Читать книгу Wenn Blau im Schwarz ertrinkt - Sandra Andrea Huber - Страница 4
EINS
ОглавлениеGwen zog den Kragen ihres Mantels dichter um ihren Nacken und beschleunigte ihre Schritte. Sie war müde, fror und wollte auf dem schnellsten Weg nach Hause. Eigentlich hätte ihre Schicht bereits vor drei Stunden enden sollen, ein Notfall hatte sie jedoch länger im Krankenhaus festgehalten. Das war nicht unbedingt ein Einzelfall. Es kam häufiger vor, dass sie über ihre Schicht hinaus arbeitete oder dass man sie nachts anrief, weil Assistenzärzte die ersten waren, die man aus dem Bett scheuchte. Sie waren gewissermaßen das Ende der Nahrungskette. Normalerweise kam sie damit gut zurecht, immerhin hatte sie sich diesen Beruf ausgesucht, obwohl ihr im Vorfeld bewusst war, dass diese Arbeit einiges von ihr fordern würde. Nichtsdestotrotz liebte sie, was sie tat. Dieser Umstand schmälerte die Anstrengung aller Doppelschichten und Überstunden, entschädigte für die kurzen Nächte und wenige Freizeit. Und genau so musste es auch sein. Ohne Leidenschaft konnte man diesen Beruf nicht ausüben.
Inzwischen war es nach Mitternacht. Die Nacht gab sich in tiefster Schwärze, die Stadt lag schweigend und nasskalt da. Der Januar näherte sich seinem Ende und rückte ein weiteres Stück in Richtung ersehnten Frühlings. Zwar brach die Sonne nun schon von Zeit zu Zeit durch das graue Himmelszelt, speiste den Grund zu ihren Füßen mit sanftem Licht und dem Versprechen ihrer wärmenden Wiederkehr, doch war es nach wie vor der Winter, der die Obermacht innehatte, die Tage, und vor allem die Nächte, in seinem eisigen Griff gefangen hielt.
Neidisch dachte Gwen an all jene, die bereits in ihren warmen Betten schlummerten und angenehmen Träumen nachhingen. Doch es war nicht mehr weit bis nach Hause. Noch ein paar Minuten und einige Abkürzungen durch Seitenstraßen und Gässchen, dann würde auch sie selig in den Kissen liegen und schlummern.
Mit diesem tröstenden und zugleich lockenden Gedanken bog sie um die nächste Ecke und fasste einige Meter vor sich zwei Männer ins Auge. Angesichts ihres grunzenden Gelächters schienen sie sich über irgendetwas zu amüsieren. Das zeitgleiche Torkeln ließ Gwen auf Alkohol schließen.
Die beiden bemerkten sie schneller als erwartet. Ihr Lachen verwandelte sich in ein dunkles Raunen, das prompt ein mulmiges Gefühl in Gwens Magen aufkommen ließ. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken die Straßenseite zu wechseln, dann schallt sie sich, nicht gleich in Panik auszubrechen. Zwei Männer, die auf dem Heimweg oder in die nächste Bar unterwegs waren – das war alles. Kein Grund zur Sorge.
Mit diesem inneren Tadel behielt sie ihren Weg bei, beschleunigte ihre Schritte jedoch zunehmend und ließ den Blick auf den Gehsteig gerichtet, als sie an den beiden vorbeilief. Die Männer im Rücken atmete sie erleichtert auf, entließ die Spannung aus ihrem Körper und schüttelte den Kopf angesichts ihrer Paranoia.
Sie war erst ein paar Meter gegangen, als das unverkennbare Geräusch von Schuhwerk auf Asphalt an ihr Ohr drang, welches zweifelsohne aus ihrem Rücken kam. Ihr Puls beschleunigte sich unmittelbar, als hätte er nur auf diesen einen Moment gewartet. Ließ rauschend Blut und Adrenalin durch ihre Venen schießen. Ließ Angst sprießen und wurzeln.
Keine Rede von Paranoia. Gesunder Überlebensinstinkt - das war es gewesen.
Während ihre Schritte größer und gehetzter wurden, warf sie einen raschen Blick über die Schulter. So viel sie im Schein der Straßenlaternen erkennen konnte, quittierten die Männer ihre Reaktion mit amüsierten Grimassen. Auch sie bewegten sich mit großen und schnellen Schritten vorwärts und schlossen so immer näher zu ihr auf.
Bittere Panik gebar sich in Gwens Innerem, wickelte ihren Verstand in eine neblige Wolke. Die einzig vernünftige Handlung, die sie schließlich klar herausfiltern und als Befehl an ihren Körper weitergeben konnte, war die, loszurennen.
Die Absätze ihrer Stiefel, vermischt mit den wetzenden Laufgeräuschen ihrer Verfolger, polterten durch die dunkle Nacht. Kalte und spitze Luft presste in ihre Lungen, ließ einen süßlichen Geschmack in ihrem Mund aufgehen, der in einem Brennen im Hals mündete.
Grob und unvorbereitet umschlang eine Hand ihren Oberarm und riss sie nach hinten. In der nächsten Sekunde wurde ihr eine zweite Hand auf Mund und Nase gepresst, sodass sie, von Panik ergriffen, um Luft rang. Nach einem kurzen Rundblick und einem einvernehmlichen Nicken der Männer, wurde sie in eine schmale Sackgasse im Hinterhof eines Fabrikgebäudes geschoben.
Gwen strampelte verzweifelt, versuchte sich aus dem Griff des Mannes zu lösen, doch es wollte ihr einfach nicht gelingen. Im Schutz einiger Müllcontainer drückte er sie mit dem Rücken gegen die Mauer. Seine Hand blieb währenddessen auf ihrem Mund ruhen, löste sich aber glücklicherweise von ihrer Nase, sodass sie gierig die kalte Nachtluft einsog.
Der bittere, mit deutlicher Alkoholnote versehene Mundgeruch des Mannes, ein massiger und unrasierter Kerl um die Mittdreißiger, wehte ihr warm und Übelkeit erregend in Gesicht und Nase. Da sie es sich nicht leisten konnte, den Atem zu verweigern, musste sie den Geruch aushalten. Der lüsterne Ausdruck in den Augen ihres Gegenübers ließ ohnehin weder Raum noch Zeit sich damit zu beschäftigen.
„Na, was sollen wir jetzt mit dir anstellen, Süße? Du könntest ein artiges Mädchen sein und uns entgegenkommen, wie wär´s?“
Ihre Antwort war ein erhobenes Knie, das sein Ziel jedoch verfehlte.
Der Bärtige verstärkte seinen Griff, neigte den Kopf in Richtung seines Freundes – ein großer und bulliger Kerl, etwa Anfang vierzig – und spottete: „Hey Mike! Ich glaube, wir haben hier ein ziemlich biestiges Ding eingefangen. Aber, wenn ich ehrlich bin, ist mir das sogar lieber.“ Er fuhr mit der Hand über ihre Wange und strich ihr einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. „Ein Wildfang bringt viel mehr Spaß als eine gezähmte Stute – immerhin muss man ihm Manieren beibringen und gerade das sorgt für den gewissen Kick, nicht wahr, mein brünettes Vollblut?“
An die kalte Steinmauer gepresst öffnete er mit einer Hand die Knöpfe ihres Mantels, zeichnete über dem Stoff ihres Pullovers die Kontur ihrer Brust nach, ehe er hinabwanderte und ihren Schritt nachfuhr. Die Zunge zwischen die Lippen geklemmt begann er mit unverkennbarer Vorfreude die Schnalle ihres Gürtels zu öffnen.
Gwens Körper war wie gelähmt und außerstande aufzubegehren. Ihr Verstand war ebenfalls keine große Unterstützung. Unbarmherzig fokussierte er sich auf die Ausweglosigkeit dieser Situation, als würde er für diese Tat eine dicke Prämie kassieren.
Eisige Ohnmacht breitete sich in ihr aus. Sie schloss die Augen und flehte stumm um Hilfe, während sie sich mit all ihrer Kraft gegen den Mann zu behaupten versuchte. Irgendjemand musste ihr doch helfen. Irgendjemand.
Ein paar endlos anmutende Atemzüge später ließ ein dumpfer Knall, gefolgt von der Lockerung ihrer Position, sie aufsehen. Der bullige Kerl lag zusammengesackt zu Füßen eines großen und dunkel gekleideten Mannes.
Irgendjemand, flog es ihr durch den Kopf und das Wort klang hoffnungsvoll.
Der Bärtige ließ ruckartig von ihr ab und stürzte sich leicht torkelnd auf den ungebetenen Gast. Dieser wich in einer lässigen Bewegung aus, versetzte ihm einen heftigen Tritt in die Seite, der ein schmerzhaftes Aufstöhnen aus dem Mann hervorbrachte.
Das Gesicht von Zorn verzehrt, griff der Bärtige in seine Jacke, zog ein Taschenmesser hervor und ließ spuckend verlauten: „Verpiss dich, du Hurensohn! Sonst nehm ich dich aus, wie ein Schwein!“ Er erhielt keine Antwort. Zumindest keine, die aus Worten bestand.
Gwen stand wie festgefroren an der Wand und verfolgte atemlos, wie der Unbekannte den Attacken eins ums andere Mal in geschmeidigen und agilen Bewegungen auswich. Schließlich nutzte er einen Angriffsmoment des Bärtigen für sich, packte dessen das Messer umfassende Handgelenk, drehte es mit einem Ruck herum und trieb dem Mann die Klinge in den eigenen Bauch.
Ein scharfes, japsendes Lufteinsaugen war die einzige Reaktion, zu der Gwen fähig war.
Einen Augenblick standen die Männer dicht an dicht und sahen einander so gebannt ins Gesicht, als ob sie den Anblick ihres Gegenübers bis ins letzte Detail aufzunehmen versuchten. Dann knickten die Füße des Verletzten ein. Er fiel auf die Knie, stieß abgehackte Laute aus, so, als könnte die Luft ihn plötzlich nicht mehr mit Sauerstoff versorgen. Unter seinen zu Panik geweiteten Augen tröpfelte ihm etwas Dunkles aus der Nase, rann über seinen Mund hinweg den Hals hinunter. Das blitzende Silber im Bauch, einen Ausdruck von Schmerz und Entsetzen auf dem Gesicht, kippte er schließlich zu Boden und blieb regungslos liegen.
Weder Gwen noch der Fremde hatten mehr als ein paar Sekunden Zeit den am Boden liegenden Mann anzustarren, da der vormals K.O. gegangene Bulle wieder zu sich kam und sich zurück auf die Beine brachte.
Die Worte „Ich mach dich kalt, du Drecksack!“ hervorgeifernd, stürzte er sich auf den Unbekannten, der jedoch erneut auswich und ihm einen kräftigen Schlag in die Magengrube verpasste. Dem Getroffenen entwich ein tiefes Ächzen. Im nächsten Augenblick presste der Fremde die Hand um die Kehle seines Gegenübers, schob ihn rückwärts und schlug seinen Hinterkopf in einer kraftvollen Bewegung gegen die Steinmauer. Ein widerlich berstendes Geräusch hallte durch die Nacht und trieb Übelkeit in Gwens Magen.
Der Unbekannte löste die Hand vom Genick des Mannes, der sogleich in einer plumpen, puppenartigen Bewegung zu Boden fiel. Jegliche Spannung, jede Stärke, war aus seinem Körper gewichen. Blut drängte aus der offenen Kopfwunde durch das Haar, tropfte mit einem schmatzenden Geräusch auf den Kragen seiner Jacke.
Einige Sekunden hallte das Tropf-Tropf laut in Gwens Ohren wider, dann war es plötzlich, als würde eine schwarze Kreatur die Gasse entlangkriechen, den monotonen Laut verschlucken und alles zum Stillstand bringen. Alles, bis auf ihren Puls, der weiter um sein Leben rannte, nicht erkennen konnte, ob die Gefahr tatsächlich gebannt war.
Der große Unbekannte stand immer noch mit dem Rücken zu ihr und machte keine Anstalten irgendetwas zu tun oder zu sagen. Es kam ihr vor, als müsse er sich, ebenso wie sie selbst, sammeln.
Mit bebenden Händen zog sie den Mantel eng um ihren zitternden Körper, rührte sich ansonsten jedoch keinen Zentimeter. Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wie man die Füße bewegte; noch konnte sie sagen, ob sie jetzt so einfach wegrennen sollte – oder konnte.
Schließlich wandte sich ihr Retter um, kam auf sie zu, ehe er etwa einen Meter von ihr entfernt zum Stehen kam. Sein Blick heftete sich unmittelbar auf ihr Gesicht. Er atmete ruhig, aber extrem intensiv.
So viel Gwen erkennen konnte, zeichneten sich auf seinem Gesicht weniger Anstrengung und Erschöpfung, denn mehr eine Art von aufgebrachtem und bebendem Orkan ab. Es kam ihr vor, als bemühe er sich angestrengt um seine Mimik und eine gebändigte Fassung.
Sie hatte keine Ahnung, ob sie sich sicher oder panisch fühlen sollte. Der seltsame, gänzlich surreale Hauch von Vertrautheit, der in ihr wogte, verstärkte dieses Gefühlschaos mit noch mehr Verwirrung und Irritation.
„Diese Situation wirkt ein bisschen wie ein Déjà Vu, finde ich. Ich bin dafür, dass du künftig nur noch mit Pfefferspray vor die Tür gehst – oder in Begleitung von mir. Was wäre dir lieber? Womit würdest du dich sicherer fühlen, Gweny? Mit der chemische Keule oder mit mir?“ Die Stimme des Mannes war rauchig und leicht heiser, so als ob sie unter der Oberfläche brennen würde. Sie war fremd und zugleich vertraut.
Gwens Kopf fühlte sich an, als würden ihn die geballte Last der jüngsten Ereignisse und die Konfrontation mit diesem Mann gleich zum Explodieren bringen. Gefühle und Gedanken rasten chaotisch und ungreifbar durcheinander, drängten galoppierend weiter und weiter in eine bestimmte Richtung, um sie zu einer Erkenntnis gelangen zu lassen, die bereits irgendwo in ihr auf sie wartete.
Indes kam kein weiteres Wort über die Lippen ihres Gegenübers. Der Mann sah sie einfach nur an, taxierte ihre Augen, wartete auf ihre Reaktion.
Dann endlich floss die erlösende Erkenntnis wie heiße Glut durch ihren Körper. Der Unbekannte war kein Unbekannter. Er war der Mensch, nach dem sie die letzten Jahre verzweifelt gesucht hatte. Er war die eine Person, die sie sich die letzten Jahre schmerzhaft an ihre Seite gewünscht hatte.
* * *
„Nick?“ Mit einer Stimme, die sie kaum als die Ihrige wiedererkannte, brachte sie die Laute bebend hervor.
Er überbrückte die letzte Distanz, umfasste ihr Gesicht mit beiden Händen und sagte leise: „Ja, ich bin’s. Ich bin hier, alles ist gut. Keiner von den Kerlen wird dich je wieder anrühren. Du bist in Sicherheit, Gweny. Ich bin jetzt hier bei dir.“
Sie sah tief in jene Augen, die sie die letzten acht Jahre so oft herbeigesehnt hatte, ließ sich von dem Glücksgefühl und der Freude durchfluten. Unwillkürlich löste sie die Finger vom Saum ihres Mantels, schlang sie in einer fließenden Bewegung um Nikolajs Hals und ließ sich mit ihrem gesamten Gewicht auf ihn fallen.
Er umschloss die Hände hinter ihrem Rücken, drückte sie an seine Brust und strich ihr über das lange, von der nasskalten Luft leicht gekräuselte Haar. „Alles ist gut, Gweny. Ich bin hier. Ich bin bei dir.“
„Ich dachte, ich sehe dich nie wieder! Ich dachte, ich habe dich für immer verloren! Ich habe dich so vermisst, jeden gottverdammten Tag seit damals!“ Sie schluchzte haltlos drauf los, ließ die Anspannung und Starre aus ihrem Körper weichen und nahm stattdessen die erlösende Wahrheit in sich auf. Vor ihr stand Nikolaj – ihr Nick. Er war zurückgekehrt. In ihr Leben. Zu ihr. Er war wirklich da.
Nikolaj ließ ihr alle Zeit, die sich brauchte, hielt sie einfach nur im Arm und hüllte sie in schützende Geborgenheit. Alles Äußere ward vergessen. Einzig seine Hände um ihren Rücken, seine Anwesenheit und Wärme, sein Körper, der den Ihrigen berührte, waren von Bedeutung.
Nach einer viel zu kurzen Zeit fiel ihr Blick abermals auf die regungslosen Körper der Männer, sodass sie sich keuchend aus der Umarmung löste und die Leichtigkeit einer drückenden, frostigen Last wich.
Gedanken um Gedanken schossen in ihrem Kopf durcheinander, einem unkoordinierten und chaotischen Tanz gleich. Die Männer hatten sie beinahe vergewaltigt. Nick hatte sie daran gehindert. Nick hatte sie getötet. Nick war zurück. Er war wirklich hier. Das alles war zu viel für ihren Verstand. Er stand kurz vor einem Totalausfall.
Nikolaj fasste sie an den Händen und fing ihren Blick ein, was einige Sekunden dauerte. „Komm, ich bring dich weg von hier. Du gehörst ins Warme. Lass uns gehen.“
In Gwen focht ein Kampf zweier Stimmen:
Nick hat gerade zwei Menschen getötet.
Nick ist wieder bei mir.
Sie mussten die Polizei rufen. Einen Arzt. Sie mussten irgendjemanden rufen – oder nicht?
Nichts wollte sie lieber, als mit Nick von hier zu verschwinden und diesen unwirklichen Albtraum hinter sich zu lassen. Sie wollte von ihm im Arm gehalten werden, wollte alles erfahren, was er seit damals getan hatte, wo er gelebt hatte. Sie wollte einfach nur da weitermachen, wo man sie vor Jahren auseinandergezerrt hatte.
Und doch konnte sie das Flüstern nicht zum Schweigen bringen, das ihre Aufmerksamkeit auf die Tatsache lenken wollte, dass hier gerade ein Mord passiert war; dass zwei Menschen tot waren und Nick – ihr Nick – der Mörder dieser zwei Menschen war.
Nikolaj umfasste ihr Kinn, hob es an und taxierte ihre Augen. „Gehen wir?“ Er drängte sie nicht, wartete stumm ihre Antwort ab, doch es schien ihn Mühe zu kosten. Sie konnte spüren, dass es so war. Sie konnte spüren, dass er wollte, dass sie mit ihm von hier verschwinden wollte.
In ihrer Brust pochten die Sekunden Herzschlag um Herzschlag dahin, wie dröhnender Donner. „Okay … lass uns gehen“, sagte sie schließlich mit leiser Stimme, unfähig, sich dem zu stellen, was soeben geschehen war.
Dicht an Nikolaj geschmiegt, seinen Arm um ihre Mitte, ließ sie sich aus der Gasse führen, fort von den Ereignissen dieser nasskalten Januarnacht, hin zu der Gegenwart und Zukunft, die Nick einschloss.
* * *
Aus seinem Versteck heraus sah er ihn und das Mädchen Arm in Arm aus der Gasse kommen.
Ein Grinsen zog sich über seine schmalen Lippen, welche seine unregelmäßigen und gelbstichig gefärbten Zähne offenbarten. Dieses Zusammentreffen würde seinen Boss ohne Frage interessieren.
Verborgen im Schatten folgte er Nikolaj und dem Mädchen bis zu einem rötlichen Backsteingebäude. Er beobachtete noch, wie sie durch die doppeltürige Eingangstür ins Innere verschwanden, ehe er selbst durch den vibrierenden Schleier trat, die nächtliche Dunkelheit der Menschenwelt hinter sich ließ und stattdessen in die durchdringende, vertraute Dunkelheit seiner Welt heimkehrte.