnte nicht widersprechen. Wir mussten aufbrechen!

Meine Augen drifteten wieder nach draußen. Das Chaos auf der Straße nahm noch weiter zu. Auf dem mit Blut bedeckten Bürgersteig neben unzähligen verstümmelten Leichen erregte einer der wandelnden Toten meine besondere Aufmerksamkeit. Es war mein ehemaliger Boss. Sah so aus, als hätte er es nicht bis zu seinem Hummer geschafft. Stolpernd bewegte er sich auf unser Gebäude zu. Seine Gedärme waren herausgerissen und seine Krawatte lag locker über dem geöffneten Hohlraum seines Bauches. Ich verstand nicht, wie er überhaupt noch aufrecht gehen konnte.

Eine Frau, die vorne in der Gruppe in der Nähe der Glasscheiben stand, stieß einen Schrei aus. Dieser brach jäh ab, als eine andere Person ihr die Hand über den Mund schlug.

Kyle sah meinen Ex-Boss auch. Wir tauschten einen schnellen Blick aus. Fetter Fresssack bekam den Magen herausgefressen. Wir sagten nichts, aber ich wusste, er erkannte die Ironie der Situation.

Einige andere erkannten ihn plötzlich auch. Er ging auf die Tür zu.

»Erinnert er sich daran, dass wir hier drin sind?«, fragte der Hausmeister, der den Stiel des Mopps hielt, mit einem rauen Flüsterton. Die gesamte Gruppe sah zu, wie mein Zombie-Boss langsam zu den Glastüren hinaufstieg, die Kyle zuvor verschlossen hatte.

Als der einstige fette Bastard am Türgriff rüttelte, sahen wir plötzlich, wie sich sein Schoßhund, Josh, bewegte. So verstümmelt sein Körper mit fehlendem Bein und zertrümmertem Rumpf auch war, er hob immer noch seinen Kopf, um zu sehen, was vor sich ging.

Ich bemerkte, dass mein Boss noch immer die Schlüssel seines Hummers fest in der Hand hielt. Auch im Tod konnte er seine Besitztümer nicht loslassen.

Ich ließ einen schnellen Blick durch die Lobby schweifen. Ein Sicherheitspult, ein metallener Wegweiser mit einem Schild, auf dem stand: ›Zeigen Sie ihren Ausweis‹, und ein unechter eingetopfter Baum. Das war alles.

Das Rütteln am Türgriff erregte unerwünschte Aufmerksamkeit.

Zwei weitere Kreaturen schlurften schwerfällig zu unserem Gebäude herüber. Mr. Halbglatze wich von der Scheibe zurück. Seine Augen waren vor lauter Angst weit aufgerissen. Die Hausmeister begannen, um den Besenstiel zu kämpfen. Sie beschlossen, ihn entzweizubrechen. Die Dummköpfe hatten es allerdings versaut: Ein Teil war viel kürzer als der andere. Als sie lautstark darum kämpften, wer welches Stück bekommen sollte, drängten sich weitere Kreaturen vor der Glastür.

Die meisten Leute blieben einfach stehen und sahen zu, wie die Toten anfingen, gegen die Scheibe zu drücken. Kyle lief zu dem Schild hinüber und brach die Stange ab, wodurch er sich eine schöne Metallwaffe sicherte.

Ich zog meinen Anzugmantel aus und warf ihn auf den Boden. Sie kamen, und wir wussten das verdammt noch mal.

Patty, die Buchhalterin, stieß einen Schrei aus, als die Scheibe schließlich nachgab. Die Toten fluteten durch die zerbrochene Tür und breiteten sich in der kleinen Lobby aus. Ich sah, wie die Hausmeister die Horde angriffen, als handelte es sich um eine verdammte Schlägerei in einer Bar. Sie boxten, prügelten und schlugen ihnen mit ihren behelfsmäßigen Waffen auf die Köpfe. Nicht wirklich effektiv. Eine Kreatur zerbiss einfach einen uniformierten Arm. Der Hausmeister plumpste zu Boden und musste fassungslos mit ansehen, wie der Zombie mir seinen Arm entgegenschleuderte. Die Hand umkrallte noch immer das Stück des Moppstiels. Der Arm hinterließ blutige Schlieren auf dem polierten Boden und stoppte genau vor meinen Füßen.

Mr. Halbglatze nutzte die Ablenkung für seine Flucht. Er startete in Richtung Aufzug.

Ich werde niemals erfahren, ob er die beiden Idioten absichtlich in den Tod schickte, um seinen eigenen Arsch zu retten. Ich weiß nicht einmal, ob das wirklich von Bedeutung ist.

Die meisten Anführer der Weltgeschichte waren nur um ihrer selbst willen auf der Erde. Die Erkenntnis dieser traurigen Wahrheit bezahlten diese beiden Idioten mit ihrem Leben. Es war eine Wahrheit, die ich in den kommenden Wochen selbst lernen würde.

Unsere Zivilisation war reif für die Ernte. Schwäche hatte sich von Generation zu Generation in unserem Gewebe verankert. Jede Art von ursprünglichem Überlebensinstinkt wurde vor langer Zeit aus unserem Genpool herausgezüchtet. Andererseits sind Überlebensinstinkte eine launische Hure, denn letzten Endes war es die kleine Patty, die sich am meisten zur Wehr gesetzt hatte. Während die anderen nur teilnahmslos herumstanden, als die Horde über sie herfiel und auseinanderriss, sprang Patty zu meinem Erstaunen zur Seite, rollte sich in Richtung der Topfpflanze ab und riss den kleinen Plastikbaum von seinem Sockel. Sie stieß damit zu, schleuderte das Ding herum und trieb dadurch die Masse der leblosen Kreaturen zurück.

Kurz bevor zwei der Bastarde ihr ein Beinchen stellten und das weiche Fleisch an ihrem Hals zerrissen, dachte ich noch, dass wir es zur Vordertür herausgeschafft hätten, wenn mehr von uns wie die kleine Patty gekämpft hätten.

Tatsächlich hatten wir uns alle an diesem ersten Tag einer speziellen Prüfung unterzogen. Der Test wurde bestanden oder nicht bestanden. Mein Test kam, als mich zwei Tote auf den Rücken warfen und mich an den Füßen durch die Lobby zogen, während ich trat, strampelte und um mein Leben kämpfte. Kyle eilte mir zu Hilfe. Mit tödlicher Präzision schaltete er einen von ihnen mit der Metallstange aus. Der zweite Zombie drückte mich zu Boden. Adrenalin schoss durch meine Venen. Ich griff den Besenstiel, den die Hand des toten Hausmeisters noch festhielt, und stieß ihn vorwärts, trieb ihn ins Gesicht der Kreatur. Das Holz zerschlug den Knochen der linken Augenhöhle. Die Wucht des Hiebes und das Knacken des Knochens hallten noch überall in meinem Körper nach. Meine Hand schlug gegen das Gesicht des Zombies, wodurch ich ungewollt nach hinten gedrückt wurde und den Besenstiel zurückzog. Das Holz kam heraus und machte ein hörbares Geräusch, als das zerquetschte Auge aus seiner Höhle gerissen wurde. Die Kreatur sank zu Boden. Schwer keuchend schob ich mich zurück, um unter ihr hervorzukommen.

Ich hatte den Test bestanden.

Ich war zu einem Killer geworden.

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