Читать книгу Die Brautflüsterin - Sanna Lindström - Страница 8

»Vill du gifta dig med mig?«

Оглавление

Simon

Schon am ersten Morgen, nachdem ich Sanna getroffen hatte, wusste ich, dass ich sie heiraten wollte. Ich war unendlich verliebt. So jemanden wie sie hatte ich noch nie kennengelernt. Als wir uns nach den drei gemeinsamen Tagen in Nha Trang trennten, vermisste ich sie sofort. Doch sie ließ mich, wenn auch unbeabsichtigt, eine ganze Weile zappeln, bevor sie auf meine Nachrichten antwortete. Glücklicherweise fanden wir nach unseren Reisen so schnell wieder zusammen wie am ersten Abend. Schon nach wenigen Monaten Fernbeziehung sagten wir uns mal mehr und mal etwas weniger offen, dass wir für immer zusammenbleiben wollten. Wir sprachen nicht direkt darüber, aber in Nebensätzen fielen diese Worte. Uns beiden war klar, dass wir etwas sehr Besonderes gefunden hatten. Dementsprechend litten wir enorm unter der Situation, dass wir nicht zusammenwohnten. Nicht mal im selben Land. Die Zeit zwischen unseren Wiedersehen war jedes Mal gleich schwer. So schwer, dass es Abende gab, an denen wir Skype über Nacht einfach laufen ließen, nachdem wir stundenlang gesprochen hatten. Wir schliefen dann mit der Gewissheit ein, dass der andere auf irgendeine Art trotzdem anwesend war, wenn auch nicht physisch. In mir wuchs der Wunsch, Sanna einen Heiratsantrag zu machen. Ich hatte so sehr das Bedürfnis, ihr zu zeigen, dass ich es wirklich ernst meinte. Doch lange traute ich mich nicht. Ich wollte sie damit nicht so früh überfahren, sie gar vergraulen. Wir waren uns im Juni 2011 das erste Mal begegnet. Im Februar 2012 trafen wir uns in Ko Mak in Thailand. Sanna war zuvor als Backpackerin in Indien unterwegs gewesen, und ich hatte mich unendlich darauf gefreut, sie während ihrer Reise für zwei Wochen in Thailand wiederzusehen. Schon vor meiner Abreise sprach ich mit Freunden über das Thema Verlobung. Ich hatte die Idee, dass das Wiedersehen in Thailand ein wunderbarer Moment für einen Antrag wäre. Doch was, wenn sie denken würde: »Oh Mann, wir sind erst ein paar Monate zusammen, und jetzt kommt er damit schon an!« Meine Sorge vor dieser oder einer ähnlichen Reaktion war so groß, dass ich mich entschied, ihr diese eine Frage zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu stellen. Dennoch gab es in Thailand einen besonderen Moment. Sanna sprach noch kein Deutsch, weshalb wir Englisch miteinander redeten. Eines Abends standen wir auf einem Steg am Meer. Ich weiß noch, wie verliebt wir waren. Wir erlebten einen wahnsinnigen Glücksmoment. Ich weiß nicht mehr genau, wie mein Wortlaut damals war, aber ich sagte in etwa das zu ihr: »Ich liebe dich jetzt schon so sehr, dass ich dich sofort heiraten könnte …« Ich sagte es auf Deutsch, weshalb sie es nicht verstand. Aber ich platzte fast vor Liebe, und deshalb musste es einfach raus. Sie musste in etwa gespürt haben, was ich gesagt hatte, denn nach einer Weile erwiderte sie, dass sie das auch möchte. Dieser Moment war wie eine heimliche Verlobung, ohne dass es offiziell war. Uns beiden wurde in diesen besonderen Minuten klar: Wir werden auf jeden Fall heiraten. Das intensivierte unsere Beziehung extrem.

Einige Monate später kam Sanna für ein paar Monate nach Deutschland. Sie steckte in einer Krise, weil sie nicht wusste, ob sie ihr Studium fortführen sollte oder nicht. Sie hatte sich eine Auszeit genommen, um in Ruhe darüber nachzudenken. Sie belegte einen Sprachkurs, und wir genossen die gemeinsame Zeit. Es war das erste Mal, dass wir so lange am Stück zusammenleben konnten. Wir hausten sehr spärlich, hatten kaum Geld. Aber wir waren so glücklich wie nie. Erneut wurde uns bewusst, wie wichtig es war, dass wir festhielten, was wir aneinander gefunden hatten. Wieder dachte ich ständig daran, ihr einen Antrag zu machen. Der Gedanke war nie weg gewesen, aber jetzt ließ er mich gar nicht mehr los. Ich beschloss, dass ich nicht mehr warten wollte.

Als Sanna das erste Mal zu mir nach Deutschland kam, verbrachten wir einen wunderschönen Morgen auf einer großen Wiese. Kein Mensch weit und breit. An diesem Tag frühstückten wir zusammen, und es war so schön, dass wir beide diesen Moment nie vergessen haben. Das sollte der Ort sein, an dem ich sie fragen würde. Auch ein Datum hatte ich schon: der erste Oktober. An diesem Tag waren wir im Jahr zuvor so richtig offiziell zusammengekommen.

Bevor ich ihr jedoch die Frage aller Fragen stellte, war für mich klar, dass ich zuvor mit ihrer Familie sprechen musste, die ich mittlerweile sehr gut kannte. Von der Uni aus rief ich ihre Mutter an. Als ich ihr eröffnete, was ich vorhatte, war sie erst geschockt, dann reagierte sie überglücklich. Danach rief ich ihre Brüder an. Auch sie freuten sich sehr. Der Einzige, den ich nicht erreichen konnte, war Sannas Vater. Er hielt sich gerade auf einer Ärztekonferenz in Los Angeles auf. Als der Morgen unseres ersten Jahrestages anbrach, hatte ich es immer noch nicht geschafft, ihn ans Telefon zu bekommen. Also musste es auch so gehen. Es war richtig schönes Wetter. Ich wusste: Sanna ist keine Frau, die das ganz große Kino braucht. Während andere es toll finden, vor Tausenden von Menschen in einem Fußballstadion gefragt zu werden, ist Sanna jemand, die das Private, Persönliche vorzieht. Es sollte also einfach unser Moment werden. Ich schlug ihr vor, mit einem Picknickkorb zu unserer Wiese zu gehen. Ich fragte sie, ob wir vielleicht einen Schampus oder irgendetwas anderes Verrücktes mitnehmen sollten, aber sie winkte ab. »Mist!«, dachte ich, aber ich wollte auch nicht zu auffällig sein. Ich war extrem nervös. Heimlich hatte ich vorher alles geplant: Ich hatte bei unserem letzten Besuch in Schweden einen Ring ihrer Mutter ausgemessen, von dem ich wusste, dass Sanna ihn ab und an trug, weil sie ihn so schön fand. Den Verlobungsring für Sanna hatte ich dann extra in dieser Größe anfertigen lassen. Ein gewisses Risiko, ich weiß. Auch hatte ich die Frage »Willst du mich heiraten?« auf Schwedisch eingeübt. Mir lag es am Herzen, Sanna in ihrer Muttersprache diese so besondere Frage zu stellen. Und mal ehrlich, ein »Hey, wanna marry me?« auf Englisch klang einfach nicht so gut. Das Schwedische »Vill du gifta dig med mig?« erschien mir deutlich passender. So lagen wir auf der Wiese und redeten und redeten. Es war wunderschön. Die ganze Zeit versuchte ich, den richtigen Moment zu finden. Ich war unglaublich aufgeregt. Irgendwann, Sanna lag auf dem Rücken, und ich lehnte seitlich neben ihr, lenkte ich das Gespräch auf die schwedische Sprache. Ich sagte Sanna, dass ich unbedingt Schwedisch lernen wollte. Ich begann, sie nach Worten zu fragen.

»Was heißt Sonne?«

»Sol.«

»Und Wolken?«

»Moln.«

Währenddessen fummelte ich heimlich in der Tasche nach dem Verlobungsring. Als ich ihn zu fassen bekam, sagte ich zu Sanna:

»Ja, weißt du, ein bisschen was habe ich schon auf Schwedisch gelernt.«

»Ach ja?«, sagte sie.

»Ja. Es gibt einen Satz, den wollte ich unbedingt können.«

Schon bei diesen Worten hatte ich Angst, dass das überaus laute und nervöse Pochen in meiner Brust mich verraten würde. Was war ich aufgeregt …

Dann fragte ich sie.

Und Sanna sagte »Ja«.

Mein Antrag hatte Sanna fix und fertig gemacht. Sie hatte nicht damit gerechnet und weinte die ganze Zeit vor lauter Freude. Vor allem als ich ihr dann noch erzählte, dass ich zuvor mit ihrer Familie gesprochen hatte. Es war einer der schönsten Momente meines Lebens – unseres Lebens. Wir waren ganz für uns. Wir lagen noch ewig auf dieser Blumenwiese, die Sonne strahlte mit uns um die Wette, und wir fingen an zu planen. Und ja: Es war nicht spektakulär. Es gab kein Venedig mit Gondeln, keine applaudierende Menge oder die Aussicht vom Empire State Building. Aber es war genau richtig. Es war unser Moment.

Abends gingen wir in unserem Lieblingsrestaurant essen. Vorher erreichte ich dann tatsächlich noch ihren Vater. Obwohl wir uns bereits verlobt hatten, bat ich ihn um die Hand seiner Tochter. Dabei entstand dann noch ein ganz witziger Moment. Sannas Vater, der noch keine Ahnung hatte, dass alles längst vorbei war, reagierte nämlich mit folgenden Worten: »Oh! Bist du sicher, dass Sanna das auch wirklich möchte?« Als ich die Situation auflöste, lachten wir sehr, und er freute sich riesig. Ganz wie Väter sein sollten, gab er mir noch ein paar Worte über die Liebe mit auf den Weg, die mich sehr inspirierten. Und übrigens: Der Ring passte wie angegossen!

Die Brautflüsterin

Подняться наверх