Читать книгу Kiosk - Sabine Werz - Страница 5

Prolog

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Da gibt es nichts zu erzählen, würde der Antiquar sagen und den Walkürenritt auflegen. Bei geöffneten Fenstern, damit der ganze Kattenbug es hört. Trostlose Drecksgasse, verrottete. Das macht er so, seit Jakob tot ist, dem der Kiosk unten im Haus gehört hat. Fünf-, sechsmal am Tag die knisternde Schallplatte, manchmal tief in der Nacht.

Er hat deswegen auch schon vor Gericht gemußt, aber der Richter hat entschieden, daß das fünfmalige Abspielen des Walkürenritts keine Lärmbelästigung ist. Er hing der Theorie an, daß schlechte Filme junge Menschen auf die schiefe Bahn bringen, Wagner hingegen zur Besserung des moralischen Gesamtgefüges beiträgt.

Was schon am Abend nach Einstellung des Verfahrens, als der Antiquar erneut den Walkürenritt spielt, widerlegt wird. Der alte Grimmkopf hat die Lautsprecher außen auf die Fenstersimse gestellt. Es ist halb acht, und die Walküren reiten mit vollem Orchesterschall auf die gegenüberliegende Hausfassade zu, prallen ab und reiten donnernd, wie mit verdoppelter Wut zurück und immer so hin und her. Der Antiquar steht seitlich zum geöffneten Fenster und dirigiert Schatten an die Wand. Wenig später fliegen Steine, treffen die schräg stehenden Scheiben, Glas zerklirrt, und ein Splitter verletzt den Antiquar über der linken Braue.

»Pech gehabt, alter Dickschädel«, grölen die Steinwerfer und geben Fersengeld, als unten im Haus die Tür vom Kiosk aufgeht. Kwiatkowski baut sich im Türrahmen auf und schreit »Wichser« in die dämmrige Gasse. Auch nur ein Maulheld, findet der Antiquar und schlägt die zerschmissenen Fensterhälften so hart zu, daß Glas auf Kwiatkowski runterregnet, der ganz freundlich nach oben schaut.

Trotzdem. Drecksgasse, verrottete. Der Antiquar hebt behutsam den Arm des Plattenspielers, sucht eine Rille, setzt präzis die Nadel auf. Die Walküren nehmen erneut Anlauf. Auf dem Stück Gasse, wo der Antiquar wohnt, hoch oben im Giebel eines schmalen Backsteinhauses, ist der Kattenbug tatsächlich verrottet. Eine alte Gasse. So alt, daß nur die wenigsten Anwohner wissen, warum sie so heißt. Sie wissen nur, was es heißt, auf diesem kurzen Stück vom Kattenbug zu wohnen. Man wird beäugt und belinst oder mit sichtlicher Anstrengung übersehen von denen, die weiter obenan leben. Wer durch Zufall in die Gasse gerät, beschleunigt an dieser Stelle seine Schritte.

Dabei ist dieses Stück vom Kattenbug das älteste. Vor etwa fünfhundert Jahren wird es das erste Mal in Quellen erwähnt, höchstwahrscheinlich existiert die Gasse seit der Römerzeit. Würde das Geld dazu nicht fehlen, hätten die Denkmalpfleger auf dem Trümmergrundstück neben dem Kiosk schon längst Grabungen vorgenommen. Sie vermuten tief unter der Erde eine Kultstätte für Merkur, Gott der Händler, Diebe und Lügner.

Man darf bezweifeln, daß das für die Nachbarn vom Antiquar und die Stammkunden von Jakobs Kiosk von Interesse ist oder daß es für sie tröstlich wäre zu wissen, daß Auf dem Kattenbug, so der vollständige Name, nichts anderes als Auf dem Katzenbauch bedeutet und vom Mittelalter herrührt, als hier die Abtrittfeger, Mistschräffler, Darmsaitendreher, Knochenschnitzer und Kadaversammler hausten. Im Dunst der Faulgase, die den gehäuteten und geplünderten Bälgen toter Katzen entstiegen.

Zwischen geborstenem Kopfsteinpflaster wächst tief unter den Fenstern vom Antiquar sommers das Gras und frieren winters Taubendreck und Hundekot, was im Frühjahr dem Gras zugute kommt. Radfahrer hebt das Buckelpflaster aus dem Sattel, unkundige Autofahrer hüpfen beim Aufprall in den Schlaglöchern auf ihren Sitzen. Und das mitten in Köln, stellen sie kopfschüttelnd fest, bevor sie Gas in Richtung Schnellstraße geben oder kurz anhalten, aus dem Wagen springen und am Kiosk ein Päckchen Marlboro oder die Computerbild kaufen. Hier läßt sich’s gut anhalten, weil von hinten keiner drängelt, und wenn’s einer tut – »Sie schäle Printe, Sie, das ist doch hier keine Rennstrecke« –, dann kratzt das niemanden.

Nach Schulschluß kommen die Kinder, hängen in Trauben kurz über der Thekenkante und ordern lautstark Brausebonbons, Stangeneis und Sammelbildchen von »Star Wars«. Gegenüber vom Kiosk erinnert ein im zweiten Stock geköpftes Haus noch an den Krieg. Unten ist vor fünfzehn Jahren der letzte Metzger ausgezogen, weshalb die »1 a Teewurst aus eigener Herstellung«, für die ein verblichenes Pappschild wirbt, noch immer neunundvierzig Pfennig kostet. Genutzt hat sie dem Metzger nichts, er war noch zu teuer für diesen Teil vom Kattenbug, obwohl der vor dem Krieg eine recht ansehnliche Einkaufsstraße war, so eben auf dem Weg nach oben, wohlanständig, vor allem die jüdischen Geschäfte für Weißwaren, Wirkwaren, Porzellan, Feinkost en gros und en detail.

Hinter dem Pappschild im verschmierten Metzgerei-Schaufenster, hinter nachlässig aufgehängten Decken, hausen jetzt der Dachdecker und manchmal, wenn sie nichts Besseres vorhaben, auch Kalle und Buddy. Da stören sie keinen, und es ist besser als im Männerheim St. Agathe zwei Straßen weiter, wo sie nicht hingehören, denn der Dachdecker besorgt gelegentlich Baustellen-Jobs, die fürs Nötigste reichen, und im Kiosk gegenüber schreibt Jakobs Frau, das Lenchen, – »Lena für euch drei« – bis 200 Mark an – »danke, Sie sind nett, Frau Lena, schönen Tach auch«. Im ersten Stock des enthaupteten Metzgerhauses, wo die Wände schimmeln, wächst eine Birke durchs leere Fensterkreuz und freut den Dachdecker von Herzen. Im Mai hängt er bunte Bänder und seine Träume hinein. Das Haus will er kaufen und aufmauern bis in den verschwundenen vierten Stock oder einen nie vorhandenen fünften, je nachdem wieviel er getrunken hat. Und weil er in und von diesem Haus schon solange träumt, ist die zerklüftete Ruine sein Zuhause geworden.

Manchmal, wenn er seinen Blaumann anhat und nüchtern und manierlich ist, greift er sich bei Lena einen schmalen weißen Block und skizziert sein Bauvorhaben. Und bauen kann er tatsächlich so allerlei. Er wird nur meistens nicht fertig mit dem, was er anfängt. Lenas Haus ist voll von seinen angefangenen Baustellen, weil der verstorbene Jakob nie nein sagen konnte, wenn der Dachdecker Pläne gemacht hat. Schöne Pläne. Da ragt ein Stück Wendeltreppe aus Betonguß aus dem Kellerboden und führt zu nichts, und im Dach hat er mal eine Wand durchbrochen für einen Wintergarten mit Domblick. Seither sitzt der Antiquar gleichzeitig im Wohnzimmer und im Treppenhaus, und die Walküren haben viel Auslauf. »Das wird schon«, hat der Jakob immer gemeint, aber Lenchen stolpert auf dem Weg zur Waschküche regelmäßig über die Treppe ins Nichts.

»Schön, ja«, sagt sie inzwischen zu den Skizzen vom Dachdecker, auf keinen Fall »weiter so«, aber jedesmal »schön, ja«. Sie will keinem Menschen seine Träume miesmachen. Das wäre schlecht fürs Geschäft, und die Träumer würden zum neuen Drogeriemarkt abwandern, wo es das Bier in Büchsen für neunundsiebzig Pfennige gibt.

Pläne haben viele hier auf dem Kattenbug und erzählen viel davon, wenn sie vor dem Kiosk stehen und sich gewichtig über die Theke mit den Zeitungsstapeln beugen. »Wissen Sie eigentlich, was ich machen würde, wenn ich könnte?« Sie pflegen ihr Leben im Konjunktiv mit der unerschütterlichen Selbstzufriedenheit werdender Mütter. Die Theke hat Lenchen gern zwischen sich und den schwankenden Gestalten und deren Plänen. Zu nah darf man so was nicht an sich ranlassen. Sie verkauft nur durchs Schiebefenster. Die Tür bleibt zu. Sie hat genug mit dem Laden zu tun, vor allem seit der Jakob tot ist, der im übrigen der ärgste Plänemacher von allen war. Nebenan und schräg gegenüber wohnen alte Leute in rissigen Häusern mit grauem Putz, vergessen wie die Gasse. Und Kurden, die Röcke kürzen und vom eigenen Pizza-Taxi träumen, und junge Eierdiebe, die für eine Nase Koks oder den nächsten Schuß einer Oma die Handtasche klauen, und seit anderthalb Jahren der Kioskgehilfe und Künstler Kwiatkowski, der fleißig Schädelplastiken verfertigt, weil er mal Totengräber war und Beuysschüler an der Akademie in Düsseldorf. Aber das ist noch so eine Geschichte, von der hier niemand was wissen will.

Dann gibt es noch verschiedene Sozialfälle, so farblos wie das Kopfsteinpflaster, denen gehören die Hunde, die nachts die Gasse verschmutzen, und dazu noch ein Satz Studenten, die das alles für das wirklich wahre Leben halten oder für eine soziale Idylle, was noch vermessener ist, als es die Pläne des Dachdeckers sind.

Zusammen führt sie manchmal Lenchens Kiosk und die Tatsache, daß die meisten von ihnen freiwillig oder unfreiwillig Herr über ihre Zeit sind. Da stehen sie in wechselnder Besetzung von früh um acht bis abends zehn auf dem Buckelpflaster bei Kaffee in knisternden Plastikbechern, erklären sich die Welt und halten sich für den Mittelpunkt. Wer sich zu benehmen weiß, wie Kalle, Buddy und der Dachdecker, der kriegt auch seinen Korn mit Büchsensahne zu einsachtzig, was zusammen Mäusemilch heißt und den Magen schont, aber billiger ist als ein kleiner Jägermeister zu zweineunzig.

»Ich bin nicht so fürs Süße«, erklärt der Dachdecker ein ums andere Mal seine Abscheu gegen den klebrigen Magenlikör, wenn sonst kein Gespräch aufkommen will. In seine Mäusemilch gehört ein Stück Zucker, kein Krümel mehr. »Wegen der Bauchspeicheldrüse.« Ihm ist wichtig, daß man über seine Gesundheit Bescheid weiß und darauf gefälligst acht gibt. Frau Lena respektiert das, tut zumindest so, als ob sie hinhört, wenn sie nicht gerade Zigarettenpäckchen einsortiert oder die Kühlschränke auffüllt oder feucht durchwischt, weil eine Pfandflasche nicht sauber geleert war und saures Bier auf den Boden ausgelaufen ist.

»Macht ma Platz, bitte«, scheucht Lenchen die Mäusemilchtrinker rüde zur Seite, wenn besonders ernsthafte oder besonders eilige Kundschaft kommt. Die Ernsthaftesten sind meist die Eiligsten und nehmen sogar mal eine Flasche Moet mit zu sechsundfünfzig Mark. Man kann nie wissen, weshalb bei so welchen sogar der Kwiatkowski die Tagediebe mit hochgezogenen Brauen und dem Kopfruck »Abmarsch« vom Kioskfenster wegdirigiert. Er hilft hier nur aus, weil der Jakob ja nun tot ist, dem die Bude eigentlich gehört hat. Was heißt eigentlich. Für die meisten gehört sie ihm noch, obwohl jetzt ein paar Zentner Erde auf ihm lasten.

Die alte Rose Quittländer läuft jeden Tag vorbei, um gegen Jakobs unerwartetes Ableben zu protestieren, und kauft keine Rätselhefte mehr. Jakobs Tod ist für sie eine glatte Beleidigung. Macht sich einfach so vom Acker. Vor seiner Zeit. Mit eben mal achtundsechzig. Die alte Rose ist fast fünfzehn Jahre älter, als der Jakob war. Da stirbt man nicht einfach vorneweg. Ein Jahr ist das her, und Rose hat seitdem nicht mehr gegrüßt, denn die Lena wohnt gerade mal zwanzig Jahre auf dem Kattenbug, rannte früher in bodenlangen Wallegewändern barfuß herum, lächelt zuviel und tut so verbindlich, als wäre bei ihr, der Rose, was morsch im Gebälk. Pah, wer ist denn barfuß durch die Gasse gelaufen? Sie wird noch den ganzen alten Kattenbug überleben, und keiner wird – wie beim Jakob – an ihrem Grab stehen und verklärend seufzen. Schon gar nicht die Zugezogenen. Für Rose Quittländer ist das jeder, der nicht hier geboren ist oder wenigstens ein halbes Leben hier wohnt und sie unaufgefordert von Anfang an grüßt. Anders als die Bagage, die weiter oben an wohnt und sich für was Besseres hält.

Gut hundert Meter entfernt, auf der gleichen Seite, werden die Häuser wirklich besser. Da, wo die Gasse einen Bogen schlägt, zum Trichter wird und frisch asphaltiert in eine vierspurige Schnellstraße mündet, die Köln von Ost nach West zerschneidet. Hier steht ein Bürohochhaus mit braun verspiegelten Fenstern, häßlich wie der Straßenlärm, und ein einsames, unversehrtes Mietshaus aus der Gründerzeit, von Bomben verfehlt, obwohl der ganze Kattenbug vierundvierzig lichterloh brannte und der Phosphor sich bis in die Keller fraß und die Menschen zu schwarzen Klumpen schrumpeln ließ, kaum größer als ein Brot. Am Tag danach konnte man bis zum Dom sehen.

Die Rose Quittländer weiß das noch. Aber wen interessiert das schon? Jedenfalls ist das Gründerzeithaus seither fehl am Platze, begrünt, berankt, mit frisch geweißtem Stuck und diesem Brimborium von heiler Welt ohne Untergang. In den Fenstern hängen gehäkelte Halbgardinen, dahinter wohnen Studienräte und Steuerberater. Im Erdgeschoß haben die Rosenkreuzer ihr Zentrum. »Gott ist das Licht, und alles Licht ist bei Gott«, verkündet ein verblichenes Plakat in einem mannshohen Flügelfenster. Davor welken Stiefmütterchen.

Neben dem Altbau erheben sich graubraune Achtziger-Jahre-Festungen aus Betongußteilen mit wehrhaften Balkonen, in deren Gevierten sich das Rauschen des Verkehrs fängt. Hier wohnen die mittelmäßig Satten, die vom Leben längst Enttäuschten, die Sachbearbeiter und Angestellten, deren Träume sich im Lottogewinn erschöpfen. Ihre einzige Frage ans Leben lautet: »Und wer bezahlt das wieder?« Darauf haben sie auch die Antwort: »Wir.«

Da wird abends um neun die Haustür verschlossen – zweimal rum – wegen der Eierdiebe und dem anderen Gelichter vom Kiosk, dem man die gemeinsten Grausamkeiten zutraut, schon wegen der Hundehaufen im Kopfsteinpflaster. Hier wird jeden Samstag der Keller gefegt. Hier erregen die Walkürenritte des Antiquars äußerstes Mißfallen, obwohl man sie im Rauschen des Verkehrs nicht hören kann, sondern nur auf dem Weg zu dem neuen Drogeriemarkt, der am anderen Ende vom Kattenbug entstanden ist, da, wo die Gasse sichelförmig auf eine fünfstrahlige Kreuzung trifft, die sich wie vorm Krieg noch Platz nennt und trostlos ist wie Bukarest.

Auf dem Weg dahin also umdonnern einen in Höhe des Kiosk die Walküren, überfallen einen hinterrücks, immer voran die machtvollen Bläser und drängend die Streicher hinterher. Wenn es unerwartet los geht, macht man einen Satz. Direkt vor Lenchens Bude, und die Mäusemilchtrinker gröhlen.

Nachtjackenviertel. Alles Pack.

Was Unsinn ist. Der Antiquar allerdings ist ein ausgemachter Sonderling. Er heißt so, weil er da, wo jetzt der neue Drogeriemarkt ist, einen Buchladen gehabt hat. In einem Flachdachbau, hastig hochgemauert in den Fünfzigern, der zur Hälfte das tiefe Grundstück einer ehemaligen Brauerei ausfüllt. Die andere Hälfte vom Grundstück ist neuerdings mit würfelförmigen City-Apartments für Bestverdiener bebaut: »Höchster Wohnkomfort, zehn Gehminuten zur Innenstadt, Blick auf die Domspitzen, Tiefgarage, ruhig einschlafen, entspannt aufwachen«. Nur ganz verzweifelte oder ganz gleichgültige Seelen fallen darauf herein. Leichenhalle nennt der Künstler Kwiatkowski den Bau, weil man die wenigen Bewohner nie zu Gesicht bekommt.

Der junge Krahwinkel hat das Haus hochziehen lassen. Ein dynamischer Versager mit zwei Handys in der Tasche und Vaters Geld auf dem Konto. Dem alten Krahwinkel gehören auf dem Kattenbug das leere Grundstück neben dem Kiosk und acht oder neun Häuser, so genau weiß das keiner, nicht mal Rose Quittländer. Sie erinnert sich nur, daß die weggebombte Nummer achtzehn, neben dem Kiosk, dem Krahwinkel gehört, wo vor dem Krieg der »olle Jüdd« Korinthenberg seinen Glas- und Kerzenladen hatte.

Jetzt will der Junior die ganze Gasse umkrempeln. »Letzte innerstädtische Baulücken schließen«, von denen er glaubt, daß der alte Herr, der auf die Neunzig geht, sie übersehen hat. Obwohl der Junior an seinem Apartmentblock noch keinen Pfennig verdient hat, macht er weiter und sich lächerlich, wenn er in Bauhelm und Burberry-Trench über den Kattenbug hastet und wie belästigt zu Lena herübergrüßt: »Keine Zeit, keine Zeit«. Als ob ihn danach einer fragt.

Der verstorbene Jakob kannte den Junior noch als dickes Kind und vorlauten Fetz mit zuviel Taschengeld, für das er Unmengen von Mäusespeck und Brausestäbchen und Leckmuscheln gekauft hat, um Eindruck zu schinden. Scheint, daß das dicke Kind sich jetzt die ganze Gasse einverleiben und daran den Magen verderben will.

Immerhin ist der flammneue Drogeriemarkt, der den Laden vom Antiquar abgelöst hat, jetzt mit Granitplatten verblendet, auf dem Dach leuchten orangefarbene Buchstaben, umtanzt von grellen Luftballontrauben. Vor der Glasfront blinken Gitterkörbe mit Spülmittelflaschen zum Eröffnungspreis und verbilligtem Katzenfutter. Ganz so, wie man es aus Fußgängerzonen mit rotgrauem Mosaikpflaster, Tchibofilialen, H&M-Shops und bepflanzten Betonkübeln kennt. Nachts sieht der Drogeriemarkt tot und trostlos aus, und die Luftballons wirken wie verirrte Gespenster. Nur Jakobs Kiosk leuchtet bis abends um zehn.

Kiosk

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