Читать книгу 900 MEILEN - S. Johnathan Davis - Страница 9

Kapitel 4

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Der Feind meines Feindes ist nicht immer mein Freund.

Die Schüsse wurden lauter und zogen unsere Aufmerksamkeit wieder auf sich. Anscheinend hatte die Army nun richtig schweres Geschütz aufgefahren. Dem dumpfen Dröhnen der Artillerie folgten sofort wieder peitschende Schüsse. Staub und Feuer stiegen über dem Kriegsgebiet auf. Kyle starrte in diese Richtung. Ich studierte seinen Gesichtsausdruck und hoffte zu erfahren, welchen Plan er wohl herbeizaubern würde.

Wir hörten ein Klirren. Fast gleichzeitig wirbelten wir herum. In einer der oberen Etagen des gegenüberliegenden Gebäudes schien ein Fenster zu bersten. Es bekam Risse, die wie vereiste Spinnweben aussahen. Plötzlich flog ein Stuhl hindurch. Scherben regneten zu Boden und dann krachte auch der Stuhl auf den Asphalt. Ich sah, wie eine Frau zum Fenstersims hetzte. Sie schrie um Hilfe. Vergebens. Mein Herz schlug wie wild. Sie rannte zurück in den Raum und verschwand aus meinem Sichtfeld. Ihre Schreie hörte ich jedoch noch.

Sekunden später sah ich sie wieder. Sie rannte auf den Sims zu – und sprang. Ihr schwarzes Kleid flatterte im Wind, als sie sich in den sicheren Tod stürzte. Zwei weitere Silhouetten erschienen im Fenster und sprangen hinterher.

Sie ruderten hektisch mit ihren Armen.

Drei fallende Körper. Drei aufeinanderfolgende, dumpfe Aufschläge.

Die beiden Verfolger hatten nicht eine Sekunde gezögert. Ihr eigenes Leben schien ihnen nichts wert zu sein. Das waren die Kreaturen, die uns unten in den Straßen gegenüberstanden. Wir blickten hinunter. Ich schmeckte die Galle in meinem Hals. Die drei Körper waren auf dem Asphalt zerschellt. Überall lagen Körperteile und Innereien verteilt. Ich sah, wie eine Gruppe Untoter sich über die Überreste hermachte.

Diese Szene erinnerte mich an den 11. September. Die Nachrichtensender hatten Leute gezeigt, die in den brennenden Türmen gefangen waren und in völliger Verzweiflung sprangen. Wenn man mit dem sicheren Tod konfrontiert wird, tut man alles, um ihm zu entkommen. Wohingegen die Huren von Fernsehsendern alles zeigten, um gute Einschaltquoten zu bekommen.

Chauffer schritt auf dem Dach umher. Immer wieder wanderte sein Blick zu unserer Brücke. Was hatte der Bastard vor?

Die Granateinschläge der Artillerie kamen näher. Die Explosionen waren ohrenbetäubend. Kyle murmelte etwas darüber, wie die Jungs von der Army den Missgeburten in ihrem letzten heldenhaften Widerstand den Rest geben würden. Ich schwieg und starrte zum Horizont.

Plötzlich erzitterte einer der Wolkenkratzer, die ein paar Blocks entfernt standen. Es dauerte noch eine Weile, dann neigte sich das Gebäude leicht zur Seite.

»Oh mein Gott«, quiekte Chauffer und riss seine Arme zum Himmel. Ich hörte ihn kaum. Der Wolkenkratzer war durch die Bombardierung zweifellos geschwächt worden. Er schwankte ein paar Mal vor und zurück. Dann sahen wir, wie Staub und Glas überall hochspritzten. Das Rumpeln erschütterte unser Gebäude, erschütterte uns bis ins Mark. Das ganze Ding brach wie in Zeitlupe zusammen und prallte von den umliegenden Gebäuden ab. Das Getöse hallte in den Straßenschluchten wider. Die Staubwolke wurde von uns weggetragen, trotzdem raubte sie uns den Atem.

Stille.

Das Feuergefecht war vorbei.

Ich griff in meine Tasche und umklammerte das Telefon mit kalten, klammen Händen. Mein Puls dröhnte mir in den Ohren. Ich atmete tief ein, stellte das Handy an und sah immer noch keinen Empfangsbalken.

War der Horror vorbei? Hatten wir gewonnen?

Diese Gedanken plagten mich.

Wir starrten unablässig in Richtung der Ruinen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, bis sich der Staub gelegt hatte. Dann sahen wir sie. Sie waren in Militärklamotten gekleidet und kamen auf uns zu. Vor Erleichterung stieß Chauffer ein Freudenschrei aus.

»Wir haben gewonnen!«, brüllte er. Ich teilte seine Erleichterung nicht ganz so schnell, umklammerte aber mein Telefon auch nicht mehr ganz so fest.

Kyle bemerkte es als Erster.

»Wartet mal kurz. Wartet mal kurz!«, schnauzte er, während er die näherkommenden Soldaten beobachtete. Chauffer und ich wurden still und drehten uns um, damit wir besser sehen konnten, was er meinte. Die Uniformierten bewegten sich irgendwie … nicht flüssig. Übriggebliebene Kreaturen schlurften auf die Soldaten zu. Ich war gespannt. Es passierte … nichts. Keiner der Soldaten schoss auf die Untoten und die Untoten griffen auch nicht an.

Niemand setzte sich mehr zur Wehr und niemand verhinderte, dass sich Zivilisten und Soldaten zu einer Armee der Toten vereinten.

Wir erfuhren später, dass ›Good old Uncle Sam‹ aus diesem wütend geführten Angriff ein weltweites Medienspektakel gemacht hatte. Zeitungsreporter und Fernsehteams lieferten Livebilder und hautnahe Kriegsberichterstattung. Zuschauer in den entlegensten Winkeln unseres Planeten sahen, wie die Jungs von der Army eine Zombiewelle nach der anderen in diesem 10-stündigen Gefecht mit Blei vollpumpten.

Die Kreaturen fielen jedoch nicht so leicht für immer um. Das Lustige daran war, dass ein einzelner Schuss auf einen ganz bestimmten Körperteil ausgereicht hätte, um sie für immer auszuschalten.

Maschinengewehre, Bomben, Schüsse aus Granatwerfern … das waren effektive Abwehrmittel gegen menschliche Gegner, aber fast nutzlos gegen die untoten Horden. Diese Kreaturen zeigten auch keinerlei Angst. Und Angst war etwas, worauf die moderne Kriegsführung abzielte. Man wollte dem Gegner so viel Schaden zufügen, bis dieser aufgab.

Diese Dinger würden niemals aufgeben.

Das Ganze war also ein riesengroßer Haufen Scheiße.

Mit der Hartnäckigkeit, die man von solch einer stumpfsinnigen Horde toter Menschen erwarten konnte, schalteten sie schließlich unsere moderne Verteidigung aus; überrannten diese förmlich. All dies wurde auf Band festgehalten und weltweit live übertragen.

Chauffer fiel auf die Knie. Er sah zum Himmel herauf und flehte Gott um Hilfe an.

Sogar diejenigen, die niemals in ihrem Leben auch nur einen Tag in der Kirche waren, ließen plötzlich ihren inneren Chorknaben heraus, wenn sie dachten, ihr letztes Stündlein habe geschlagen.

Woher ich das wusste? Nun ja, ich ging mit einem richtigen Scheißtypen zur Schule. Er missbrauchte die Menschen, und wenn er sie ausgelutscht hatte, schoss er sie zum Mond. Trotzdem liebten ihn die Mädchen.

Eines Nachts war er eigentlich zu besoffen, um zu fahren. Es scherte ihn jedoch nicht, und so entschied er sich dazu, in seinen Pick-up zu springen. Er wollte seine Freundin nach Hause fahren. Ich erinnerte mich daran, dass sie mir seine letzten Worte kurz vor dem Unfall verriet: »Lieber Gott.« Dann rammte sein Truck einen Baum. Er schoss fünfzehn Meter über einen Parkplatz. Sie überlebte, muss aber nun den Rest ihres Lebens in einem Rollstuhl verbringen. Sie gehörte wahrscheinlich zu den Ersten, die gefressen wurden.

Chauffer flehte noch immer den allmächtigen Gott an.

Plötzlich ein dumpfes Geräusch. Es hallte kurz im Treppenhaus. Verstummte. Ertönte wieder. Das Klopfen wurde zu einem lauten Hämmern. Das Türblatt erzitterte unter den Schlägen.

Wir zogen uns in Richtung unserer Brücke zurück. Die Tür erzitterte ein letztes Mal, dann flogen uns die Teile von Chauffers provisorischem Türschloss wie Wurfgeschosse entgegen. Der zwei Meter Goliath, der Josh und die halbe Lobby erschlagen hatte, stürmte aus der Dunkelheit.

Chauffer stieß einen Schrei aus und rannte los. Die Bewegung erregte die Aufmerksamkeit der Kreatur. Goliath begann, ihn über das Dach zu hetzen. Der Zombie bewegte sich zwar deutlich langsamer als gestern, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis er seine Beute greifen würde. Chauffer schlug einen Haken. Goliath stellte sich ihm in den Weg. Er sprang vorbei. Der Hüne bekam ein Bein zu fassen und riss Chauffer zu Boden. Chauffer legte eine Bauchlandung hin, rollte sich auf den Rücken und fuchtelte wild mit dem Stuhlbein herum. Er landete nicht einen Treffer bei dem Monster.

Kyle und ich näherten uns dem Riesen. Ich zog den Hammer aus meinem Gürtel. Kyle machte ein Zeichen. Wir sprangen und rammten dem Hünen unser gesamtes Gewicht in den Rücken. Goliath ging zu Boden. Chauffer krabbelte weg. Der untote Riese strampelte und warf mich zur einen und Kyle zur anderen Seite. Ich prallte gegen die Treppenhaustür. Der dumpfe Aufschlag presste mir die Luft aus der Lunge. Schwärze kroch in meinen Kopf. Ich kämpfte darum, die Augen offenzuhalten. Durch den Schmerz verschwamm mir die Sicht. Alles wurde dunkel.

Ich war wahrscheinlich nur einen Moment bewusstlos. Dann kam ich wieder zu mir und sah Kyle triumphierend über der Kreatur stehen. Die Eisenstange ragte aus dem Schädel heraus. Ich hatte Kyles tödlichen Stoß verpasst.

Er grinste.

Für Kyle war es leicht. Er kannte den Tod gut.

Wir hörten Getrampel aus dem Treppenhaus. Viel Getrampel. Die Zombies waren auf dem Weg zu uns. Kyle und ich schauten uns an und dann schoss unser Blick in Richtung Parkhaus. Chauffer hatte es eilig, über die selbstgemachte Brücke zu kriechen. Der Bastard ließ uns einfach zurück.

Kyle griff meine Handgelenke und zog mich auf die Beine. Meine Knie pochten immer noch heftig. Nichtsdestotrotz rasten wir zur Brücke. Das Türblatt knallte gegen die Wand und wurde aus den Angeln gerissen. Drei von den Kreaturen schnitten uns den Weg ab. Das Dach schien plötzlich unendlich klein zu sein. Ich erkannte unsere Zombiefreunde aus der Lobby: der einarmige Hausmeister und zwei weitere namenlose Leute in blutbesudelten Anzügen aus meiner Abteilung. Sie mussten die ganze Nacht damit verbracht haben, uns zu suchen und herauszufinden, wie man die Treppe heraufsteigt.

Kyle schoss an den Kreaturen vorbei quer über das Dach auf die Brücke zu; ich war direkt hinter ihm. Der einarmige Hausmeister grapschte wild nach meinem Bein. Ich warf Chauffer einen hilfesuchenden Blick zu. Er hockte auf dem Parkhaus – in Sicherheit. Chauffer beobachtete uns, wie wir versuchten, auf die andere Seite zu klettern. Er rührte keinen Finger. Dann sah ich es in seinen Augen. Für den Bruchteil einer Sekunde sah ich es in seinen Augen blitzen. Er wollte nur seinen eigenen Arsch retten.

Chauffer setzte seine Idee in die Tat um. Er griff über den Mauervorsprung und packte die Metallstreben des Sendemastes. Er rüttelte und zog daran. Das Schwein wollte die Brücke vom Parkhaus herunterheben.

Kyle schrie ihn an, aber Chauffer zögerte nicht einmal kurz und hob den Sendemasten erneut an. Ich fühlte einen Ruck an meinem Bein. Ich griff zum Hammer, wirbelte herum und grub die Nagelklaue tief in den Kopf des Hausmeisters.

Kyle war gerade an der Brücke angekommen, als diese seitwärts kippte und herunterfiel. Das Ende am Parkdeck schnellte nach oben und erwischte Chauffer direkt an seiner Halbglatzenstirn. Er stolperte rückwärts, Blut rann ihm übers Gesicht.

Kein tödlicher Schlag, aber es würde eine höllische Narbe hinterlassen. Er hielt seinen Kopf, drehte sich um und rannte in die Tiefen des Parkhauses.

Zurückblickend auf diesen Moment lässt sich Folgendes sagen: Wenn wir ihm nicht geholfen hätten, wenn wir ihn hätten sterben lassen, dann hätten wir viel Leid verhindern können.

Kyle und ich hörten Schritte, viele von ihnen hallten aus dem Treppenhaus zu uns hinauf. Ich sah zu Kyle herüber. Es war, als würde ich seine Gedanken lesen können. Ich nickte ihm knapp zu. Wir gingen zwei Schritte zurück und spurteten dann auf die Lücke zu, die uns vom Parkhaus trennte.

Im Angesicht des Todes tut man wohl alles, um zu entkommen. Egal, wie selbstmörderisch es ist.

Mein rechter Fuß landete auf dem Dachvorsprung und ich wendete meine ganze Kraft auf, um mein Bein zum Sprung durchzudrücken. Selbst in der Luft konnte ich die Kreaturen hinter mir schreien hören; nah genug, dass ich sie in meinem Nacken spürte. Die Schreie wurden leiser und es hörte sich an, als würden die Kreaturen den Sprung auf die andere Seite nicht schaffen, sieben Etagen nach unten fallen und auf dem Bürgersteig aufschlagen.

Schmerz schoss durch mein Knie, als mein Fuß das Dach des Parkhauses berührte. Mein Bein knickte weg und ich begann zu taumeln. Ich hatte den wahnwitzigen Sprung geschafft. Jetzt war keine Zeit für Schmerzen. Am ganzen Körper zitternd, kam ich wieder hoch. Außer einigen Schürfwunden war ich unversehrt.

Schwer atmend hielt ich Ausschau nach Kyle. Oh, scheiße! Er war nicht bei mir. Ich befürchtete das Schlimmste und warf einen Blick zurück auf das Hausdach. Eine Schar von ihnen war nun dort und einige der Kreaturen versuchten, herüberzuspringen. Ich sah, wie einer der Toten einen riesigen Satz nach vorne machte. Er kam aber nicht wirklich vom Fleck. Sein Schädel zerschellte an der Zementmauer. Blut schoss über das Parkhausdach und spritzte auf meine Schuhe. Ich stolperte ein paar Schritte rückwärts. Genau in diesem Moment hörte ich eine angestrengte Stimme, die rief: »Zieh mich hoch!«

Ich rannte zum Sims, spähte darüber und sah, wie Kyle an den Fingerspitzen dort hing. Ich ergriff seine Arme und hievte ihn hoch. Er war ein ganz schön schwerer Bastard. Offensichtlich war ihm eine der Kreaturen nah genug gekommen, um ihn vor seinem Sprung zum Stolpern zu bringen.

Ich sah zu einer Tür herüber, die zum Aufgang des Parkhauses führte. Dabei rieb ich mir das Bein und spürte eine kleine Glasscherbe, die sich in meinem Oberschenkel eingenistet hatte. Ich zuckte zusammen, als ich mir die Scherbe aus dem Fleisch zog. Mit einem Klirren fiel sie zu Boden. Dann kramte ich die Schlüssel des Hummers aus der Tasche. Wir hatten keine Zeit zu verlieren. Die Armee der Toten war uns dicht auf den Fersen.

»Wenn wir hier nicht rauskommen, bevor sie das Parkhaus umstellt haben, werden wir es nicht schaffen!«, knurrte ich zwischen den Atemzügen.

Kyle konnte nicht widersprechen.

Wir atmeten beide tief durch und nahmen uns einen Augenblick Zeit, um das Parkdeck nach Untoten abzusuchen. Ich erzählte Kyle, dass sich das Auto meines Ex-Bosses im Erdgeschoss auf einem VIP Parkplatz befinden würde. Vorsichtig eilten wir zur Treppe am hinteren Ende des Parkdecks und stiegen die Stufen hinab.

Als ich die Tür des Treppenhauses im Parterre öffnete und auf die Parketage lugte, flüsterte ich Kyle zu, dass nur wenige von ihnen hier herumstolpern. Er nickte schwach, huschte in das Parkhaus und rutschte schnell hinter eines der Autos. Meine Hände zitterten in der Dunkelheit. Wir manövrierten uns von Auto zu Auto durch das Parkhaus und wichen ein paar Kreaturen aus, die ihren Weg in die Tiefen des überdachten Parkplatzes gefunden hatten.

Der Hummer war in Sichtweite. Es war ein imposantes, gelbes Biest. Entworfen, um jedermanns Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Bevor die Gaspreise durch die Decke geschossen waren und es unpopulär wurde, mit solchen Autos rumzufahren, fand man diese Dinger überall auf den Parkplätzen der Dance-Clubs. Sie waren Statussymbole. Mein Boss hatte diesen mit einem erhöhten Führerhaus und übergroßen Reifen herausgeputzt.

Wir krabbelten neben den Hummer. Ich tastete nach dem Türgriff, zog meine Hand zurück und fühlte Panik, die von mir Besitz ergreifen wollte. Ich musste einige Male schlucken. Staub von dem eingestürzten Gebäude war in meine Kehle geraten.

»Wenn ich den Wagen mit dem Schlüssel entriegele, wird sich wahrscheinlich der Alarm einschalten. Wenn ich die Fernbedienung benutze, wird es ebenso hupen«, flüsterte ich rau.

Kyle wog beide Möglichkeiten sorgsam ab.

»Versuch den Schlüssel.«

Ich warf ihm einen besorgten Blick zu.

»So oder so«, fügte er hinzu, »mach dich darauf gefasst, dass wir schnell sein müssen.«

Mit zitternder Hand schob ich den Schlüssel ins Schloss und bewegte ihn behutsam im Uhrzeigersinn. Ein penetrantes Geräusch hallte durch das Parkhaus. Jeder Zombie im Umkreis von drei Blocks würde es hören können. Ich sprang hoch und glitt auf den Fahrersitz. Kyle sprang auf die Beifahrerseite zu. Ich schlug auf den Knopf, der die Tür entriegelte. Der schrille Alarm verstummte endlich, als ich den Schlüssel in die Zündung steckte.

Bevor Kyle seine Tür zuschlug, konnten wir einige der Kreaturen im Parkhaus schreien hören. Sie kamen, um uns zu holen.

Als ich den Schlüssel umdrehte, erwachte alles im Hummer zu Leben. Das Navigationssystem, die Heizung, die Sitze bewegten sich automatisch nach vorne. Ich sah, wie das Symbol für die Sitzheizung aufleuchtete.

Eine wirklich heiße Karre …

Die Stereoanlage ging auch an und verblüffte uns beide. Ein paar Zeilen von Amerikas Lieblings-Pop-Prinzessin klangen durch die Lautsprecher, bevor ich die Anlage ausstellte und ein nervöses Lachen herausließ.

Wir erfuhren später, dass viele Menschen bei ihrer Flucht zu den Radiostationen starben. Die Radiosendungen gaben ihnen Hoffnung, waren ein leitendes Licht. Wahrscheinlich dachten die Leute, dass die Sendezentren ihnen Zuflucht gewähren würden, aber die meisten Sender in New York waren auf Aufzeichnungen umgestellt worden, als die Leichen im Leichenschauhaus sich aufrichteten. Verdammter Geschäftssinn. Niemand wollte die Werbeeinnahmen verlieren. Ich frage mich, ob sie überhaupt ahnen, wie viele Leute sie dadurch getötet haben.

Einer der Zombies rannte in die Seite des Wagens, dann folgte ein weiterer. Automatisch schlug ich mit der Hand nach unten, um die Türen zu verriegeln.

»Rückwärtsgang!«, schrie Kyle. Er drehte sich herum, um besser sehen zu können.

Ich legte den Gang ein und stampfte aufs Gaspedal. Der Wagen brach mit quietschenden Reifen aus. Das linke Hinterrad ging hoch, stürzte dann wieder herab. Ich erkannte, dass wir einen Zombie überrollt hatten. Ein anderer hing auf der Kühlerhaube, genau unter dem Scheibenwischer. Er klammerte sich an der Antenne fest.

Fahr! Fahr! Fahr! Das hörte sich in meinem Kopf wie eine zu schnell abgespielte, verkratzte CD an.

Ich bog um die Ecke, zog die Handbremse. Der Hummer schlitterte und das Biest flog in einen geparkten Honda Civic. Ich beschleunigte weiter. Um Sackhaaresbreite nahm ich die letzte Kurve. Die Schranke splitterte weg. Dann schossen wir über die Zufahrtsrampe nach draußen. Ich fühlte mich leicht benommen und hoffte, dass die Straßen nicht so sehr durch querstehende Fahrzeuge blockiert waren, wie es vom Dach aus schien.

Meine Hoffnungen wurden enttäuscht. Zu allem Überfluss näherte sich die Armee der Toten. Sie war nur ein paar Blocks entfernt sichtbar.

Der Motor heulte auf, als wir auf die Straße einscherten. Die Zombies rissen ihre Köpfe aus den gesplitterten Seitenfenstern der Autos. Sie gierten uns mit blutverschmierten Mäulern an. Ich gab Gas. Es musste mit dem Hummer klappen, denn es gab eindeutig zu viele Zombies, um es zu Fuß zu schaffen.

Ein Schulterblick verriet mir, dass einige sehr schnelle Zombies aufschlossen.

Ich hämmerte meinen Fuß auf das Gaspedal und stieß mit dem Hummer durch zwei verkeilte Autos, donnerte auf den Bürgersteig, direkt durch eine kleine Gruppe Untoter. Ihre Körper wurden über die Kühlerhaube geschleudert. Ein Kopf zerschmetterte am Frontgrill. Schwarzer Schleim floss die Windschutzscheibe hinauf, nahm mir die Sicht.

Ich fummelte an den Knöpfen herum, bis Kyle herüberlangte und die Scheibenwischer betätigte. Durch die schwarzen Schlieren, wegen denen sich einem der Magen umdrehte, sahen wir die Fähre, die noch immer am Ufer ankerte.

Das Stöhnen der näherkommenden Horde war trotz des Motorenlärms zu hören. Genau wie die Schüsse, die vom Boot widerhallten. Die Geräusche hörten wir sogar durch das dicke Glas des Hummers. Wir hatten diese Kreaturen am Arsch und wir mussten es nur noch durch einen Block dieser Scheiße schaffen. Ich konnte das grüne Gras des Parks sehen, was mich dazu brachte, noch etwas mehr zu beschleunigen.

Wir nutzten die schiere Masse des Fahrzeugs und fuhren durch einen gläsernen Busbahnhof, rissen einen Feuerhydranten um und brausten über einen Lamborghini. In vielen Autos waren die Eigentümer eingeklemmt. Sie waren gebissen worden, hatten sich in Zombies verwandelt und schafften es nicht, sich selbst abzuschnallen.

Mit einem anderen Fahrzeug hätten wir es wohl nicht geschafft. Ich muss wirklich sagen, dass der Hummer uns gerettet hat – der Hummer meines Zombie-Ex-Bosses. Ich hasse es fast, das zugeben zu müssen.

Die Reifen rumpelten über den Bordstein, als wir in den Park rasten. Ich hatte den flüchtigen Gedanken, dass ich noch nie zuvor glücklicher darüber war, Gras zu sehen, als in diesem Moment. Wir konnten eine Gruppe bewaffneter Männer in schwarzer Kleidung sehen, die am Ufer stationiert war, um die Fähre zu sichern. Sie schossen aufs Geratewohl auf jeden Toten, der sich ihnen näherte. Sie hatten einige Großkaliber-Maschinengewehre, mit denen sie die näherkommende Horde einfach niedermähten.

Wir fuhren über mehrere verkrüppelte Zombies, die völlig durchlöchert strampelnd auf dem Boden lagen, andere rammte ich mit dem Hummer einfach aus dem Weg. Einer der Schützen winkte uns herüber. Die Schützenlinie teilte sich, um den Hummer durchzulassen.

Auf der Fähre kamen wir mit quietschenden Reifen zum Stehen.

Mein Fuß drückte noch immer auf die Bremse, da hörte ich, wie eine entfernte Stimme neben mir sagte: »Parken.«

Ich bewegte mich nicht.

Kyle hob seine Hand, um meine Aufmerksamkeit zu bekommen.

»Stell das Auto auf Parken.«

Ich schob die Schaltung in den Parkmodus und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus.

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