Читать книгу Menschenseelen Teil 3 - Afarit - - S. N. Stone - Страница 7
4. Kapitel
ОглавлениеJenna wurde wach, weil sie Durst hatte, und stand auf. Sie verzichtete darauf ihre Nachttischlampe anzuknipsen und ging vorsichtig in die Küche, um sich etwas aus dem Kühlschrank zu holen. Im Wohnraum spendete die Hofbeleuchtung ein wenig Licht. Sie schaute durch den Raum und nahm eine Bewegung in der Ecke wahr. Jen trank einen Schluck aus der Wasserflasche und stellte sie wieder weg.
Sie ging zu Danjals Matratze und legte sich neben ihn. Sie musste drängeln, es war eng. Er rutschte und sie lag nun dicht bei ihm.
„Du bist ganz schön launig?“, stellte sie fest.
„Was bin ich?“, brummte er, ohne die Augen zu öffnen.
„Launisch! Launisch und arrogant.“
Nun schaute er sie an. „Arrogant, damit kann ich leben. Launisch? Ich bin doch kein Weib.“
„Sind denn nur 'Weiber' launisch? Was soll dieses Wort eigentlich?“
„Weib ist ursprünglich in gehobener Sprache der-“
„Schon gut.“ Sie konnte es nicht genau sehen, vermutete aber stark, dass er grinste. „Macho!“, sagte sie, dann genoss sie es einfach nur seinen Körper zu spüren.
Er hat deine Schwester … Ich weiß!!! Und ich seine!
„Wie grausam“, murmelte Jenna.
Danjal kam zu ihr.
„Was ist?“, fragte er, und warf einen Blick, über ihre Schulter, in die aufgeschlagene Zeitung.
„Da ist eine Frau in ihrer Wohnung bei lebendigem Leib verbrannt.“
„Sehr schmerzhaft, kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen.“
Jen bekam eine Gänsehaut. Ja, man hatte ihr erzählt, dass man auch versucht hatte, IHN auszulöschen, indem man IHN verbrannt hatte. Aber sie hatte gedacht, das wäre nach seinem Tot gewesen.
Danjal setzte sich ihr gegenüber und zog ihr die Zeitung weg, um selber zu lesen.
„Der Abkömmling eines Afarit“, bemerkte er.
„Was?“
„Ein Afarit, ein Feuerdämon, manchmal auch Ifrit oder Efreet.“
„Du glaubst dafür ist ein Abkömmling verantwortlich?“
„Es ist wie beim großen Brand von San Francisco 1906.“
„Du meinst das Erdbeben“, sagte Elias, der gerade in den Wohnbereich kam.
Danjal schaute auf. „Das Erdbeben war Zufall. Der Brand Absicht. Der Abkömmling hatte schon den gesamten Sommer über Brände in San Francisco gelegt. Das war damals nicht schwer, denn die Hitze, der wenige Regen und die Bauweise der Gebäude begünstigten seine Taten. Er hat die Feuerwehr dadurch stark geschwächt und dann hat er zugeschlagen.“
Elias setzte sich zu ihnen. „Soweit ich weiß, gab es durch das Erdbeben Brände, die außer Kontrolle geraten sind, weil die Feuerwehr und das Militär angefangen haben Schneisen zu sprängen, um das Feuer aufzuhalten. Damit haben sie die Ausbreitung aber nur begünstigt.“
„Sie haben nicht auf die kleineren Brände reagiert, die durch das Beben ausgelöst worden waren, sondern auf die Feuerwalze, die der Abkömmling vor sich hertrieb.“
„Warst du da?“, fragte Jen.
„Nein“, Danjal schüttelte den Kopf, „ich hatte andernorts zu tun.“ Während er sprach, schaute er zu Elias, der ihn mit einem bösen Blick bedachte.
„Bist du dir sicher, dass er hier in Berlin ist?“
„Nein, bin ich nicht. Aber ich vermute es stark. Ich sehe die Dinge anders als ihr.“
„Und wenn du recht hast?“
„Dann ist das erst der unbedeutende Anfang.“
Das mit Andrea tat ihm leid, irgendwie. Er hatte sich bei ihr und mit ihr eigentlich ganz wohl gefühlt und geplant, die Zeit, bis zum Ende hier in Berlin, mit ihr zu verbringen und sie erst dann zu töten. Aber Selbstkontrolle war nicht seine große Stärke.
Aidan hatte sich in ein leer stehendes Haus zurückgezogen, kampierte hier mit einem Schlafsack in einem der heruntergekommenen, dreckigen Zimmer. Er würde sich eine neue Frau suchen müssen, denn noch war es nicht an der Zeit, noch musste er sich wenigstens ein bisschen beherrschen.
Wer war da? Er konnte Stimmen hören, sie waren vor dem Haus.
„Hübsch!“, sagte ein Mann.
„Warte erst einmal ab!“, antwortete ein anderer.
Dann wurde die Tür aufgeschlossen. Aidan verzog sich in das Dunkel einer Ecke und lauschte …
Die Tür klemmte und Elias hatte einige Mühen sie zu öffnen. Als sie schließlich quietschend aufging, betraten sie beide eine muffige, staubige Eingangshalle, in die nur wenig Licht fiel, da die Fenster mit Brettern zugenagelt worden waren. Der Jäger bemühte sich das Licht anzuschalten, aber es geschah nichts.
„Scheiße“, brummte er, „letztes Mal hat es funktioniert!“
Danjal ging an ihm vorbei, stellte sich in die Mitte der Halle und schaute sich um.
„Ja, du hast recht, etwas Staubwischen, ein bisschen Farbe an die Wände, die elektrischen Leitungen in Ordnung bringen, ein wenig Deko und es wäre ganz wunderbar.“
Elias, der noch immer am Lichtschalter herumhantierte, hielt in der Bewegung inne und schaute zu ihm.
„Ist das dein Ernst?“, fragte er.
Danjal sah ihn an „Nein!“
„Arschloch!“
„Ich weiß!“ Er grinste. „Elias, das kannst du nicht wirklich in Erwägung ziehen!“
„Doch das kann ich.“ Er kam ein Stück auf ihn zu. „Als ich dich gebeten habe mich hierher zu begleiten, habe ich in erster Linie an Jenna gedacht. Sie fühlt sich in dem Loft nicht wohl. Aber, und ich muss gestehen, dass es mich fast anwidert, es zu sagen, auch an dich. Wenn du bei uns bleibst, ist das Loft keine gute Lösung. Hier gibt es ausreichend Zimmer.“
Danjal musste lachen. „Ja genau, weil du dich sooo um mich sorgst. Wohl eher, weil du Angst vor dem hast, was ich mache, wenn ich nicht bei euch bin.“
„Dann mach es halt für Jenna!“
„Wie bewandert bist du denn, was Haussanierung und Gartenlandschaftsbau angeht?“, fragte er amüsiert.
„Überhaupt nicht.“
„Siehst du, ich auch nicht. Wie willst du das hier bewerkstelligen?“
„Du hast ja nicht unrecht, aber lass uns das Haus anschauen, vielleicht finden wir eine Lösung.“ Danjal atmete tief ein und verdreht die Augen. „O.K., ich suche den Sicherungskasten, vielleicht sieht bei Licht nicht alles so schlimm aus.“
Die beiden Männer waren weg und Jenna genoss die Ruhe. Sie holte einen Schuhkarton heraus, in dem sie ein paar von Lauras Fotos aufbewahrte. Sie hütete diese Bilder wie einen kleinen Schatz. Jen setzte sich mit ihnen auf die Feuertreppe und sah sie sich an.
Es waren einige wenige Auftragsaufnahmen, ansonsten private. Jenna hatte Tränen in den Augen, als sie sich die Fotos ansah, auf denen auch sie selbst in die Kamera lachte. Sie hatte so viel mit ihrer Schwester lachen können. Es waren unbeschwerte Zeiten gewesen. Sie hatten geglaubt die ganze Welt würde ihnen offen stehen, und dann war ER in ihr Leben getreten.
Sie kramte in dem Karton, suchte etwas ganz Bestimmtes, und dann hielt sie die Aufnahmen in der Hand, die Laura von Danjal gemacht hatte. Jen betrachtete sie lange.
Was machte dieser Mann mit ihr?
Jenna schaute auf, als sie das Zuschlagen mehrerer Autotüren auf dem Hof vernahm. Sie legte die Fotos zurück und beugte sich über das metallene Geländer, um hinunterzusehen. Zwei schwarze Limousinen standen am gegenüberliegenden Gebäude, acht Männer stiegen aus und schauten sich um. Einen erkannte sie, es war Karl Brent, der Älteste der Arsaten Berlins. Die anderen mussten Jäger sein, was wollten sie hier? Jen runzelte die Stirn, dann griff sie den Schuhkarton und kletterte eilig in die Wohnung.
Sie war gerade dabei Danjals Sachen verschwinden zu lassen, als es klopfte. Mist, alles hatte sie nicht in ihrem Schrank verstecken können und auch die Matratze lag noch da. Jen strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, richtete ihre Kleidung und öffnete die Tür.
Der Älteste saß ihr am Tisch gegenüber und ließ seinen Blick, während sie sich unterhielten, durch den Raum schweifen.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte er und trank einen Schluck Kaffee.
„Sehr gut, danke.“
„Ich habe von dem Angriff auf Sie gehört. Eine Schande, dass es genau vor dem Palais geschehen ist.“ Er schüttelte den Kopf.
„Es ist alles gut gegangen, Elias war ja da.“
Karl Brent nickt und stellte die Kaffeetasse ab. „Darf ich Ihre Toilette benutzen?“
„Natürlich, die Stufen rauf und dann geradezu.“
Der Älteste ging und ließ sie mit den beiden Jägern, die mit in das Loft gekommen waren, alleine. Die anderen waren unten geblieben. Jenna lächelte den Männern unsicher zu.
Karl Brent brauchte ziemlich lange, und als er zurückkam, war sie sich sicher, dass der Toilettenbesuch nur ein Vorwand gewesen war, sich hinten umzusehen.
„Haben Sie Besuch?“, fragte er und deutete auf Danjals Matratzenlager.
Mist! „Ja, äh ein alter Freund ist ein paar Tage in der Stadt und schläft hier bei uns.“
Brent nickte verständnisvoll.
„Ich muss mich jetzt leider von Ihnen verabschieden, weitere Termine“, entschuldigte er sich und reicht ihr seine Hand. „Bitte richten Sie Elias aus, dass er sich melden soll. Ich habe ihn seit diesem Tag im Palais nicht mehr gesehen oder gehört.“
Jenna nahm seine Hand und sagte: „Ich werde es ihm bestellen. Danke für Ihren Besuch.“
„Ich gehe in den Keller, vielleicht ist der Sicherungskasten dort“, hörte er einen der Männer sagen und der andere stand plötzlich in dem Zimmer, in dem er sich aufhielt. Es war ein Jäger, Aidan konnte es spüren. Ob er gekommen war, um nach ihm zu suchen? Der Mann hatte ihn offensichtlich noch nicht entdeckt, denn er schaute ziellos durch den Raum. Aidan trat aus dem Halbdunklen des Zimmers heraus. Er musste den ersten Schlag austeilen, sonst würde es böse für ihn enden, Jäger waren gefährlich!
Danjal hatte den verdammten Kasten am Ende der Kellertreppe gefunden und die herausgesprungene Hauptsicherung wieder eingedreht. Scheiße, diese Hütte war so schäbig, er hatte es satt, wollte endlich wieder eine vernünftige Unterkunft!
„Jetzt müsste es funktionieren, probiers mal aus“, rief er und stieg die Treppe wieder hinauf.
Er bekam keine Antwort. Danjal runzelte die Stirn, hier stimmte etwas nicht! Hier war noch jemand und es war kein Mensch!
Bei allen Dämonen der Hölle! Dieser Jäger war stark, sehr stark. Aidan hatte beobachtet, dass er humpelte und geglaubt, er würde ein leichter Gegner sein, aber er hatte sich getäuscht. Er machte es Aidan unmöglich, sein Feuer auf ihn zu schleudern.
Sie standen einander gegenüber, der Jäger mit gezogener Waffe, er in Flammen stehend. Wenigstens reichte seine Kraft aus, zu verhindern, dass er schoss, um ihn zu töten und dann festzusetzen, bis eine von diesen bescheuerten Auserwählten ihn vernichten konnte. Aber Aidan wusste nicht, wie lange er das noch schaffen würde.
Er hatte ganz plötzlich vor ihm gestanden. War aus dem Halbdunklen des Zimmers vor ihn getreten. Elias hatte seine Waffe gezogen und seinen mentalen Schutz aufgebaut. Der Abkömmling war stark, sehr stark. Keiner von diesen niederen Kreaturen. Sie standen einander gegenüber, er mit der Pistole in der Hand, der andere in Flammen stehend. Elias kämpfte gegen die Kraft des Abkömmlings an. Er schaffte es nicht abzudrücken, aber er verhinderte, dass dieser Dämonen-Sprössling ihn mit seinem Feuer verbrannte. Wie lange er das noch schaffen würde, wusste er nicht.
Jäh wendete der Abkömmling seinen Blick von ihm ab und starrte an ihm vorbei. Elias sah Angst in seinen glühenden Augen aufflackern, die Erleichterung wich.
„Ich kenne dich, du bist der Sohn Liliths“, sagte der Feuerdämon, so als würden sie hier nicht gerade ums Überleben kämpfen. „Gut, dass du da bist, du musst mir helfen“, bat er.
Danjal stand hinter ihm, er spürte seinen Atem. Elias bekam eine Gänsehaut, obwohl es in dem Raum glühend heiß war.
„Der Jäger ist stark! Hilf mir!“
Auch Elias kam an den Rand seiner Kräfte, er hätte die Hilfe Danjals benötigt, aber der tat nichts. Er konnte nicht mehr, seine Hand mit der Waffe begann zu zittern. Er musste gegen den Abkömmling …
„Danjal!“, flüsterte er und hoffte, dass der ihn bei dem tosenden Geräusch, das die Flammen von sich gaben, hören würde.
Und Elias hoffte, dass der Sohn der Lilith sich für die richtige Seite, für die gute Seite entscheiden würde.
Der Jäger war für einen Moment abgelenkt. Aidan nutzte diese Chance und schleuderte ihm sein Feuer entgegen. Der Sohn der Lilith reagierte, jedoch anders als Aidan es vermutet hatte; er stellte sich blitzschnell vor den Arsaten, packte ihn und stieß ihn zu Boden. Die Flammen verfehlten ihre volle Wirkung.
Er setzte noch einmal nach, ließ die Flammen auflodern und sie ergriffen die Kleidung des Jägers. Der andere drehte sich zu ihm um. Ganz kurz trafen sich ihre Blicke und Aidan wusste, er würde ihm nicht helfen. Liliths Abkömmling machte eine Bewegung mit dem Arm und er wurde gegen die Wand geschleudert. Er wartete auf seinen Tod, aber der andere zögerte. Dann fühlte er eine unsichtbare Hand, die nach seinem Herz griff. Sie drückte es zusammen, sodass eine Enge in ihm entstand, die ihm die Luft nahm. Er versuchte sich zu wehren, brachte alles auf, was noch an Kraft und Willen in ihm war. Für einen Moment glaubte er, eine Chance zu haben, doch flirrende, weiße Punkte tauchten vor seinen Augen auf, er röchelte, nun würde das Ende kommen.
Dann ließ der Druck nach.
Er schaute dem Erstgeborenen in die Augen, die ihn klar und rein, hellgrau fixierten. Verschwinde!, vernahm er die tonlosen Worte seines Gegenübers nur in seinem Kopf. Aidan schluckte schwer.
„Du bist ein Verräter!“, flüsterte er und floh.
Das Zimmer stand in Flammen. Gierig erfassten sie alles, was sich ihnen in den Weg stellte, um sich den Weg durch das Haus zu bahnen und es zu verschlingen. Der Rauch brannte in den Augen, in der Lunge. Das alte Gemäuer bot ihnen genug Nahrung.
Sie mussten hier raus! Danjal hockte sich zu Elias, der noch am Boden lag. Er war verletzt und hatte offensichtlich starke Schmerzen.
„Wir müssen hier verschwinden!“
Er wollte ihn auf die Beine ziehen, aber der Arsate schlug seine Hand weg.
„Nimm deine Finger von mir!!“
Mühsam versuchte er aufzustehen. Danjal griff ihm unter die Arme, um zu helfen. Elias schwankte bedrohlich.
„Ich schaff das alleine Danjal!“, sagte der Jäger.
Ihnen blieb nicht mehr viel Zeit. Er wollte …, aber Elias ließ es nicht zu.
„Du hast gezögert und du hast ihn laufen lassen, ich vertraue dir kein Stück!“
Er war kaum in der Lage einen Fuß vor den anderen zu setzen, so würden sie hier beide verbrennen. Danjal verpasste ihm einen Kinnhaken und fing ihn auf, bevor er erneut zu Boden gehen konnte. Schlaff hing Elias Körper in seinem Arm und er schleppte ihn hinaus, wo er gierig nach Luft schnappte. Alles um sie herum lag in einem rot-orangenen Licht. Das Haus brannte lichterloh und in der Ferne waren bereits die Sirenen der Feuerwehr zu hören.