Читать книгу Per Anhalter mit einem Altar - Siegfried Ahlborn - Страница 4
Die Entstehung der Bilder
ОглавлениеWie ist nun der Altar entstanden? Woraus erwuchs mir die Idee? Sie kam aus meinem täglich Suchen nach Menschenglück und Menschenweh. Ich suchte nach dem Sinn des Lebens und fand, dass dieser sich erklärt, wenn ich das finde, was verborgen und unsichtbar zum Mensch gehört.
Und das sind nicht die Moleküle, nicht DNS, nicht Hax und Hix. Es ist der feine Geisteskörper, der jedem Menschen eigen ist. – Den er nur nicht als solchen sieht, weil ihn der Sinnenschein betrügt.
Ich fand, dass hinter jedem Menschen ein Geisteskern sich selber nennt, und dass sich dieses „Ichbewusstsein“ noch immer nicht in Wahrheit kennt. So sucht ich mich im „Ich“ zu greifen, im Geiste, der sich selber nennt, denn ausgeschlossen schien es mir, dass sich der Stoff als „Ich“ erkennt.
Wer nennt sich da, wer kennt sich da, so fragte ich mich immerfort. Und plötzlich war das Wissen da, um jenen ganz geheimen Ort. Der Ort ist stets geheim geblieben, weil wir nicht ahnen, wo er liegt, da uns die Suche nach dem Jenseits, nur allzu oft das Falsche gibt.
Der Ort ist so geheim geblieben, weil wir ihn täglich sehn und spüren, und doch durch unsere Ängstlichkeiten ihn fliehen, wenn wir ihn berühr‘n.
Ein Schmetterling, der im Kokon des Erdenkörpers sich verfängt und vor sich selber fliehen möchte, weil er sich nur als Schale kennt. Doch hat die Schale ihn geboren, das Außen ist dem Innen gleich, nur streben beide gleichen Hälften nach einem anderen Himmelreich. Das eine neigt sich zu der Schwere, das andere zur Leichtigkeit. Doch sind sie beide, meine Ehre, entstanden aus der Einigkeit.
Das ist der Ort, von dem es heißt: der Geist wird zum Stoff und Stoff wird Geist. So gibt es keinen Stoff auf Erden, der nicht aus Geistigem besteht, und keinen Stoff, der sich nicht selbst vom Physischen zum Geiste hebt.
Und diese beiden gleichen Welten, die durch und füreinander stehn, die konnte ich im Erdenleben von unserem Heiland wirksam sehn. Und darum habe ich gemalt, wie uns sein Licht durchs Kreuz erstrahlt.
Neun Monate hab ich gebraucht, bis alle Bilder vor mir lagen. Neun Monate lang musste ich den Terpentingeruch ertragen. Denn in den kleinen Räumlichkeiten, in denen man mich malend fand, war es so eng, dass der Altar in einem Kreise um mich stand.
So konnte ich die einzelnen Bilder, niemals in ihrer Ganzheit sehn, und auch das Fenster war verbaut, die Luft schien ewig still zu stehn.
Egal, ich hab es ausgehalten, was sollte ich auch anderes tun, den festen Vorsatz zu gestalten, bildschöpferisch im Geist zu ruh‘n.
Und daraus ist das Werk entstanden, aus der gefühlten Einigkeit von Herz und Seele, Geist und Stoff in ihrer All-Gemeinsamkeit.