Читать книгу Come on, Tiger! - Sara-Maria Lukas - Страница 7

Kapitel 3

Оглавление

Amüsiert betrachtete Mason sein Spiegelbild. Er trug Arbeitsjeans und ein Sweatshirt von Logan. Beides hatte Cat aus dem Wäschekorb neben der Waschmaschine gefischt. Da der ehemalige Boxer breiter und größer war als Mason, saßen die Klamotten mehr als locker an seinem Körper. Dazu hatte er ausgeleierte Joggingschuhe von Ian an, die ihm zu eng waren, deswegen hatten die Frauen sie vorn aufgeschnitten. Aber das Beste war sein Gesicht. Den Frauen hatte es riesiges Vergnügen bereitet, ihn seiner Rolle entsprechend herzurichten. Die Haare waren mit Gel verklebt, sodass sie wirkten, als hätte er sie seit Wochen nicht gewaschen. Das passte auch zu dem Dreitagebart am Kinn, den er sich, dem Urlaub angemessen, hatte wachsen lassen. Zusätzlich hatte Annabell ihn um die Augen herum gräulich dunkel geschminkt, damit er krank und ausgemergelt wirkte.

„Können wir los?“, fragte Steven und klimperte mit dem Autoschlüssel. „Wenn ihr noch lange an ihm herumbastelt, sind wir umsonst so früh aufgestanden.“

„Yes, we can!“, tönte Emma im Stil von Obama und grinste Mason an. „Wenn ich dich auf der Straße treffen würde, würde ich dir einen Fünfer zustecken. Du siehst echt mitleiderregend aus.“

Cat deutete auf die Hose. „Stevie, vielleicht solltest du eine Decke auf deinen gepflegten Autositz legen, bevor Mason sich reinsetzt. Die Hose ist voller Staub und Leimreste. Es könnte auch etwas Pferdemist drinstecken. Logan hatte sie an, als er letzte Woche eine Stalltür für mich repariert hat.“

Steven verdrehte die Augen. „Ich hasse Pferdegestank.“

Mason griff sich die fleckige große Einkaufstasche, in der sie seinen Proviant für den Tag unter einer alten Decke verstaut hatten, und sie verließen gemeinsam das Haus.

Eine Stunde später bremste Steven das Auto in der Nähe seiner Firma, lenkte es an den Straßenrand und ließ Mason aussteigen. Es war erst fünf Uhr dreißig am Morgen. Sie waren so früh dran, um auf keinen Fall etwas zu verpassen, was sich vor dem allgemeinen Arbeitsbeginn auf oder vor dem Firmengelände abspielte.

Als Stevens Auto verschwunden war, sah Mason nach rechts und links, um sich zu orientieren. Zum Glück hatte er am Vorabend die Idee gehabt, sich Straßen und Plätze bei Google Maps anzuschauen und einzuprägen, so konnte er sich jetzt halbwegs zurechtfinden. Er entschied sich für rechts und schlenderte los.

In der Nähe der durch das hohe Schiebetor verriegelten Einfahrt setzte er sich auf die Treppenstufen eines Hauseingangs und zog sein von Cat liebevoll verpacktes Frühstück aus der Tasche. Nach und nach trudelten die Mitarbeiter der Carter GmbH ein und betraten das Firmengelände durch die kleine Tür, die in das große Tor integriert war. Niemand beachtete Mason.

In einer Metropole wie Hamburg war zu jeder Tageszeit was los. Autos, Fahrradfahrer und Fußgänger kamen vorbei, da fiel ein Penner nicht weiter auf.

Gegen sieben Uhr kam der Lkw mit dem erwarteten Container aus China die Hauptstraße entlang. Er blinkte und bog ab, das große Tor wurde aufgeschoben und er fuhr hinein. Ab jetzt wurde es interessant.

Eine Viertelstunde später rollte der Lieferwagen einer Wäscherei auf das Gelände der Carter GmbH. Wenige Minuten später fuhr er wieder heraus. Mason fotografierte ihn mehrmals unauffällig mit dem Handy.

Ein Getränkelieferant bog auf das Gelände ab. Erneut machte Mason Bilder.

Kurz nachdem das Getränkeauto wieder abgefahren war, hielt ein alter Passat Kombi an der Straßenecke und zwei Männer stiegen aus. Mason fotografierte sie. Das Auto fuhr weiter, und die Typen überquerten die Straße, bogen in eine Seitenstraße ab und entfernten sich. Die waren wohl eher nicht interessant. Er löschte die Aufnahmen wieder.

An einer Bushaltestelle versammelten sich nach und nach mehrere Leute, der Bus kam, einige stiegen aus, die anderen ein, der Bus fuhr ab, die Menschen liefen in verschiedene Richtungen davon.

Dann rollte eine dunkle Limousine mit getönten Scheiben heran und hielt neben der Einfahrt zur Carter GmbH. Mason richtete sich etwas auf. „Das könnte interessant sein“, murmelte er und machte unauffällig mehrere Fotos. Einer der Lagerarbeiter schlenderte näher und im Auto wurde eine der hinteren Scheiben heruntergefahren. Mason stand auf, bewegte sich zu einem Mülleimer am Mast eines Hinweisschildes und sah hinein, als würde er nach Pfandflaschen suchen. So schaffte er es, die Gesichter der Männer zu fotografieren, während der Arbeiter mit dem Mann in der Limousine redete.

Das Gespräch dauerte nur wenige Minuten, dann fuhr das Auto los und entfernte sich schnell.

Der Lagerarbeiter lief zurück in die Halle.

Mason lehnte sich an eine Hauswand und öffnete die Fotogalerie seines Telefons. Mit Daumen und Zeigefinger zog er die letzten Bilder größer. Bingo. Nicht nur das Nummernschild war gut zu erkennen, sondern auch die Gesichter der Männer. Der Typ im Auto trug einen Businessanzug. Auf einem Bild hob er den Arm und eine protzige Uhr glitzerte an seinem Handgelenk.

„Ich fresse einen Besen, wenn der Typ ein seriöser Geschäftsmann ist“, murmelte Mason und musste gleichzeitig grinsen. Zum Glück hörte das niemand aus der Familie, denn die Frauen der Carterbrüder würden ihn sonst vermutlich mit Freude ans Andreaskreuz fesseln und ihm einen von Cats Stallbesen vors Maul halten, um ihn zu zwingen, seiner Aussage auch Taten folgen zu lassen, sollte der Mann doch harmlos sein.

Mason beschloss, sich dem Tor zu nähern, dort das mitgebrachte Bier zu trinken und auf eine Gelegenheit zu warten, um den Lagerarbeiter in ein Gespräch zu verwickeln.

*

Gut gelaunt lief Antonia den Bürgersteig entlang. Es war kurz vor zehn, und da auf sie keine dringenden Aufgaben warteten, brauchte sie sich nicht zu beeilen. In ihrer Position musste sie sich schon lange nicht mehr an feste Arbeitszeiten halten. Gab es aktuelle wichtige Projekte, war sie im Büro, ohne auf die Uhr zu sehen und auf pünktlichen Feierabend zu bestehen. Überstunden glich sie aus, wenn es passte. Sie engagierte sich gern im Büro, denn sie liebte ihren Job und die damit verbundene Flexibilität. Die Carter GmbH war für sie schon lange nicht mehr nur ein Arbeitgeber, sondern es war ihre Firma, die ihr am Herzen lag und mit der sie sich identifizierte.

An diesem Morgen war sie vor der Arbeit noch in einem Reisebüro gewesen, um sich über die Preise für Flüge in die USA zu informieren. Sie wollte im nächsten Urlaub endlich Hollywood kennenlernen.

Der kürzeste Weg ins Büro führte durch den Hof und die Lagerhalle. Das riesige, massive Schiebetor stand weit offen und sie lief hindurch. Aus den Augenwinkeln entdeckte sie einen Mann, der dicht neben der Einfahrt auf dem Boden saß, eine Bierflasche in der Hand hielt und in einer Zeitung blätterte. Vor ihm auf dem Pflaster stand eine geöffnete, verbeulte Blechdose.

Sie blieb stehen und ging dann die paar Schritte zurück. Auf den ersten Blick wirkte der Mann wie ein bettelnder Obdachloser, doch an dieser Stelle kamen keine Passanten vorbei, die ihm ihr Kleingeld geben würden. Sein Aufenthalt hier musste einen anderen Grund haben. Vielleicht wartete er auf eine Gelegenheit, auf das Gelände zu gelangen, um etwas zu stehlen.

Sie stellte sich vor ihn, verschränkte die Arme vor der Brust und räusperte sich. „Entschuldigung.“

Er ließ die Zeitung sinken und hob den Kopf. „Ja?“ Sein Gesicht wirkte ungesund grau, die Haare waren verklebt, aber der Blick aus seinen Augen war erstaunlich klar und direkt.

„Sie können hier nicht sitzen“, sagte Antonia.

Er zog seine Augenbrauen hoch. „Ach nein?“

„Dies ist Privatbesitz und das Betreten ist nur berechtigten Personen erlaubt.“

Er sah in aller Ruhe nach rechts und links. „Soweit ich das beurteilen kann, befinde ich mich außerhalb des Grundstücks auf der Straße.“

Irgendetwas stimmte mit dem Kerl nicht. Seine Stimme war angenehm tief und kräftig und sein Benehmen viel zu gelassen und selbstbewusst für einen heruntergekommenen Alkoholiker. So krank, wie er aussah, benahm er sich nicht. Seine Art, zu sprechen, irritierte sie ebenfalls. Er betonte die Worte wie ein Ausländer, der eine Fremdsprache spricht, doch die Grammatik und die Vokabeln stimmten.

„Auch die Zufahrt gehört zur Firma. Es ist ein Privatweg. Vorne an der Straße steht ein entsprechendes Hinweisschild.“ Sie schüttelte den Kopf. „Was wollen Sie überhaupt hier?“

„Ich bin mit einem Freund verabredet.“

Sie hob die Hand. „Sie müssen gehen. Schon allein aus versicherungstechnischen Gründen. Sollte Ihnen hier ein Unfall passieren, wäre unsere Firma haftbar, aber da Sie kein Mitarbeiter sind …“

Er stand auf und ragte plötzlich so bedrohlich groß und breitschultrig vor ihr auf, dass sie vergaß, was sie sagen wollte.

„Schon gut, Lady. Ich bin schon verschwunden“, knurrte er deutlich genervt und griff nach der ausgebeulten Einkaufstasche mit seinen Habseligkeiten und der Blechdose. Als er die Tasche öffnete, um die Dose einzustecken, sah Antonia einen kurzen Moment lang ein modernes, neuwertiges Smartphone in einer schicken Lederhülle darin liegen. So ein Telefon und so eine Hülle waren teuer. Dieser Mann hatte das garantiert nicht gekauft. Sie fühlte sich in ihrem Verdacht bestätigt, dass er hier herumlungerte, um zu stehlen. Vielleicht hatte er auf eine Gelegenheit gewartet, um in die Halle zu schlüpfen, die Umkleidebereiche der Mitarbeiter zu suchen und die Spinde zu knacken.

Er drehte sich um und schlenderte in Richtung Straße davon.

*

Fuck, was war das denn für eine arrogante Zicke? Fluchend entfernte sich Mason vom Eingangstor der Carter GmbH. Die blöde Kuh würde noch alles versauen! Ihr dämlicher Auftritt hatte viel zu viel Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt. Sollte er Steven anrufen, damit er die Tussi zurückpfiff?

Eigentlich hatten sie absolutes Stillschweigen vereinbart. Schließlich sollte ein eventueller Komplize der Schmuggler innerhalb der Belegschaft nicht gewarnt werden. Nein, er würde abwarten.

Diese Frau benahm sich ungewöhnlich. Eigentlich sollte es einer Büromitarbeiterin scheißegal sein, ob ein Obdachloser am Tor auf der Straße sitzt. Doch ihr war es nicht egal gewesen. Vielleicht war ausgerechnet diese Frau die Komplizin, die ihn vom Tor verjagte, damit er nichts beobachtete, was ihre Verbrechen stören könnte. Er würde sich ihr Gesicht auf jeden Fall merken. Ein nicht unattraktives Gesicht. Es war eher rundlich. Sie hatte volle Lippen und große Augen. Die braune Kurzhaarfrisur passte perfekt zu ihrem sportlich drahtigen Körperbau und der kleinen Stupsnase. Würde sie als Gast in seinen Club kommen, wäre es ihm eine Freude, ihr die aufgesetzte Arroganz höchstpersönlich auszutreiben. Mason hatte es schon immer besonderen Spaß bereitet, hart und stark wirkende Frauen in die Freuden der Unterwerfung einzuweihen.

*

„Ich gehe rüber zum Bäcker, soll ich euch etwas mitbringen?“

Steven, Emma und Felix, Emmas persönlicher Assistent, saßen im Konferenzraum zusammen, um eine neue Kampagne zu planen. Sie sahen auf, als Antonia von der Tür aus ihre Frage stellte.

„Nein danke“, sagte Emma und die beiden Männer schüttelten ebenfalls mit dem Kopf und murmelten Absagen.

„Okay, dann bin ich jetzt für eine Stunde weg und genieße das schöne Wetter.“

Die drei nickten nur. Sie hatten sich längst wieder über ihre Unterlagen gebeugt.

Antonia verließ das Firmengebäude durch den Vordereingang und wählte einen Umweg, um ein Stück an der Elbe entlangzuspazieren. Die Sonne schien jetzt um die Mittagszeit herrlich warm auf sie herab, und ihre Strahlen ließen das Wasser des Flusses rechts von ihr so hell glitzern, dass sie ihre Sonnenbrille aus der Tasche holte und aufsetzte.

Am Schiffsanleger stiegen Touristen über die Gangway in eine der Barkassen, um eine Hafenrundfahrt zu machen. Ab und zu gönnte sich auch Antonia dieses Vergnügen, denn sie liebte es, die großen und kleinen Schiffe aus der ganzen Welt zu betrachten, die in Hamburg anlegten.

An einer Ampel überquerte sie die Hauptstraße, wanderte eine Querstraße entlang und erreichte eine der großen Filialen der Stadtbäckerei. Sie beschloss, sich ein mit Käse überbackenes Baguette zu bestellen.

Nachdem sie am Tresen ihre Mahlzeit und einen Kaffee in Empfang genommen hatte, schlenderte sie wieder hinaus, stellte sich an einen der Stehtische auf dem Bürgersteig und beobachtete das Treiben um sich herum, während sie ihr Essen genoss.

„Sich zweimal über den Weg zu laufen, ist kein Zufall, das muss Schicksal sein“, sagte plötzlich eine tiefe Stimme neben ihr und sie sah auf. Ein Mann in einem Anzug mit kurzen dunkelbraunen Haaren, einem eher rechteckigen Gesicht, ausgeprägtem Kiefer und schmalem Kinn sah schmunzelnd auf sie herab.

„Bitte?“ Sie musterte ihn. Er kam ihr bekannt vor, irgendwo hatte sie den Mann schon mal gesehen. Vielleicht war er ein Kunde der Carter GmbH? Er wirkte auf den ersten Blick gepflegt und selbstsicher, nicht wie ein Befehlsempfänger, sondern wie ein Mann, der es gewohnt war, die Fäden selbst in der Hand zu halten.

„Wir sind uns vor einigen Tagen schon mal begegnet. Sie waren mit einer blonden Frau zusammen, haben Cocktails getrunken und meinen Freund und mich rüde abblitzen lassen“, erzählte er gelassen und steckte eine Hand in die schräge Tasche seiner Anzughose.

Vor Antonias innerem Auge blitzten Bilder auf. Sie erinnerte sich an den charmanten, fröhlichen, blonden Typen und seinen mürrisch wirkenden Freund. „Oh … ähm … ja, ich erinnere mich.“

Er zwinkerte. „Zum Glück. Wenn nicht, würde ich ernsthafte Komplexe bekommen.“

Ihre Augen wanderten an seinem Körper hinunter und wieder hinauf. „Ich denke, die Gefahr besteht nicht.“

Er lachte. „Danke. Ich mag selbstbewusste Frauen.“

„Bitte sehr.“

„Würden Sie mir die Freude machen und heute Abend mit mir essen gehen?“ Er sah ihr so direkt in die Augen, dass sie es fast schon als unhöflich empfand, doch in Antonias Bauch entstand ein Kribbeln. Er benahm sich so, als wäre er es gewohnt, Angelegenheiten kompetent zu regeln und die Führung zu übernehmen, und darauf reagierte ihr Körper, denn sie stand auf dominante, selbstbewusste Männer. Sie öffnete den Mund, um ihm eine Absage zu erteilen, aber dann hörte sie Lillys Stimme in ihrem Kopf: Wenn du weiterhin alle Männer verscheuchst, bevor sie überhaupt die geringste Chance haben, dich kennenzulernen, wirst du einsam alt werden, Chérie. Denk darüber nach.

Sollte sie es wagen? Er wirkte entspannter und deutlich weniger mürrisch als an dem Abend im Restaurant. Seine Augen gefielen ihr. Sie wirkten warm, obwohl er ihr so direkt ins Gesicht sah. Er war keiner der typischen Aufreißer, an denen sie definitiv null Interesse hatte, sondern … besonders. Antonia fand kein treffenderes Wort, um ihn zu beschreiben. Seine Erscheinung war gepflegt, er wirkte so, als wäre er Erfolge im Leben gewohnt. Kein Zweifel, dieser Mann war ein Typ, auf den ihre Libido ansprach. So einer würde sicher nie zu einem nervenden Anhängsel mutieren.

Er hob eine Augenbraue, als wäre er irritiert, und ihr wurde klar, dass er wartete und sie ihm endlich antworten sollte.

Lilly hatte recht. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. „Okay.“

Seine zweite Augenbraue wanderte hoch. „Einfach so … okay?“

Sie nickte. „Einfach so. Ich gehe heute Abend mit Ihnen essen.“

„Wow. Das nenne ich eine unverschnörkelte klare Antwort. Sehr angenehm.“

Sie lachte. „Ich muss allerdings bis neunzehn Uhr arbeiten.“

„Das trifft sich gut, früher könnte ich auch nicht. Wie wäre es, wenn wir uns einfach genau hier wieder treffen?“

Antonia nickte. „So machen wir es.“

„Neunzehn Uhr fünfzehn?“

„Okay.“

„Sehr schön.“ Er hob kurz die Hand zu einem Gruß und schlenderte davon.

Antonia sah ihm nach und schüttelte den Kopf. Sie war mit einem Mann zum Essen verabredet und wusste nicht mal seinen Namen. Er hatte sich nicht vorgestellt und ihr war das bis jetzt nicht aufgefallen. Wie dämlich. Sollte sie ihn versetzen? Vielleicht täuschte seine charmante Art und er war ein Gewaltverbrecher.

Nein. Es war nur ein Essen in der Öffentlichkeit, kein privates Treffen, das gefährlich werden könnte, und der coole Charme des Typen machte sie an. Wenn er ihr bei näherem Kennenlernen nicht mehr sympathisch war, würde sie nach dem Restaurantbesuch mit einem Taxi nach Hause fahren und ihn nie wiedersehen. Sie ging wirklich kein Risiko ein.

*

Mason lehnte an der Wand einer Bushaltestelle gegenüber der Bäckerei und beobachtete, wie der Typ, den die Zicke aus dem Büro gerade getroffen hatte, verschwand. Er hatte die beiden fotografiert und war ganz sicher, dass es der gleiche Mann war, der am Morgen mit dem Lagerarbeiter gesprochen hatte.

Er hatte den richtigen Riecher gehabt. Die arrogante Tussi steckte mit drin. Er wählte Stevens Handynummer und sein Cousin meldete sich schnell.

„Hi, Mason. Was gibt’s? Hast du etwa schon was rausgefunden?“

„Eine Mitarbeiterin aus deinem Büro steckt anscheinend mit drin.“

Etwas klirrte, als ob Steven eine Kaffeetasse ruckartig wieder auf die Untertasse stellen würde. „Was? Wer?“

„Sportliche Figur, kurze braune Haare, selbstbewusst, eher rundes Gesicht und große braune Augen. Sie trägt eine gelbe Bluse, einen blauen Blazer, einen engen, knielangen Rock und Schuhe mit kleinem Absatz.“

„Das muss Antonia Ludwig sein. Was ist mit ihr?“

„Ich habe sie gerade beim Bäcker beobachtet. Sie hat sich hier mit einem Typen getroffen, den ich heute Morgen schon mal gesehen habe. Da ist er mit einer Limousine an das Firmentor gefahren und hat mit einem deiner Lagerarbeiter gesprochen.“

„Und den gleichen Mann hast du jetzt mit Antonia gesehen?“

„Yes.“

„Dafür gibt es garantiert eine harmlose Erklärung. Nach deiner Beschreibung kann es nur Antonia sein, aber die spielt kein falsches Spiel. Die ist seit vielen Jahren eine meiner wichtigsten Mitarbeiterinnen und hundertprozentig loyal.“

„Vielleicht täuschst du dich in ihr oder sie wird mit irgendetwas zur Mitwirkung erpresst. Der Knabe trat wie der Prototyp eines eitlen Affen des organisierten Verbrechens auf.“

Steven schnaubte. „Du musst dich irren. Antonia war immer zuverlässig und ehrlich. Wir haben ein sehr gutes Verhältnis miteinander, sie hat sich mit Emma auch schon privat getroffen. Würde sie erpresst, würde sie mit mir reden.“

„Da bist du dir ganz sicher?“

„Hundertprozentig. Was genau hast du beobachtet?“

„Sie ist vorhin nicht auf direktem Weg zum Bäcker gegangen, sondern über einen Umweg. Sie setzte eine große Sonnenbrille auf, und beim Bäcker hat sie sich etwas zu essen gekauft und ist damit nach draußen gegangen. Sie hat sich an einen Stehtisch auf dem Fußweg gestellt. Es sollte garantiert so aussehen, als käme der Typ zufällig vorbei. Sie wechselten nur ein paar Worte, dann lief er weiter. Stevy, glaub mir, da wurden heimlich Informationen ausgetauscht. Vielleicht hat sie dem Knaben sogar eine Keycard zugesteckt.“ „Verflucht!“ Steven stöhnte genervt. „Sobald sie wieder im Büro ist, werde ich sie fragen.“

„Nein. Warte noch. Lass sie mich noch eine Weile im Auge behalten. Ich folge ihr, wenn sie Feierabend hat. Ruf Tyler an. Er soll heute Nacht euer Firmengelände im Auge behalten. Wenn die beiden was abgesprochen haben und sie ihm den Zugang zum Lager ermöglicht, wird es heute Nacht passieren. Ich schicke euch gleich alle Fotos, die ich gemacht habe. Vielleicht kann Tyler auch seinen Kontakt bei der Polizei bitten, die Gesichter zu checken. Vielleicht ist der Typ bereits in ihrer Datenbank.“

Steven seufzte. „Okay. So machen wir es. Wird dir der Tag nicht zu lang?“

„Ich gehe in das Hotel an der Kreuzung zu der Straße, an der ihr mich heute Morgen abgesetzt habt, und lege mich ein paar Stunden aufs Ohr.“

Steven lachte. „Glaubst du, sie geben dir da ein Zimmer, so, wie du heute aussiehst?“

„Mit meiner Kreditkarte kriege ich die Hochzeitssuite, falls die so was haben.“

„Auch wieder wahr.“

„Wann wird die Dame Feierabend machen?“

„Heute nicht vor achtzehn Uhr dreißig. Wir haben vorher noch einen gemeinsamen Termin für eine Online-Konferenz, in der sie für mich dolmetscht.“

Come on, Tiger!

Подняться наверх