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Der Zusammenbruch

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Am Anfang kam ich den Forderungen der Kunden auch nach, aber irgendwann konnte ich diesen Ansturm von Forderungen nicht mehr standhalten. Die Gewinne und das Angesparte gingen mittlerweile dafür drauf und irgendwann kündigte dann auch noch meine Bürokraft, weil wir nur noch bitterböse Anrufe und Briefe bekamen. Anwälte machten enormen Druck, Kunden zeigten mich wegen Betruges an und ich konnte meine Rechnungen dann auch bald nicht mehr bezahlen.

Dann kamen die ersten Mahnbescheide und mir lief es heiß und kalt den Rücken runter und ich erinnere mich noch gut, dass ich dachte „das ist nicht real, das kann einfach nicht wirklich sein“! Was dann folgte waren natürlich die Vollstreckungsbescheide, die ich folgerichtig dann auch nicht bezahlen konnte.

Eines Tages klingelte es an der Tür und als ich sie öffnete, stand der Gerichtsvollzieher da. Übrigens ein sehr netter Mensch, der aber leider seine Pflicht tun mußte.

Von da an kam er immer öfter und ich wurde immer öfter in sein Büro vorgeladen. Er fragte mich, ob ich schon mal mit meiner Frau über die doch etwas „schwierigen Situation gesprochen hätte.“ Als ich dies verneinte, empfahl er mir, das doch zu tun. Er hätte schon so einige Ehen auseinander brechen sehen, weil der Ehepartner aus heiterem Himmel vor einen Scherbenhaufen gestellt wurde und der Schock zu tief saß.

Gerichtsvollzieher und Kontopfändungen waren letztlich auch nichts Unbekanntes mehr. Dieser Absturz vollzog sich innerhalb nur eines Jahres.

Meine Frau, die Familie und auch meine Freunde wussten nichts davon. Erst später gestanden sie, dass ich mich verändert hätte und nur halbherzig bei Gesprächen oder gemeinsamen Abenden dabei gewesen wäre.

Der Druck auf mich wurde so groß, das ich erst nicht mehr ans Telefon gehen konnte und später gar nicht mehr ins Büro ging.

Meiner Frau gegenüber gab ich an, dass ich nun ein wenig mehr von zu Hause arbeiten wollte, da durch das Internet meine Anwesenheit im Büro nicht unbedingt nötig wäre. Ich habe zwar noch einige Versuche unternommen mit anderen Artikeln die Situation in den Griff zu bekommen, aber nur damit und durch ignorieren der Probleme wurde es nicht besser sondern schlechter. Ich kam mir vor wie betäubt oder geistig gelähmt und war zu keinem klaren Gedanken mehr fähig. Aus meinem Mund kamen nur noch Lügen, schließlich sollte ja keiner etwas davon erfahren. Die Angst vor dem Versagen wurde immer erdrückender und bestimmte letztlich meine Tage und Nächte. Monatelang hatte ich Schweißausbrüche, Magenschmerzen, Schlaflosigkeit, Durchfall und Angst. Ich sah alles durch einen Schleier, ständig hatte ich Hitzeattacken und einen hochroten Kopf.

All diese Symtome wurden immer schlimmer und gingen immer weiter auf den Level „unerträglich“ zu.

Die Haushaltsgeldzahlungen an meine Frau und die monatlichen Mietzahlungen an meinen Schwiegervater, dem das Haus in dem wir wohnen gehört, waren längst überfällig – zuletzt sogar im 3. Monat. Ich vertröstete beide mit verspäteten Kundenzahlungen (ich hatte jedoch seit 3 Monaten keine Einnahmen mehr), Fehler bei der Überweisung, Fehler bei den Banken usw..

Dann kam mir der rettende Gedanke: Da ich wegen meinem kleinen Sohn und meiner Frau keinen Selbstmord begehen wollte (ich war mir auch nicht sicher, ob ich das könnte), blieb nur noch ein Bankraub. Ich habe mal irgendwo gelesen, das nur die Hälfte aller Bankraube aufgedeckt würden und da sicher auch schon blödere wie ich unentdeckt blieben, ständen die Chancen ganz gut. Also nahm ich meine geerbte Schreckschusspistole, alte Schuhe zum wegwerfen, eine Sturmhaube, ein Schal, 2 Plastiktüten und ein Mantel und steckte diese Utensilien in einen alten Rucksack – meinen Bankräuberrucksack. Dann kaufte ich mir noch eine Kappe; die Sonnenbrille ließ ich erst einmal weg, das kam mir dann doch zu albern und auffällig vor.

Zuerst fing ich an verschiedene Banken auszukundschaften und legte mir Fluchtpläne zurecht.

Im Internet las ich einiges zum Thema Ringfahndung und ich dachte, das das kein Problem sein dürfte. Der schwierigste Moment dürfte wohl der Augenblick sein, in dem ich die Bank betreten würde, da ich die Maske nicht zu früh aufziehen durfte. In diesem Fall hätten Passanten ausserhalb der Bank sofort gesehen was läuft und die Polizei wäre vor Ort noch bevor ich wieder aus der Bank raus gekommen wäre.

Ich durfte die Maske aber auch nicht zu spät aufziehen, da ich dann ganz prima auf den Überwachungskameras der Bank zu sehen wäre.

Ich habe dann etwa 20 mal auf der Lauer gelegen um eine Bank zu überfallen, habe es aber dann doch nicht über mich gebracht. Dann kam der Mittwoch, an dem ich bis nachmittags einige offene Forderungen begleichen musste – Frau, Schwiegervater, Gläubiger. Ich nahm also morgends allen Mut zusammen und legte das Credo für diesen Tag fest: Bankraub bis 13 Uhr oder Tod!

Die Bank machte mittags um 13 Uhr zu und bis dahin musste ich Geld mit der Sturmhaube über dem Kopf „abgehoben“ haben. Minute um Minute verging und ich habe mich nicht getraut. Um 13 Uhr bin ich dann wie betäubt und mit der Gewissheit, dass ich nicht mehr nach Hause gehen würde und könnte in den nächsten Ort gefahren um mir ein Prepaidhandy zu kaufen (mein anderes Handy war außer Betrieb, da mir der Anbieter wegen unbezahlter Rechnungen den Hahn zugedreht hat). Meiner Frau konnte ich nicht mehr unter die Augen treten - Schamgefühl und abgrundtiefe Verzweiflung trieben mich dann in den Wald. Für mich gab es jetzt nur noch einen Ausweg: ich wollte mich erhängen……..

Ich parkte meinen Wagen auf einem einsamen Waldweg, schrieb meiner Frau eine SMS, das jetzt alles aus ist und ich nicht mehr nach Hause kommen würde. Meine Frau rief mich dann kurz darauf entsetzt und geschockt an und ich erzählte Ihr dann unter heftigem schluchzen und weinen, dass ich versagt habe und nicht nach Hause kommen würde.

Ich weiß noch genau, das Sie mich fragte WANN ich denn nach Hause kommen würde und ich ihr sagte, dass sie mich da wohl falsch verstanden hätte und ich gar nicht mehr käme.

Da hat sie erst verstanden, dass ich mit mir selbst Schluss machen wollte.

Sie redete geduldig auf mich ein und ich sagte zu ihr, dass ich erst einmal ein bisschen Zeit bräuchte. Und ich dann später käme. So irrte ich dann wie ein stolpernder Zombie durch den Wald und konnte erst keinen klaren Gedanken fassen. Ich wusste noch nicht einmal, wo ich war und wo ich mein Auto abgestellt habe. Es war ein schöner Tag mit reichlich Sonne und angenehmen Temperaturen und ich weiß noch wie ich dachte, dass ich besser an solch einem schönen Tag am Ast hängen würde wie an einem verregneten Tag.

Bei meiner Stolperei durch den Wald dachte ich ständig, das dieser oder jener Ast geeignet wäre.

Wenn meine Frau nicht mindestens drei mal angerufen hätte und mich inständig gebeten hätte nach Haue zu kommen, wo unser kleiner Sohn und sie mich bräuchten, könnte ich diese Zeilen jetzt nicht schreiben.

Nach unserem letzten Telefonat fuhr ich dann langsam nach Hause und als ich dann in Sichtweite unseres Hauses kam, sah ich das Auto meines Schwiegervaters. Da ich ihm schon 3 Monatsraten für das Haus schuldete und ihn deswegen auch belogen hatte, rutschte mir das Herz schon wieder in die Hose – unter die Augen treten konnte ich ihm unter keinen Umständen.

Ich fuhr also an unserem Haus vorbei was meine Frau und mein Schwiegervater jedoch sahen und so rief meine Frau wieder an und sagte, ich solle endlich nach Hause kommen. Ich erklärte ihr, das ich das Auto ihres Vaters vor der Tür gesehen hätte und ich vor lauter Scham unter keinen Umständen mit ihm sprechen könnte.

Da nahm mein Schwiegervater das Telefon und sagte, ich solle mir keine Sorgen machen. Er liebe mich wie sein eigenes Kind und das wir alles hinbiegen können.

Also fuhr ich nach Hause, wo meine Frau und mein Schwiegervater auf mich warteten. Ich weiß noch genau, das mein Sohn draußen mit seinem Kettcar herum fuhr.

Als meine Frau die Türe öffnete und mich in den Arm nahm, konnte ich überhaupt nicht mehr aufhören zu heulen – als wären alle Dämme gebrochen. Danach nahm mich mein Schwiegervater in den Arm und sagte noch einmal, das wir das zusammen hinbekommen würden. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu schluchzen und zu heulen. Soviel Verständnis und Rückhalt habe ich nicht erwartet.

Wir sprachen dann ein wenig, tranken einen Schnaps und mit der Übereinkunft, das wir uns am nächsten Tag über das weitere Vorgehen unterhalten würden, fuhr er dann wieder nach Hause.

Insolvenz – das Ende?

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