Читать книгу Der Kreis des Vertrauens - Sanja Panea - Страница 8
ОглавлениеDie Bindung
Eine Forschergruppe um den britischen Kinderpsychiater John Bowlby, entwickelte und bewies in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts, dass Menschen ein angeborenes Bedürfnis haben, eine intensive vontet wird diese Kontaktaufnahme mit der Ausschüttung eines Botenstoffes in einem entwicklungsbiologisch uralten Teil des Gehirns. Dem Hypothalamus. Dieser Bindungsstoff heißt Oxytocin. Er löst ein intensives Glücks und Geborgenheitsgefühl aus, sowohl beim Kind als auch bei den Eltern. Die Motive sind eindeutig. Schutz und Sicherheit. Das macht die Bindung zu einem überlebensnotwendigen Bestandteil des Menschseins. Ohne diese Bindung wären wir schon lange ausgestorben. Es wurde mal ein Experiment mit Neugeborenen durchgeführt, das war noch unter König Friedrich II.
Eine Gruppe der Kinder wurde nur gefüttert, sauber gemacht, aber es gab keine Berührung, kein Streicheln, keine Liebe, es wurde nicht mit ihnen gesprochen. Die andere Gruppe wurde ganz normal behandelt. Sie wurden in den Arm genommen, herumgetragen, hatten Körperkontakt zur Bezugsperson und es wurde mit ihnen gesprochen. Die Kinder in der ersten Gruppe starben nach kurzer Zeit. Wenn man das weiß, wird einem vieles klar. Landwirte beklagen sich zum Beispiel oft über das Kälbersterben. Die Kälber werden den Müttern nun mal sofort weggenommen und nur mit dem Notwendigsten versorgt. Das Wichtigste bekommen sie aber nicht: Liebe! Sie bekommen keinen Körperkontakt, keine Geborgenheit, können sich nicht an ihre Mütter kuscheln, können nicht trinken, wann sie möchten, und werden nicht abgeschleckt. Somit ist auch eine Ausschüttung des Hormons Oxytocin nicht möglich.
Eine Studie mit Hunden belegt, dass schon eine hohe Ausschüttung des Hormons Oxytocin nachgewiesen werden kann, wenn der Hund sein Herrchen nur durch eine Glasscheibe gesehen hat.
Bei den Pferden ist es nicht anders. Oxytocin wird auch als Glückshormon oder Kuschelhormon bezeichnet. Dieses Hormon basiert auf Vertrauen. Deshalb ist es ganz wichtig, dass man erst mal alles tut, damit sich das Pferd wohlfühlt, dass es beim Schlafen in die REM-Phase gelangen kann, dass seine Bedürfnisse erfüllt werden, dass er genug Futter bekommt, das es seine sozialen Kontakte pflegen kann, also am besten in einer Herde gehalten wird, wo es seine Dominanz-Spiele mit seinen Artgenossen spielen kann und natürlich, dass es sich ausreichend bewegen kann. Wenn all das gewährleistet wird, dann ist auch Lernen in einer entspannten Umgebung möglich. Das ist besonders bei traumatisierten Pferden wichtig.
BINDUNG ZWISCHEN ELTERN UND KINDERN
Die Bindung zwischen Eltern und Kindern ist anders als die zwischen Lebenspartnern, nicht gleichwertig beziehungsweise nicht gleichberechtigt. Sie ergibt ja auch nur dann wirklich Sinn, wenn die Eltern geistig und körperlich als überlegen wahrgenommen werden. Denn nur so können sie ihre Kinder vor Gefahren beschützen. Für alle Beteiligten ergeben sich eine Menge scheinbarer Vorteile aus der Bindung. Vor allem auch für die Eltern. Ihre Machtposition ist unangefochten. Sie werden nicht hinterfragt. Sie können sich eine wohlige Oxytocin Dosis holen, wann immer sie wollen. Sie erhalten in der Elternrolle Sinn und Bestätigung.
Diese Position ist einerseits essenziell und wichtig, andererseits so angenehm, dass Eltern regelrecht süchtig danach werden können. Wenn sie sich dessen nicht bewusst sind, werden sie zu überbehüteten, klammernden, ihren Kindern emotional erdrückenden, sogenannten „Helikopter Eltern“. Das Hormon Oxytocin ist eines der wichtigsten Botenstoffe für alle Säugetiere. Sowohl für den Mensch als auch Tier. Es ist auch bekannt als „Kuschelhormon“ oder das „Bindungshormon“. Eine zentrale Rolle spielt es, wenn es um das Wohlbefinden bei Tieren oder bei Menschen geht. Dieses Hormon ist gleichzeitig auch ein Neurotransmitter und hat damit eine Vielzahl an Wirkungen. Genauso wie das bei uns Menschen wirkt, ist es auch bei den Tieren.
Was genau ist ein Neurotransmitter?
Neurotransmitter sind die Stoffe, die Nervenzellen miteinander austauschen, um Signale weiterzugeben, wodurch sie Denken, Handeln und Gefühle steuern. Neurotransmitter findet man nicht nur im Gehirn, sondern sie sind etwa auch in der Steuerung der Blutgefäße beteiligt. Nervenzellen haben definierte Kontaktstellen, um Botenstoffe abzugeben.
STUTE UND FOHLEN
Jetzt schauen wir uns mal die Welt der Pferde an. In den ersten 2 Stunden nach der Geburt sind die wichtigsten Stunden eines neugeborenen Fohlens. In diesen zwei Stunden weiß es wer die Mutter ist, wer die Herde ist, dass die Box, sofern er in einer geboren wurde, der Sicherheitsbereich ist. Diese zwei Stunden sind die wichtigsten Stunden in der Prägungsphase eines Fohlens. Wenn also Deine Stute ein Fohlen erwartet, dann stelle sicher, dass Du bei der Geburt da bist. Denn jeder, der in der Prägungsphase anwesend ist, wird vom Fohlen als Herdenmitglied wahrgenommen. Kommst Du da zu spät, dann hast Du das Wichtigste verpasst. Das kannst Du nicht mehr rückgängig machen.
Als ich vor Fünf Jahren meine Friesen Stute tragend gekauft hatte, habe ich eine Woche vor der Geburt im Stall geschlafen. Da ich all meine Pferde bei mir zu Hause habe, stellte das kein Problem dar. Ich baute mit ein Gästebett in der Stallgasse auf und legte mir eine Heizdecke rein. Das ging dann schon. Für mich war es das wichtigste bei meinem Pferd zu sein. Als allererstes hatte ich Angst, da sie noch so Jung war. Und da es ihr erstes Fohlen war hoffte ich, dass alles ohne Komplikationen verlaufen würde. Sie war erst 3 Jahre alt, als sie ihr Fohlen bekam. Dort wo ich sie gekauft hatte, haben sich die Verkäufer absolut nicht um die Pferde gekümmert. Sie kamen in großer Anzahl mit dem Pferdetransporter an. Da ich einen Friesen kaufen wollte, bekam ich einen Tipp von einem Bekannten, das wohl in diesem Stall gerade viele Friesen angekommen sind. Er gab mir die Nummer. Ich wusste ja nicht was mich dort erwartete. Ich parkte dort das Auto in diesem großen Hof. Ich stieg aus. Es rannten ein Haufen Kinder kreuz und quer überall rum. Es war kalt, es zog überall. Ich sah ein Tor zum großen Stall und ging hinein. In dieser Stallgasse pfiff der Wind nur noch so durch. Ich sah rechts von mir zwei kleine Shettys, welche angebunden mit den Gesichtern zur Wand standen. Ich blieb eine Weile stehen. Keiner kümmerte sich um die angebundenen Ponys. Eines der Ponys hat sich mit dem Vorderhuf im Seil verfangen, und hing in einer unmöglichen Situation dort an dem Seil. Schnell griff ich ein und befreite das Pony aus dieser Lage. Ich nahm diese merkwürdige Situation zwar wahr, aber ich war irgendwie so perplex zu denken. Ich dachte mir nur, hier stimmt einiges nicht. Nach einigen Minuten wurde mir klar, dass diese Pferde hier nur eine „Sache“ sind, um Geld zu machen.
Niemand kümmerte sich hier um das Wohlergehen dieser Tiere. Es waren so viele. Ich ging die Gasse weiter entlang und drehte mich immer wieder noch nach den Ponys um. Sie hatten alle so einen toten Blick. Leblos. Wie Roboter. Ich kam in einen sehr großen Offenstall. Es war gut eingestreut. Viel Stroh. Da dachte ich mit, ja wenigstens etwas Positives. In dieser großen Halle waren mindestens 40 Pferde drin, sie hatten Zugang nach draußen. Alle diese Pferde standen zum Verkauf. Alle möglichen Rassen. Sie hatten genug Heu. Noch mal was Positives. Ich ging weiter und kam an ein kleineres Tor. Was ich da sah, schockierte mich völlig. Ich sah eine junge hübsche Frau, die auf einem Shetty ritt. Das Pony reiste den Kopf hoch, es war in Panik, sie prügelte auf das Pony mit der Gerte ein, weil es nicht vorwärts gehen wollte. Es war eiskalt draußen, stürmisch und es regnete. Das Pferd hatte solche Angst, es hatte Schmerzen von den Peitschenhieben von dieser Frau. Es verweigerte sich völlig. Diese Frau trat ihm ständig in den Bauch. Ich war wie gelähmt. Ich konnte mich nicht bewegen. Mit so was habe ich nicht gerechnet. Soviel Aggression und Gewalt habe ich einem Tier gegenüber noch nie gesehen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Zuerst versuchte ich mich wieder zu sammeln. Denn ich wusste, wenn ich jetzt Ruhe bewahre, kann ich eventuell etwas bewirken. Ich wartete auf die Frau im Stall, denn sie wollte mir das Pferd zeigen, für welches ich eigentlich gekommen war. Als sie fertig war mit dem armen Pony, kam sie freundlich lächelnd auf mich zu und begrüßte mich. Ich musste mich einfach nur wundern, wie ein Mensch sich so schnell verstellen kann. Von hochaggressiv zu super nett und freundlich.
Sie brachte mir die Friesen Stute aus der Gruppe heraus und band sie an. Ich sagte zu ihr, dass ich gerne mit dem Pferd ca. 2 Stunden alleine sein möchte. Sie hatte damit kein Problem. Ich brachte das Pferd in einen anderen Stalltrakt, wo niemand war. Kein Pferd, keine Menschen, einfach nur Ruhe. Sie war noch nicht mal 3 Jahre alt. Es wurde aber angegeben, dass sie geritten war. Ich holte mir das Putzzeug und wandte mich dem Pferd zu. Irgendetwas stimmte nicht. Sie war zu ruhig, Ihre Augen zu traurig, ja fast leblos. Hatte sie Schmerzen? Ich untersuchte sie und tastete sie überall ab. Mir fielen die offenen Wunden an den Hüftknochen auf. Sie genoss die Nähe und hing den Kopf tiefer. Als sie das tat, sah ich wie ihr sehr viel Eiter aus der Nase floss. Sehr viel. Ich holte aus dem Auto eine Zewa Rolle und Handschuhe und versuchte ihr zu helfen. Sie war krank. Sie kam mir auch irgendwie unförmig vor. Ich schaute unter ihren Bauch und sah das Euter. Prall. Sie war tragend! Kurz vor der Geburt! Ich dachte, ich krieg einen Schock. Das Tier hatte keine Ruhe. Ständiger Stress in dieser großen Herde, wo sich alle Pferde fremd waren. Ich war nur so enttäuscht von den Menschen. Kein Mitgefühl, nur emotionale Kälte. Ich rief die Frau sofort her und fragte sie, ob sie wusste, dass das Pferd kurz vor der Geburt steht. Sie verneine, nein das kann nicht sein, sagte sie. Als ich ihr das Euter zeigte, sagte sie nichts mehr. Sie schaute sich die Pferde gar nicht an bei Ankunft. Ich wollte alle Pferde sehen, welche mit dem gleichen Transporter gekommen sind. Ich musste mich sehr beherrschen, um nett zu sein. Mir ging es nur um die Pferde.
Sie brachte mich zu den anderen Friesen Stuten. Sie waren alle im selben Alter. Ich ging langsam auf die 10 Stuten zu. Fing an eine nach der anderen zu streicheln und anzuschauen. Alle waren tragend! Ich konnte ja nicht alle kaufen. So suchte ich das Gespräch mit der Frau und versuchte ihr Gewissen zu aktivieren sofern sie eins hatte. Ich sagte ihr, dass alle tragenden Stuten sofort aus der großen Herde genommen werden müssen. Jedes Tier braucht sofort eine einzelne Box zur Verfügung gestellt. Die Boxen sollten erst für die Pferde vorbereitet werden. Ich bot ihr meine Hilfe an. Sie wusste nicht, dass die Pferde tragend waren und war völlig überfordert.
Doch zu meinem Erstaunen hat sie alles sofort in die Wege geleitet, um alle Vorkehrungen zu treffen, die Tiere zu trennen. Ich sagte ihr, wenn sie das so lässt, werden die Fohlen von den fremden Pferden getötet. Sie haben keine Chance. Sie kannten sich alle nicht, es war zu viel Unruhe zwischen den Pferden. Ich ging so schnell wie möglich nach Hause und habe mit meinem Mann die Trennwände von Zwei Boxen herausgerissen, somit hatten wir eine 8x4 m große Abfohlbox errichtet. Mega dick Stroh habe ich eingestreut. Ich wusste nicht wie weit sie war. Ich rief den Tierarzt an und habe somit alles vorbereitet. Am nächsten Tag holte ich sie sofort von diesem schlimmen Ort ab und brachte sie nach Hause. Endlich hatte sie ihre Ruhe. Hier konnte ich qualitative Zeit mit meinem Pferd verbringen. Ich habe sie komplett in Ruhe gelassen. Ich wollte nichts von ihr. Da hat sie schon genug gehabt von den vielen Menschen, die ständig was von ihr wollten. Mir war es wichtig eine Bindung zu ihr aufzubauen. Als der Tierarzt sie dann untersuchte und mir alles dagelassen hat, was sie brauchte, konnte ich mich beruhigen. Das Fohlen lag in der richtigen Position, aber es kam zu früh. Verursacht durch den ganzen Stress. Hätte ich sie nicht rechtzeitig da rausgeholt, hätte das Fohlen dort keine Chance gehabt. Die Blase ging nicht auf. Da ich im Stall geschlafen hatte, konnte ich somit einspringen und habe die Blase aufgerissen und half den Beiden. Es war zu schwach aufzustehen. Die Beine waren noch deformiert. Er kam nicht hoch. Ein Friesen-Hengst-Fohlen. Ich nannte ihn Sisco. Es war 3 Uhr in der Nacht. Ich holte meinen Mann aus dem Haus, er musste mir helfen. Er kam sofort und wir haben zusammen das Fohlen gehoben und festgehalten, damit er saufen kann. Er konnte noch nicht alleine stehen. Das ganze ging dann ca. 3 Stunden. Dann endlich kam er etwas zur Kraft durch die Milch. Wir ließen die Beiden alleine und ich ging wieder in mein Bett in der Stallgasse, wo ich die Beiden im Auge hatte.
Die Mutter-Kind-Bindung ist eine der stärksten Bindungen.
Wie baut man denn eine Bindung zwischen Mensch und Pferd auf? Und welche verschiedenen Modelle gibt es da?
Die Führung in einer Pferdeherde basiert auf Vertrauen und Bindung, und nicht auf Dominanz. Man sollte sich darauf fokussieren, in einer Pferde – Mensch Beziehung auf Vertrauen, Geduld und Zeit einzusetzen. Hier beginnt der Aufbau von Vertrauen. Es gibt natürlich auch Fälle, wo Bindung mit einem Pferde nicht mehr, oder sehr schwer möglich ist. Die Bindung zu einem Lebewesen entsteht immer zuerst durch Interaktion, Berührung und Ansprache. Das Sozialverhalten der Pferde spielt hier eine ganz wichtige Rolle. Durch das gegenseitige Fellkraulen beispielsweise setzen die Pferde das Bindungshormon Oxytocin frei. Das kann man auch als Mensch tun, indem man das Pferd putzt und krault. Man verbringt einfach die wichtige qualitative Zeit mit seinem Pferd, ohne was von ihm zu verlangen. Schon alleine bei dieser Aktion versuche ich mein Pferd nicht anzubinden. Der Fokus liegt hierbei auf das freiwillige mitmachen und das freiwillige Zusammensein-wollen mit seinem Menschen. In dem Moment, wenn ich ein Seil benutze, habe ich das Pferd automatisch physisch an mich gebunden. Das Pferd bleibt stehen, weil es gerade nicht anders kann. Aber das Ziel liegt darin, ein Pferd dazu zu bringen freiwillig gerne Zeit mit Dir zu verbringen, anstatt mit der Herde. Du musst ihm wichtig sein. Bei Dir soll er sich so wohlfühlen, dass er Stunden mit Dir alleine verbringen möchte. Beim Kraulen und Streicheln entspannt sich das Pferd – das Bindungshormon Oxytocin beruhigt dabei den Herzschlag und wirkt auf die Stresssysteme der Säugetiere beruhigend und entspannend ein.
Bei Therapietieren kann man den Effekt beobachten, wo Interaktion zwischen Zwei Säugetieren zur Beruhigung führt. Bindung entsteht über positive Verstärkung, Klarheit und Vertrauen. Auch selbst für uns ist die Zeit in der wir mit unserem Pferd verbringen wertvoll und wichtig, denn unser Herzschlag verlangsamt sich und wir beruhigen uns. Diese Zeit ist notwendig, um beidseitig einen intensiven Vertrauensaufbau herzustellen. Bindung ist nichts was für immer existiert. Man muss immer daran arbeiten. Bindung ist auch nicht auf Personen übertragbar. Das muss immer von Neuem vollzogen werden. Wenn Du beispielsweise verreist bist und 3 Wochen nicht mehr im Stall warst, dann muss man wieder ein wenig daran arbeiten. Das geht nur, wenn Du präsent bist. Es ist auch sehr schwierig, wenn Du nur 1x pro Woche für 1 Stunde bei Deinem Pferd bist. Das ist zu wenig Zeit. Wenn Du Dir vorstellst, dass Dein Pferd auf jeder Schulter eine Uhr hätte. Die Uhr auf der linken Schulter zeigt an, wie viel Zeit Du mit ihm verbringst, wenn Du was von ihm willst, z.B. Satteln, reiten, arbeiten, ausreiten usw., und die Uhr auf der rechten Schulter zählt die Zeit, in der Du nur da bist und nichts von ihm willst. Ich spreche von der qualitativen Zeit. Einfach bei ihm zu sein, Dich in eine Ecke in der Box zu setzen, das Handy auszuschalten und warten bis das Pferd den ersten Kontakt herstellt. In dieser qualitativen Zeit hat das Pferd zum ersten Mal überhaupt die Möglichkeit selber zu entscheiden, ob er zu Dir kommen möchte oder nicht. Hierbei ist dann ganz wichtig und da gibt es eine Regel: Du berührst das Pferd nur dann, wenn es Dich zuerst berührt hat! Was denkst Du wie viel Zeit kannst Du denn auf Deinen beiden Uhren sehen? Denk mal darüber nach..
DIE QUALITATIVE ZEIT LÄUFT FOLGENDERMASSEN AB:
– Schaue dass Du alleine bist mit Deinem Pferd
– Setzte Dich in eine Ecke auf eine Strohballen oder ähnliches
– Sei völlig entspannt und warte ab
– Dein Blick ist dabei gesenkt und Du starrst das Pferd nicht dauernd an – Dauer der Aktion 30 min.
– Hab Geduld
– Wenn das Pferd in der Zeit zu Dir kommt und Dich berührt, dann gibst Du diese Berührung zurück und nimmst Deine Hand wieder weg.
– Du sprichst in dieser Zeit nicht mit Deine Kollegen
– Diese Zeit ist nur für Dich und Dein Pferd
– Kommt das Pferd in dieser Zeit gar nichts Dir, dann stimmt etwas nicht in der Beziehung zwischen Euch.
– Arbeite weiter an der Verbindung.
Ich habe schon oft erlebt, wenn ich zum Coaching gebucht wurde, dass das Pferd gar nichts mit seiner Besitzerin zu tun haben wollte. Oft verließen die Besitzerinnen total enttäuschen und heulend die Box. Hier kommt dann schon die Wahrheit ans Licht. Das ist etwas, was völlig freiwillig von dem Tier kommen muss. Das kann man nicht erzwingen. Hier fängt alles an und an dieser Sache musst Du dran bleiben. Wenn wir uns nun wieder dem Psychiater und Pionier der Bindungsforschung John Bowlby widmen, der anhand von verschiedenen Versuchen mit zwei-bis dreijährigen Kindern vier verschiedene Bindungstypologien bei der Mutter-Kind-Bindung nachweisen konnte.
Sichere Bindung
Das Kind sucht in einer unsicheren Situation rasch Schutz und Trost bei der Mutter und lässt sich von ihr leicht beruhigen. Solche Kinder können Nähe und Distanz angemessen regulieren.
Unsicher – Vermeidende Bindung
Kinder mit einer solchen Bindung zeigen kaum Anzeichen von Verlust bei Weggang der Mutter. Kehren die Mütter in den Raum zurück, werden sie o Kind entweder ignoriert oder gemieden. Sie zeigen eine Pseudo-Unabhängigkeit von ihrer Mutter und beschäftigen sich häufig mit Spielzeug oder anderen Stresskompensationsstrategien.
Unsicher – ambivalente Bindung
Das Kind zeigt widersprüchliche Verhaltensweisen beim Weggang der Mutter und lässt sich von einer fremden Person kaum beruhigen.
Unsicher – Destruktive Bindung
Kinder mit diesem Bildungsmuster zeigen desorientiertes, nicht auf Bezugspersonen bezogenen Verhalten wie Panikausbrüche und extreme Angst, verstecken sich unter dem Tisch oder zeigen Verhaltensweisen zur Stressregulierung wie Schaukeln oder Wippen, Verhaltensweisen die für den Parasympathikus, der für Stressregulierung zuständig ist, ansprechen. Diese Verhaltensweisen kennen wir auch von gestressten und / oder verängstigten Säugetieren (z.B. Weben beim Pferd). Auf die stereotypischen Verhaltensmuster gehe ich in meinem letzten Buch „Pferdepsychologie – was du wissen musst, um mich zu verstehen“ gezielter ein. Pferde sind kognitiv in etwa auf demselben Stand wie ein zwei- bis dreijähriges Kind.