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3. Kapitel

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Nur langsam tauchte Meredith aus den nebelhaften Tiefen ihres unruhigen Schlummers auf. Irgendwo im Hintergrund ihres Bewusstseins nahm sie die Morgendämmerung wahr; das Licht des neuen Tages ruhte auf den geschlossenen Lidern. Sie lag auf der Seite, und die feuchte Kälte, die sie am Rücken spürte, schien gar ihre Knochen zu durchdringen.

Aber an der Brust fühlte sie angenehme Wärme. Instinktiv schmiegte sie sich enger an diesen harten Wall, der einem Ofen glich. Welch ein Segen ... Wie ein Kätzchen, das seine Mutter suchte, presste sie sich dagegen.

Über ihrem Kopf erklang ein Fluch. Erschrocken und der tröstlichen Wärme plötzlich beraubt, öffnete sie die Augen. Die Handschelle glitt von ihrem Handgelenk und fiel zu Boden. Sekunden später stand Cameron MacKay dicht vor ihr, die Beine gespreizt. Ihre Blicke trafen sich – seiner anklagend, ihrer verwirrt. Ringsum schien die Luft zu knistern.

Er schwieg. Natürlich, Worte waren überflüssig. In seiner Miene las sie deutlich genug, wie tief er sie verachtete.

Als sie schon glaubte, sie würde es nicht länger ertragen, wandte er sich ab und ging mit langen Schritten davon.

Langsam setzte sie sich auf. Warum hasste er sie nur so sehr? Warum betrachtete er sie wie den hässlichsten Schandfleck auf’ Erden? Nur weil sie Munro hieß?

Während sie an Egan und Finn vorbeischlich, erwachten die beiden. Sie eilte zum Bach, wusch ihr Gesicht und die Hände. Dann kniete sie unter einer knorrigen Eiche am Rand des Pfads nieder, der zur Lichtung führte. Auf die Männerstimmen, die herüberdrangen, achtete sie nicht. Obwohl ihr Leben aus den Fugen geraten war, würde sie diesen Tag genauso beginnen wie alle anderen im letzten Jahr. Pflichtbewusst faltete sie die Hände, schloss die Augen und senkte den Kopf.

Ihre Lippen bewegten sich lautlos. Voller Inbrunst betete sie um innere Kraft und Wachsamkeit, um ihre Sicherheit, das Wohlbefinden ihres Vaters, des Onkels und der Schwestern in Connyridge – und um ihre Befreiung aus der Gefangenschaft.

In ihrer Nähe knackte ein Zweig. »Es ist an der Zeit«, verkündete eine mittlerweile schmerzlich vertraute Stimme.

Aber sie ignorierte Cameron MacKay. Ihre Haut prickelte, denn sie spürte seinen Blick fast körperlich. Und dann berührte er sie tatsächlich. Skrupellos unterbrach er ihr Gebet und umschlang ihre Taille, zog sie empor und drehte sie zu sich herum. Die Brauen erhoben, betrachtete er das silberne Kruzifix an ihrem Hals. »Warum tragt Ihr das? Ihr habt Euer Gelübde noch nicht abgelegt.«

»Bis jetzt nicht«, bestätigte sie.

»Das hättet Ihr längst tun müssen. Über ein Jahr habt Ihr im Priorat verbracht. Wart Ihr des Nonnenschleiers nicht würdig?«

Offensichtlich wollte er sie beleidigen, und sie suchte sich erfolglos gegen das schmerzliche Gefühl einer tiefen Kränkung zu wehren. Hatte er sie nicht gezwungen, jenen Brief an Mutter Gwynn zu schreiben?

Ich schäme mich meiner mangelnden Hingabe und meines schwachen Geistes.

Stimmte es? Hatte sie deshalb so lange gezögert, ihr Gelübde zu leisten? Ihre Verwirrung, am vergangenen Tag in den Hintergrund getreten, kehrte mit aller Macht zurück. Immer hatte sie den Allmächtigen angefleht, er möge ihr helfen, die richtige Entscheidung zu treffen. O Herr, warum hast du mich verlassen?, klagte eine innere Stimme. Wurde sie für ihre Zweifel bestraft? Ihren Vater hatte sie enttäuscht. Und jetzt auch den lieben Gott.

Sie neigte den Kopf, und die Leidenschaft ihrer Worte strafte die demütige Pose Lügen. »Nur Gott beurteilt unseren Wert.«

Für einen Augenblick erweckte Cameron den Eindruck, er könnte seinen Zorn nicht bezähmen, und hob eine Hand. Entschlossen bekämpfte sie ihre Angst, wich der drohenden Faust nicht aus und wappnete sich gegen einen betäubenden Schlag.

Stattdessen strichen warme Finger über ihre Kehle. Erschrocken zuckte sie zusammen, als ihr das Kruzifix vom Hals gerissen wurde. »Haltet mir keine Predigt, Lady. Allzu oft müsst Ihr meinen Unmut nicht schüren, um mich zu überzeugen, Euer Blut sollte fließen.«

Ohne ihre Angst zu zeigen, hob sie stolz ihr Kinn. »Oh, ich wollte Euch keine Predigt halten – ich sprach nur aus, woran ich glaube. Denn Ihr habt Recht, ich bin nicht würdig. Vorerst vertraue ich Euch mein Kruzifix an.« Ihr Blick schweifte zu der zerrissenen Kette in seiner Hand. »Bald werde ich es wieder besitzen. Das schwöre ich.«

Die Lippen zusammengepresst, ließ er das silberne Kreuz in seiner Faust verschwinden. Seine Knöchel traten weiß hervor. Sekundenlang fürchtete Meredith, er würde es davonschleudern und es wäre für immer verloren. Aber er steckte es mitsamt der Kette in seine Tunika. »Kommt, wir dürfen nicht länger trödeln.«

Sie berührte die Stelle, wo eben noch das Kruzifix gehangen hatte. Ohne dieses Symbol ihres Glaubens fühlte sie sich nackt. Aber sie würde es zurückgewinnen.

Mit einem leisen Pfiff rief er nach Egan und Finn, die daraufhin die Pferde zu ihrem Anführer brachten.

An ihrer Seite spürte Meredith seinen Körper, so hart wie eine steinerne Säule. Wieder mit ihm zu reiten ... Nein, das würde sie nicht mehr ertragen.

Um das Zittern ihrer Hände zu verbergen, schlang sie die Finger ineinander. »Ich begleite Euch. Doch ich werde nicht auf Eurem Pferd sitzen. Weder vor noch hinter Euch und auch nicht mit einem Eurer Männer.«

Camerons Schultern versteiften sich. »Weder vor noch hinter mir? Auch nicht mit Egan oder Firm?« Die Frage klang gefährlich sanft. In den Tiefen seiner Augen schien sich ein Gewittersturm zusammenzubrauen.

»So ist es.«

Hinter ihm stieß Finn einen wilden Fluch hervor. »Diese Unverschämtheit dulden wir nicht, Lady ...«

»Sei still, Finn«, befahl Cameron und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Trotzdem wollt Ihr mich begleiten, Meredith.« Immer noch dieser beängstigend ruhige Ton ...

»Ja.«

»Würdet Ihr mir das etwas näher erklären?«

Wie rasend pochte ihr Herz. Vage fragte sie sich, welcher Wahnsinn sie dazu treiben mochte, ihn dermaßen herauszufordern. »Ich werde nicht reiten, sondern zu Fuß gehen.«

Sein Blick wanderte zu den nackten, rosigen Zehen unter dem ausgefransten Saum ihres Kleids, und er runzelte die Stirn. Beinahe wirkte er belustigt, und Meredith wusste nicht, ob sie diese Stimmung seinem Zorn vorziehen sollte. »Ihr tragt weder Schuhe noch Sandalen oder Stiefel.«

Bei seiner überflüssigen Feststellung fühlte sie sich wie eine Närrin. Trotzdem reckte sie das Kinn und nickte.

»Ich warne Euch, Lady. Bald werden wir das Grenzgebiet verlassen und keine weichen Wiesen mehr überqueren.«

Wenn sie ihr Kinn noch höher reckte, würde womöglich ihr Hals brechen. »Sehr gütig von Euch, mir das mitzuteilen.«

Seine Augen verengten sich. »Heute Morgen seid Ihr ziemlich trotzig, nicht wahr?«

»Nein, Sir, es ist kein Trotz«, log sie und hielt den Atem an. Was würde er tun? Erstaunlich, dass er sich überhaupt mit ihrem Protest befasste, statt sie gewaltsam auf sein Pferd zu setzen ...

Nach seinem bisherigen Benehmen war diese Sanftmut wirklich bemerkenswert. Was dahinter steckte, sollte sie erst später erkennen.

»Sicher werdet Ihr Euch die Füße wund laufen.«

»Eure Sorge um mein Wohl überwältigt mich, Sir. Aber Ihr braucht Euch nicht um mich zu kümmern. Welche Schmerzen auch immer ich erleiden mag – sie sollen als Buße für Eure Sünde dienen.«

Ihr milder Ton stachelte ihn an, was sie auch beabsichtigte. Mit seiner Sünde meinte sie ihre Entführung. Das wusste er.

Und so begann ein Kampf zwischen zwei Willenskräften, den er zweifellos gewinnen würde. Aber so widerstandslos wie zuvor wollte sie sich seiner Macht nicht mehr beugen. Seine Züge schienen wachsenden Zorn widerzuspiegeln. Aber er herrschte sie nicht an, sondern ging zu Egan und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Im Flüsterton gab er ihm eine kurze Anweisung. Wortlos schwangen sich die beiden MacKays in ihre Sättel und galoppierten davon.

Meredith starrte der Staubwolke hinter den Pferden nach. Dann wandte sie sich wieder zu Cameron. »Wohin reiten sie?«

»Nach Hause.«

Ihr Mund fühlte sich plötzlich wie Pergament an. »Und Ihr?«

»Keine Bange.« Er grinste spöttisch. »Wir werden ihnen bald folgen.«

»Habt Ihr sie weggeschickt?«

»In der Tat, Mädchen.« Plötzlich wirkte er viel zu entspannt, viel zu gelassen. Und Meredith konnte ihre Angst nicht verdrängen.

Warum hatte er Egan und Finn weggeschickt? Aus einem ganz bestimmten Grund? Mühsam rang sie nach Luft. Wollte er sie vergewaltigen und benutzen, um seine niedrigen Triebe zu befriedigen?

Nein, er begehrte sie nicht – das hatte er unmissverständlich erklärt. Aber ganz so naiv war sie nicht. Sie wusste von den Gelüsten der Männer, die sie bewogen, nur noch an die Lanze zwischen ihren Beinen zu denken. Um eine Frau zu unterwerfen, mussten sie weder Liebe noch Sehnsucht empfinden.

Und manche Männer wollten eine Frau auf diese Weise bestrafen. Hatte er das vor?

Nein, er würde nicht wagen, eine Frau zu missbrauchen, die beschlossen hatte, ihr Leben dem Allmächtigen zu weihen.

Aber sie war keine Nonne. Wahrscheinlich würde sie niemals ihr Gelübde ablegen.

Und er ist ein Mann, der alles wagt, dachte sie bedrückt. Immerhin war er in die geheiligten Mauern des Priorats eingedrungen.

Oder wollte er sie töten? Wenn er das anstrebte, hätte er es längst getan. Vor den Augen seiner Gefährten.

»Nur damit Ihr Bescheid wisst, Cameron MacKay!«, fauchte sie. »Niemals werde ich mich Euch hingeben!«

Er schürzte die Lippen. »Nur damit Ihr Bescheid wisst, Meredith Munro – keusche, tugendhafte Lady. Darum habe ich Euch nicht gebeten.«

O Gott, sie war weder keusch noch tugendhaft. Wie sie die beschämende Erinnerung doch verabscheute, die auf sie einstürmte ... Und beinahe hasste sie ihn, weil er jenen Albtraum heraufbeschworen hatte.

»Ihr habt mich der Feigheit beschuldigt«, fuhr er fort. In seiner Stimme schwang geheuchelte Freundlichkeit mit. »Deshalb lasst Ihr mir keine Wahl: Ich werde Euch beweisen, dass ich nicht feige bin – und dass ich die Hilfe meiner Männer nicht brauche, um Euch im Zaum zu halten.«

Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er zu seinem Pferd, Fortune, das am Ufer des Bachs graste. Wenig später war das Tier gesattelt. Meredith blieb reglos stehen. Noch nie im Leben hatte sie sich so albern gefühlt. Könnte sie doch fliehen ... Aber er würde sie sofort einfangen.

Viel schneller, als sie es erhofft hatte, ritt er zu ihr, hoch aufgerichtet, zu ihrem Leidwesen eine unbesiegbare Gestalt.

Seltsam – das Pferd trottete an ihr vorbei. Mit schmalen Augen starrte sie Camerons breiten Rücken an, die gestrafften Schultern. Erwartete er, sie würde ihm nachlaufen, wie ein Kind, das fürchtete, es würde allein gelassen? Beim Himmel, das würde sie gewiss nicht tun.

Inmitten der Lichtung zügelte er den Hengst und drehte sich im Sattel um. Scheinbar verwundert, hob er die Brauen, bevor er zurückkehrte.

»Habt Ihr Euch anders besonnen?«, fragte er in höflichem Ton. »Zu spät, so sehr ich es auch bedauere. Da Ihr zu Fuß gehen wollt, werde ich ein gemächliches Tempo wählen. Eines muss ich allerdings klarstellen –ich werde Euch nicht bemitleiden, wenn Ihr mich anfleht, ich möge Euch in meinen Sattel setzen. Und wegen Eures Eigensinns werde ich Euch auch nicht tragen. Wenn Ihr strauchelt und stürzt, werde ich Euch nicht aufhelfen. Was ich sage, das werdet Ihr tun. Und sollte ich Euch befehlen, mich Euren Herrn zu nennen ...«

»Ich habe keinen Herrn außer einem!«, unterbrach sie ihn und schaute zum Himmel hinauf. »Keinem anderen werde ich mich beugen.«

Er lächelte freudlos. »Glaubt mir, Mädchen, hättet Ihr nicht so lange hinter Klostermauern gelebt, würden wir ernsthaft darüber diskutieren. Nur damit Ihr mich nicht missversteht – ich erlaube Euch zu gehen, weil es mir gefällt – nicht Euch

Es gefiel ihm! Entgeistert öffnete sie den Mund und schloss ihn wieder. Gnädiger Himmel, was hatte sie getan? Sollte sie ihm oder eher sich selbst zürnen, weil sie so dumm gewesen und in ihre eigene Falle getappt war? Aber ihn anzuflehen, er möge sie in den Sattel heben? Niemals!

Ohne ein weiteres Wort lenkte er sein Pferd wieder über die Lichtung.

Bevor Meredith ihm folgte, verstrichen zehn Sekunden. Diesmal blickte er nicht zurück.

Seine Prophezeiung traf kurz darauf auch zu. Bald erreichten sie dicht bewaldete Hügel. Trockene Nadeln waren von den Kiefern herabgefallen, die wie Dornen in Merediths nackte Sohlen stachen. Winzige Steine gruben sich in die zarte Haut. Fast bei jedem Schritt zuckte sie zusammen. Aber sie zwang sich weiterzugehen, verbannte alle Gedanken, konzentrierte sich nur noch darauf, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Immer weiter blieb sie hinter dem Reiter zurück.

Gegen Mittag zügelte er das Pferd und wartete geduldig, bis sie ihn einholte. »Wie geht es Euren Füßen?«, erkundigte er sich höflich.

Meredith knirschte mit den Zähnen und fühlte sich versucht zu erwidern, dass sie diese Qualen nicht erdulden müsste, hätte er sie nicht mitten in der Nacht aus ihrer Zelle gezerrt. Aber sie selbst hatte sich für den beschwerlichen Fußmarsch entschieden. Und sie musste ihm Recht geben – sie war viel zu eigensinnig, um sich eines Besseren zu besinnen. »Kümmert Euch das wirklich?«

»Für mich zählt nur eins – die Reise soll nicht allzu lange dauern.«

Oh, dieser Schurke! Irgendwie gelang es ihr, in ruhigem Ton zu sprechen, ihren Kummer zu verbergen. »Wohin unser Weg führt, habt Ihr mir noch nicht verraten.« Da er nicht antwortete, fügte sie hinzu: »Nach Nordwesten ...« Plötzlich unterbrach sie sich. »Zum Munro-Gebiet!«

Cameron runzelte die Stirn. Hatte er erwartet, das würde sie nicht bemerken? Und dann lächelte er sanft. »Nach Nordwesten. Zum MacKay-Gebiet.«

Zum Munro-Gebiet, zum MacKay-Gebiet – welche Rolle spielte das schon? So oder so, sie war seine Gefangene. In Connyridge hatte ihr der geregelte Tagesablauf Trost gespendet und inneren Frieden geschenkt. Jetzt war ihre ganze Welt durcheinander geraten, und sie wusste nicht, was ihr dieser Tag noch bringen würde. Nicht einmal die nächste Stunde konnte sie voraussehen, denn ihr Leben lag in den Händen dieses ungehobelten Hochländers. Auf Gnade oder Ungnade bin ich ihm ausgeliefert, dachte sie, einem hysterischen Anfall nahe.

Nimm dich zusammen, mahnte eine innere Stimme. Was mit ihr geschähe, vermochte sie nicht zu beeinflussen. Aber sie musste ihre Selbstkontrolle wahren. Um sich zu beruhigen, holte sie tief Atem. Jetzt brauchte ihre Seele neue Kraft. Und es gab nur einen einzigen Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Sie sank auf die Knie und schloss die Augen, bekreuzigte sich und faltete die Hände.

Neben ihr ertönte ein Wutschrei. »Verdammt, Lady, was treibt Ihr da?«

Ohne die Augen zu öffnen, entgegnete sie: »Ich bete.«

»Schon wieder?«

Diesmal würdigte sie ihn keiner Antwort. Ein derber Fluch gellte ihr in den Ohren, ein Sattel knarzte, und der Waldboden bebte unter kraftvollen Schritten. Starke Hände umfassten ihre Ellbogen und zerrten sie hoch.

»Habe ich mich an Euch vergriffen, Lady? Habe ich Euch missbraucht oder geschlagen?«

Jetzt umschlossen seine Hände ihre Schultern. In seinen Fingern spürte sie verhaltenen Zorn. Wie groß er war – viel größer als ihr Vater und Onkel Robert, bei weitem der größte Mann in Schloss Munro.

Offensichtlich ärgerte ihn ihr Gebet. Glaubte er nicht an Gott? Welcher Mensch konnte so töricht sein? Das verstand sie nicht.

Würde er sie doch gehen lassen ... Sie zögerte. Was sollte sie sagen?

Von einer Macht getrieben, die sie nicht abwehren konnte, betrachtete sie seinen muskulösen Hals, sein eigenwilliges Kinn, die funkelnden Augen. Darin las sie alles, was sie erwartet hatte – Wut und Ungeduld; und seine Miene jagte ihr kalte Angst ein.

Verzweifelt wich sie seinem Blick aus. Er schüttelte sie. »Antwortet! Habe ich Euch irgendetwas angetan?«

Den Blick auf seine breite Brust gerichtet, gab sie zu: »Nein.« Wie durch ein Wunder klang ihre Stimme normal. Allmählich gewann sie ihre Fassung zurück.

»Dann hört auf zu beten!«, stieß er hervor und ließ ihre Schultern los.

Meredith hob den Kopf und bezähmte ihre Verwirrung. »Ihr missversteht mich«, erwiderte sie kühl. »Nicht für mich bete ich, sondern für Euch.«

»Für mich?«, rief er überrascht.

»Aye«, bestätigte sie und schaute ihm direkt in die Augen. »Damit Euch der Allmächtige Eure Sünden verzeiht.«

»Welche Sünden meint Ihr?«, fragte er spöttisch. »Sicher brennt Ihr darauf, meine Missetaten aufzuzählen.«

»Also gut. Ihr habt mich aus dem Priorat entführt. Zu welchem Zweck? Um meinem Vater weiszumachen, sein einziges Kind würde nicht mehr leben?«

Nun nahm ihre Stimme einen scharfen Klang an. »Ich weiß, Ihr wollt den Tod Eurer Brüder und Eures Vaters rächen. Aber Ihr irrt Euch! Red Angus ist kein Mörder. Einer so grausamen Tat wäre er nicht fähig.«

»Und ich sage Euch, er trägt die Schuld an jenem Gemetzel. Das kann ich Euch versichern, denn ich war dabei.« Wie Schwertspitzen schienen seine Augen ihr Gesicht zu durchbohren. »Ihr sprecht von göttlicher Vergebung. Aber ist der Allmächtige nicht ein rachsüchtiger Gott? Aye, ich strebe nach Rache für den Mord an meiner Familie. Muss ich Euch an die Heilige Schrift erinnern? ›Auge um Auge, Zahn um Zahn!‹«

»In der Bibel steht auch, man solle nicht richten, auf dass man nicht gerichtet wird.«

Cameron zuckte mit keiner Wimper. »Die Folgen meiner Rache nehme ich gern auf mich. Red Angus ist für den Tod meines Vaters und meiner Brüder verantwortlich. Und ich verspreche Euch, diese Schuld wird er bezahlen. In jeder Hinsicht.«

Verständnislos schüttelte Meredith den Kopf. »Wie denn? Offenbar seid Ihr nicht gewillt, meinen Vater zu töten. Und ich habe keine Brüder.«

Cameron trat so nahe zu ihr, dass ihre Brüste die Falten seines Plaids berührten – so nahe, dass sie die dunkle Glut in seinen Augen sah. »Das ist wahr«, stimmte er zu. »Aber jetzt habe ich Euch

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