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Über den Gebrauch und Nutzen von Parfum beim Liebesakt Die Geschichte von Mosailama
ОглавлениеDüfte haben die Macht, das sexuelle Begehren der Menschen zu erregen. Das trifft auf Männer wie auf Frauen gleichermaßen zu. Der Gebrauch von Parfum hat sich schon oft als hilfreich erwiesen, wenn ein Mann eine Frau verführen wollte.
Zu diesem Thema ist die Geschichte von Mosailama3, dem Betrüger, dem Sohn Kais (den Gott verfluche!), überliefert, die ich hier erzählen will. Mosailama behauptete von sich, das Gottesgeschenk der Prophetie zu besitzen, und es ist bekannt, daß er dabei auch den Propheten Gottes (Mögen Gottes Heil und Segen auf ihm ruhen!) nachahmte. Aus diesem Grund haben er und viele Araber sich den Zorn des Allmächtigen zugezogen.
Mosailama, der Betrüger, der Sohn Kais, fälschte und verfälschte den Koran durch seine Lügen und Unwahrheiten, wie es ihm gerade paßte. Als eines Tages Leute eines bösen Glaubens ihn besuchten und die Sprache auf jenes Kapitel des Koran kam, welches der Engel Gabriel4 (Gott gewähre ihm Erlösung!) dem Propheten (die Gnade Gottes sei mit ihm!) gebracht hatte, behauptete Mosailama: „Der Engel Gabriel hat auch mir ein ähnliches Kapitel gebracht.“
Dann begann er sich über das Kapitel Der Elefant (al-Fīl)5 lustig zu machen, indem er sagte: „In dem Kapitel Der Elefant sehe ich den Elefanten. Ich frage mich: Was ist der Elefant? Wofür steht er? Was ist dieser Vierfüßler eigentlich? Er hat einen Schwanz, ein Schwanzende und einen langen Rüssel. Er ist wahrlich eine Schöpfung Gottes, des Großartigen!“
Das Kapitel Der Überfluß (al-Kauthar)6 war ebenfalls Gegenstand seiner Spottreden. Er sagte: „Wir haben Dir wertvolle Edelsteine gegeben, aus denen Du, Mächtigster, Dir selbst die wertvollsten auswählen kannst. Denn wir haben Dir, Höchster, den Vorzug vor allen Menschen gegeben. Also wähle gut und gib acht, daß dies Dich nicht zum Hochmut verführt.“
Auf diese Art und Weise hat Mosailama mit seinen Lügen und Unwahrheiten zahlreiche Kapitel des Koran verfälscht.
Eines Tages nun, während er bei der Arbeit war, kam ihm zu Ohren, was über den Propheten (Gottes Gnade sei mit ihm) gesagt wurde. Hörend lernte er, daß, wenn der Prophet seine ehrwürdigen Hände einem Kahlköpfigen auflegte, diesem sofort das Haar nachwuchs; spie er in eine Quelle, strömte das Wasser im Überfluß; war das Wasser zuvor salzig gewesen, wurde es mit einem Mal frisch und süß; strich er seinen Speichel auf ein blindes oder von Krankheit befallenes Auge, war es sofort wiederhergestellt; legte er aber seine Hand auf den Kopf eines Kindes und sprach dazu die Worte: „Lebe hundert Jahre lang“, so war es gewiß, daß dieses Kind hundert Jahre lang leben würde.
Auch die Schüler Mosailamas hörten diese Reden. Sie gingen zu Mosailama und sagten: „Hast du von dem Propheten Mohammed gehört und den Wundern, die er vollbringt?“
Er antwortete ihnen: „Ich habe davon gehört. Ich werde es besser machen als er.“
Nun war Mosailama ein Feind Gottes, und wenn er seine unwürdige Hand einem spärlich behaarten Kopf auflegte, so wurde dieser mit einem Schlag kahl; spie er in einen Brunnen mit Süßwasser, wurde es sofort salzig; strich er seinen Speichel auf ein von Krankheit befallenes Auge, erblindete es; und wenn er seine Hand auf den Kopf eines Kindes legte und dabei die Worte sprach: „Lebe hundert Jahre lang“, so fiel es mit Sicherheit auf der Stelle tot um.
Seht, o meine Brüder, was jenen passiert, deren Augen sich dem Licht verschließen und die Hilfe des Allmächtigen leugnen!
Hört nun, was jener Frau aus dem Stamme der Beni-Temin widerfuhr, deren Name Sheja el Temimia war. Diese Frau war zur Prophetie berufen. Sie hatte von Mosailama gehört und er von ihr.
Sie war sehr mächtig, denn der Stamm der Beni-Temin war zahlreich. Eines Tages sagte sie sich: „Das hat es noch nie gegeben, daß zwei Menschen zur selben Zeit zur Prophetie berufen waren. Entweder ist er ein Prophet, und dann werden ich und meine Schüler seine Gesetze befolgen, oder ich bin der Prophet, und er und seine Schüler müssen meine Gesetze befolgen.“
Dies alles geschah nach dem Tod des wahren Propheten (auf dem der Segen Gottes ruhe!).
Sheja schrieb nun an Mosailama folgenden Brief:
Es ist nicht üblich, daß zwei Menschen gleichzeitig prophezeien; wir werden uns treffen und unsere Lehren prüfen, wir und unsere Schüler werden das diskutieren, was Gott uns offenbart hat, und wir werden den Gesetzen desjenigen folgen, der sich als der wahre Prophet erweist.
Dann verschloß sie den Brief, gab ihn einem Kurier und sagte zu ihm: „Bring diese Botschaft nach el Yamama und übergib sie Mosailama ben Kais; in der Zwischenzeit werde ich mit meinem Heer nachkommen.“
Am nächsten Tag bestieg die Prophetin ihr Pferd und brach, begleitet von ihrem Gefolge, nach el Yamama auf.
Der Kurier, in der Stadt angekommen, begab sich sogleich zu Mosailama, grüßte ihn und übergab den Brief.
Mosailama öffnete den Brief, las und begriff sofort den Ernst der Botschaft. Er ließ seine Vertrauten zu sich rufen, um sich mit ihnen zu beraten. Einer nach dem anderen kam, um ihm seine Ratschläge zu unterbreiten und seine Ansichten zu dem Problem darzulegen. Mosailama aber hörte nichts als leere Worte, denn keiner ihrer Ratschläge konnte ihn aus seiner mißlichen Lage befreien.
In dieser Bestürzung näherte sich ihm einer seiner Ratgeber, mit dem er noch nicht gesprochen hatte, und sagte zu ihm: „O Mosailama, beruhige deine Seele und erfrische dein Auge. Ich will dir raten wie ein Vater seinem Sohn.“
„Sprich, und laß deine Worte aufrichtig sein!“, antwortete Mosailama.
„O Mosailama, errichte morgen in aller Frühe außerhalb der Stadt ein Zelt aus gefärbtem Brokat. Innen statte es mit den kostbarsten Seidenstoffen aus.7 Fülle es danach mit den Düften erlesener Parfums wie Amber und Moschus und mit stark duftenden Blumen wie der Rose, mit Orangenblüten, Jasmin, Narzissen, Hyazinthen und Nelken. Sobald dies getan ist, stelle im Zelt einige goldene Gefäße auf, die mit grüner Aloe, grauem Amber, nedde8 und ähnlichem gefüllt sind. Dann verschließe die Eingänge so, daß keiner dieser Düfte entweichen kann.
Wenn du siehst, daß die Düfte so stark geworden sind, daß sie das Wasser, welches in dem Zelt ist, sättigen, besteige deinen Thron und laß die Prophetin rufen, um mit ihr alleine in dem Zelt zu reden. Wenn sie das Duftgemisch einatmet, wird sich ihr Körper entspannen, sie wird zugleich entzückt und erregt sein und sich fühlen, als ob ihr gleich die Sinne schwinden. Siehst du, daß es soweit ist, frag sie, ob du ihr Begehren stillen sollst; sie wird nicht zögern, dem zuzustimmen. Hast du sie aber erst einmal besessen, wirst du für immer von den Schwierigkeiten, die sie und ihre Gefolgschaft dir bereitet haben, befreit sein.“
„Du hast gut gesprochen“, rief Mosailama begeistert aus. „Bei Gott, dein Rat ist gut und gut durchdacht.“ Und sogleich gab er Anweisung, den Plan auszuführen.
Nachdem alles seinen Wünschen gemäß geschehen war und er sah, daß das Duftgemisch stark genug war, um das Wasser in dem Zelt zu sättigen, setzte er sich auf seinen Thron und ließ die Prophetin rufen. Er begann, mit ihr zu sprechen, und während er sprach, bemerkte er, wie sie allmählich an Geistesgegenwart verlor und ihre Aufmerksamkeit nachließ; sie schien verwirrt und benommen.
Da wußte er, daß sie den Beischlaf begehrte, und er sagte:
„Komm, erhebe dich und laß mich dich besitzen; dieser Ort wurde eigens für diesen Zweck vorbereitet. Wenn du willst, kannst du dich auf den Rücken legen oder auf allen Vieren hinhocken oder knien wie beim Gebet, ein Dreifuß, mit deiner Stirn am Boden und deinem Gesäß in der Luft.9 Welche Stellung du auch immer begehrst, sprich, und du sollst erhört werden.“
„Ich will es auf jede Weise“, antwortete die Prophetin. „Laß die Offenbarung Gottes in mich eindringen, o Prophet des Allmächtigen!“
Er stürzte sich auf sie und erfreute sich an ihr, wie es ihm gefiel. Danach sagte sie zu ihm: „Ich werde diesen Ort jetzt verlassen. Komm später zu mir und erbitte mich von meiner Gefolgschaft als deine Frau.“
Als ihre Schüler, die in einiger Entfernung von dem Zelt auf sie gewartet hatten, sie nach dem Ergebnis der Beratung fragten, antwortete sie ihnen: „Mosailama hat mir alles gezeigt, was ihm offenbart worden ist, und ich weiß, daß es die Wahrheit ist: Gehorcht ihm!“
Später ging Mosailama zu ihr und erbat sie von ihrer Gefolgschaft als Frau, was ihm gewährt wurde. Als die Gefolgschaft ihn nach der Morgengabe für seine zukünftige Braut fragte, antwortete er ihnen:
„Ich erlasse euch die Verrichtung des Nachmittagsgebetes.“
Seit damals beten die Beni-Temin nicht mehr um diese Stunde. Und wenn man sie nach dem Grund dafür fragt, antworten sie: „Die Weisung unserer Prophetin ist der Grund dafür; sie allein kennt den Weg der Wahrheit.“ Denn sie haben nie einen anderen als ihren Propheten akzeptiert. Darauf bezieht sich auch der Dichter, wenn er sagt:
Uns war eine Frau als Prophetin gegeben;
und wir halten ihre Worte hoch.
Allen anderen Menschen jedoch
bestimmen die Gesetze
männlicher Propheten das Leben.
Der Tod Mosailamas war durch den Propheten Abou Beker10 (möge ihm Gott wohlgesinnt sein!) vorausgesagt worden. Einige glauben, daß ein Mann namens Zeidben Khettab ihn getötet hat, andere behaupten, er sei von Ouhsha, einem seiner Schüler, ermordet worden. Nur Gott weiß, ob Ouhsha wirklich der Mörder war. Die Leute glauben es, weil von ihm folgende Worte überliefert sind: „In meiner Unwissenheit habe ich den besten aller Männer getötet, Haman ben Abd el Mosaleb, und auch den schlechtesten, Mosailama. Ich hoffe, daß Gott mir eine dieser Taten in Anrechnung der anderen vergeben wird.“11
Sheja aber bereute, bekehrte sich zum islamischen Glauben und heiratete einen Nachkommen des Propheten (möge der Herr mit Wohlgefallen auf ihren Mann blicken!).
Und hier endet diese Geschichte.
Nur ein Mann, der sich bemüht, den Frauen zu gefallen, ist ihrer Gunst auch wert – behaupten zumindest die Frauen.
Er sollte ein gutes Auftreten haben, in seinem Erscheinungsbild gepflegt sein und die Leute, mit denen er sich umgibt, an Schönheit überragen. Seine körperliche Verfassung sollte gut und sein Körper wohlproportioniert sein; er sollte aufrichtig und ernsthaft sein, auch im Gespräch mit Frauen; des weiteren großzügig, tapfer, kein Prahlhans und ein amüsanter Unterhalter. Sklave seines Wortes muß er ein gegebenes Wort immer halten, stets die Wahrheit sagen, seine Vorhaben ausführen und immer tun, was er gesagt hat.
Ein Mann aber, der mit seinen Erfolgen bei Frauen oder ihrer Geneigtheit zu ihm prahlt, ist ein Geck. Von solchen Männern wird im nächsten Kapitel die Rede sein.
Zuvor, und um dieses Kapitel abzuschließen, erzähle ich noch die Geschichte von Bahloul, dem Hofnarren, und der Tochter des Königs.