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EINLEITUNG

Allgemeine Bemerkungen über den Koitus

Gepriesen sei Gott, der den natürlichen Leib der Frau als Quell höchster Lust für den Mann bestimmt hat und den natürlichen Leib des Mannes als Quell höchster Lust für die Frau.

Gepriesen sei Gott, der entschied, daß das Wohlgefühl, die Lust und die geschlechtliche Befriedigung der Frau von dem Empfang abhängig sein soll, den sie dem männlichen Glied bereitet, und daß ein Mann weder Ruhe noch Frieden finden soll, ehe er seine Pflicht nicht ehrenvoll erfüllt hat!

Kommt es zum Liebesakt, beginnt schon bald, nach harmlosen Tändeleien, ein lebhafter Wettstreit zwischen den beiden Liebenden. Sie scherzen miteinander, küssen, streicheln und umarmen sich, wobei sie sich mehr und mehr ineinander verschlingen, und die Lust, als Folge der Berührungen und Liebkosungen, vor allem in der Schamgegend, nicht lange auf sich warten läßt. Dann dringt der Mann vorsichtig in sie ein und arbeitet schon bald, in der Fülle seiner Kraft, wie ein Stößel, wobei ihm die Frau kunstreich, mit lasziven, wellenförmigen Bewegungen, zu Hilfe kommt. Früh, viel zu früh kommt sein Erguß!

Gepriesen sei Gott, der uns den Kuß auf den Mund, die Wangen, den Hals und den Nacken gewährt hat, das Saugen und Trinken an süßlich-sinnlichen Lippen, um zu jeder gewünschten Zeit eine Erektion zu bewirken. ER war es, der in seiner Weisheit den Oberkörper der Frau mit Brüsten ausstattete, sie mit einem Doppelkinn schmückte und ihre Wangen mit den strahlenden Feuerfarben von Juwelen und Brillanten versah. ER war es, der ihren Augen das Vermögen gab, im Mann die Liebe und leidenschaftliches Begehren zu entflammen; der den Saum ihrer Augen mit einem Strahl glänzender Wimpern wie mit blinkenden Klingen umgab. Mit bewundernswerten Flanken und einem herrlichen Nabel erhöhte ER die Schönheit ihres sanft gewölbten Bauches. An der Rückseite stattete ER sie mit den üppigen Halbmonden zweier vortrefflich gestalteter Doppelfleischhälften aus. Und ließ alle diese Wunder auf zwei majestätischen Oberschenkeln ruhen, zwischen denen ER das Kampffeld gesetzt hat, das, ist es üppig, in seiner Fülle einem Löwenkopf gleicht und das die Menschen „Vulva“ nennen. O, unzählbar sind die Namen der Männer, die an dieser Pforte schon ihr Leben lassen mußten! Und unter ihnen nicht wenige der Tapfersten und Besten.

Gott hat diesem Objekt einen Mund, eine Zunge1, zwei Lippen und eine Form, vergleichbar dem Hufabdruck einer Gazelle im Wüstensand, gegeben.

Alle diese Wunder aber werden von zwei wunderbaren Säulen getragen, die Zeugen der Macht und der Weisheit Gottes sind; sie sind wohlgeformt, verziert mit den Ornamenten der Knie, der Waden und der zarten Fußknöchel, auf deren Bug kostbare Edelsteine ruhen. Der Allmächtige hat die Frau in ein Meer des Entzückens, verschwenderischer Pracht und üppiger Wollust getaucht; ER hat sie in die kostbarsten Gewänder gehüllt und ihr Gesicht mit einem Lächeln erhellt.

Gepriesen sei Gott, daß ER die Frau in ihrer Schönheit und ihrem reizvollen Körper erschuf; mit glänzendem Haar, der Taille, dem Hals, mit Brüsten, die anschwellen, und verliebten Gebärden, die das Verlangen mehren.

Der Herr der Welten hat ihr die Macht, zu verführen, verliehen; alle Männer, ob stark oder schwach, unterliegen ohne Ausnahme ihrem Zauber. Auch das Gemeinschaftsleben hängt von der Frau ab; sie ist es, die den Aufenthaltsort wählt und über Aufbruch und Bleiben der Familie bestimmt.

Der Zustand der Demütigung in den Herzen jener, die lieben, aber vom Objekt ihrer Zuneigung getrennt sind, verzehrt ihre Brust mit den Flammen der Liebe und erfüllt sie mit Unterwürfigkeit, Elend und Verzweiflung. So werden sie, infolge ihrer Leidenschaft, auf jede Art und Weise um ihr Schicksal betrogen; und dies alles nur wegen des brennenden Verlangens nach Vereinigung.

Ich, der Diener Gottes, erweise IHM meinen Dank, dafür, daß kein Mann dem Zauber einer schönen Frau widerstehen und sich von dem Verlangen, sie zu besitzen, befreien kann; weder durch einen Ortswechsel noch durch Flucht noch durch Trennung.

Ich bezeuge, daß es keinen anderen Gott gibt außer IHM, dem Lebendigen, dem aus sich selbst Seienden und Allerhaltenden! Und ich werde an diesem Zeugnis festhalten bis zum Tag des Letzten Gerichts.

Ebenso lege ich für MOHAMMED Zeugnis ab, den Diener und Gesandten Gottes, den Propheten der Propheten (Gottes Segen und Barmherzigkeit seien mit ihm, seiner Familie und seinen Schülern2). Ich bewahre meine Gebete und Segenssprüche für den Tag der Vergeltung auf. Gebe Gott, daß sie gehört werden!

Über die Entstehung dieses Buches

Das vorliegende Werk basiert auf einem kleinen Buch mit dem Titel Die Fackel des Universums, das von den Mysterien der Zeugung handelt. Dieses Büchlein fand die Aufmerksamkeit des Wesirs unseres Herrn Abd-el-Aziz, Herrscher von Tunis, dem er auch Hofdichter, Kamerad, Freund und Privatsekretär war. Er war ein außerordentlicher Mann, gerecht im Urteil, erfahren, weise, klug, und galt als der gelehrteste Mann seiner Zeit. Er hieß Mohammed ben Ouana ez Zouaoui und gehörte dem Stamm der Zouaoua an.3 Er war nach Algier gekommen und hatte dort die Bekanntschaft unseres Herrn Abd-el-Aziz el Hafsi gemacht.4

Am Tag der Eroberung von Algier durch die Spanier floh unser Herr mit ihm nach Tunis (Möge ihn die Macht Gottes bis zum Tag der Auferstehung beschützen!) und ernannte ihn dort zum Großwesir.

Kurz nachdem das oben erwähnte Büchlein in seine Hände gelangt war, ließ er mir die Einladung überbringen, ihn möglichst bald in seinem Wohnhaus zu besuchen. Ich kam der Einladung nach und wurde von ihm mit großer Liebenswürdigkeit empfangen. Drei Tage später kam er zu mir, zeigte mir das kleine Buch und sagte:

„Das ist dein Werk!“

Als er sah, daß ich errötete, fügte er hinzu:

„Du hast keinen Grund, dich zu schämen, denn alles, was du geschrieben hast, ist wahr; es steht in diesem Buch nichts, weshalb irgend jemand sich fürchten müßte. Abgesehen davon bist du nicht der erste, der dieses Thema behandelt, und, ich schwöre bei Gott, es ist mein Wunsch und meine ernsthafte Absicht, daß das Wissen, welches in diesem Buch versammelt ist, größere Verbreitung finden soll. Nur ein Stumpfsinniger und ein Feind der Erkenntnis würde versuchen, es zu ignorieren oder sich darüber lustig zu machen. Aber höre: Es gibt da noch ein paar Dinge, die du auch anführen solltest.“

Ich fragte ihn, welche das wären, und er antwortete:

„Ich wünsche, daß du deinem Werk ein Kapitel hinzufügst, das die Heilmittel und Arzneien behandelt, die du bisher in deiner Arbeit nicht erwähnt hast, daß du alle bekannten Tatsachen dazu aufzählst und nichts ausläßt. Du wirst auch über die Beweggründe schreiben, über die Umstände und die Bedingungen, die den Koitus erschweren, oder wie er zu verhindern ist. Du wirst des weiteren die Heilmittel erwähnen, die man gegen den Verlust der Potenz gebraucht, und jene, die Verwünschungen aufheben; außerdem die Mittel, durch welche ein kleines Glied größer gemacht werden kann, sowie jene Mittel, durch die man den schlechten Geruch aus den Achselhöhlen und von dem Geschlecht der Frau vertreiben kann, damit sie wohlriechend werden, und durch welche Mittel man das Geschlecht der Frau wieder verengen kann. Du wirst dich auch mit der Schwangerschaft befassen, damit das Buch vollständig werde und keine Fragen offen läßt. Erst dann wird deine Arbeit vollendet sein.“

Ich antwortete dem Wesir: „O mein Herr, dem gerecht zu werden, was Ihr aufgezählt habt, fällt mir nicht schwer, wenn es auch Gott, dem Herrn im Himmel, wohlgefällig ist.“5

Nachdem er gegangen war, machte ich mich unverzüglich an die Arbeit, erstellte ein Verzeichnis und begann, Material für die Ausarbeitung zu sammeln.

Ich erflehte den Beistand Gottes, der alles zu unserem Besten geordnet hat (denn es gibt nur einen Gott, und alles Gute kommt von Ihm), und bat Ihn, mich auf den rechten Weg zu führen. Unsere Stärke und unser Glück gründen in Gott, dem Allmächtigen, dem Allerhöchsten; und es gibt keine Macht und keine Freude als in Ihm. Unsere Kraft und Seligkeit ruhen in Gott, dem Allmächtigen und Allerhöchsten!

Ich nannte mein Buch Der parfümierte Garten als Jungbrunnen der Seelen (Er Roud el Âater p’nezaha el Khater).

Um das Studium dieses Buches zu erleichtern, habe ich es in einundzwanzig Kapitel unterteilt. Jedes Kapitel bezieht sich auf ein bestimmtes Thema, sei es medizinischer Natur, anekdotisch oder eine Aufzählung der Schliche und Täuschungen der Frauen.

1Gemeint ist die Klitoris.

2Mohammed ruft in Vers 56 der Sure 33 mit dem Titel „Die Gruppierungen“ die Gläubigen dazu auf, den Segen über ihn zu sprechen und ihn mit dem gehörigen Gruß zu grüßen. Es geschieht in Erfüllung dieses Gebotes, daß die Muselmanen den Namen ihres Propheten weder aufschreiben noch aussprechen, ohne die heilige Formel „Gott segne ihn und schenke ihm Heil“ hinzuzufügen.

3Die Zouaoua [zu Deutsch: die Igawawen oder Gawawa, Arabisch: Zwāwa] waren ein unabhängiger Kabylen-Stamm, der die Höhen von Djurjura bewohnte. Das Land Kon-Kon, das von den spanischen Schriftstellern als Königreich dargestellt wird, war das Gebiet, das dem Zouaoua-Stamm unterstand, der häufig in Konflikte mit den Türken geriet, nachdem jene in Tunis gelandet waren.

4Bei dem betreffenden Zeitraum kann es sich nur um die Unterwerfung Algiers durch die Spanier handeln, als die Stadt im Jahr 1510 (916 nach der Hedschra) die Herrschaft Spaniens anerkannte und sich verpflichtete, Tribut zu zahlen, oder um die Etablierung der türkischen Herrschaft im Jahr 1515 (921 nach der Hedschra). Dies sind die einzigen zwei Fälle von Unterwerfung, die uns von den Historikern überliefert wurden; und in keinem dieser Perioden regierte ein Abd-el-Aziz Tunis. Es ist jedoch recht wahrscheinlich, daß der Autor von der türkischen Besetzung spricht, als Barbarossa [der griechische Seeräuber islamischen Glaubens, Cheir-ed-Din Barbarossa], nachdem er vom Emir von Algier eingeladen worden war, ihm mit seinen Türken im Krieg gegen die Spanier zu helfen, in der Stadt ankommt, den Emir tötet und sich selbst als König von Algier ausruft.

Damals hieß der Regent von Tunis Abou Omar Amane Mohammed. Der Bey mit dem Namen Abd-el-Aziz, der nach der Periode seiner Regentschaft den Ereignissen, die der Autor erwähnt, am nächsten kommt, war Abou Omar Abd-el-Aziz, der 893 starb und einer der besten Kalifen der Ben-Hafs-Dynastie war. Dieser Fehler oder diese Abweichung wird niemanden überraschen, der weiß, wie ungenau die Araber bei Zitaten sind.

5Die Araber sagen nie, daß sie etwas tun, ohne anzufügen: „Wenn es Gott gefällt.“ Die Vorschrift des Koran (Vers 23, Sure 18) lautet: „Und sprich nie von einer Sache: ‚Ich werde es morgen tun‘, es sei denn (du fügst hinzu): ‚So Allah will.‘“

Der Ursprung dieser Verse wird der momentanen Verzweiflung Mohammeds zugeschrieben, in die er verfiel, nachdem er den Juden versprochen hatte, ihre Fragen zu beantworten, doch vergessen hatte, „So Allah will“ hinzuzufügen. Als Strafe erhielt er die Offenbarungen erst einige Tage später. Der gesamte Vers lautet:

„Und sprich nie von einer Sache: ‚Ich werde es morgen tun‘, es sei denn (du fügst hinzu): ‚So Allah will.‘ Und gedenke deines Herrn, wenn du dies vergessen hast, und sprich: ‚Ich hoffe, mein Herr wird mich noch näher als diesmal zum rechten Wege führen.‘“

Der parfümierte Garten

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