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Kapitel 7

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Lilli und Bresniak hatten gut gegessen und verweilten noch mit einem Glas Wein an ihrem Tisch. Sie genossen den Rebensaft und ließen die Ereignisse des heutigen Tages noch einmal vor dem inneren Auge passieren. Schließlich fand man nicht jeden Tag einen angefressenen Arm.

»Gehen wir noch einmal zum Strand?«, schlug Lilli vor.

Bresniak gefiel die Idee, und er erhob sich, als die Wirtin einen Neuankömmling im Speiseraum begrüßte und direkt zu dem Paar führte.

Bresniak kam der Mann bekannt vor, er wusste aber nicht, wo er dieses hagere Gesicht schon einmal gesehen haben wollte.

Während er noch grübelte, erkannte er diese merkwürdige Bewegung: Der Gast zuckte mit der rechten Schulter und drehte sie dann nach hinten. Er blickte um sich und wiederholte diese Angewohnheit, was mehr als eine Gebärde war. Bresniak schaute genauer: Wo hatte er das schon einmal gesehen, was ihn gefühlsmäßig in frühe Jahre zurückführte?

»Das ist Herr Puschkin. Sie werden sich unterhalten wollen«, stellte Inka Extra ihn vor.

Warum sollten sie sich unterhalten wollen? Diese Frage stand in Bresniaks Miene, während er immer noch grübelte, woher er dieses Gesicht kannte, das von aschblondem Haar umrahmt war und dessen Locken sich strikt weigerten, sich in eine Frisur bannen zu lassen.

»Puschkin? – Helfen Sie mir, wo haben wir uns schon einmal gesehen?«

»Bresniak, alter Knabe, erkennst du mich nicht mehr? Peter – Peter Garnix«, half er ihm auf die Sprünge.

»Aber Inka sagte gerade Puschkin …«

»Ich habe bei der Heirat den Namen meiner Frau angenommen. Du musst zugeben, Puschkin klingt besser als Garnix.«

Es machte klick.

Bresniak erkannte seinen alten Kumpel, den er aus der Pfadfindergruppe kannte – lange war es her.

»Mann, wie bist du nach Norddeutschland gekommen?«

»Die Liebe, die Liebe, meine Frau Puschkin hat für mich einen sehr großen Anziehungsfaktor, immer noch!«, dabei wurden seine Gesichtszüge weich, seine Augen nahmen einen Glanz an, der seine Aussage bestätigte, und wieder zuckte er mit der Schulter und drehte sie nach hinten.

»Deine Schulter hat sich jedenfalls nicht geändert, sie tanzt immer noch ihren eigenen Rhythmus.«

»Stimmt – mal mehr, mal weniger. Wenn ich aufgeregt bin, dann mehr. – Ihr seid die beiden, denen ich dieses Leichenteil zu verdanken habe?«

»Was hast du mit unserem glitschigen Arm zu tun?«

»Das weißt du gar nicht? Ich bin bei der Polizei gelandet. Ich leite die Mordkommission in Wittmund.«

»Ist nicht wahr? Dann sind wir Kollegen!«

Das Erstaunen war beidseitig. Es folgten ein Austausch über Werdegang und die Lebensläufe in Kurzfassung.

»Da bist du tatsächlich Polizist geworden – davon hast du schon bei unseren Gruppenstunden in der Gemeinde geträumt.«

»Ja, ich lebe meinen Traum. Deshalb bin ich nun hier, und ihr sollt mir berichten, wo und wie ihr einzelne Arme einsammelt.«

Lilli und Bresniak schilderten, was und wie sie den heutigen Morgen erlebt hatten.

»Mmhh«, brummte Puschkin, »könntest du mich bei den Ermittlungen unterstützen? Ich habe zurzeit einen Fall, der nicht nur mich, sondern unsere ganze Polizeiinspektion auf dem Festland auf Trab hält. Du weißt, Du könntest harmlos oder meinetwegen auch mit deinem Dienstausweis Aussagen sammeln, die uns weiterbringen.«

»Du, ich habe keine Lust, mir Schwierigkeiten mit eurem Polizeidirektor einzuhandeln; der wird sich ein Einmischen in eure Belange verbitten.«

»Du könntest dich als neugieriger Tourist in Kneipen oder im Heimatverein oder Ähnlichem untermischen, ohne dass es einen offiziellen Charakter hat. Du könntest etwaige Zeugen vorsortieren, nach dem Motto ‚Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen‘, sodass die offizielle Befragung nur die wirklich wichtigen Kandidaten betrifft. Unser Polizeidirektor, der denkt pragmatisch, außerdem stimmt die Chemie zwischen uns. Das spreche ich mit ihm ab. Da sind keine Schwierigkeiten zu erwarten. Außerdem müsste ich mich länger hier einquartieren, was nicht das Schlechteste wäre«, dabei grinste Puschkin, »oder ich müsste die Leute nach Wittmund einbestellen, jedes Mal eine Tagesreise mit Übernachtung, nichts für einen normalen Alltag.«

»Das überzeugt mich, und ehrlich, mir hat sich dieser Arm zwischen meine Gehirnwindungen festgesetzt. Solch einen Fall hatte ich noch nicht. Hast du schon Informationen aus der Rechtsmedizin?«

»Wir sind zwar schnell, aber so fix nun doch nicht. Außerdem, unser Rechtsmediziner ist zurzeit in der Reha … mehr brauche ich dir nicht zu sagen.«

»Wäre das nichts für euren Mortes?«, brachte sich Lilli ein. Sie hatte die ganze Zeit schweigend zugehört.

»Lilli, du hast recht«, und an Puschkin gewandt: »Wir haben in Wuppertal einen sehr ehrgeizigen und informierten Rechtsmediziner, der findet alles! Und wenn er es nicht weiß, ist er so wissbegierig, dass er erst aufhört, wenn er es gefunden hat. Er geht bis in die kleinsten Details.«

»Warum höre ich bei deiner Rede so eine merkwürdige Schwingung? Welchen Haken hat die Sache?«

»Du bist ein guter Polizist, du hörst und siehst Dinge, die nicht gesprochen oder gezeigt werden. Also, der Kollege ist fachlich wirklich spitze; meine Bedingung wäre: Er darf nicht auf die Insel kommen!«

»Wieso das?«

»Er hat ein großes Mitteilungsbedürfnis, und er meint, er müsse alle an seinem Wissen teilhaben lassen, und das nervt manchmal. Er hat immer noch nicht begriffen, dass zumindest in der zwischenmenschlichen Kommunikation weniger mehr ist. Deshalb laufen die Kollegen regelmäßig vor ihm weg. Doch im Grunde ist der Kerl in Ordnung, arbeitswillig und fachlich echt gut. Frag doch mal in Wuppertal an, vielleicht fährt der auch gerne mal gen Norden.«

Puschkin machte sich Notizen. »Das klingt doch alles recht gut. Was machen wir mit dem angebrochenen Tag? Heute bringt mich kein Flugzeug mehr zurück und die Polizeistation hier auf der Insel wird auch nicht mehr besetzt sein. Der werde ich morgen einen Besuch abstatten.«

»Lass uns auf einen Absacker in die Bar vom Hotel Atlantic gehen. Die ist schön ansprechend, und leckere Cocktails gibt es dort auch. Polizeikontrollen, die deinen Alkoholkonsum überprüfen, brauchst du hier nicht zu fürchten, wir fahren heute nicht mehr.«

Sie verließen die Villa Charlotte, und Inka Extra winkte ihnen noch nach.

Der Tod in der Salzwiese

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