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Die eiserne Festung

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Nachdem wir uns dafür entschieden hatten, auf der Insel zu bleiben, trafen wir erste Vorbereitungen für unsere Verteidigung. Le, Varush und Thylion versteckten das Flugzeug und verriegelten den Hangar. Trease und Isma erhöhten die Wolkenschleier. Feru sorgte für ein paar ordentliche Wellenbildungen vor der Mauer. Zephus beobachtete sie mit Argusaugen und gab Anweisungen. Danny, Osiris, Kira, Niel, Chris und Aruna schlossen die Häuser der Familien ab und positionierten Pappfiguren in den Räumen, die man teilweise durch das Fenster sehen konnte. Es sollte den Anschein erregen, als hielten wir uns dort auf. Das sollte uns ein wenig Zeit verschaffen. Die Daniels versteckten sich im Keller der Festung. Auch wenn sie gerne mit uns gekämpft hätten, warne wir alle der Meinung, dass es besser war sie nicht zu gefährden. Tara, Elen, Udara und ich richteten in den vier Türmen Schlafecken ein. Uns allen war bewusst, dass wir den Fehler, die Tamilias Wachen gemacht hatten, nicht ebenfalls tun durften. Wir mussten die gesamte Insel jederzeit im Blick haben. Es durfte keinen Schlupfwinkel für unsere Angreifer geben.

»Hat Thylion gesagt, wieso wir die Betten hier hochholen sollen?«, fragte Elen mich. »Ich finde es ja schon ein bisschen kalt hier oben.«

»Wir müssen die Insel Tag und Nacht im Auge behalten, hat er gesagt. Garushin wird sicherlich bald einen Erkundungstrupp schicken. Darauf sollten wir vorbereitet sein«, antwortete ich. »Wir werden uns

aufteilen müssen.«

»Ich bleibe bei dir!«, erklang es von der anderen Seite des Raumes von Tara.

»Ich auch!«, fügte Elen lächelnd an. »Und Danny natürlich auch.«

Ich schmunzelte: »Das wäre schön. Aber ich vermute, die Jungs sind der Ansicht, dass wir die Stärken und Schwächen besser verteilen sollten.«

»Das ist unfair«, erwiderte Tara.

»Das ist zu unser aller Sicherheit«, flüsterte Udara. Wir drehten uns alle drei erschrocken zu ihr um. Es war so selten, dass Udara sprach, dass es mir jedes Mal eine Gänsehaut bereitete, obwohl sie eine wundervolle, sanfte Stimme hatte. Irgendwie beruhigend, aber dennoch so unwirklich.

»Aber du würdest doch bestimmt auch lieber bei deiner Schwester sein«, antwortete ich und lächelte sie an: »Wir wissen, dass die Entscheidung der Jungs richtig sein wird, aber fühlst du dich nicht auch wohler, wenn jemand bei dir ist, dem du zu einhundert Prozent vertraust?«

Udara grübelte eine Weile. Ich glaubte, sie wollte uns nicht verärgern, aber grundsätzlich hatte ich recht und das war auch ihr klar.

»Ich mag euch«, erwiderte sie schließlich. »Ich vertraue euch zu neunzig Prozent. Aber ihr könnt euch den Rest erarbeiten.« Dann lief sie mit einem geheimnisvollen und nicht zu deutenden Grinsen davon. Tara, Elen und ich blickten uns fragend an.

»Damit hätte ich nicht gerechnet«, sagte Elen, als würde

sie mit sich selbst reden. »Ich entdecke immer mehr neue

Seiten an ihr.«

»Sie kann ja richtig witzig sein«, kicherte Tara. »Unglaublich. Wir tauen sie langsam auf, Mädels«, grinste ich. Elen und Tara stimmten mir nickend zu.

Nachdem wir die Betten in den Türmen hergerichtet hatten, versammelten sich alle im Hof. Gemeinsam verschlossen wir das große Tor und blockierten es mit Holzbalken. Zephus zog sich in eins der Nester auf einem der Türme zurück und blickte in die Ferne.

»Meine Mutter wird tagsüber zusammen mit Isma und Feru Wache halten. Damit wir Zeit haben zu schlafen und uns die Beine zu vertreten«, rief Thylion in die Runde: »Ich denke nicht, dass sie uns während des Tages angreifen werden.«

»Tamilias Männer lieben die Dunkelheit«, fügte Varush bestätigen an.

»Das heißt, sie werden in der Nacht kommen. Wenn wir am wenigsten sehen?«, wollte Danny wissen.

»Ich denke schon. Sicher bin ich mir aber nicht«, antwortete Varush.

»Wir sollten auf jeden Fall wachsam sein«, entgegnete Thylion. »Wir bilden Gruppen. Eine pro Turm. Trease wird nachts unsere Wolkenbarrikade kontrollieren und verstärken. Aruna?«

»Ja, Thylion?«, antwortete sie und trat an ihn heran.

»Ich möchte, dass du bei unserer Mutter Wache hältst. Du wirst sie verteidigen, wenn sie schläft«, erklärte er ihr. Aruna nickte zustimmend und flog davon, noch bevor Danny einwandte: »Wieso entscheidest du jetzt allein? Wir haben ausgemacht, wir besprechen das in der

Gruppe.«

»Meine Mutter hat sich Aruna gewünscht«, konterte Thylion. »Ich werde ihr ihren Wunsch nicht verwehren.« Danny grummelte: »Aber den Rest entscheiden wir gemeinsam.«

»Ja, ist ja schon okay«, versuchte Thylion in zu beruhigen. Niel unterbrach die Beiden: »Das heißt drei Mann pro Turm. Die Daniels Brüder sollten sich im Keller verstecken. Mit Tamilias Männern ist nicht gut Kirschen essen.«

Woraufhin Elen sich räusperte: »Mann?«

»Oder Frau«, korrigierte Niel sich.

»Ist ja schon gut.« »Wir sollten tatsächlich erst die Männer und dann die Frauen gleichmäßig verteilen, finde ich«, fügte Osiris an.

»Das ist diskriminierend!«, konterte Elen zornig.

»Wenn es uns hilft nicht zu sterben ...«, begann Thylion seinen Satz, doch Danny unterbrach ihn: »Lass es!«

»Jetzt beruhigt euch wieder«, rügte Le die Hitzköpfe. Daraufhin trat Niel in die Mitte des Raumes und erklärte: »Ich nehme Turm Nummer vier.«

»Vier? Welcher soll das denn sein?«, hakte Thylion nach. Als ich bemerkte, dass die Jungs nun auch noch über die Ziffern der Türme streiten wollten, nahm ich mehrere herumliegende Steine und legte den Grundriss der Burg nach. Mit ein paar Stöckern legte ich die Nummern der Türme fest. So wie ich es verstanden hatte. Nummer eins direkt über den Tor. Nummer zwei unter dem Nest, in dem Zephus schlief. Nummer drei und vier nach hinten aufs Meer gerichtet. Niel nickte zustimmend, als er meine Konstruktion betrachtete und trat zum vierten Turm. »Das ist meiner!«, erklärte er daraufhin erneut und zog mich zu sich. »Hallo, hübsche Frau! Sie wollten doch bestimmt in meinen Turm!«

Dabei blickte er mich auffordern an. Ich musste lachen und gab ihm einen flüchtigen Kuss.

»Sollten wir nicht vor allem Männer an die hintere Flanke stellen?«, hakte Le nach. Woraufhin ihm Niel einen bösen Blick zuwarf.

»Er hat schon recht!«, grummelte Thylion. »Die Türme am Meer sind schwerer zu verteidigen. Ich nehme Nummer drei.«

»Aber ich wollte doch zu Cara?«, rief Tara in die Runde. »Das find ich irgendwie doof«, fügte Elen an: »Wir sind doch keine Anhängsel.«

»Jetzt kommt mal wieder runter!«, ermahnte Thylion sie. Elen wollte etwas erwidern, aber Danny unterbrach sie: »Schatz! Lass dich nicht von ihm provozieren. Wir gehen zusammen in Turm eins. Varush, du begleitest uns. Das Tor ist unsere zweite Schwachstelle, das solltet ihr nicht vergessen.«

»Dann solltest du aber deine Frau zu Hause lassen!«, brüllte Thylion plötzlich. Danny stürmte daraufhin auf ihn zu und brachte ihn mit einem lauten Krachen zu Fall: »Reiß dich gefälligst zusammen! Nur weil du keine hast, brauchst du jetzt nicht auf dicke Hose machen.«

Thylion wandte sich unter ihm: »Geh runter von mir!« Danny drückte ihn weiter zu Boden: »Erst wenn du dich endlich beruhigst und die Klappe hältst.«

Thylion stieß ihn mit seiner Faust gegen den Bauch,

sodass Danny vor Schmerz zur Seite zuckte: »Ich werde ja wohl mal meine Meinung sagen dürfen. Frauen sind nun einmal schwächer als wir. Und eine Frau in deiner Nähe zu haben, die dich liebt, macht dich noch schwächer.«

»Elen und ich sind das perfekte Kämpferteam. Keiner kann meine Gedanken so gut lesen wie sie«, konterte Danny wütend. »Du solltest vielleicht erst fragen, wieso ich so entschieden habe, bevor du lospolterst.«

Thylion schluckte. Er hatte nicht an die Möglichkeit gedacht, dass Danny und Elen bereits zusammengekämpft und sie sich vielleicht sogar im Kampf und nicht nur in der Liebe als gutes Team erwiesen hatten. Als Danny Thylions Blick bemerkte, erhob er sich wieder und half ihm auf. Dann räusperte sich Thylion: »Ich werde es versuchen.«

Wir anderen waren wie erstarrt. Die Anspannung in uns machte nun auch nicht mehr davor halt, dass wir uns gegenseitig angriffen. Das musste aufhören.

Tara trat leise neben mich: »So ganz richtig ist das ja nicht.«

»Was?«, flüsterte ich.

»Naja, dass er alleine ist.«, kicherte Tara. »Du weißt schon. Er und Chris.«

Woraufhin Chris, die ein paar Meter neben uns stand, ganz rot wurde und begann mit den Füßen zu scharren. »Was ist los mit dir, Chris?«, wollte Danny daraufhin von ihr wissen. Aber noch bevor Chris sich überlegt hatte, was sie antworten wollte, erlöste ich sie: »Ich denke, es wäre gut, wenn Thylion Osiris und Chris mit in den Turm nimmt. Dann nehmen wir Le mit und alle drei wichtigen Türme sind mit starken Kämpfern belegt. Tara, Kira und Udara könnten dann Aruna und Zephus unterstützen.« Ich blickte fragend in die Runde, ob alle damit einverstanden waren. So richtig begeistert waren Kira, Tara und Thylion nicht, aber der Rest überstimmte sie. Der Großteil zog sich daraufhin in unsere bisherigen Schlafzimmer zurück und holte ein paar zusätzliche Kissen und Decken, bevor sie in ihre Türme verschwanden.

Chris trat für einen Moment an mich heran: »Danke.«

Ich lächelte sie zufrieden an: »Gern geschehen. Aber vielleicht solltet ihr Osiris einweihen, bevor er aus allen Wolken fällt.«.

Dabei zwinkerte ich ihr aufmunternd zu. Chris verließ mich grübelnd. Ich war mir bis zu diesem Moment immer noch nicht sicher, ob wir wirklich recht hatten. Lief da nun etwas zwischen ihr und Thylion oder nicht? Als wollte er mir meine heimliche Frage beantworten, stand plötzlich Thylion neben mir: »Warum nicht gleich so. Du sagst, wo es langgeht und alle folgen dir. Das wäre viel einfacher als dieses Gequatsche.«

»Finde ich nicht«, antwortete ich: »Deine Nerven sind mit dir durchgegangen. Du solltest versuchen, etwas runterzukommen. Wir wollen alle dasselbe. Führ dich nicht so auf, als wären wir alle gegen dich.«

»Seid ihr doch irgendwie ...«, murmelte er daraufhin. »Meinst du wegen Chris?«, hakte ich vorsichtig nach. »Etwa nicht?«, antwortete er zögernd.

Ich schmunzelte: »Ich habe überhaupt nichts dagegen. Im

Gegenteil, ich finde es wundervoll, dass ihr euch gefunden habt. Die Liebe ist etwas Wundervolles.«

Von Weitem sah ich Niel nach mir winken. Er rief mich zu sich. »Ich muss in meinen Turm!«, sagte ich daraufhin zu Thylion und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter.

»Vor uns solltest du keine Angst haben«, fügte ich im Gehen an. »Vielleicht eher vor ihrem Vater, wenn er es herausbekommt.« Ich sah noch im Weggehen, wie Thylion bei dem Gedanken an Daamien ein kalter Schauer über den Rücken lief. Ich konnte mir das Grinsen nicht verkneifen. Die Vorstellung, wie Daamien darauf reagieren würde, war irgendwie verlockend.

Kind der Drachen - Vergangenheit oder Zukunft?

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