Читать книгу Turbulenzen - Sepp Moser - Страница 7

Leidensweg Mirage

Оглавление

Es war um 1960, die Zeit des Kalten Krieges, und die Schweiz stand vor der Herausforderung, zwischen den beiden grossen Machtblöcken – hier die von den USA angeführte NATO, dort die damalige Sowjetunion mit ihren Verbündeten im Warschauer Pakt – eine Position als militärisch glaubwürdiger und gleichzeitig neutraler Kleinstaat zu finden. Gleichzeitig stand sie ideell klar auf Seiten der Westmächte. Nach den zwei kostspieligen, aber vollständig missglückten Versuchen mit nationalen Eigenkonstruktionen (N-20 und P.16) reduzierte sich die Auswahl auf zwei bewährte Modelle aus westeuropäischen Staaten, nämlich auf den schwedischen Saab Draken (Drache) und die französische Mirage (Luftspiegelung). Die beiden Flugzeuge waren ähnlich, Frankreich jedoch politisch stärker als Schweden, sodass sich die Schweiz für 100 Mirage IIIC entschied, welche durch die Schweizer Industrie in Lizenz gebaut werden sollten. Doch die Sache lief aus dem Ruder und wurde zum Debakel.

Die Schweizer waren von der Komplexität des Programms und seiner für damalige Begriffe hochmodernen Elektronik und Waffentechnik vollständig überfordert. So bestanden sie darauf, die ursprüngliche französische Navigations- und Kampfelektronik durch ein amerikanisches Produkt zu ersetzen. Das ist an sich schon ein extrem komplexes Vorhaben, vergleichbar mit der gleichzeitigen Transplantation von Herz und Lunge durch ein Ärzteteam ohne einschlägige Erfahrung. Zur Katastrophe wurde die Sache, weil die massgebenden Personen in Politik und Luftwaffe nicht einsehen wollten, dass sie heillos überfordert waren. Nur wenige der an dem Projekt beteiligten Schweizer Offiziere und Beamten behielten einen klaren Kopf, unter ihnen ein sachkundiger Berufsoffizier namens Walter Dürig, der seine Beobachtungen als Mitglied der sogenannten Evaluationsgruppe in seinem Tagebuch festhielt. Hier ein Auszug daraus: «Die Kostenfrage war aus der Arbeit der Evaluationsgruppe ausgeklammert.» – «Bei der Eröffnung der Sitzung vom 11. Oktober 1961 forderte Charles Grossenbacher, Vertreter der KTA [heute Armasuisse, der Verf.] in der Evaluationsgruppe, wir würden hier erst hinausgehen, wenn die Typenwahl getroffen sei». [Folgt Beschreibung der Sitzung.] «Gegen zwei Uhr am frühen Donnerstagmorgen war diese für mich anstrengende Übung beendet. Gewählt war das System Taran/Falcon der Firma Hughes Aircraft Company. Erneut waren die System- und Folgekosten kein Thema. Die Vertreter der KTA erklärten, das sei ihre Sache.»

Um es kurz zu sagen: Die Mirage-Beschaffung war eine Peinlichkeit von A bis Z. Sie löste mehrere politische Skandale aus, welche beinahe zum Scheitern des ganzen Programms geführt hätten. Beinahe heisst: Die Schweizer Luftwaffe erhielt schliesslich ihre Mirages mit der amerikanischen Elektronik, aber statt wie vorgesehen 100 Stück nur deren 57, wovon 12 in einer unbewaffneten Aufklärer-Version. Und für die arg geschrumpfte Flotte zahlte die Bundeskasse nicht wie budgetiert 827,9 Millionen Franken, sondern 1185 Millionen. Unter dem Strich kostete ein Flugzeug also ziemlich genau 2,5-mal so viel wie vorgesehen, die durch die verspätete Ablieferung entstandenen Mehrkosten nicht eingerechnet. Die Lieferanten, allen voran die Flugzeugherstellerin Dassault und die US-Firma Hughes als Lieferantin der neuen Elektronik, konnten sich die Hände reiben, während in der Schweiz die Köpfe rollten, unter ihnen jener des Vorstehers des Eidgenössischen Militärdepartements.

Turbulenzen

Подняться наверх