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1.3
Die Verkündigung des von Gott rehabilitierten Gekreuzigten

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Grundlage und theologischer Interpretationsrahmen dieser Überzeugung ist die jüdische Hoffnung auf die Auferweckung der Toten durch Gott, die sich, wie ausserbiblische und biblische jüdische Texte zeigen, im Ringen um Gottes Gerechtigkeit und Treue auf der Grundlage vielfältiger früherer Bilder und Aussagen der Hebräischen Bibel seit etwa 300 v. Chr. entwickelt hatte.2 Diese Hoffnung wurde zwar nicht von allen jüdischen Gruppierungen des ersten Jahrhunderts geteilt – so standen nach Ausweis der Quellen vor allem die Sadduzäer und die Samaritaner dieser theologischen Entwicklung ablehnend gegenüber –, doch hatte sie eine wichtige Basis bei den Pharisäern sowie bei den Qumran-Essenern.

Im Horizont dieser Hoffnung, dass Gott seine Gerechten nicht im Grab lässt, sondern ihnen Gerechtigkeit schafft, konnte Jesus als ein solcher von Gott auferweckter Gerechter verstanden werden. Dies zeigt sich besonders deutlich in den ältesten Formeln, die den Osterglauben ins Wort brachten. Diese versprachlichen das Geschehen fast ausschliesslich als ein Handeln Gottes an Jesus in der Grundform: «Gott hat Jesus auferweckt» (z. B. Röm 10,9). Sprachlich kann dies auf verschiedene Weise variiert werden, zum Beispiel als partizipiale Gottesprädikation («der Jesus erweckende Gott», z. B. Röm 4,24) oder als passivische Formulierung («Jesus wurde [d. h. von Gott] erweckt», z. B. 1 Kor 15,4).

Bemerkenswert ist nun, dass einige dieser alten Auferweckungsformeln behaupten, Gott habe Jesus «aus [den] Toten» – also aus einem Kollektiv – auferweckt (Röm 10,9), oder auch, Jesus sei der «Erstling der Entschlafenen» (1 Kor 15,20) |19| bzw. der «Erstgeborene aus den Toten» (Kol 1,18), dem – so die Logik dieser Aussagen – die anderen Toten folgen würden. Solche Aussagen deuten darauf hin, dass die neutestamentlichen Texte die Auferweckung Jesu im Horizont der frühjüdischen Hoffnungen als ein endzeitliches Geschehen interpretieren.3 Denn die Mehrheit der jüdischen Zeugnisse versteht die Totenauferweckung als ein Geschehen im Kontext des «Jüngsten Tages». Wenn die Freundinnen und Freunde Jesu nun behaupten, Jesus sei bereits auferweckt worden, deuten sie die Auferweckung Jesu als Teil dieser erwarteten und ersehnten endzeitlichen Ereignisse. Dies konnten sie gut mit der Reich-Gottes-Botschaft in Einklang bringen, die sie mit Jesus teilten. Jesus war davon überzeugt, dass Gott seine Herrschaft endgültig angetreten hatte und dass die Zeit erfüllt und qualifiziert war von Gottes Gegenwart. Dies hatte Jesus nicht nur in seinen Worten, sondern vor allem in immer neuen symbolischen Handlungen sichtbar und erfahrbar gemacht. Im Lichte dieser Reich-Gottes-Botschaft konnte nun die Auferweckung Jesu als entscheidende Etappe des grossen Umwälzungsprozesses der endgültigen Durchsetzung der Gottesherrschaft verstanden werden. Mit Jesu Tod war diese Reich-Gottes-Botschaft also keineswegs falsifiziert, sondern seine Auferweckung musste als eine Bestätigung dieser Botschaft und damit auch als eine Bestätigung und Rehabilitierung der Person Jesu selbst gesehen werden.

Wenn sich auf diese Weise die Reich-Gottes-Botschaft verifizierte, erhielt damit auch die gesamte vorösterliche Reich-Gottes-Praxis, die aus dieser Kraft der Gegenwart der Gottesherrschaft lebte, eine Bestätigung. Das heisst wiederum: Sicherlich sind – neben dem Glauben an die Leben schaffende Macht Gottes – auch die ermutigenden, bewegenden und lebensvollen Erfahrungen, die die Jesusgruppe zu Lebzeiten Jesu gemacht hatte, eine nicht zu unterschätzende Basis für die Formulierung des Osterglaubens. Damit hat der Osterglaube eine bedeutende Wurzel in der überzeugenden Praxis Jesu selbst. Und es ist klar: Auf diesem von Jesus begonnenen Weg sollten seine Jüngerinnen und Freunde weitergehen.

|20| Der Osterglaube, so wie er zuerst in der paulinischen Briefliteratur bezeugt ist, wird in den späteren neutestamentlichen Schriften auf vielfältige Weise ausgestaltet. In den Evangelien findet er seinen Niederschlag in den Erzähltraditionen über die Auffindung des leeren Grabes sowie über die Erscheinungen des Auferstandenen. In diesen Erzählungen spielen, dies sei wenigstens kurz erwähnt, die Frauen aus der Nachfolgegemeinschaft Jesu eine prominente Rolle. Bemerkenswerterweise verweist die markinische Erzählung von der Auffindung des leeren Grabes die Jüngerinnen und Jünger nach Galiläa (Mk 16,7). Damit kommt auch in dieser Traditionslinie die Reich-Gottes-Praxis Jesu, die in Galiläa begonnen hatte, wieder ins Spiel, und die Erzählung lädt (auch) dazu ein, auf dem von Jesus begonnenen Weg der Reich-Gottes-Praxis weiterzugehen.4

Die frühe Überlieferung zeigt zum einen, dass die Nachfolgerinnen und Jünger Jesu – entsprechend der engen Verknüpfung der Auferweckungsbotschaft mit der Reich-Gottes-Praxis Jesu – die Sache Jesu weitertrugen und seine Botschaft weiter verkündigten. Dazu sind vor allem die Traditionen der Spruchquelle Q zu nennen (vgl. Lk 10,9). Zum anderen ist eine bedeutsame inhaltliche Verschiebung zu beobachten: Ins Zentrum der Verkündigung rückt die Person Jesu selbst sowie die Tat Gottes an ihm. Verkündigt wird nun der Gekreuzigte und von Gott Auferweckte, und das heisst: die Rehabilitation des als König der Juden Hingerichteten durch Gott selbst.5 Verbunden damit sind beginnende bekenntnishafte Aussagen zur Einsetzung Jesu in himmlische Herrschaftspositionen: als «Sohn Gottes» und «Herr» (vgl. Röm 1,3–4), als «Menschensohn», der zur Rechten Gottes seinen Platz erhält (vgl. Dan 7,13; Mk 14,62) und natürlich als «Christus» bzw. «Messias», womit Jesus in die messianische Tradition Israels gestellt wurde.6

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