Читать книгу Dein Licht durchbricht die Dunkelheit - Sharon Garlough Brown - Страница 10

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6. Januar

Meine liebe Wren,

eigentlich hatte ich geplant, mit den Teilnehmern meines Abendkurses eine Gebetszeit über Neuanfänge zu halten. Aber als wir beide gestern zusammen am Tisch standen und uns die Bilder ansahen, die unseren Kummer widerspiegeln, kam mir eine andere Idee. Ich habe den Teilnehmern vorgeschlagen, dass sie Bilder auswählen sollen, die etwas von Gaben oder Geschenken erzählen, die sie sich gewünscht und auch erhalten haben – oder auch nicht. Und es konnten auch Bilder von Dingen sein, die sie bekommen haben, obwohl sie sie lieber nicht bekommen hätten. Unser Austausch und die Geschichten hinter den Bildern, die wir dann miteinander geteilt haben – das war für mich eine reich gefüllte und bedeutsame Gemeinschaftserfahrung.

Als ich überlegte, was ich in meiner eigenen Collage verwenden würde, kamen mir diese Bilder in den Sinn: ein lächelndes Paar an seinem Hochzeitstag, ein Paar Babyschuhe, eine Schulabschlussfeier, eine ältere Frau, die mit ihrem Mann auf einer Parkbank sitzt, und, wie bei Dir, ein junger Vater, der sein Baby im Arm hält.

Der Blick zurück kann ein Geschenk sein, weil er es uns ermöglicht, mit Dankbarkeit auf das zu sehen, was wir beim ersten Mal vielleicht übersehen haben. Er kann aber auch eine Last sein, weil er eigentlich glückliche Momente mit der Trauer über Verluste färbt, die wir im Lauf der Zeit erlitten haben. So wie ein Hochzeitsfoto von zwei Menschen, die sich sehr lieben und keinen Anlass haben zu denken, ihre Liebe könnte nicht bestehen, die nichts von den Sorgen und Schwierigkeiten ahnen, die ihre Ehe zerstören könnten, wenn sie sich Treue „in guten wie in schweren Tagen“ versprechen. Oder dieses Paar Babyschuhe für ein Kind, das bald seine ersten Schritte in diese Welt tun wird. Schritte in die Freiheit und Unabhängigkeit, die die Eltern bejubeln und begleiten, ohne daran zu denken, dass später Schritte folgen könnten, die tiefen Schmerz bringen. Es ist ein Segen, wenn solche Momente nicht vom Schatten dessen getrübt werden, was noch kommen kann, sondern voll und ganz als das genossen werden können, was sie sind: die guten Gaben eines großherzigen Gottes.

Als meine Enkeltöchter, die ich sehr liebe, ihre ersten Schritte machten, habe ich das mit einer bittersüßen Freude verfolgt, die ich meiner Tochter nicht zeigen konnte. Schließlich wollte ich Sarah die Erfahrung ungetrübter Freude nicht nehmen. Die Mädchen werden ihre eigenen Wege gehen müssen, und ich kann zusehen und beten und ihnen das Beste wünschen, auch wenn ich weiß, dass ich keinen Einfluss darauf habe, wohin ihre Reise sie führen wird. Das ist gut und richtig so, aber es ist auch schwer. Wir sind als Ebenbilder eines Gottes geschaffen, der uns viel zu sehr liebt, um uns zu kontrollieren, und der uns die Freiheit schenkt, auch solche Wege zu wählen, die uns von ihm wegführen. Was für eine große und geheimnisvolle Liebe! Was für eine schwere Liebe.

Du weißt ja, dass meine Ehe einige Zeit nach Michas Tod zerbrochen ist. Das heißt nicht, dass sein Tod der Grund dafür war, dass sie scheiterte. Es hatte schon vorher viele Risse in der Beziehung zwischen Robert und mir gegeben, um die wir uns nicht gekümmert hatten. Und auch wenn unsere Scheidung schon viele Jahre zurückliegt und Robert bereits sieben Jahre tot ist, kann der Anblick eines Paares, das gemeinsam alt wird, sei es auf einem Foto oder im wahren Leben, immer noch bewirken, dass die Trauer, die in mir schlummert, lebendig wird.

Das haben Verluste so an sich – sie wirken in beide Richtungen und färben sowohl unsere Vergangenheit als auch unsere Zukunft. Es ist nicht nur der Verlust an sich, sondern auch all das, was er mit sich bringt. Ich trauere nicht nur darum, dass ich Micha und Robert verloren habe. Ich trauere auch um die Dinge, die nie sein werden, weil ich sie verloren habe. Wir konnten nie Michas Studienabschluss feiern. Ich habe nicht erlebt, wie mein Sohn sein Berufsleben begann oder eine Familie gründete. Robert und ich sind nicht zusammen alt geworden. Deshalb glaube ich, dass wir nie aufhören, um das zu trauern, was uns genommen wurde. Ich sage das nicht, um Dich zu entmutigen; ich sage es, um Deine Trauer ernst zu nehmen. Die Art, wie wir trauern, wandelt sich. Wie wir sie zum Ausdruck bringen, ändert sich. Manche Verluste heilt und mildert die Zeit. Andere reißen Lücken, die nie wieder gefüllt werden. Du wirst Casey immer vermissen, weil Du ihn immer als Deinen Freund lieben wirst. Trauer ist der schmerzhafte Beweis, dass wir lieben.

Heute – am Epiphaniastag – ist ein guter Tag, über Geschenke nachzudenken. Über die guten und die schwierigen. Ich denke an die Sterndeuter und daran, wie diese Gruppe heidnischer Astrologen am Himmel ein Zeichen erkannte, das andere übersahen. Wie sie alles daran setzten, diesem Zeichen zu folgen, egal, was es kosten würde. Und ich denke an die Geschenke, die sie Jesus brachten – jedes davon eine prophetische Aussage darüber, wer er war und was seine Aufgabe sein würde.

Gold. Ein Geschenk, das eine arme Familie als angemessene Würdigung für einen König sicher dankbar annahm. Weihrauch. Eine passende Gabe für einen Gott – duftendes Harz, das beim Opfer verbrannt wurde. Beides würdige Geschenke für den Sohn Gottes, den neugeborenen König der Juden. Aber woran meine Aufmerksamkeit hängen bleibt, ist das letzte Geschenk: Myrrhe.

Der Prophet Jesaja hatte davon gesprochen, dass Könige aus fernen Ländern Gold- und Weihrauchgeschenke bringen würden, um dem König zu huldigen; die Myrrhe erwähnte er nicht. Und ich frage mich, was Maria wohl gedacht hat, als die Sterndeuter ihrem Sohn dieses Salböl schenkten, das man verwendete, um Tote einzubalsamieren. Ist sie voller Angst davor zurückgeschreckt? Hat sie innerlich – wie Petrus, als Jesus seinen Tod ankündigte – protestiert: „Nein! Das geschehe dir bloß nicht!“? Oder hat sie auch dazu – nicht zum ersten und wohl auch nicht zum letzten Mal – gesagt: „Mir geschehe, wie du gesagt hast“?

Was tun wir mit den unwillkommenen Myrrhegeschenken, wenn der Geruch des Todes und der Trauer nicht weichen will? Ich glaube inzwischen, es gibt nur eine Weise, ein solches Geschenk anzunehmen: indem wir uns erinnern, dass Jesus es als Erster angenommen hat. Und nicht nur er, sondern alle, die ihn liebten und an seiner Seite waren. Darin finde ich wirklich Trost.

Herzlich

Kit

Dein Licht durchbricht die Dunkelheit

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