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Vorwort

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Jedes wissenschaftliche Buch, das ein schon durch mehrere Publikationen vorgeprägtes Feld betritt, sollte idealiter seine Ziele, seine Absichten und auch seine Positionierung gegenüber anderen Veröffentlichungen darlegen. Nichts anderes gilt für diese Publikation, die als Teil einer Reihe von Einführungen in einzelne geistesgeschichtliche Fächer natürlich den allgemeinen editorischen Vorgaben folgt. Konzipiert als eine Einführung kleineren Umfanges in die Kunstgeschichte, setzt sie sich begrenzte Ziele, die mit der Entwicklung des Faches, mit den bisherigen Publikationen und mit dem methodischen Standpunkt des Verfassers zusammenhängen.

Der Verfasser möchte hier eine Darstellung des begrifflichen Instrumentariums und der Methoden der Kunstgeschichte wie auch einen kurzen Abriss ihrer historischen Entwicklung geben. Die Tatsache, dass stärker als gewöhnlich die form- und bildanalytischen Prozeduren berücksichtigt wurden, hat mehrere Gründe. Zum ersten sind diese Methoden in jüngster Zeit unverdient, wie ich meine, in den Hintergrund getreten und sollten deshalb unbedingt stärker im Rahmen des kunsthistorischen Methodenrepertoires aufgewertet werden; darüber hinaus harmonieren sie besser mit dem Ansatz des Verfassers, diese bewusst kurz gehaltene Einführung mit einem prononciert begrifflich orientierten Praxisbezug auszustatten. Ich bin davon überzeugt, dass die Analyse der Form und der Stilformationen in allen ihren vielfältigen Schattierungen noch immer den entscheidenden, unverzichtbaren Kern des Faches bildet und in ihren gelungenen Realisationen zu einer Strukturanalyse sui generis avancieren kann. Doch die Formanalyse kann nur in Verbindung mit den ikonographisch/ikonologischen Prozeduren das Kunstwerk als solches erfassen. Im Lauf des Buches wird, wie ich hoffe, ersichtlich, dass ich nicht die Meinung einiger Forscher teile, dass die ikonologische Methode ihre Leistungsfähigkeit schon erschöpft habe.

Die Fachkollegen, Studenten der Kunstgeschichte sowie aufmerksame Leser werden ohne Weiteres in der Kapitelaufteilung das Fehlen mehrerer Problemfelder feststellen – so z.B. das der Kunstsoziologie oder der psychischen Potentiale der bildenden Kunst, auch wird die jetzt sehr populäre Genderforschung eher kursorisch behandelt. Ich hätte des Weiteren gerne über Probleme der Kunstgeographie und der sog. nationalen Kunst geschrieben, aber auch über kunsttheoretische Schlüsselbegriffe und deren Entwicklung. Einige der im letzten Kapitel besprochenen Richtungen, Methoden und Fragen hätten bei anderen Autoren möglicherweise ein eigenes Kapitel erhalten. Alle diese Exklusionen und Reduzierungen sind mir nicht leicht gefallen.

Dem Verfasser ging es in erster Linie um eine ausführlichere Vorstellung mehrerer, zentraler Problemfelder mitsamt ihrer Begrifflichkeit und den sich aus ihnen herleitenden Prozeduren. Aufzählungen, disziplinhistorisches sowie methodengeschichtliches Namedropping wurden bewusst unterlassen. Es gehört auch zu den Prämissen und Zielsetzungen des Buches, allzu viele Überschneidungen mit der bisher führenden deutschsprachigen Einführung in das Fach, dem u.a. von Hans Belting, Heinrich Dilly, Wolfgang Kemp, Willibald Sauerländer, Martin Warnke verfassten Sammelband Kunstgeschichte. Eine Einführung (Warnke 1986, 6., erw. Auflage 2003), zu vermeiden. Deswegen wurden auch Bereiche, die ohne ausgeprägte begriffliche Apparate auskommen, wie ‚Kunst und Gesellschaft‘ oder ‚Das Kunstwerk im Kontext‘ – beide im besagten Sammelband gut abgehandelt – in dieser Publikation größtenteils ausgeklammert. Es sind dies auch Problemstellungen oder Forschungsbereiche, bei denen eine kurze Übersicht nur wenig Erhellendes zustande bringen würde.

Im Jahr 2007 erschien die sehr umfangreiche und anregende Darstellung der Grundzüge der Kunstwissenschaft von Jutta Held und Norbert Schneider. Die Zielsetzungen, die Vorgehensweise und die Wertungen dieses bedeutenden Autorenpaares – Jutta Held hat leider die Rezeption ihres Buches nicht mehr erlebt – unterscheiden sich in vielen Bereichen beträchtlich von den in diesem Buch vertretenen Positionen, nicht nur was das Problem von Kunst und Gesellschaft betrifft, sondern auch in den Bereichen der formanalytischen Methoden und der Ikonographie.

Der Autor gehört zu denen, die in der Kunstgeschichte, wenngleich nicht unkritisch, stärker die gegenstandsbezogenen Methoden schätzen und diese für die methodischen Diskussionen des 21. Jahrhunderts auffrischen und natürlich teilweise auch umgestalten möchten. Er weiß sich den großen Traditionen der deutschsprachigen Kunstgeschichte verpflichtet, deren methodische Stringenz und Fähigkeit zur begrifflichen Differenzierung trotz mancher Krisenerscheinungen noch immer eine führende Rolle in der sich globalisierenden wissenschaftlichen Disziplin spielen. Meine bisweilen skeptische Attitüde gegenüber methodologischen Feuerwerken, die von außen ins Fach hereingetragen werden, hat auch einen Grund in meiner früheren Prägung durch die Kunsthistoriker Jan Bialostocki und Hanno-Walter Kruft, denen ich auch die Überzeugung von einer gewissen ‚Feldabhängigkeit‘ der analytischen kunsthistorischen Prozeduren verdanke, bei deren Wahl man den Typus und Charakter des zu analysierenden Werkes berücksichtigen sollte.

Überzeugt von der besonderen Nützlichkeit begrifflicher Systeme vornehmlich mittlerer Reichweite, hat der Verfasser folglich sein Hauptaugenmerk auf diejenigen Bereiche der Kunstgeschichte gerichtet, bei denen die Verbindung von Sachinformation und methodischer Strukturierung auch im praxisbezogenen Sinne überzeugend und nachvollziehbar ausfällt. Von den vielen konservativen Vertretern des Faches möchte er sich, falls eine solche Selbsteinschätzung zulässig ist, durch seine hoffentlich nicht als vorwitzig oder überheblich empfundene Bereitschaft unterscheiden, die überlieferten und von ihm hier referierten methodischen Konstruktionen mitsamt ihren Begriffen immer wieder nach Schwachstellen zu analysieren und eigene begriffliche Konstruktionen, Präzisierungen oder Umschreibungen vorzuschlagen, so z.B. im Kapitel über Ikonographie und Ikonologie, aber auch in den der Form- und Strukturanalyse gewidmeten Abschnitten. Der Verfasser ist sich bewusst, dass einigen Problemen im Vergleich zu anderen Publikationen unerwartet viel Platz eingeräumt wurde, er sieht aber auch die Vorteile solcher unvermeidlich subjektiven Akzentuierungen. Das auf den ersten Blick vielleicht etwas detailliert-speziell anmutende Kapitel über die Prozeduren der satirischen Verfremdung, den Kitsch und den Meta-Kitsch ist als dringlicher Hinweis an die eigene Disziplin gedacht, auch in methodischer Hinsicht stärker in das überaus wichtige Feld der satirischen Bildmedien, aber auch in den Bereich der jetzt kulturprägenden Meta-Kitsch-Haltungen einzugreifen. Die Bewertungskriterien des Autors haben selbstverständlich auch seine Sicht der hier nur sehr kurz dargelegten Geschichte des Faches vor 1914 geprägt. Die Geschichte des Faches nach dem Ersten Weltkrieg ist ansatzweise in den Charakterisierungen der einzelnen Methoden enthalten. Das kurze Kapitel über die Nachbardisziplinen der Kunstgeschichte wurde sowohl als praktischer studentischer Ratgeber bei der Wahl eines Nebenfaches wie auch als kursorische methodische Übersicht konzipiert. Ich bin überzeugt, dass gewisse Disproportionen des Buches und einige subjektive Urteile des Verfassers ihre Berechtigung in dem Umstand finden, dass für ein so großes Fach, wie es die Kunstgeschichte ist, die Erarbeitung einer betont ausgewogenen und Gerechtigkeit gegen jedermann übenden Übersicht sehr schwierig und vielleicht auch nicht besonders erstrebenswert wäre.

Der Verfasser hat viel vom Austausch mit Braunschweiger und Tübinger Studenten der Kunstgeschichte während mehrerer methodengeschichtlicher Seminare am ehemaligen Institut für Kunstgeschichte der Carolo-Wilhelmina in Braunschweig und später am Kunsthistorischen Institut der Tübinger Eberhard Karls Universität profitiert. Er verdankt viele Einsichten den Diskussionen und Gesprächen mit Freunden und Kollegen, stellvertretend sei hier nur Reinhard Alois Steiner (München/Stuttgart) genannt, bei einigen terminologischen Präzisierungen halfen Birgitta Coers und Lorenz Enderlein (beide Tübingen). Es bleibt ihm die angenehme Pflicht dem Verlag, Barbara Eggert, Melanie Marth und vor allem Frau Jasmine Stern (Darmstadt) für ihre exzeptionelle Geduld und Toleranz zu danken.

Das Buch sei meiner Frau Kasia, in Dankbarkeit, gewidmet.

Tübingen, Frühjahr 2015

Einführung in die Kunstgeschichte

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