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ОглавлениеConnor
Wütend starre ich die Männer an, während ich aus dem Augenwinkel beobachte, wie Alicia in den Wagen steigt und die Tür verriegelt. Mein Kiefer ist genauso angespannt, wie sämtliche meiner Muskeln.
Die nächsten Sekunden warte ich darauf, dass sie etwas von sich geben. Doch das haben sie anscheinend nicht vor. Stattdessen haben sie mich einkreist, als wäre ich ihre Beute. Dies zeigt mir aber nur, dass sie zu den vielen Menschen gehören, die sich eindeutig in meiner Gegenwart überschätzen. Und ich brauche nur einen flüchtigen Blick auf sie zu werfen um zu wissen, dass genau das der Fall ist.
„Kann ich euch irgendwie helfen?“, erkundige ich mich betont freundlich, obwohl ich eigentlich keine Lust habe zu reden.
Es ist klar, worauf es diese Männer abgesehen haben. Und genauso bewusst ist mir auch, dass sie sich nicht lange mit reden aufhalten werden. Allerdings will ich ihnen wenigstens die Chance geben, mir zu erklären, was ihr auftreten soll. Man kann auch behaupten, dass ich ihnen die Chance geben will, es sich noch einmal anders zu überlegen und zu verschwinden.
Doch sie machen keine Anstalten mir zu antworten. Stattdessen grinsen sie mich hinterhältig an, sodass ich langsam ungeduldig werde. Ich habe mir das Date mit Alicia so definitiv nicht vorgestellt. Doch noch ist es nicht vorbei, sodass ich nur schnell diese Idioten loswerden muss.
„Habt ihr eure Zungen verschluckt?“
„Einige würden wahrscheinlich sagen, dass ihr zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort seit. Ich bin aber eher der Meinung, dass es der richtige Zeitpunkt und der richtige Ort ist.“
Mit diesen Worten macht einer von ihnen einen großen Schritt nach vorne und zieht eine Waffe aus dem Hosenbund, die mir vorher noch nicht aufgefallen war, da sein Shirt darüber war.
In diesem Moment bin ich nur froh, dass Alicia sich im Auto und somit außerhalb der Gefahrenzone befindet. Ich habe keine Angst vor Waffen und lasse mich auch nicht davon einschüchtern. Bei der Army habe ich schnell gelernt, dass ich die auch nicht haben darf. Doch ich will sie nicht in der Nähe haben, wenn vielleicht ein Schuss abgegeben wird. Und dabei ist es mir egal, ob es durch Zufall passiert, oder eben nicht.
„Ich würde mir ganz genau überlegen, ob ich das wirklich durchziehen will“, entgegne ich ruhig. „Und dann würde ich mich dazu entscheiden, dass es auf jeden Fall ein Fehler ist.“
Ich habe schon ganz andere Idioten gesehen, da lasse ich mich von denen nicht aus der Ruhe bringen.
„Und wieso?“ Herausfordernd sieht er mich an.
Auch wenn ich auf ihn konzentriert bin, bekomme ich dennoch mit, dass einer von ihnen sich langsam meinem Wagen nähert. Alicia scheint das jedoch nicht zu bemerken, da sie mich nicht aus den Augen lässt. Auch wenn ich nicht froh darüber bin, dass sie mich direkt an unserem ersten Abend bei der Arbeit beobachtet, ist es doch besser, als wenn sie in Panik verfällt, weil sie den Idioten bemerkt.
Ich habe keine Ahnung, was das werden soll, doch langsam habe ich wirklich genug.
„Weil ich dir sonst die Nase breche und den Arm auskugle.“
Kaum habe ich ausgesprochen lacht er laut auf. Die einzige Reaktion von mir besteht darin, dass ich die Augen verdrehe. Dabei wende ich mich jedoch nicht von ihm ab.
Deswegen erkenne ich es auch sofort, als er sich auf mich stürzen will. Im richtigen Moment mache ich einen Schritt zur Seite, sodass er ins Leere tritt und mehr oder weniger an mir vorbei stolpert. In der nächsten Sekunde greift sein Kumpel mich an.
Ich greife nach seinen Schultern, ramme ihm mein Knie in den Bauch und trete ihm die Füße weg, sodass er mit einem lauten Knall auf dem Boden landet. Dabei macht er ein schmerzverzerrtes Gesicht und stöhnt laut auf.
Als ich hinter mir ein leises Geräusch höre, drehe ich mich schlagartig um und ramme der ersten Person meine Faust ins Gesicht, sodass seine Nase sofort blutet. Dann umfasse ich sein Handgelenk und ziehe seinen Arm so weit nach hinten, bis er schreit und ich ein lautes Knacken wahrnehme.
„Ich habe dich gewarnt“, knurre ich wütend. „Und jeder der mich kennt weiß, dass ich meine Warnungen auch wahr werden lasse.“
Ich sehe ihm an, dass er etwas erwidern will. Doch die Schmerzen haben anscheinend dafür gesorgt, dass es ihm die Sprache verschlagen hat.
Bevor er antworten kann, werde ich jedoch auf etwas anderes aufmerksam. Ich höre, wie Glas zerspringt und in der nächsten Sekunde laute und verzweifelte Schreie hinter mir ertönen. Als ich mich umdrehe, erkenne ich noch, wie der dritte Mann, den ich in den letzten Sekunden leider aus den Augen gelassen hatte, die Wagentür öffnet und Alicia an den Haaren herauszieht.
Geschützt bleibt er hinter ihr stehen und hält ihr ein Messer an den Hals.
Auch wenn die Straße um uns herum nur von den Laternen beleuchtet wird, erkenne ich das Zittern ihres Körpers. Bis auf ein Wimmern ist sie verstummt. Doch auch so würde ich die Angst in ihren Augen erkennen.
„Deine Freunde habe ich gewarnt und sie wollten nicht hören. Allerdings bin ich mir sicher, dass du genauso wenig auf meine Worte achten wirst, deswegen spare ich mir die Warnung“, stelle ich fest.
„Einen Schritt näher und ich bringe sie um.“
Genervt atme ich einmal tief durch. Auf viele macht es jetzt vielleicht den Anschein, als würde ich mit ihrem Leben spielen. Wahrscheinlich würden jetzt sogar einige Polizisten mich fragen, ob ich sie noch alle habe.
Doch das mache ich nicht. Das würde ich niemals machen. Doch ich mache meinen Job lange genug um zu wissen, wann jemand blufft und wann nicht. Mittlerweile habe ich eine gute Menschenkenntnis, auf die ich mich jederzeit verlassen kann.
Und er hat eindeutig nicht die Eier in der Hose, um seine Worte wahr werden zu lassen. Das erkenne ich auf den ersten Blick.
Unsicher sieht er immer wieder zu seinen Freunden, die ihm jetzt allerdings nicht mehr helfen können.
Sie können ja kaum sich selber helfen, denke ich zähneknirschend.
Langsam gehe ich näher und lasse ihn nicht aus den Augen. Daher erkenne ich auch die Angst in ihnen, da er nicht weiß, wie weit ich gehen werde. Er kann mich nicht einschätzen und das ist eindeutig mein Vorteil. Doch es zeigt mir auch, dass er noch nicht sehr oft in dieser Situation war. Das macht mir ehrlich gesagt mehr Sorgen. Wenn Menschen in eine Lage geraten, die sie nicht mehr kontrollieren können, neigen sie dazu, dass sie Fehler begehen. Und in diesem Fall würde er mit ihrem Leben spielen.
„Das ist deine letzte Chance, von hier zu verschwinden“, stelle ich fest, nachdem er auch nach einer Ewigkeit noch nicht verschwunden ist.
Stattdessen erkenne ich, dass er immer unsicherer wird.
Noch immer scheint er sich nicht sicher zu sein, was richtig ist. Doch dann schubst er Alicia so doll in meine Richtung, dass sie in meine Arme fliegt, während er die Beine in die Hand nimmt und flüchtet. Ihre Finger krallen sich in meinem Shirt fest, als ich sie fange. Ihr Kopf stößt an meine Brust und ihr schwerer Atem dringt an meine Ohren.
Während ich sie an mich drücke, lasse ich meinen Blick über die Umgebung schweifen. Dabei erkenne ich, dass seine Freunde ebenfalls bereits verschwunden sind.
Wahrscheinlich ist das der Grund dafür, dass er auch abgehauen ist. Alleine ist er einfach viel feige.
Erneut spannen sich meine Muskeln an. Ich bin der Meinung, dass ich noch viel zu freundlich zu ihnen war. Unter anderen Umständen hätte ich ganz andere Dinge mit ihnen angestellt.
„Alles in Ordnung?“, frage ich Valerie und sehe sie von oben bis unten an, nachdem ich mich ein Stück von ihr entfernt habe.
Mit weit aufgerissenen Augen steht sie vor mir und hält sich noch immer mit wackeligen Beinen an meinen Oberarmen fest. Um sie zu stützen, ziehe ich sie schnell wieder an mich heran.
„Ja, das ist nur der Schreck“, gibt sie endlich von sich, nachdem sie sich anscheinend überlegt hat, was sie am besten antworten soll. So ganz bin ich mir aber nicht sicher, ob sie es ernst meint oder sie mich nur beruhigen will. Doch ich bin mir sicher, dass sie es mir eh nicht verraten wird, wenn ich sie danach frage.
Während ich sie in meinen Armen halte, sehe ich mich nach den Männern um, kann sie aber nirgends mehr ausmachen.
„Solche Idioten! Schade, dass sie schon verschwunden sind“, knurre ich.
Als Nächstes fällt mein Blick auf die eingeschlagene Scheibe meines Wagens. Der Anblick sorgt dafür, dass ich mir ein Seufzen nicht verkneifen kann.
„Wie soll ich das bloß der Versicherung erklären?“
„Es tut mir leid“, murmelt Alicia und bewegt sich in meinen Armen ein Stück, um ebenfalls den Schaden begutachten zu können. Dabei erkenne ich, wie sie das Gesicht verzieht.
„Das braucht es nicht. Die Hauptsache ist, dass dir nichts passiert ist. Das bekomme ich schon hin. Allerdings werde ich dich vorher nach Hause bringen.“
Einen Moment sehe ich sie an und versuche dabei ihren Gesichtsausdruck richtig zu deuten. Doch wenn ich mich nicht irre, dann scheint sie froh darüber zu sein. Und darüber bin ich wiederum froh, da ich sie nicht mit in diese Geschichte hineinziehen will.
Schnell entferne ich die Scherben der Scheibe vom Beifahrersitz und trete zur Seite, damit sie einsteigen kann.
„Passiert dir das öfter?“, fragt sie mich und grinst mich frech an.
Ich bin froh darüber, dass sie den Schreck anscheinend abgelegt hat. Doch genau kann ich das nicht sagen, da ich sie dafür noch zu wenig kenne.
„Ein- oder zweimal im Monat“, gebe ich zurück und zucke mit den Schultern.
Aus dem Augenwinkel erkenne ich, dass sie mich mit offenem Mund ansieht, als ihr bewusst wird, was ich gerade gesagt hat.
„In meinem Beruf kommt es öfter vor, dass manche meinen, dass sie schlauer und stärker sind als ich.“
„Man hat gesehen, dass du eine gewisse Routine darin hast, andere aufzumischen“, stellt sie fest.
Kurz sehe ich in ihre Richtung, um festzustellen, wie sie das meint. Doch ich erkenne das vergnügte Funkeln in ihren Augen und weiß, dass sie deswegen nicht geschockt ist oder so.
Zu gerne würde ich wissen, wieso das so ist. Doch ich beschließe, dass ich mir diese Frage für unser nächstes Date aufsparen werde.
Als ich vor dem Haus halte, in dem ihre Freundin wohnt, erkenne ich bereits das Licht hinter den Fenstern, von denen ich mir sicher bin, dass sich dort die Wohnung befindet.
„Wie es aussieht, wartet sie bereits auf dich“, erkläre ich und zeige in die entsprechende Richtung.
„Sie ist furchtbar neugierig. Daher kann ich bereits jetzt sagen, dass sie sich gleich auf mich stürzen wird.“
Ihre Worte sorgen dafür, dass ich leise lachen muss.
„Von dem Ende werde ich ihr allerdings nichts berichten. Das muss sie nicht unbedingt wissen.“
Alicia verzieht ein wenig das Gesicht.
„Ich bin froh, dass dir nichts passiert ist.“
„Was hast du jetzt vor, wegen der Scheibe?“
„Ich werde gleich bei der Polizei vorbeifahren und dort Anzeige erstatten. Das Schreiben schicke ich der Versicherung und dann kann ich die neue Scheibe einbauen lassen.“
Einen Moment sieht sie mich nachdenklich an. Ich warte darauf, dass sie etwas sagt, doch das macht sie nicht. Stattdessen bildet sich ein zartes Lächeln auf ihrem Gesicht.
„Danke für den Abend“, erklärt sie schließlich.
„Immer wieder gerne“, erwidere ich und beuge mich nach vorne.
In der nächsten Sekunde drücke ich ihr einen Kuss auf die Wange. Einen Moment länger als sonst bleiben meine Lippen auf ihrer Haut, ehe ich mich wieder zurückziehe.
„Ich melde mich bei dir“, flüstert sie und steigt dann aus.
Ich sehe ihr nach, bis sie im Inneren des Hauses verschwunden ist. Erst dann spüre ich, wie die Wut auf diese Männer erneut in mir hochkocht. Sie haben Alicia in Gefahr gebracht und das nur, weil sie sich auf den ersten Blick aufspielen wollte. Ja, auf den ersten Blick.
Als er gesagt hat, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort waren, hat er mir zu verstehen geben, dass mehr dahinter steckt. Und das gefällt mir überhaupt nicht. Allerdings werde ich das bei der Polizei gleich nicht sagen. Die müssen das nicht wissen. Würde ich nicht die Durchschrift der Anzeige brauchen, würde ich mich nicht einmal auf den Weg dorthin machen.
Während ich den Weg zur Polizeistation einschlage, hoffe ich, dass Martin da ist. Ich habe keine Lust, einem anderen Polizeibeamten erklären zu müssen, was vorgefallen ist und genauso wenig will ich es noch länger vor mir herschieben.
Klar, die meisten der Polizisten kennen uns, das ist nicht das Problem. Dennoch erkläre ich es lieber ihm, als einem seiner Kollegen.
Trotz der späten Stunde herrscht reges Treiben auf dem Revier. Die Beamten gehen von einem Schreibtisch zum nächsten, sammeln Unterlagen ein oder verteilen diese. Einige telefonieren und wieder andere schreiben ihre Berichte.
Ich gehe ein paar Schritte hinein, ehe ich stehen bleibe und mich suchend umsehe. Allerdings ist es gerade so voll, dass es ein wenig dauert, bis ich Martin endlich entdeckt habe. Er steht mit zwei Kollegen neben einer der zahlreichen Türen und unterhält sich.
Mit großen Schritten halte ich auf ihn zu.
„Das wäre die erste Woche seit Monaten geworden, in der ich keinen von euch zu Gesicht bekomme“, stellt er trocken fest.
Ich kneife meine Augen ein wenig zusammen und sehe ihn böse an. Auf diese Weise gebe ich ihm zu verstehen, dass er sich jeden Kommentar verkneifen kann.
Anscheinend versteht er mich sofort, denn er verzieht entschuldigend das Gesicht und hebt beschwichtigend seine Hände.
„Was ist passiert?“
Mit diesen Worten setzt er sich in Bewegung und geht voran in sein Büro. Nachdem wir eingetreten sind, schließt er die Tür und setzt sich in seinen Stuhl. Gleichzeitig bedeutet er mir, dass ich ebenfalls Platz nehmen soll.
Schnell berichte ich ihm davon, was vorhin geschehen ist. Er scheint überhaupt nicht geschockt zu sein. Allerdings muss man auch sagen, dass er uns kennt und daher weiß, dass wir Ärger förmlich anziehen.
„Und jetzt willst du Anzeige erstatten, weil dir sonst deine Versicherung aufs Dach steigt?“
„Sie steigt mir nicht aufs Dach“, korrigiere ich ihn. „Aber ich will Anzeige erstatten. Auch wenn es eher aussichtslos ist, dass sie gefunden werden. Das waren drei halbstarke Möchtegern-Gangster.“
„Die Chancen stehen da wirklich nicht sehr gut“, stimmt er mir zu. Während er spricht betrachtet er den Bildschirm seines Computers und drückt ein paar Tasten.
Eine Stunde dauert es, bis ich endlich wieder verschwinden kann. Seufzend starre ich auf das kaputte Fenster an meinem Wagen.
Ich habe keine Ahnung, was diese Typen von mir wollten, aber ich werde es herausfinden. Schon alleine deswegen, weil sie mir mit ihrem Auftauchen das Date versaut haben.