Читать книгу Notizen vor Tagesanbruch - Sergio Vesely - Страница 17
Die Gefängnisse
ОглавлениеEin Ende ohne Erklärungen.
Ein Tod ohne Glocken.
Eine Missgeburt von Gitterstäben
eine gallerthafte, gewaltige Masse
die schmatzend Zungen und Hände zerkaut.
Ein Schoß aus Mauern, unaufhörlich
neue gebärend, ein Heer von
uniformierten Kellerasseln
Handschellen streichelnd
eine Legion spinnenäugiger Wächter.
In die Keller der Gefängnisse
steigt der Tod an Speichelfäden herab
schwachsinnig blökend
die ignorante Kreatur
der Schlüsselträger, zuschlagend, torkelnd
wohin er eben trifft. Hier ist
sogar der Tod zugrunde gegangen
ein Domestik, nichts weiter
brabbelnd nach Nahrung verlangend
verständnislos grinsend, wenn Shakespeare
sich vor Ekel übergibt oder die aufrechten
Spanier auf seine Mutter fluchen.
Die Gitterstäbe besudeln sein Werk.
Sie ordnen den Horizont
in beengende Felder.
Bruder Hein küsst unterdessen
die Stiefel der Militärs und dreht sich
vor dem Spiegel im Soldatenkleid.
Hier ist der Tod kein Freund.
Er hat Anstand und Würde verloren.
Mit ihm ist schon seit langem
nichts mehr los.
Er ist seit langem das verwahrloste
maßlos blöde Instrument der Herren.
Und trotzdem behaupte ich
dass irgendwo im Hintergrund
unbemerkt von den pathetischen
Regenströmen der Welt
eine Schar von Malern heranwächst
die im Geheimen ihre Paletten schärft
und zur verabredeten Stunde
die Mauern stürmen wird.
Diese bescheidenen Farbmischer der Zukunft
werden durch die Gefängnisse rennen
und Zelle um Zelle
in das Rot der Scheiterhaufen tauchen.